FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Nr. 1185 Herausgegeben im Auftrage des Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt Dr. Herber! Scbolz Max-Pianck-Institut für Arbeitsphysiologie, Dortmund Die physische Arbeitsbelastung der Gießereiarbeiter SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH ISBN 978-3-663-06116-8 ISBN 978-3-663-07029-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-07029-0 Verlags-Nr. 011185 © 1963 by Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen 1963 Vorwort des Max-Planck-Instituts für Arbeitsphysiologie Von jeher haben wir den praktischen Sinn unserer Arbeit darin gesehen, Grund lagen fur eine menschengerechte Arbeitsweise zu schaffen, d. h. eine solche, bei der der arbeitende Mensch mit einem hohen Wirkungsgrad tätig ist, es zu hohen Leistungen bringt, gleichzeitig aber vor jeder Überforderung und Schädigung geschützt ist. Das Ziel ist also gewissermaßen eine Synthese zwischen der wirt schaftlichen Forderung nach hoher Produktivität und der humanitären Forderung des Arbeitsschutzes. Eine erste Voraussetzung dafür ist die Kenntnis der körper lich-geistigen Funktionen, die bei den verschiedenartigen Arbeitsprozessen in Tätigkeit treten, weiter die quantitative Kenntnis der belastenden Wirkung der verschiedenen Arbeitsformen und gleichzeitig die Kenntnis der Belastungsmög lichkeit des arbeitenden Menschen, also seiner Leistungsfähigkeit. Die zweite Voraussetzung liegt darin, daß wir in unmittelbarem Kontakt mit der industriellen Praxis arbeiten können. In diesem Sinne haben wir es begrüßt, daß sich Gelegenheit zu Untersuchungen in der Gießerei-Industrie bot. In Gießereien bestehen sehr häufig Schwierigkeiten, die darauf zurückzuführen sind, daß die Arbeit in diesen Betrieben besonders un beliebt ist. Die Gründe sind zum Teil psychologischer Art, zum Teil sind sie auf das Arbeitsmilieu und die Art der Tätigkeit zurückzuführen. Um die Quellen dieser immer wieder auftretenden Schwierigkeiten zu erkennen und die Wege aufzuweisen, diese Schwierigkeiten zu vermeiden, wurde meinem Institut für die Durchführung arbeitsphysiologischer Untersuchungen in Gießereien vom Ministerium für Wirtschaft und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen finan zielleBeihilfe bewilligt. Dieinangriffnahme der Arbeiten und die dadurch gegebene Vertiefung unserer Erkenntnisse auf dem Gebiet der Gießereiindustrie bewiesen uns, daß eine Beschränkung der Untersuchungen auf einen Rahmen, wie ihn der vom Ministerium für Wirtschaft und V er kehr des Landes Nordrhein-Westfalen bewilligte Betrag ermöglichte, ein nicht zu verantwortendes Stückwerk bedeutet hätte. Es zeigte sich immer mehr, daß erst aus dem Vergleich einer größeren An zahl verschiedener Gießereien allgemeine, für alle Gießereien gültige Regeln ab geleitet werden konnten. Interessiert an einer entsprechenden Ausdehnung der Untersuchungen über den ursprünglichen Gesamtplan hinaus waren der Wirtschaftsverband Gießerei Industrie und der Vorstand der Industrie-Gewerkschaft Metall für die Bundes republik Deutschland: Beide Organisationen haben unsere arbeitsphysiologischen Untersuchungen finanziell gefördert. Über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen e. V. gewährte uns schließlich das Bundesministerium für Wirtschaft eine weitere geldliche Unterstützung. Für diese die Untersuchungen 5 überhaupt erst ermöglichende finanzielle Hilfe sei den genannten Ministerien und Organisationen unser Dank ausgesprochen. Im besonderen schulden wir Dank dem Wirtschaftsverband Gießerei-Industrie, der unser Anliegen immer wieder zu seinem eigenen machte, der uns so manche Wege ebnete und der uns auch in der Auswahl der für unsere Untersuchungen in Frage kommenden Betriebe beriet. Unseren Dank haben wir auch den Geschäftsleitungen der einzelnen Werke auszu sprechen, die uns Unterstützung bei der Unterbringung der Untersuchergruppe und ähnlichen Dingen gewährten, Dank auch den Belegschafts-und Betriebsrats mitgliedern sowie speziell den von uns untersuchten Arbeitern, die im Interesse einer Lösung von schwebenden, ungeklärten Fragen unsere Arbeit stets lebhaft begrüßt haben. Während der Untersuchungen wurden durch Vertreter des REFA-Fachaus schusses Gießerei und der Hauptverwaltung der IG-MetallLeistungsgradschätzun gen an den untersuchten Arbeitern durchgeführt; auch für diese Unterstützung, über deren Ergebnisse im Zusammenhang mit unseren Meßwerten an anderer Stelle berichtet werden soll, danken wir. Mit der Leitung der Untersuchungen habe ich meinen Mitarbeitern Herrn Dr. H. ScHOLZ betraut; wir hoffen, daß die vorliegende Monographie Hinweise für die Organisation und Rationalisierung der Arbeit in Gießereibetrieben im eingangs erwähnten Sinne gibt. Dortmund, im Juni 1963 Prof. Dr. med. GuNTHER LEHMANN Direktor des Max-Planck-Instituts für Arbeitsphysiologie 6 Vorwort des Wirtschaftsverbandes Gießerei-Industrie Das im Jahre 1913 gegründete Kaiser-WHhelm-Institut - heute Max-Planck Institut - für Arbeitsphysiologie in Dortmund hat sich von Anbeginn an um die Entwicklung von Methoden zur Untersuchung der Belastung des arbeitenden Menschen bemüht. Die vielfältigen Untersuchungsergebnisse haben in zunehmen dem Maße bedeutsame Hinweise für die Organisation der Arbeit und die Ratio nalisierung der Betriebe ergeben.-Nach Abschluß entsprechender Untersuchun gen in verschiedenen Industriezweigen, z. B. in der Automobil- und in der Gesenkschmiedeindustrie, griff das Institut die Anregung der Gießerei-Industrie auf, gleichartige Untersuchungen auch innerhalb ihres Bereiches durchzuführen. Hierbei stand zunächst die Frage im Vordergrund, wie durch Anpassung der Maschinen und des Arbeitsablaufes an den Menschen eine Harmonisierung der Arbeit und damit eine Leistungssteigerung erzielt werden kann. Die Auswahl der für die Untersuchung in Frage kommenden Betriebe erfolgte in engster Zusammenarbeit zwischen dem Wirtschaftsverband Gießerei-Industrie und dem Max-Planck-Institut für Arbeitsphysiologie. - Schon die ersten Ergeb nisse, die den untersuchten Betrieben in Form von Zwischenberichten zugänglich gemacht wurden, brachten eine solche Fülle von Erkenntnissen, daß das ursprüng lich vorgesehene Untersuchungsprogramm wesentlich erweitert werden mußte. Insgesamt wurden in der Zeit von 1957 bis 1961 dreizehn einrichtungsmäßig ver schiedene Eisen-, Stahl- und Tempergießereien untersucht. Das nunmehr vorliegende Gesamtergebnis aller Einzeluntersuchungen darf nach Form und Inhalt als wertvoller Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Gießereibetrieb gewertet werden. Das Buch sollte als unentbehrliches Werkzeug in der Hand eines jeden Unter nehmers, Gießereileiters, Betriebsingenieurs und Meisters dazu dienen, die Pro duktivität zu steigern, die Arbeit des einzelnen zu erleichtern und so letztlich auch das soziale Klima in allen Bereichen eines Gießereibetriebes zu verbessern. Düsseldorf Wirtschaftsverband Gießerei-Industrie WrLHELM SeHEMANN Vorsitzender 7 Vorwort der Industrie-Gewerkschaft Metall In den Gießereibetrieben der Metallindustrie in Deutschland sind Arbeitsbedin gungen anzutreffen, die im großen und ganzen sehr erhebliche Belastungen für die Gießereiarbeiter mit sich bringen. Dabei sind die Produktionsmethoden sowie die technische Ausrüstung äußerst verschieden und spiegeln oftmals eine technische Entwicklung von 50 Jahren wider. Die Tätigkeit des Gießereiarbeiters ist schwere und schwerste Muskelarbeit, mit zusätzlichen unangenehmen und zum Teil schädlichen Umgebungseinflüssen. Es treten Belastungen auf, die vielfach bis an die äußerste Grenze der menschlichen Leistungsfähigkeit gehen. Dies und die Tatsache, daß die Erkenntnisse der Arbeitsphysiologie in den 1300 bis 1400 Gießereien der Bundesrepublik kaum angewendet werden, veranlaßte den Vorstand der Industrie-Gewerkschaft Metall für die Bundesrepublik Deutsch land, die arbeitsphysiologischen Betriebsuntersuchungen des Max-Planck-Instituts für Arbeitsphysiologie in Gießereien zu unterstützen. Wir hoffen, daß die Ergebnisse dieser Untersuchung dazu beitragen, die Arbeits bedingungen für die Gießereiarbeiter menschlich zu gestalten. Wir hoffen weiter, daß die Techniker bei der Gestaltung der Werkzeuge und Maschinen durch diese Untersuchung mehr als bisher angeregt werden, die Erkenntnis zu beachten, daß Technik die Anstrengung ist, Anstrengung zu vermeiden. Frankfurt/Main Industrie-Gewerkschaft Metall für die Bundesrepublik Deutschland -Vorstand- ÜTTO BRENNER 1. Vorsitzender 9 Inhalt 1. Zweck der arbeitsphysiologischen Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2. Durchführung der Untersuchungen und dabei verwendete Methoden . . . 15 2.1 Registrierung des ganztägigen Arbeitsablaufes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.2 Messung des Kalodenumsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2.3 Fortlaufende Messung der Pulsfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2.4 Messung der körperlichen Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.5 Erfassung von Umwelteinflüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2.51 Messung der klimatischen Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2.52 Registrierung der Lärmstärke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2.53 Überprüfung und Messung der Beleuchtungsverhältnisse . . . . . . . . 18 2.54 Leistungsgradschätzungen 19 3. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 3.1 Die körperliche Belastung der Gießereiarbeiter: . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Energetische Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Statische Zusatzbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Hitzebelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3.2 Die Arbeitsleistung jugendlicher Gießereiarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . 44 3.3 Die körperliche Leistungsfähigkeit der Gießereiarbeiter . . . . . . . . . . 46 3.4 Pausen und Schichtleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 3.5 Lärmverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 3.6 Beleuchtungsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 4. Einzelanalysen von Belastungsuntersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 4.1 Formen an Maschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 4.11 Einschaufeln des Sandes von Hand, Transport der Kästen von Hand 79 4.12 Überkopfbunker, Transport der Kästen von Hand . . . . . . . . . . . . . . 91 4.13 Überkopfbunker, Transport der Kästen mechanisiert . . . . . . . . . . . . 95 4.14 Vergleichsmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 4.2 Handformen ............................................... 142 11 4.3 Kernmachen ............................................... 151 4.31 Kerne herstellen von Hand .................................. 151 4.32 Vergleichsmessungen: ....................................... 152 Kerne herstellen von Hand und mit Kernschießmaschine ........ 152 4.4 Ofenarbeiten ............................................... 156 4.5 Gießen .................................................... 161 4.6 Ausleeren ................................................. 164 4.61 Ausleeren der Formen von Hand, Transport von Hand .......... 164 4.62 Ausleeren von Hand, Transport mittels Rollenbahn, Abgießen von Hand ..................................................... 165 4.63 Ausleeren mittels Rüttelrost, Transport mittels Rollenbahn, Ab gießen von Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 4.64 Ausleeren mittels Rüttelrost, Transport von Hand .............. 169 4.65 Vergleichsmessungen: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Ausleeren von Hand, Ausleeren mittels Vibrationseinrichtung . . . . 171 4.7 Putzen .................................................... 175 4.71 Gußstücke putzen .......................................... 175 4. 72 Vergleichsmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 4.8 Ausführen von HUfsarbeiten ................................. 185 4.81 Sand von Hand entladen und Formen abgießen ................ 185 4.82 Sand aufbereiten in Stotzmiseher ............................. 187 4.83 Sand aufbereiten an Hammers-Planet-Mischmaschine ............ 189 4.84 Kernsand aufbereiten mit Sandmischmaschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 4.85 Transportieren des Gußeisens in Gießtrommel auf Schienenwagen, Abfüllen des Gußeisens in Gießpfannen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 4.86 Ofen mit Eisen beschicken (Setzer) ........................... 196 4.87 Aufhängen von Gußstücken und Abschlagen von Kernstützen bei zwei verschiedenen Produktionsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 4.88 Trichter und Steiger abschlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 4.89 Guß abschlagen mit Vorschlaghammer 202 5. Zusammenfassung 205 6. Tabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 7. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 12