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Die politischen Theorien von Luhmann und Foucault im Vergleich PDF

261 Pages·2011·2.227 MB·German
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Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar. D 77 (Zugl.: Diss. Fachbereich 02 — Sozialwissenschaften, Medien und Sport der Johannes Gutenberg-Universiüt, Mainz) © Verlag Königshausen & Neumann GmbH, Würzburg 2011 Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier Umschlag: skh-softics / coverart Alle Rechte Vorbehalten Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany ISBN 978-3-8260-4600-1 www.koenigshausen-neumann.de www.buchhandel.de www.buchkatalog.de Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung........................................................................................................................5 1.1 Die Methode des Theorienvergleichs....................................................................5 1.2 Der Begriff der Theorie..........................................................................................16 1.3 Literaturüberblick...................................................................................................17 1.4 Der Aufbau der Arbeit...........................................................................................29 A. Grundlagen der Diskurs- und Systemtheorie........................................................31 2. Die Rezeption von Foucault und Luhmann...........................................................37 2.1 Foucault: Der französische Intellektuelle als Außenseiter im sozialwissenschaftlichen Diskurs........................................................................38 2.2 Luhmann als soziologischer Querdenker...........................................................43 2.3 Die schwierige Rezeption von Foucault und Luhmann...................................51 3. Der wissenschaftliche Kontext von Foucault und Luhmann 53 3.1 Kontext der Diskurstheorie: Strukturalismus und Poststrukturalismus......................................................................................55 3.2 Kontext der Systemtheorie: die Selbstorganisationstheorien..........................61 3.3 Der Poststrukturalismus und die Selbstorganisationstheorien.......................64 4. Die wissenschaftliche Herangehensweise von Foucault und Luhmann..............................................................................................................71 4.1 Foucault: vom Archäologen zum Genealogen...................................................71 4.2 Luhmanns Beobachtung zweiter Ordnung........................................................79 4.3 Zwei Wege, ein Ziel: Verfremdung der Wirklichkeit.......................................88 5. Wie ähnlich sind sich Systeme und Diskurse?.......................................................97 5.1 Der Diskurs in der Diskurstheorie.......................................................................97 5.2 Das System in der Systemtheorie......................................................................103 5.3 System und Diskurs: Konvergenzen und Divergenzen.................................111 B. Politiktheoretische Grundlagen.....................................................................117 6. Das Machtverständnis von Foucault und Luhmann..................................123 6.1 Foucaults allgegenwärtige Machtkreisläufe.....................................................124 6.2 Luhmanns politisches Kommunikationsmedium Macht...............................133 6.3 Der unterschiedliche Status der Macht bei Foucault und Luhmann ....141 7. Der Staat bei Foucault und Luhmann...........................................................149 7.1 Foucaults politischer Diskurs: Staat und Biopolitik........................................149 7.2 Die Ausdifferenzierung des Staates bei Luhmann..........................................159 7.3 Eine kritische Betrachtung staatlicher Strukturen...........................................167 8. Neoliberalismus und Wohlfahrtsstaat: Das Dreieck Politik, Wirtschaft, Individuum...................................................................................171 8.1 Der ausufernde Neoliberalismus bei Foucault................................................172 8.2 Der überforderte Wohlfahrtsstaat bei Luhmann.............................................183 8.3 Das Individuum zwischen Politik und Wirtschaft..........................................192 9. Die Regierung und die Reichweite ihrer Entscheidungen.......................199 9.1 Foucaults Genealogie der Regierung: die Gouvernementalität.....................200 9.2 Der Entscheidungsprozess und politische Steuerung bei Luhmann ....207 9.3 Regierung und politische Steuerung bei Foucault und Luhmann................217 10. Die Möglichkeiten des Widerstands gegen politische Entscheidungen.................................................................................................221 10.1 Foucault: Widerstand als Notwendigkeit aller Machtbeziehungen....222 10.2 Luhmann: Protest als eigenes soziales System..............................................225 10.3 Widerstand als notwendiges soziales Phänomen..........................................231 11. Fazit....................................................................................................................233 12. Literaturverzeichnis........................................................................................237 12.1 Primärtexte Foucaults........................................................................................237 12.2 Primärtexte Luhmanns......................................................................................242 12.3 Sekundärliteratur................................................................................................245 1. Einleitung Zu den Theorien von Michel Foucault und Niklas Luhmann existiert be­ reits eine große Bandbreite an Sekundärliteratur, in der die unterschied­ lichsten Facetten der Diskurs- und Systemtheorie behandelt werden. Beide Theoretiker sind durch diese ausgiebige Auseinandersetzung in den Geis­ tes- und Sozialwissenschaften keine Unbekannten mehr, das Gegenteil ist der Fall, sie werden rege diskutiert und eingehend rezipiert. Dies gilt auch für die politischen Theorien von Foucault und Luhmann, allerdings finden hier die Diskussionen eher an den Rändern der Sozial- und Geisteswissen­ schaften statt. Das erklärte Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, die politischen Theorien von Foucault und Luhmann vergleichend vorzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden die politischen Theorien von Foucault und Luhmann nicht nur nebeneinander gestellt und erörtert. In einem Vergleich werden vielmehr die inhaltlichen Berührungspunkte zwischen den Theorien ausfindig gemacht, um auf diese Weise die Mög­ lichkeiten und Grenzen der Diskurs- und Systemtheorie besser einschät­ zen zu können. Gleichzeitig treten dadurch Gemeinsamkeiten und Unter­ schiede zwischen Foucault und Luhmann, welche in der bisherigen Re­ zeption nicht hinreichend berücksichtigt wurden, deutlicher zutage. 1.1 Die Methode des Theorienvergleichs Das systematische Vergleichen von Theorien nimmt als Methode in den Sozialwissenschaften keine herausragende Position ein. Ein Kontext, in dem diese Vorgehensweise jedoch zumindest im deutschen Sprachraum sehr rege diskutiert wurde, war die Theorienvergleichsdebatte in den 1970er Jahren. Wichtige Aspekte dieser Debatte werden im Folgenden kurz angerissen. Dann wird auf die Problematik des Theorienvergleichs eingegangen, um schließlich das methodische Vorgehen zu skizzieren, welches in dieser Arbeit angewendet wird. 5 TheorienVergleichsdebatte Theorienvergleiche standen im Rahmen der Theorienvergleichsdebatte auf dem Kasseler Soziologentag (1974)ausgiebig im Fokus sozialwissenschaft- lichen Interesses.1 Drei Gesichtspunkte, die für diese Arbeit besonders wichtig sind, werden aus dieser Debatte herausgegriffen und kurz vorges­ tellt.2 Dabei handelt es sich erstens um die Schwierigkeiten beim Verglei­ chen von Theorien, die unterschiedlichen Paradigmen zugeordnet wer­ den. Zweitens geht es um das erkenntnistheoretische Ziel eines Vergleichs, drittens um den Effekt der Sichterweiterung, der durch den Vergleich er­ zielt werden kann. In Bezug auf den ersten Punkt wird in der Theorienvergleichsdebatte die Frage aufgeworfen, ob zwei Theorien einander gegenübergestellt wer­ den können, die unterschiedlichen Paradigmen zugerechnet werden. Opp beispielsweise bezweifelt „die Möglichkeit eines Vergleichs von Theorien aus verschiedenen Paradigmen. Das Hauptargument - im Anschluß an Th. S. Kuhn - dürfte lauten, daß die in den verschiedenen Paradigmen angewendeten Beobachtungstheorien und methodologischen Regeln so verschieden sind, daß eine Konfrontierung von Theorien nicht sinnvoll ist."3 Lindenberg und Wippler argumentieren in eine ähnliche Richtung, denn für sie können Theorien ausschließlich in ihrem spezifischen Kontext 1 Die Debatte wurde in informellen Arbeitstagungen (Bielefeld 1975, Bad Homburg 1976), auf dem Bielefelder Soziologentag 1976 und 1977 auf einer Tagung in Bad Homburg fortgeführt. Als Dokumentation dieser weitreichenden Diskussion gelten die Sammelbände von Lepsius, M. Rainer (Hrsg.): Zwischenbilanz der Soziologie. Verhandlungen des 17. Deutschen Soziologentags. Stuttgart 1976 und Hondrich, Karl Otto, Joachim Matthes (Hrsg.): Theorienvergleich in den Sozialwissen schäften. Darmstadt 1978. 2 Eine intensive Analyse dieser Debatte wird nicht angestrebt, weil sie andernorts bereits detailliert ausgeführt wurde. Siehe beispielsweise Schmid, Michael: Rationa­ les Handeln und soziale Prozesse. Beiträge zur soziologischen Theoriebildung. Wiesbaden 2004. Darin das Kapitel „Soziologischer Theorienvergleich" S. 23-61; Hollstein-Brinkmann, Heino: Möglichkeiten des interparadigmatischen Vergleichs. In: ders., Silvia Staub-Bernasconi (Hrsg.): Systemtheorien im Vergleich. Was leisten Systemtheorien für die Soziale Arbeit? Versuch eines Dialogs. Wiesbaden 2005. S. 17- 32. 3 Opp, Karl-Dieter: Probleme und Strategien des Theorienvergleichs. In: Karl Otto Hondrich, Joachim Matthes (Hrsg.): Theorienvergleich in den Sozialwissenschaften. Darmstadt, Neuwied 1978. S. 214. 6 nachvollzogen werden. Die Herauslösung aus diesem Rahmen führe da­ zu, dass der Inhalt zentraler Begriffe und damit der Erkenntnisfortschritt verloren gehen.1 Für Seyfarth dagegen ist ein Vergleich von unterschiedli­ chen Paradigmen unter bestimmten Bedingungen möglich und erkenn­ tnisreich. „Wenn wir davon ausgehen könnten, daß wir es bei bestimmten Ansätzen oder Gruppen von Ansätzen mit Repräsentanten von Paradigmen zu tun haben und nicht nur mit relativ zufälligen Bündelungen von Aussagen und Methoden, könnten wir sicherer sein, daß ihr Vergleich sinnvoll ist."’ Es lässt sich also festhalten, dass es in der TheorienVergleichsdebatte Dis­ kussionsbedarf bezüglich des Vergleichs unterschiedlicher Paradigmen gab. Dabei handelt es sich um ein Thema, das auch für diese Arbeit von Bedeutung ist und auf das in einem späteren Abschnitt der Einleitung eingegangen wird. Zunächst aber wird ein zweiter wichtiger Punkt der Debatte herausgegriffen. Es geht dabei um die Frage, mit welchem Ziel die Gegenüberstellung durchgeführt wird. Im Vordergrund steht hierbei ein nicht unumstrittener Vergleich, der die Stärken und Schwächen einer Theorie aufzeigt. „Mit Theorienvergleich sollte ein Versuch bezeichnet werden, vorliegende empirische oder präskriptive Sätze, die miteinander unvereinbar sind, einer Kritik zu unterziehen mit dem Ziel, erstens zu ermitteln, welche der zu ver­ gleichenden Sätze überlegen sind, und zweitens die unterlegenen Ansätze aus der weiteren Diskussion auszuschließen."6 Die Überlegenheit oder Unterlegenheit einer Theorie wird anhand von Kriterien bestimmt, die vorher festzulegen sind. Als Beispiel für solche Kriterien nennt Opp die Erklärungskraft, die Wahrheit oder den Bewäh­ rungsgrad einer Theorie; es können aber auch alternative Kriterien he­ rausgearbeitet werden. Wie bereits erwähnt, wird diese Vorgehensweise 4 Vgl. Lindenberg, Siegwart, Reinhard Wippler: Theorienvergleich: Elemente der Re­ konstruktion. In: Joachim Matthes, Karl Otto Hondrich (Hrsg.): Theorienvergleich in den Sozial Wissenschaften. Darmstadt 1978. S. 220. 5 Seyfarth, Constans: Zur Grundlegung eines nicht-restriktiven Vergleichs soziologi­ scher Ansätze. In: Joachim Matthes, Karl Otto Hondrich (Hrsg.): Theorienvergleich in den Sozialwissenschaften. Darmstadt 1978. S. 289. 6 Opp 1978. S. 213. 7 Vgl. Opp 1978. S. 215. 7 auch kritisch gesehen. Vor allem Klinkmann greift diese Art von Theo­ rienvergleich an. Denn wo „die Identifikation der Forscher mit den von ihnen vertretenen Theoriemei­ nungen ein solches Ausmaß erreicht hat wie in weiten Bereichen der heuti­ gen Sozialwissenschaft, ist schlechterdings nicht zu erwarten, daß man sich ernsthaft um die Widerlegung des favorisierten Modells bemühen, oder auch nur dessen Abwertung zulassen werde, würde man dies doch zugleich auch als persönliche Niederlage empfinden."8 Wichtiger als das Feststellen von Vorteilen einer Theorie gegenüber einer anderen ist für Klinkmann der Effekt der Sichterweiterung, der mit einem Vergleich einhergeht. Mit der Sichterweiterung ist der dritte Aspekt an­ gesprochen, der in Bezug auf die TheorienVergleichsdebatte hervorgeho­ ben werden soll. Mit diesem Aspekt setzte sich vor allem Klinkmann aus­ einander. Statt einer Gegenüberstellung, die darauf abzielt die Über- oder Unterlegenheit einer Theorie herauszustellen, hat er eine Art von Ver­ gleich im Sinn, bei „deren Durchführung den beteiligten Wissenschaftlern an der Erweiterung ihrer noch partikular-paradigmatischen Sichtweisen gelegen ist, wo es also um den Erwerb der Fähigkeit geht, nach und nach verstehend einer multi- perspektivistischen Erfassung der sozialen Welt näher zu kommen."9 Dieser Effekt eines Theorienvergleichs, die Erweiterung der Perspektive auf den Untersuchungsgegenstand, wurde in der Debatte am Rande be­ handelt. Wesentlich stärker stand die Frage im Vordergrund, welche Theorien miteinander verglichen werden können und mit welchen Vorge­ hensweisen und Zielen dies geschieht.10 Damit wurden in der Debatte Fra­ gen angeschnitten, die für einen Theorienvergleich zentral sind. Sie wer­ den an dieser Stelle bewusst nicht beantwortet; vielmehr dient die Debatte als Einstieg in die Vergleichsthematik, um im nachfolgenden Abschnitt 8 Klinkmann, Norbert: Das systematische Vergleichen von Theorien. Ein Versuch und die Unausweichlichkeit seines Scheiterns. In: Soziale Welt, 32, 1981. S. 254. 9 Klinkmann 1981. S. 258. 10 In den 1980er und 1990er Jahren verliert die Methode des Theorienvergleichs in den Sozialwissenschaften immer mehr an Bedeutung. Erst Ende der 1990er Jahre wird wieder verstärkt zum Theorienvergleich publiziert. Siehe beispielsweise: Haller, Max: Soziologische Theorie im systematisch-kritischen Vergleich. Opladen 1999; Greshoff, Rainer, Georg Kneer (Hrsg.): Struktur und Ereignis in theorievergleichen­ der Perspektive. Ein diskursives Buchprojekt. Opladen, Wiesbaden 1999. drei Punkte der grundlegenden Problematik des Theorienvergleichs he­ rauszuarbeiten. Die Problematik des Theorienvergleichs Bei der Gegenüberstellung von Theorien stellt die Art und Weise, wie die Vergleichsobjekte ausgewählt werden, ein besonderes Problem dar. Darü­ ber hinaus muss bestimmt werden, in welcher Hinsicht der Vergleich vollzogen und welches Ziel mit der Gegenüberstellung verfolgt wird. Die­ se drei Problembereiche - die im Rahmen dieser Arbeit besonders relevant sind - werden im Folgenden näher erläutert. Im Vorfeld des Vergleichs müssen zunächst die Vergleichsgegenstän­ de ausgewählt werden. Darüber hinaus „müssen die verglichenen Objekte Gemeinsamkeiten und Verschiedenheiten irgend einer Art aufweisen."11 Das heißt, die verglichenen Gegenstände müssen entweder durch Kon­ vergenzen oder durch Divergenzen zueinander in Beziehung gesetzt wer­ den können. Wenn dies nicht der Fall ist, dann ist der Vergleich geschei­ tert. „Die Grenzen des V. [Vergleichs, Anm. JK] sind durch zwei Extreme mar­ kiert: (a) die verglichenen Entitäten haben nur gegensätzliche Merkmale ...; (b) die verglichenen Entitäten haben nur gemeinsame Merkmale."12 Diese Aussage ist dahingehend einzuschränken, dass ein produktives Er­ gebnis eines Vergleichs auch die Feststellung sein kann, dass die vergli­ chenen Objekte vollkommen identisch oder vollkommen unterschiedlich sind. Für einen Vergleich, der nicht nur feststellt, ob die Objekte identisch oder unterschiedlich sind, sondern konkrete Verknüpfungspunkte sicht­ bar machen soll, sind zusätzliche Einschränkungen bei der Auswahl der Gegenstände notwendig. Zum einen dürfen die zu vergleichenden Objek­ te einander nicht zu ähnlich sein, denn sonst kann der positive Effekt, dass 11 Schenk, Günter: Vergleich, ln: Hans Jörg Sandkühler (Hrsg.): Europäische Enzyklo­ pädie zu Philosophie und Wissenschaften. Hamburg 1990. S. 699. 12 Schenk 1990. S. 699. 9 ein Gegenstand im Vergleich zu einem anderen Gegenstand durch den Kontrast deutlicher hervortritt, nicht entstehen. Zum anderen dürfen die zu vergleichenden Objekte auch nicht tiefgreifende und unüberwindliche Unterschiede aufweisen, denn in diesem Fall schrumpfen die Verknüp­ fungspunkte stark zusammen.13 Als Resümee des ersten Problembereiches lässt sich festhalten, dass die Minimalanforderung an einen Vergleich darin besteht, dass (mindes­ tens) zwei Objekte vorhanden sind. Das heißt, dass unabhängig von der Beschaffenheit dieser Objekte ein Vergleich stattfinden kann. Es können auch in Rückbezug auf die Theorienvergleichsdebatte zwei unterschiedli­ che Paradigmen miteinander verglichen werden; damit ist aber nicht die Frage beantwortet, wann ein Vergleich sinnvoll ist. Dieser Frage wird im Zusammenhang mit dem zweiten Problembereich des Vergleichs nachge­ gangen, der Auswahl des Hinblicks einer Gegenüberstellung. Für einen Vergleich werden nicht nur mindestens zwei Gegenstände benötigt, sondern es muss auch ein Hinblick des Vergleichs bestimmt werden. Damit stellt der Vergleich ein dreistelliges Verfahren dar, „weil nicht nur das Verglichene unterschieden werden muß, sondern auch noch ein Vergleichsgesichtspunkt gewählt werden muß, der die Selbigkeit des Verschiedenen, also Ähnlichkeit trotz Differenz garantiert."14 Bei einem Vergleich werden also nicht nur die ausgewählten Objekte be­ trachtet; auf einer weiteren Ebene werden ihre abstrahierten Eigenschaften miteinander konfrontiert. Dabei werden - wie Martens aufzeigt - zwei oder mehr Objekte in einer bestimmten Hinsicht betrachtet. „Mit nur einem Gegenstand oder mehreren Hinsichten hat das Vergleichen keinen Sinn. Vergleiche, wie diejenige von Gewicht und Farbe, Kosten und Alter, die verschiedene Hinsichten betreffen, empfinden wir als ergebnislos. 13 Vgl. Zima, Peter V.: Vergleich als Konstruktion. Genetische und typologische Aspek­ te des Vergleichs und die soziale Bedingtheit der Theorie. In: ders. (Hrsg.): Verglei­ chende Wissenschaften. Interdisziplinarität und Interkulturalität in den Komparatis- tiken. Tübingen 2000. S. 16. 14 Luhmann, Niklas: Gesellschaftsstruktur und Semantik. Studien zur Wissenssoziolo­ gie der modernen Gesellschaft. Band 4. Frankfurt am Main 1995. S. 38. 10

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