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Die Politik der großen Zahlen: Eine Geschichte der statistischen Denkweise PDF

438 Pages·2005·3.204 MB·German
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DiePolitikdergroßenZahlen ` Alain Desrosieres Die Politik der großen Zahlen Eine Geschichte der statistischen Denkweise AusdemFranzösischenvonManfredStern 123 AlainDesrosi`eres ´ ´ InstitutNationaldelaStatistiqueetdesEtudesEconomiques INSEE-TimbreD005 BoulevardAdolphePinard18 75014Paris,France Übersetzer: ManfredStern Kiefernweg8 06120Halle,Germany e-mail:[email protected] Ouvragepubli´eavecleconcoursduMinist`erefran¸caisdelaCulture-Centrenationaldulivre. DiesesWerkwurdemitUnterstützungdesfranzösischenMinisteriumsfürKultur(Centrenationaldu livre)veröffentlicht. Übersetzungder2.Auflagevon“LaPolitiquedesGrandsNombres–Histoiredelaraisonstatistique” ©E´ditionsLaD´ecouverte,Paris,France1993,2000. BibliografischeInformationderDeutschenBibliothek DieDeutscheBibliothekverzeichnetdiesePublikationinderDeutschenNationalbibliografie;detail- liertebibliografischeDatensindimInternetüberhttp://dnb.ddb.deabrufbar. ISBN3-540-20655-8 SpringerBerlinHeidelbergNewYork DiesesWerkisturheberrechtlichgeschützt.DiedadurchbegründetenRechte,insbesonderedieder Übersetzung,desNachdrucks,desVortrags,derEntnahmevonAbbildungenundTabellen,derFunk- sendung,derMikroverfilmungoderderVervielfältigungaufanderenWegenundderSpeicherungin Datenverarbeitungsanlagen,bleiben,auchbeinurauszugsweiserVerwertung,vorbehalten.EineVer- vielfältigungdiesesWerkesodervonTeilendiesesWerkesistauchimEinzelfallnurindenGrenzen dergesetzlichenBestimmungendesUrheberrechtsgesetzesderBundesrepublikDeutschlandvom9. September1965inderjeweilsgeltendenFassungzulässig.Sieistgrundsätzlichvergütungspflichtig. ZuwiderhandlungenunterliegendenStrafbestimmungendesUrheberrechtsgesetzes. SpringeristeinUnternehmenvonSpringerScience+BusinessMedia springer-online.com ©Springer-VerlagBerlinHeidelberg2005 PrintedinGermany DieWiedergabevonGebrauchsnamen,Handelsnamen,Warenbezeichnungenusw.indiesemWerk berechtigtauchohnebesondereKennzeichnungnichtzuderAnnahme,daßsolcheNamenimSinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermannbenutztwerdendürften. Satz:ReproduktionsfertigeVorlagevomÜbersetzer Herstellung:LE-TEXJelonek,Schmidt&VöcklerGbR,Leipzig Einbandgestaltung:design&productionGmbH,Heidelberg GedrucktaufsäurefreiemPapier 46/3142YL-543210 Zum Gedenken an Micha¨el Pollak, dessen moralischer Anspruch und dessen Arbeit zur Politik der Sozialwissenschaften einen großen Ein- fluß auf dieses Buch hatten. VI STADER: ... H¨oren Sie mich an: Mein Institut arbeitet mit den neu- zeitlichen Mitteln der Wissenschaft. Mit Graphologik, Pathographik, heredit¨arerBelastung,Wahrscheinlichkeitslehre,Statistik,Psychoana- lyse, Experimentalpsychologik und so weiter. Wir suchen die wis- senschaftlichen Elemente der Tat auf; denn alles, was in der Welt geschieht, geschieht nach Gesetzen. Nach ewigen Gesetzen! Auf ih- nen ruht der Ruf meines Instituts. Ungez¨ahlte junge Gelehrte und Studenten arbeiten in meinen Diensten. Ich frage nicht nach l¨appi- schen Einzelheiten eines Falls; man liefert mir die gesetzlichen Be- stimmungsstu¨cke eines Menschen und ich weiß, was er unter gege- benen Umst¨anden getan haben muß! Die moderne Wissenschaft und Detektivik engt den Bereich des Zuf¨alligen, Ordnungslosen, angeblich Pers¨onlichen immer mehr ein. Es gibt keinen Zufall! Es gibt keine Tatsachen! Jawohl! Es gibt nur wissenschaftliche Zusammenh¨ange ... Gerade in wissenschaftlichen Kreisen erfreut sich mein Institut noch nichtdesVerst¨andnisses,dasesverdient.Wofu¨rIhreHilfedaherganz unersetzlich w¨are, ist: Die Ausbildung der Detektivik als der Lehre vom Leben des u¨berlegenen wissenschaftlichen Menschen. Es ist nur ein Detektivinstitut, aber auch sein Ziel ist die wissenschaftliche Ge- staltung des Weltbildes. Wir entdecken Zusammenh¨ange, wir stellen Tatsachenfest,wirdr¨angenaufdieBeobachtungderGesetze...Meine große Hoffnung ist: die statistische und methodische Betrachtung der menschlichen Zust¨ande, die aus unsrer Arbeit folgt ... THOMAS: Mein lieber Freund, Sie sind entschieden zu fru¨h auf die Welt gekommen. Und mich u¨bersch¨atzen Sie. Ich bin ein Kind dieser Zeit. Ich muß mich damit begnu¨gen, mich zwischen die beiden Stu¨hle Wissen und Nichtwissen auf die Erde zu setzen. Robert Musil (1921): DIE SCHWA¨RMER Vorwort des U¨bersetzers Bei der U¨bersetzung dieses Buches traten Probleme auf, die hin und wieder kleinere Abweichungen und Zus¨atze erforderlich machten. Zum Bei- spiel verwendet der Autor an mehreren Stellen ganz spezifische franz¨osische Wortsch¨opfungen, die einem uneingeweihten Leser kaum etwas sagen, und u¨ber deren Herkunft man auch in gr¨oßeren W¨orterbu¨chern und Nachschla- gewerken nichts findet. Stellvertretend seien hier die folgenden drei Begriffe genannt: adunation, bottin und bar`eme. Unter adunation, einem von Emmanuel Joseph Siey`es (1748–1836) ge- pr¨agtenWort,istdiegewollteVereinheitlichungderBezugssystemezuverste- hen,wiesienachderFranz¨osischenRevolutionverwirklichtwordenist,umdie eine und unteilbare Nation zu errichten. Diese Adunation“ hatte juristische, ” metrologische und taxonomische Aspekte und schloß die Aufteilung des Ter- ritoriums in Departements sowie die Einfu¨hrung des metrischen Systems der Maße und Gewichte ein. Die beiden anderen Begriffe leiten sich von Personen ab,diedurchdasWirkenstatistischerProzessesogarinFrankreichweitgehend derVergessenheitanheimgefallensind.Unterbottin verstehtmanjetztu.a.ein Telefonbuch oder Fernsprechverzeichnis. Diese Bezeichnung wurde zu Ehren vonS´ebastienBottingepr¨agt,der1799einpolitisch-wirtschaftlichesJahrbuch ( Verzeichnis“)herausgab.DasWortbar`eme bedeutetheuteu.a.Tabelle und ” leitet sich von Franc¸ois Bar`eme ab, einem franz¨osischen Rechenmeister des 17. Jahrhunderts. Bei derartigen Begriffen habe ich zur Erl¨auterung zus¨atzliche Fußnoten eingearbeitet. A¨hnlicherweise habe ich bei einer Reihe von historischen Be- griffen erg¨anzende Fußnoten und Bemerkungen eingefu¨gt, zum Beispiel bei Ancien R´egime, intendant, brumaire, germinal, l’un portant l’autre. Bei den Erl¨auterungen zur Herkunft des Wortes probabilit´e bezieht sich derVerfassernaturgem¨aßaufdenfru¨herenundaufdenjetzigenfranz¨osischen Bedeutungsinhalt dieses Wortes, das lateinischen Ursprungs ist. Im Gegen- satzhierzuhatdiedeutscheU¨bersetzungWahrscheinlichkeit desfranz¨osischen Wortesprobabilit´e einenganzanderen,nichtlateinischenUrsprung.DieseTat- sache mußte in die deutsche U¨bersetzung eingearbeitet werden. Das Buch ist 1993 erschienen, die hier u¨bersetzte zweite franz¨osische Aus- gabe im Jahr 2000. Wie der Verfasser in seinem Nachwort schreibt, enth¨alt dasurspru¨nglicheLiteraturverzeichnisdiezitiertenundbis1992ver¨offentlich- tenArbeiten.Ineinemzus¨atzlichenLiteraturverzeichniszurzweitenfranz¨osi- schen Auflage hat der Autor weitere Arbeiten angegeben, die in den Jahren 1992–2000 verfaßt worden sind; im Nachwort geht er kurz auf den Inhalt dieser Arbeiten ein. Im dritten Teil des Literaturverzeichnisses habe ich wei- tere Titel aufgefu¨hrt, die fu¨r den deutschsprachigen Leser von Interesse sind. Außerdem habe ich st¨andig wiederkehrende Abku¨rzungen in einem Anhang zusammengefaßt. VIII In Erg¨anzung zu den Abbildungen von Kapitel 4 ist unten schema- tisch das Galtonsche Brett dargestellt, das auch als Galton-Brett oder als Quincunx bezeichnet wird.1 Francis Galton, der Erfinder, ließ sich 1873 von einem Instrumentenbauer einen Quincunx anfertigen, den man im Gal- ton Laboratory des University College London besichtigen kann. Galton verwendete dieses Instrument, um bei seinen Untersuchungen u¨ber Erb- anlagen die Eigenschaften der Binomialverteilung und der Normalvertei- lung zu verstehen.2 Die nachstehende Abbildung ist eine Momentaufnah- ” me“ eines Java-Applets von Damien Jacomy (Paris), durch das man un- ter http://www-sop.inria.fr/mefisto/java/tutorial1/tutorial1.html nachAnklickenvonLaplanche de Galton einbeweglichesBilderzeugenkann: dabei bewirkt der simulierte Durchlauf der roten Kugeln den schrittweisen Aufbau einer Binomialverteilung. Der Autor machte mich freundlicherweise auf das obengenannte Java- Applet aufmerksam und sprach sich dafu¨r aus, die Abbildung in dieses U¨ber- setzervorwortaufzunehmen.DasobigeSchwarzrotbildveranschaulichtdieauf Seite132gegebeneBeschreibungdesGaltonschenBrettsunderg¨anztdieAb- bildung des Zwei-Stufen-Quincunx auf Seite 136. Im Java-Applet sieht man 1 Fu¨r genauere Ausfu¨hrungen zum Galtonschen Brett und zur Bezeichnung Quin- cunx vgl. Kapitel 4 (Francis Galton: Vererbung und Statistik). 2 Den Originalentwurf von Galton findet man z.B. in W. Dyck, Katalog mathe- matischer und mathematisch-physikalischer Modelle, Apparate und Instrumente. Nebst Nachtrag. Nachdruck der Ausgabe 1892 und des Nachtrags 1893, Georg Olms Verlag, Hildesheim 1994; Figur 7 auf Seite 6 des Nachtrags). IX weitere Farben zur Verdeutlichung des Sachverhalts und bei zunehmender AnzahlvonVersuchenzeichnetsichim HintergrunddieNormalverteilungab. Mein herzlicher Dank gilt Karin Richter (Martin-Luther-Universit¨at Hal- le, Fachbereich Mathematik) fu¨r zahlreiche – oder besser gesagt: zahllose – Bemerkungenundfu¨reinenichtganzzuf¨alligeFolgevonKonsultationen.Fu¨r kontinuierlichentechnischenundTEX-nischenSupportdankeichGerdRichter (Angersdorf) und Frank Holzwarth (Springer-Verlag) ganz besonders. Eben- so bedanke ich mich bei Peggy Glauch und Claudia Rau von der LE-TEX Jelonek, Schmidt & Voeckler GbR (Leipzig) fu¨r hilfreiche Bemerkungen zur Herstellung der Endfassung fu¨r den Druck. Wertvolle Hinweise zu sprachlichen, inhaltlichen und sonstigen Fragen er- hielt ich von Gerhard Betsch (Weil im Sch¨onbuch), Corrado Dal Corno (Mai- land), Lorraine Daston (Berlin), Menso Folkerts (Mu¨nchen), Walter Hauser (Mu¨nchen),Jean-No¨elMesnil(Paris),BertScharf(Boston),VeronikaSchlu¨ter (Darmstadt), Ivo Schneider (Mu¨nchen) und Sylvia Stern (Springe). Fu¨r wei- testgehendes Entgegenkommen seitens des Springer-Verlages danke ich Ute McCrory, Angela Schulze-Thomin und enfin, tout particuli`erement“ Martin ” Peters. Halle an der Saale, Herbst 2004 Manfred Stern Inhaltsverzeichnis Einleitung: Soziale Tatbest¨ande als Dinge...................... 1 Eine anthropologische Sicht auf die Wissenschaften............... 4 Beschreibung und Entscheidung................................ 7 Wie man dauerhafte Dinge macht.............................. 10 Zwei Arten der historischen Forschung.......................... 14 1 Pr¨afekten und Vermessungsingenieure ..................... 19 Deutsche Statistik: Identifizierung der Staaten ................... 22 Englische politische Arithmetik: Entstehung der Expertise......... 26 Franz¨osische Statistik des Ancien R´egime: Intendanten und Gelehrte 30 Revolution und Erstes Kaiserreich: Die Adunation“ Frankreichs... 36 ” Peuchet und Duvillard: schreiben oder rechnen? ................. 40 Wie man Diversit¨at durchdenkt................................ 46 2 Richter und Astronomen .................................. 51 Aleatorische Vertr¨age und faire Abmachungen ................... 52 Konstruktiver Skeptizismus und U¨berzeugungsgrad............... 58 Der Bayessche Ansatz ........................................ 64 Der goldene Mittelweg“: Mittelwerte und kleinste Quadrate ...... 70 ” Messungsanpassungen als Grundlage fu¨r U¨bereinku¨nfte ........... 75 3 Mittelwerte und Aggregatrealismus........................ 77 Nominalismus, Realismus und statistische Magie ................. 79 Das Ganze und seine Trugbilder ............................... 81 Quetelet und der Durchschnittsmensch“........................ 84 ” Konstante Ursache und freier Wille............................. 88 Zwei kontroverse F¨alle aus der medizinischen Statistik ............ 93 Eine Urne oder mehrere Urnen? ............................... 99 Der angefochtene Realismus: Cournot und Lexis .................103 Durchschnittstyp und Kollektivtyp bei Durkheim ................108 Der Realismus der Aggregate ..................................114 XII Inhaltsverzeichnis 4 Korrelation und Ursachenrealismus........................117 Karl Pearson: Kausalit¨at, Kontingenz und Korrelation............120 Francis Galton: Vererbung und Statistik ........................127 Schwer zu widerlegende Berechnungen ..........................138 Fu¨nf Engl¨ander und der neue Kontinent ........................144 Kontroversen u¨ber den Realismus der Modelle ...................152 Yule und der Realismus der administrativen Kategorien...........156 Epilog zur Psychometrie: Spearman und die allgemeine Intelligenz .162 5 Statistik und Staat: Frankreich und Großbritannien ............................165 Franz¨osische Statistik – eine diskrete Legitimit¨at.................169 Entwurf und Scheitern eines Einflußnetzwerks ...................175 Statistik und Wirtschaftstheorie – eine sp¨ate Verbindung..........182 Britische Statistik und ¨offentliche Gesundheit....................186 Sozialenqueten und wissenschaftliche Gesellschaften ..............193 6 Statistik und Staat: Deutschland und die Vereinigten Staaten ..................199 Deutsche Statistik und Staatenbildung..........................200 Historische Schule und philosophische Tradition..................206 Volksz¨ahlungen in der amerikanischen politischen Geschichte ......211 Das Census Bureau: Aufbau einer Institution ....................218 Arbeitslosigkeit und Ungleichheit: Die Konstruktion neuer Objekte.222 7 Pars pro toto: Monographien oder Umfragen ..............235 Die Rhetorik des Beispiels.....................................238 Halbwachs: Die soziale Gruppe und ihre Mitglieder...............243 Die Armen: Wie beschreibt man sie und was macht man mit ihnen? 246 Von Monographien zu systematischen Stichprobenerhebungen .....251 Wie verbindet man was man schon weiß“ mit dem Zufall?........257 ” Wohlfahrtsstaat, Inlandsmarkt und Wahlprognosen...............258 8 Klassifizierung und Kodierung.............................263 Statistik und Klassifikation....................................264 Die Taxonomien der Lebewesen................................266 Die Durkheimsche Tradition: sozio-logische Klassifizierungen ......270 Die Zirkularit¨at von Wissen und Handeln .......................274 Gewerbliche T¨atigkeiten: instabile Verbindungen .................277 Vom Armen zum Arbeitslosen: Die Entstehung einer Variablen ....283 Ein hierarchischer, eindimensionaler und stetiger sozialer Raum....288 Vom Gewerbe zur qualifizierten T¨atigkeit .......................293 Vier Spuren der Franz¨osischen Revolution.......................297 Eine Urne oder mehrere Urnen: Taxonomie und Wahrscheinlichkeit.302 Wie man einer Sache Zusammenhalt verleiht ....................306

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