FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Nr. 1501 Herausgegeben im Auftrage des Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt DK 533.9 Jorge Garcia Ruffinatti Institut für Theoretische P~ysik der Universität Bonn Die Plasmaströmung entlang einer halbunendlich ausgedehnten eb enen Wand im transversalen Magnetfe1d WESTDEUTSCHER VERLAG KÖLN UND OPLADEN 1965 ISBN 978-3-663-06118-2 ISBN 978-3-663-07031-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-07031-3 Verlags-Nr. 011501 © 1965 hy Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen Gesamtherstellung: Westdeutscher Verlag lnhalt 1. Einleitung ..................................................... 7 2. Allgemeine Begriffe und Definitionen über Plasmen 9 3. Die Zustandsgleichung ......................................... 11 4. Erhaltungssatz der Masse ....................................... 12 5. Erhaltungssatz der Ladung ...................................... 13 6. Erhaltungssatz des Impulses 14 7. Erhaltungssatz der Energie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 8. Elektrische Stromgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 20 9. Ionisationsformel .............................................. 26 10. Die Maxwellschen Gleichungen .................................. 31 11. Das Gleichungssystem der Plasmadynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 33 12. Problemstellung und Zusammenfassung der grundlegenden Gleichungen 35 13. Verschiedene Methoden für die Untersuchung von Strömungsgrenz- schichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 42 14. Untersuchung der Strömungsgrenzschicht 1. Ohne Berücksichtigung der kinetischen Glieder in der Enthalpie- Gleichung ................................................. 46 Il. Berücksichtigung der kinetischen Glieder in der Enthalpie-Gleichung 58 5 15. Wärme- und Impulstransport I. Der Wärmeübergang in der Grenzschicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 61 11. Die Oberflächenreibung in der Grenzschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 62 16. Grenzschichtberechnung I. Näherungsverhalten der elektrischen Feldstärke 63 11. Exakte Berechnung der Grenzschicht 66 Literaturverzeichnis ................................................ 77 6 1. Einleitung Bei der Untersuchung von Plasmen gibt es zwei grundsätzlich verschiedene Rich tungen, urn das makroskopische Verhalten zu beschreiben. Diese Richtungen sind die mikroskopische Theorie und die Kontinuumtheorie (SPITZER [1]). Man benutzt den Begriff der mittleren freien Weglänge zwischen den Teilchen und den Begriff der charakteristischen Ausdehnung L der Anordnung, urn die An wendbarkeit beider Theorien zu untersuchen. Ist die mittlere freie Weglänge À viel gröSer als der MaSstab L (À» L), so wird das gesamte System durch die statistische Thermodynamik beschrieben. Dann ist die grundlegende Glei::hung die Liouvillesche Gleichung, die uns die Wahr scheinlichkeitsdichte liefert (HIRSCHFELDER, CURTIS, BIRD [2], PÜTTER, SAUTER [15]). In der Literatur wird m~istens die Boltzmannsche Gleichung statt der Liouville schen Gleichung benutzt. Das ist schon eine Näherung, weil die Boltzmannsche Gleichung die verschiedenen Systeme unabhängig voneinander betrachtet (PAl [4]). Bei der Untersuchung der Boltzmannschen Gleichung ist die genaue Analysis der Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Teilchenarten von besonderem Inter esse. Diese Wechselwirkungen beeinflussen die Verteilungsfunktion in der Boltz mannschen Gleichung durch das sogenannte StoSglied. Meistens werden nur ZweierstöSe in kurzen Entfernungen zwischen den StoS partnern betrachtet (CHAPMAN, COWLING [5], GRAD [6], W ATSON [7], BRUECKNER, WATSON [8], ROSENBLUTH, ROSTOKER [9], YANG [12], KOGA, EVERTON, WILBER [13], FRIEDRICH [14]). Für Wechselwirkungen mit relativ groSen Abständen zwischen den StoSpartnern bekommen wir eine Korrektur des StoHgliedes, die durch den Fokker-Planck Mechanismus beschrieben wird. In diesem Sinne ist die Fokker-Planck-Gleichung eine Verallgemeinerung der Boltzmannschen Gleichung. (SPITZER [16], HARM [16], SIMON, HARRIS [17], GASIOROWICZ, NEUMAN, RIDELL [18]). HARRIS [10] hat direkt auf Grund des Liouvilleschen Satzes mit statistischen Be trachtungen der elektromagnetischen Kräfte die Vlassov-Gleichungen abgeleitet. Alle diese Beschreibungen bilden die sogenannte kinetische Theorie eines Plas mas. Ist die mittlere freie Weglänge À viel kleiner als der MaHstab L (À ~ L), so kann das gesamte System durch die Kontinuumtheorie beschrieben werden. Die Dynamik des Plasrnas wird durch die verschiedenen Erhaltungssätze für die Masse, Ladung, Energie und den Impuls, gekoppelt mit den Maxwellschen Glei chungen, angegeben. 7 Die Gültigkeit der makroskopischen Gleichungen ist bei der kinetischen Theorie und bei der Thermodynamik irreversibler Prozesse bestätigt (FRIE [20], MAECKER, PETERS [19], SCHLÜTER [21,24], COWLING [23], SPITZER [3]). Im Laufe dieser Arbeit werden wir die folgenden Definitionen verwenden (STUETZER [25]): In der Plasmadynamik (PD) oder Elektromagnetogasdynamik (EMGD) betrach tet man die Maxwellschen Gleichungen gekoppelt mit den gasdynamischen Glei chungen. Die Magnetogasdynamik (MGD) ist ein Spezialfall der Plasmadynamik, wob ei die Energie des elektrischen Feldes sehr viel kleiner ist als die des magnetischen Feldes. Die Elektrogasdynamik (EGD) ist wiederum ein Sonderfall der Plasmadynamik, wobei die Energie des elektrischen Feldes die des magnetischen Feldes stark über steigt. Die Magnetohydrodynamik (MHD) und Elektrohydrodynamik (EHD) sind Spezialfälle der Magnetogasdynamik (MGD) und der Elektrogasdynamik (EGD) unter Vernachlässigung der Kompressionseffekte. 8 2. Allgemeine Begriffe und Definitionen über Plasmen Ein Plasma bestehe aus positiv geladenen Teilchen, Ionen, negativ geladenen Teilchen, Elektronen und Neutralteilchen. Dieses System verschiedener Bestand teile können wir als eine Gasmischung auffassen (SCHLÜTER [21, 24]): Ein Elek tronengas, Ionengas und ein Neutralteilchengas durchsetzen sich. Das Gassystem verhält sich ebenfalls wie ein Gas, das wir »Plasma« nennen. Die Eigenschaften, die einen Zustand des Plasmas charakterisieren, sind Tempera tur, Druck, Geschwindigkeit, Massen-, Elektronen- und Ionen-Dichte, elektri scher Strom und die elektrodynamischen Potentiale U und <p, die das .elektro magnetische Feld beschreiben. Insgesamt haben wir sechs Skalar- und drei Vektor-Gröl3en, also 15 Unbekannte zu bestimmen. Zur Bestimmung dieser Gröl3en können wir folgende Gesetze heranziehen: Zu standsgleichung, Erhaltung der Ladung, Erhaltung des Impulses, Ionisations formel, elektrische Stromgleichung und die Gleichungen für die elektrodynami schen Potentiale. Es ist zu bemerken, dal3 die Aussage der Erhaltung der Ladung nicht in den Gleichungen der elektrodynamischen Potentiale enthalten ist. Wir werden zeigen, dal3 die Maxwellschen Gleichungen ein System von acht Skalar Gleichungen zur Bestimmung von sieben Gräl3en bilden, zur Bestimmung der elektrischen und magnetischen Feldstärke und der Raumladung. Bevor wir uns dem Versuch zuwenden, ein Grundgleichungssystem aufzustellen, müssen wir die später verwendeten makroskopischen Gräl3en deflnieren. In den folgenden Deflnitionen bezieht sich der untere Index »k« auf eine Teilchen art unseres Systems: Teilchendichte: L (2,1) n = nk, k Massendichte: (2,2) P --- L'\.J, p k -- L'\.' m k n k ----- mn , k k wobei mk die Masse der k-ten Teilchenart ist. Druck: (2,3) p = LPk k Temperatur (2,4) 9 Strömungsgeschwindigkeit: (2,5) m = -1. L". , Pkmk, P k Diffusionsgeschwindigkeit der Teilchensorte k: (2,6) Illh = mk-m, mit der Nebenbedingung: Elektrische Raumladung: (2,7) pe = I pek = I ek nk , k k wobei el, die Ladung des k-ten Ladungsträgers ist. Elektrische Gesamtstromdichte: j IJ: I I + (I (2,8) = = pek mk = PekWk pek)m k k k k oder (2,9) i = -j+J + ik = h + Pem, -+ wobei ik der Konvektionsstrom und jJ der Leitfähigkeitsstrom sind. Wir Cezeichnen mit (f und f> die elektrische und magnetische Feldstärke des Plas mas bzw. mit U und Ijl die elektrodynamischen Potentiale. Diese GröSen beschrei ben die Maxellschen Gleichungen. 10 3. Die Zustandsgleichung Wir haben im letzten Abschnitt das Plasma als ein Gasgemisch aufgefaBt. Für jede Komponente des Gemisches gilt folgende Zustandsgleichung: (3,1) wob ei cp(Pk, Tk) eine bekannte Funktion der Temperatur und Massendichte ist. Näherungsweise können wir jede Komponente als ideales Gas betrachten. In die sem Falliautet die Zustandsgleichung für das k-te Teilchen: (3,2) Wir summieren über alle Komponenten des Gemisches: (3,3) 2.: Pk = k L nk T k . k k Unter Verwendung der Definition (2,2), (2,3) und (2,4) bekommen wir für die Zustandsgleichung des Plasrnas : (3,4) wobei unter R = ~ die Gaskonstante, k die Boltzmanl1.sche Konstante und m p m die mittlere Masse des Gemisches zu verstehen sind. 11