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Die puritanische Historiographie im Spannungsfeld von ideologischen Konstruktionen und PDF

400 Pages·2008·2.13 MB·German
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Englische Philologie “The middle way” Die puritanische Historiographie im Spannungsfeld von ideologischen Konstruktionen und Alltagshandeln Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster (Westf.) vorgelegt von Alexandra Hiltebrandt aus Münster 2006 Tag der mündlichen Prüfung: 14. September 2006 Dekan: Prof. Dr. h.c. Wichard Woyke Referent: Prof. Dr. Maria Diedrich Korreferent: Prof. Dr. Gabriele Müller-Oberhäuser Inhalt 1 Einleitung 1 2 Puritanische Theologie 24 2.1 Die theologische Doktrin 24 2.1.1 Original Sin 26 2.1.1.1 Die Funktionalisierung der Verfallstheorie 27 2.1.1.2 Die Relativierung der Verfallstheorie 34 2.1.1.3 Die Bekämpfung der Verfallstheorie 51 2.1.2 Covenant 57 2.1.2.1 Präparation und Prädestination 57 2.1.2.2 Die Stützung des covenant of grace 62 2.1.2.3 Die Unterminierung des covenant of grace 66 2.1.3 Invisible World 81 2.1.3.1 Der Grundwiderspruch im christlichen Dämonologie- diskurs 81 2.1.3.2 Enthusiastischer Glaube 86 2.1.3.3 Funktionalisierung des Teufelsglaubens 97 2.1.3.4 Pragmatische Relativierung des Teufelsglaubens 107 2.1.4 Zusammenfassung 114 2.2 Religiöse Riten 115 2.2.1 Unlawful Ceremonies 116 2.2.1.1 Riten als Konfliktgrundlage und Auswanderungsgrund 116 2.2.1.2 Die Zementierung der Spaltung 120 2.2.1.3 Die Aufhebung der Spaltung 124 2.2.2 Lawful Ceremonies 130 2.2.2.1 Verteidigung und Förderung puritanischer Riten 130 2.2.2.2 Brüche im rituellen System 140 2.2.3 Tiefere Einschnitte: Die Taufe und der Half-Way Covenant 150 2.2.3.1 Die historische Entwicklung 150 2.2.3.2 Zögerliche Akzeptanz 159 2.2.3.3 Heimliche Propaganda 163 2.2.4 Zusammenfassung 170 3 Puritanische Erziehungskonzepte 172 3.1 Erziehungsinhalte und -ziele 174 3.1.1 Frömmigkeit 174 3.1.1.1 Stereotype Konzepte 175 3.1.1.2 Pseudo-Novität: Cotton Mathers American pietism 180 3.1.2 Askese 191 3.1.3 Arbeitseinsatz 199 3.1.4 Gehorsam 204 3.1.5 Sittlichkeit und Moral 210 3.1.5.1 Basisarbeit 210 3.1.5.2 Intensivierung und Systematisierung: Das Doing Good-Programm Cotton Mathers 214 3.1.6 Intoleranz 224 3.1.6.1 Uneingeschränkte Intoleranz 224 3.1.6.2 Aufkeimende Toleranz 232 3.1.7 Zusammenfassung 243 3.2 Erziehungsmethoden 244 3.2.1 Repression 244 3.2.1.1 Negative Anthropologie 245 3.2.1.2 Anklage und Angsterzeugung 248 3.2.1.3 Bestrafung und Belohnung 258 3.2.1.4 Indoktrination 269 3.2.2 Defizite der repressiven Erziehung 276 3.2.3 Moderation 284 3.2.3.1 Positive Anthropologie 284 3.2.3.2 Vorbildhaftigkeit 292 3.2.3.3 Angstreduktion und Ermutigung 303 3.2.4 Cotton Mathers polite education 315 3.2.4.1 Reformbereitschaft und Progressivität 315 3.2.4.2 Der Einfluss des deutschen Pietismus 318 3.2.4.3 Entwürfe einer pädagogischen Praxis 322 3.2.4.4 Ansätze der polite education in den Magnalia 327 3.2.5 Zusammenfassung 335 3.3 Erziehungsinstitutionen 336 3.3.1 Schule 337 3.3.1.1 Ein korrodierendes System 337 3.3.1.2 Die individuelle Konstruktion eines Schulmythos 341 3.3.2 Harvard College 346 3.3.2.1 Ausbildung und soziale Segregation 346 3.3.2.2 Kollektive Legendenbildung 348 3.3.3 Mission 361 3.3.3.1 Paralyse und Aktivität 361 3.3.3.2 Die Verteidigung des errand: Der Mythos Mission 365 3.3.4 Zusammenfassung 372 4 Schluss 373 Bibliographie 378 * Titelgebendes Zitat in: Cotton Mather, Magnalia Christi Americana II 101. 1 Einleitung In der amerikanischen Literaturgeschichte, die in ihren Anfängen zunächst von den Schriften puritanischer Kolonisten maßgeblich bestimmt wurde, lässt sich seit dem 18. Jahrhundert eine kontinuierliche Abwendung von der Lebens- und Weltsicht des Puritanismus konstatieren.1 Bereits Benjamin Franklin zeigte eine gewisse Distanz zu den Vertretern der Kirche, doch er war noch zu sehr vom Puritanismus geprägt, als dass er an ihm ernsthafte Kritik hätte üben kön- nen oder wollen. Vielmehr beschrieb er vermeintlich puritanische Tugenden wie Sparsamkeit, Alkoholverzicht und Arbeitsfleiß in seiner Autobiographie als Vor- aussetzungen seiner beruflichen Karriere. Im 19. Jahrhundert wurde die Distan- zierung jedoch deutlicher. In Lydia Maria Childs Hobomok (1824) setzt mit der positiven Darstellung einer ‚Mischehe’ zwischen einer Puritanerin und einem In- dianer sowie mit ihrer Kritik an patriarchalischen Autoritätsmodellen langsam ein Wertewandel ein. Catharine Maria Sedgwick legt mit der Entwicklungsge- schichte zweier Schwestern, von denen eine im puritanischen Umfeld lebt, die andere aber nach einer Entführung zur Indianerin wird, die Relativität kultureller Normen und Werte noch deutlicher offen (Hope Leslie, 1827). In Nathaniel Hawthornes The Scarlet Letter (1850) gipfelt die Distanzierungsbewegung dann vorläufig in der Repräsentation des Puritanismus als Sinnbild für Lebensfeind- lichkeit und moralischen Verfall. Im 20. Jahrhundert hat sich schließlich die Identifikation von Puritanismus mit Askese, Weltabgewandtheit, religiösem Wahn, Intoleranz und Grausamkeit durchgesetzt. Nicht zufällig wählte Arthur Miller in seinem Drama The Crucible (1953) die hysterische Hexenjagd von Sa- lem im Jahre 1692 als Parabel für die politischen Verfolgungen der 1950er Jah- re. Die Inhumanität des Puritanismus steht hier stellvertretend für die Inhumani- tät in den USA während der McCarthy-Ära. Eine Äußerung Paul Austers aus dem Jahre 2000 offenbart schließlich die auch in der Gegenwart virulente Ver- knüpfung des Puritanismus mit verfehlten Entwicklungen der Moderne. Auster kritisiert darin den seiner Meinung nach ausgeprägten Wahn seiner Landsleute, überall das Rauchen zu verbieten und sich der Fitness zu verschreiben: „[Die- 1 Schon im 17. Jahrhundert wurde mit Roger Williams’ Bloody Tenent-Streitschriften, die sich gegen or- thodoxe Traktate John Cottons richteten, literarische Gegenpositionen zu radikalen Puritanismuskonzep- ten entwickelt, doch bleiben sie Ausnahmeerscheinungen. 1 ses] Problem hat eine lange Vorgeschichte. Es geht zurück auf diesen unglaub- lich ausgeprägten Puritanismus. Der liegt wie ein Fluch auf dem Land.“2 Die oben genannten negativen Kennzeichen, die heutzutage dem Puritanis- mus zugeschrieben werden, waren zweifellos ein Bestandteil orthodoxer purita- nischer Doktrin. Predigten, die den Menschen als Sünder, als verdorbenes We- sen zeigen, dem – falls Gott ihn nicht erlöst – das Höllenfeuer droht; didaktische Schriften, in denen behauptet wird, zur Erziehung eines Kindes müsse dessen Wille gebrochen werden; historiographische Schriften, die mit Begeisterung von Massakern an indianischen Frauen und Kindern berichten; Gesetzesvorlagen, die Kindern – für den Fall des Ungehorsams gegenüber ihren Eltern – die Exe- kution androhen; und Prozessberichte, die den juristischen Kampf gegen Geg- ner der puritanischen Führung sowie deren Verurteilung und die Urteilsvollstre- ckung beschreiben – sie alle belegen, wie grausam der Puritanismus sein konn- te. Die Konzentration der historischen Überlieferung auf Schreckensberichte über Gräueltaten der Puritaner erweckt den Eindruck, dass Strenge und Härte allein charakteristisch für den Puritanismus in den nordamerikanischen Kolo- nien waren. Dahinter steht die These, dass der Puritanismus ein starres Gebil- de mit einer einheitlichen und unwiderruflich festgelegten Theorie gewesen sei, dessen Akteure unbeeinflussbar waren. Entgegen dieser These lässt sich je- doch feststellen, dass der Puritanismus in England und Amerika sowohl in sei- ner religiösen Theoriebildung als auch in der praktischen Lebensgestaltung von Anfang an unterschiedliche Positionen verhandelt hat. Aufgabe der folgenden Untersuchung ist, die Uneinheitlichkeit, Widersprüchlichkeit und vor allem Adap- tabilität des kolonialen Puritanismus im Amerika des 17. Jahrhunderts auf der Basis seiner literarischen Selbstporträts herauszuarbeiten. Im Zentrum meiner Arbeit soll die Untersuchung ausgewählter puritanischer Geschichtswerke unter dem Gesichtspunkt des reaktiven Verhältnisses von Ideologie, Kolonialleben und literarisch konstruierter Wirklichkeit stehen, was zunächst eine Klärung des in der neueren Forschung nur noch selten genutz- ten, aber von Louis Montrose zu Recht als „vexed but indispensable“ bezeich- neten Begriffes Ideologie erforderlich macht.3 Dieser Terminus hat seit seiner 2 Frankfurter Rundschau, 5. Aug. 2000, Mag. 18. 3 Louis Montrose, „New Historicisms“, in: Stephen Greenblatt und Giles Gunn (eds.), Redrawing the Boundaries. The Transformation of English and American Literary Studies (New York, 1992) 396. 2 ersten Prägung im 18. Jahrhundert eine Vielzahl von Bedeutungen angenom- men, die eine einheitliche, zusammenfassende Definition verhindern. Je nach dem Standpunkt des Nutzers dieses Begriffes erhielt er eine engere oder weite- re Bedeutung. Außerdem konnte er sehr unterschiedlich mit politischen, sozia- len oder psychologischen Inhalten verknüpft werden. Trotzdem gibt es einige charakteristische Gemeinsamkeiten, die für eine moderne Begriffsdefinition nützlich sind.4 Der französische Philosoph Antoine L. C. Destutt de Tracy (1754-1836) be- zeichnete mit dem Wort Ideologie noch ganz allgemein die Wissenschaft von den Ideen. Sie zielte auf eine „Lehre vom Ursprung und der Entfaltungsgesetz- lichkeit aller Bewußtseinsinhalte.“5 Diese noch relativ neutrale Nutzung des Begriffes wurde jedoch sehr bald von einer negativ wertenden abgelöst. Am nachhaltigsten prägten Karl Marx und Friedrich Engels mit ihrer Interpretation der Ideologie als ‚falsches Bewusstsein’ den nachfolgenden Ideologiediskurs. In Die deutsche Ideologie (1845) entwickelten sie die These, dass verfälschte Vorstellungen über Leben und Welt immer das Ergebnis des Lebens sind, in dem die Betroffenen stehen: „Wenn in der ganzen Ideologie die Menschen und ihre Verhältnisse wie in einer Camera obscura auf den Kopf gestellt erscheinen, so geht dieses Phänomen ebenso sehr aus ihren historischen Lebensprozes- sen hervor, wie die Umdrehung der Gegenstände auf der Netzhaut aus ihrem unmittelbar physischen.“6 Aus ihrer Sicht waren die kapitalistischen Produkti- onsverhältnisse verantwortlich für dieses falsche Bewusstsein. Sieht man von dieser speziellen Kausalinterpretation einmal ab, so wurde die Betonung der Wirkung historischer Lebensbedingungen auf menschliche Lebensbetrachtung (das Bewusstsein) für den Ideologiebegriff besonders wichtig. Der Verweis auf den lebenshistorischen Ursprung von ‚falschem’ Bewusst- sein findet sich schon bei französischen Aufklärungsphilosophen wie Claude Adrien Helvétius (1715-1771), der „die Verbreitung und Wirkung von Vorurteilen 4 Zur Problematik der Definition des Begriffes ‚Ideologie’ vgl. Terry Eagleton, Ideologie. Eine Einfüh- rung (Stuttgart, 2000) 7-41; Hans-Joachim Lieber, Ideologie. Eine historisch-systematische Einführung (Paderborn, 1985) 15-18; Peter V. Zima, Ideologie und Theorie. Eine Diskurskritik (Tübingen, 1989) 17- 18. Zur ausführlicheren Begriffsgeschichte vgl. Kurt Lenk, Ideologie. Ideologiekritik und Wissenssozio- logie (Frankfurt a. M., New York, 1984) 13-49; Lieber, Ideologie; Hyondok Choe, Ideologie. Eine Ge- schichte des gesellschaftskritischen Begriffs (Frankfurt a. M., 1997). Zum Verhältnis Literaturwissen- schaft und Ideologiebegriff vgl. Shankar Raman und Wolfgang Struck, „Ideologie und ihre Kritiker“, in: Miltos Pechlivanos (Hrsg., u.a.) Einführung in die Literaturwissenschaft (Stuttgart, 1995) 207-223. 5 Lieber, Ideologie 19. 6 Zit. nach Eagleton, Ideologie 86. 3 aus den sozial bedingten Interessenlagen der Menschen“ ableitet.7 Zeitlich noch früher und ohne Bezug auf den Ideologiebegriff sah Francis Bacon (1561- 1626) den menschlichen Geist durch „Götzenbilder“ und falsche Begriffe be- setzt, die unter anderem „aus der gegenseitigen Berührung und Gemeinschaft des menschlichen Geschlechts“ entstehen.8 Um diese Erscheinungen – also das falsche Bewusstsein, die Vorurteile oder falschen Begriffe – zu bekämpfen, wurden unterschiedliche Konzepte entwickelt. Je nach dem theoretischen Standpunkt des Autors wurde die selbst bestimmte Arbeit (Marx), eine radikale Wissenssoziologie (Karl Mannheim), die partei-politisch geförderte Entwicklung des Klassenbewusstseins (Georg Lukács), die kritische Selbstreflexion der Er- kenntnis und des Bewusstseins (Vertreter des kritischen Rationalismus) oder Erkenntnis leitendes Interesse und herrschaftsfreier Dialog (Jürgen Habermas) als Mittel der Kontrolle oder sogar der Vernichtung von Ideologien betrachtet.9 Angesichts eines derart variantenreichen Spektrums des Ideologiediskurses muss man die Kernelemente betrachten, die den Terminus konstituieren. Abge- sehen von Destutt de Tracys Definition wird der Begriff von einer mehr oder minder deutlich anzunehmenden Wahrheit (einem objektiven Bewusstseinszu- stand, dem objektiven Urteil) abgegrenzt.10 Dies erscheint notwendig, wenn man zu einem zweiten wichtigen Kernelement vorstoßen will – zur Ideologiekri- tik. In einem Prozess der Wertung versucht die Kritik, Wahrheit und Ideologie so zu unterscheiden, dass sinnvolle, d. h. realitätsbezogene Handlungsanleitungen gegeben werden können. Doch es entsteht ein ernstes Problem: die Beantwor- tung der Frage, was Wahrheit ist und damit zugleich, welche Kontexte und Be- dingtheiten das Wahrheit definierende Subjekt bestimmen. Bei der Beantwortung dieser Frage konzentriert sich Michel Foucault auf die Beschreibung von Diskursen und den sie bestimmenden Ausschließungssys- temen.11 Er zeigt, dass von einer absoluten, unwiderruflichen Wahrheit nicht 7 Lieber, Ideologie 29. 8 Francis Bacon, „Die Idolenlehre“, in: Lenk, Ideologie 50-51. 9 Vgl. Karl Marx, Das Kapital. Bd. I, in: Marx/ Engels, Werke (MEW) Bd. 23 (Berlin, 1972); Karl Mann- heim, Ideologie und Utopie (Frankfurt a. M., 1995); Georg Lukács, Geschichte und Klassenbewußtsein (Darmstadt, 1978); Karl Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde Bd. I u. II (Tübingen, 1992); Jürgen Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns Bd. I u. II (Frankfurt a. M., 1981). 10 Selbst ein Autor wie Karl Mannheim, der den Ideologiebegriff sehr weit, auf alle menschlichen Denk- prozesse, ausdehnte, betrachtete den Anspruch auf Wahrheit zwar als Täuschung, aber „als eine notwen- dige Selbsttäuschung.“ (Lieber, Ideologie 90) 11 Vgl. Michel Foucault, Die Ordnung des Diskurses (Frankfurt a. M., 1991). Zur Problematik der parrhesia, dem antiken Ideal von Wahrheit und ‚Wahrsprechen’ vgl. auch Foucault, Diskurs und Wahr- heit (Berlin, 1996). 4 gesprochen werden kann, da das Wahrheit konstruierende Subjekt, aufgrund seiner Kontextgebundenheit und seines Machtstrebens, willkürlich und interes- segeleitet definiert. Es gibt daher keine objektive Instanz für die Feststellung von Wahrheit, sondern nur eine diskursive Annäherung an sie. Foucault unter- scheidet in diesem Zusammenhang zwischen dem ‚Willen zur Wahrheit’ und den ‚zwingenden Wahrheiten’: „Es sieht so aus, als hätte seit der großen Plato- nischen Grenzziehung der Wille zur Wahrheit seine eigene Geschichte, welche nicht die der zwingenden Wahrheiten ist: eine Geschichte der Ebenen der Er- kenntnisgegenstände, eine Geschichte der Funktionen und Positionen des er- kennenden Subjekts, eine Geschichte der materiellen, technischen, instrumen- tellen Investitionen der Erkenntnis.“ Der Wille zur Wahrheit wird von Foucault sogar definitiv als ‚Ausschließungssystem’ betrachtet, das das Prinzip be- schränkt, das die zwingenden Wahrheiten am ehesten abbilden könnte – den Diskurs.12 Der wahre Diskurs, den die Notwendigkeit seiner Form vom Begehren ablöst und von der Macht befreit, kann den Willen zur Wahrheit, der ihn durchdrängt, nicht anerken- nen; und der Wille zur Wahrheit, der sich uns seit langem aufzwingt, ist so beschaffen, 13 daß die Wahrheit, die er will, gar nicht anders kann, als ihn zu verschleiern. Diese Aussagen können sehr leicht als Versuch Foucaults missinterpretiert werden, den Wahrheitsbegriff völlig zu negieren und die Unterscheidung von Wahr-heit und Ideologie als unmöglich abzuweisen. Doch so weit geht Foucault nicht. Vielmehr hat er sich lebenslang mit der Suche nach Wahrheit befasst. Walter Seitter liefert zu Beginn seines Aufsatzes über Foucaults wechselhaftes Verhältnis zum Terminus Wahrheit ein Zitat, in dem dieser sein Bemühen um Wahrheit und ihre Ausdrucksmöglichkeiten bestätigt. Foucault betonte: „mein Problem (war) ohne Unterlaß und immer die Wahrheit, das Sagen der Wahrheit, das wahr-sagen…“14 Gerade die von Seitter nachgewiesene Annäherung, Ent- fernung und Wiederannäherung Foucaults an den Wahrheitsbegriff zeigt die 12 Foucault, Ordnung 15; vgl. ebd. 13. 13 Ebd., 17. Als Beispiele für Foucaults Untersuchung extremer gesellschaftlicher Ausschließungsprakti- ken dienen M. Foucault, Sexualität und Wahrheit 1 (Der Wille zum Wissen) (Frankfurt a. M., 1999) und M. Foucault, Wahnsinn und Gesellschaft. Eine Geschichte des Wahns im Zeitalter der Vernunft (Frank- furt a. M., 1969). 14 Walter Seitter, „Politik der Wahrheit“, in: Kleiner, Marcus S. (Hrsg.), Michel Foucault. Eine Einfüh- rung in sein Denken (Frankfurt a. M., 2001) 153. 5

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rally, are a meer nest, root, fountain of Sin, and wickedness; an evil Treasure from whence proceed evil things, viz. Evil Thoughts, Murders, Adulteries trat dabei dem satanischen Treiben entgegen und wirkte regulativ auf die Men- schen ein. Als strenggläubiger Puritaner betrachtete Winthrop jedo
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