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Die Naturwissenschaftlichen Grundlagen der Lehre von der Entstehung des Bodens PDF

345 Pages·1929·14.137 MB·German
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HANDBUCH DER BODENLEHRE HERAUSGEGEBEN VON DR. E. BLANCK O. O. PROFESSOR UND DIREKTOR DES AGRIKULTURCHEMISCHEN UND BODENKUNDLICHEN INSTITUTS DER UNIVERSITA T GOTTINGEN ERSTER BAND BERLIN VERLAG VON JULIUS SPRINGER 1929 DIE NATURWISSENSCHAFTLICHEN GRUNDLAGEN DER LEHRE VON DER ENTSTEHUNG DES BODENS BEARBEITET VON PROFESSOR DR. E. BLANCK-GOTTINGEN . DR.H.FESEFELDT-GOTTINGEN DR. F. GIESECKE-GOTTINGEN . DR. G. HAGER-BONN . DR. F. HEIDE GOTTINGEN . PROFESSOR DR. W. MEIGEN-GIESSEN . PROFESSOR DR. S. PASSARGE-HAMBURG . PROFESSOR DR. H. PHILIPP-KOLN DR. K. REHORST-BRESLAU . DR. L. ROGER-HEIDELBERG MIT 29 ABBILDUNGEN BERLIN VERLAG VON JULIUS SPRINGER 1929 ISBN-13: 978-3-642-98808-0 e-ISBN-13: 978-3-642-99623-8 DOl: 10.1007/978-3-642-99623-8 ALLE RECHTE, INSBESONDERE DAS DER OBERSETZUNG IN FREMDE SPRACHEN, VORBEHALTEN. COPYRIGHT 1929 BY JULIUS SPRINGER IN BERLIN. Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 1929 Vorwort. Die Lehre vom Boden hat in den letzten Jahrzehnten eine ungeahnte Ent wicklung genommen und Fortschritte gezeitigt, die weit tiber die engen Grenzen einer landwirtschaftlichen Fachdisziplin, als welche die Bodenkunde wohl zu meist angesehen wird, hinausgehen. Botanik, Geologie, Klimalehre, um nur einige der Bodenlehre nahestehende Wissenschaften zu nennen, sind heute mehr denn je gezwungen, die Ergebnisse bodenkundlicher Forschung zu ihrem eigenen Nutzen und Ausbau zu verwerten, und auf den mannigfaltigsten Gebieten wissen schaftlicher Forschung macht sich das Bedtirfnis nach grundlegender boden kundlicher Erkenntnis geltend. Dies gilt nicht nur insonderheit ftir aIle Gebiete der theoretischen und praktischen Landwirtschaft, sondern auch flir schein bar recht entfernt liegende Wissenszweige wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Richtung. Das mit dem vorliegenden ersten Bande herausgegebene Handbuch der Bodenlehre wtinscht der umfassenden Bedeutung des Bodens nach jeder Richtung hin gerecht zu werden, indem es in graBerem Umfang als solches bis her geschehen ist, aIle Erscheinungen, die mit dem Boden im Zusammenhang stehen, als ein Ganzes zu verbinden und zur Darstellung zu bringen trachtet. Somit ist dieses Werk nicht nur flir den Landwirt und Agrikulturchemiker, sondern auch flir den Naturwissenschaftler aller Fachgruppen zur Erlangung der flir ihn erforderlichen Kenntnisse vom Boden bestimmt. Mage der Wunsch des Verlegers und Herausgebers, ein grundlegendes Werk, das aIle Ergebnisse neuzeitlicher bodenkundlicher Erkenntnis zusammenfaBt, geschaffen zu haben, damit in Erfilliung gehen. Gattingen im November 1928. E. BLANCK. Inhaltsverzeichnis. Einleitung. Seite Die Bodenlehre oder Bodenkunde als Wissenschaft. Von Professor Dr. E. BLANCK, Gottingen . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .......... . I. Begriff und Inhalt der Bodenlehre . . . . . . . . . . . . .... . I 2. Die Beziehungen der Bodenlehre zur Geologie und Agrikulturchemie 6 3. Begriff und Wesen des Bodens ................ . 19 Geschichtlicher iJberblick iiber die Entwicklung der Bodenkunde bis zur Wende des 20. Jahrhunderts. Von Privatdozent Dr. F. GIESECKE, Gottingen . . ... 28 Erster Teil. Allgemeine oder wissenschaftliche Bodenlehre. Die Entstehung des Bodens (Bodenbildung). A. Ausgangsmaterial. 1. Anorganisches Material ......... . a) Die gesteins- und bodenbildenden Mineralien. Von Privatdozent Dr. F. HEIDE, Gottingen. (Mit 4 Abbildungen) . . . . . 1. Art und MengenverhiHtnis der gesteinsbildenden Mineralien 2. Bildungsweisen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die wichtigsten gesteinsbildenden Mineralien . . . . . . . b) Die Gesteine bzw. das Gesteinsmaterial. Von Privatdozent Dr. F. HEIDE, Gottingen. (Mit 10 Abbildungen) III A. Die Eruptivgesteine . . . . II4 B. Die Sedimentgesteine 134 C. Die metamorphen Gesteine . 142 c) Material aus der Atmosphare. Von Professor Dr. W. MEIGEN, Gieilen 145 2. Organisches Material. . . . . . . . .. ........ . d) Pflanzensubstanz und Tiersubstanz. Von Dr. K. REHORST, Breslau 1. Pflanzensubstanz. 2. Tiersubstanz. . . . B. Naturwissenschaftliche Grundlagen zur Beurteilung der Bodenbildungsvorgange (Faktoren der Bodenbildung). 1. Die physikalisch wirksamen Krafte und ihre Gesetzmailigkeiten. Von Dr. H. FESEFELDT, Gottingen. (Mit 5 Abbildungen) . . . . 170 a) Warmeleitung in Mineralien und Gesteinen. . . . . . 170 b) Thermische Ausdehnung der Mineralien und Gesteine 183 c) Gefrieren des Wassers und Schmelzen des Eises . . . 188 2. Die chemisch wirksamen Krafte und ihre Gesetzmailigkeiten. Von Dr. G. HAGER, Direktor der landwirtschaftlichen Versuchsstation, Bonn 189 a) Massenwirkungsgesetz. . . 189 b) Gesetze der Kolloidchemic 203 Systematik der Kolloide 203 Die kolloiden Losungen. . . . 206 Die Gele. . . . . . . . . . . 218 Grenzoberflll.chenerscheinungen . 222 VIII Inhaltsverzeichnis. 3. Die geologisch wirksarnen Krafte fur die Aufbereitung des Gesteins- Seite rna terials . . . '. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 a) Die Tatigkeit des flieBenden Wassers. Von Privatdozent Dr. L. RUGER, Heidelberg. (Mit 4 Abbildungen) ...... . . . . . 230 1. Hydrodynamische Vorbemerkungen . . . . . . . . . 230 2. Die geologischen Auswirkungen des flieBenden Wassers 235 3. Die morphologischen Auswirkungen des flieBenden Wassers 242 b) Die Tatigkeit des Meeres und der Brandungswelle. Von Privatdozent Dr. L. RUGER, Heidelberg. (Mit 4 Abbildungen) 242 1. Der Schauplatz . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 2. Das Meerwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 3. Die zerst5rende Tatigkeit des Meeres (Meereserosion) 245 4. Die aufbauende Tatigkeit des Meeres 252 c) Die Wirkungen des Eises. Von Professor Dr. H. PHILIPP, Koln 257 1. Faktoren des Eises und des Untergrundes 258 2. Arten der Glazialerosion . . . . . . . . 268 3. Gesamtwirkung der Glazialerosion. . . . 284 d) Die \Virkung des Windes. Von Professor Dr. S. PASSARGE, Hamburg 288 1. Die Beschaffenheit des Windes . . . 289 2. Beschaffenheit des Windmaterials . . . 291 3. Zerstorende Wirkung auf den Boden. . 294 4. Mechanik der Verfrachtung durch Wind 297 5. Bodenbildung unter dem EinfluB des Windes. 298 6. Bedeutung der Windwirkung auf den Boden fur die Lebewelt und die Kultur 308 e) Die sogenann te trockene A btragung (su baerische Massen bewegungen). Von Privatdozent Dr. L. RUGER, Heidelberg. (Mit 2 Abbildungen) . . . . . 309 I. Begriffsfassungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 2. Einige bodenphysikalische Unterlagen fur die Kenntnis der Massenbewegungen 311 3. Beispiele einzelner Massenbewegungen 313 Namenverzeichnis 321 Sach verzeichnis 327 Berichtigungen. S. 9, Zeile 1 von oben: statt A. lies H. ROSENBuscH. S. 13, Zeile 8 von unten: statt L. M. lies J. M. VAN BEIIIIIIELEN. S. 34, Zeile 2 von oben: statt ERESOS lies EVESOS. S. 57, FuBnote 6: statt LESgUERsEN lies LEsgUEREUX. S. 66, Zeile 4 von oben: statt SFENFT lies SENFT. S. 66, Zeile 2 von unten: statt CLARK lies KNOP. S. 66, FuBnote 9: statt CLARK, W. lies KNOP, W. S. 74, FuBnote 3: statt DE RAIN lies DEHERAIN. S. 93, Zeile 19 von unten: statt Serizisierung lies Serizitisierung. S.198, Zeile 5 von oben: statt es lies so. S.204, "Disperse Systeme" unterste Zeile: statt Opaleszent lies Opaleszenz. S. 299, Zeile TO von unten: statt humose lies humose. Einleit ung. Die Bodenlehre oder Bodenkunde als Wissenschaft. Von E. BLANCK, Gottingen. I. Begriff und Inhalt der Bodenlehre. Die Bodenlehre oder, wie sie wohl bisher zumeist genannt wurde, die Bodenkunde, ist als wissenschaftliche Disziplin verhaltnismaBig ganz jungen Datums. Trotzdem darf aber nicht verkannt werden, daB bodenkundliche Er kenntnis schon seit den fruhesten Zeiten angestrebt worden ist. Die Lehre yom Boden dient der Erkenntnis und Erforscrung des Bodens nach jeder Richtung hin, aber die Wege, die sie zur Erfiillung ihrer Aufgabe einschlagen muBte, waren nicht immer die gleichen, sondern wurden ihr durch die fortschreitende Erkenntnis auf dem Gebiete der Gesamtnaturwissenschaft vorgeschrieben, da sie sich als angewandte Naturwissenschaft zunachst nur in steter Abhangigkeit von ihren Mutterdisziplinen zu entwickeln vermochte. Als solche kommen aber fast aIle Naturwissenschaften, insbesondere Geologie, Minera logie und Gesteinskunde, Botanik einschlieBIich Bakteriologie, ferner Chemie, Physik und auch neuerdings, und zwar in nicht unerheblichem AusmaBe, Meteo rologie und Klimakunde in Frage. Ihre verhaltnismaBig spat erfolgte wissen schaftliche Ausgestaltung erweist sich daher als naturgemaB begrundet. Aber nicht nur diesem Umstande allein verdankt die Bodenlehre ihre Ausbildung und Entwicklung, es tritt auch andererseits der nicht zu unterschatzende EinfluB der Bediirfnisse, die das wirtschaftliche Leben an unsere Wissenschaft seit jeher stellen muBte und stellte, hinzu, ja, die Einwirkungen dieser Art waren zum Teil starker und nachhaltiger, als das Ringen der Bodenlehre nach rein wissenschaft licher Erkenntnis und Erforschung ihres Objektes, des Bodens. Die Bodenkunde oder Bodenlehre dient als angewandte Wissen schaft den mannigfaltigsten Zwecken, und gerade dieser Sachlage ist es zu ver danken, daB sie in eine groBere Anzahl von Unterdisziplinen sehr voneinander abweichenden Inhalts zerfallt, denn, wie schon hervorgehoben wurde, steht nicht allein das Objekt der Forschung im Vordergrund des Interesses, sondern in erhohterem MaBe, der Zweck, dem das Objekt zu dienen hat oder dienen kann. Ja, dieses letztere Problem beherrscht sogar zumeist den Inhalt der gesamten Wissenschaft yom Boden. Doch nicht genug damit, denn infolge der besonderen und eigenartigen Natur des Bodens in seiner Stellung zu anderen Naturobjekten, und zwar sowohl in genetischer als auch morphologischer Hinsicht, ergibt sich hieraus eine weitere Fiille von Moglichkeiten in der Auffassung yom Wesen des Bodens und eine damit notwendigerweise verbundene verschiedenartige Behand lung und Darstellung dieses so weit verbreiteten Naturkorpers. Handbuch der Bodenlehre I. 2 E. BLANCK: Die Bodenlehre oder Bodenkunde als Wissenschaft. Trotzdem erweist es sich aber als unbedingt notwendig und es mnB dem entsprechend von der an sich selbstverstandlichen Forderung ausgegangen wer den, daB sich die Bodenlehre in all ihren Zweigen und Unterabteilungen stets in strenger Abhangigkeit vom Wesen des Bodens zu befinden hat, d. h. von seiner Erscheinungsform in der Natur, so daB Bodenlehre und Bodenbegriff als eng miteinander verkniipft durchaus als abhangig voneinander erscheinen. Aber gerade hierin liegt die groBe S~hwierigkeit einer einheitlichen Darstellung der Natur des Bodens begriindet, weil eben nicht allein das Objekt als solches, nam lich der Boden, sondern auch seine Fahigkeit, der Menschheit zweckdienlich sein zu konnen, als fUr das We sen des Bodens ausschlaggebend betrachtet und angenommen wird. Erst ganz neuerdings ringt sich allmahlich mehr und mehr die Erkenntnis von der unwissenschaftlichen Behandlung bodenkundlichen Tat sachen- und Forschungsmaterials dieser Art durch, und wir haben in dieser Wandlung bzw. als Folge derselben die groBen Fortschritte unserer Erkenntnis in den letzten Jahren bodenkundlicher Forschung zu suchen und zu verzeichnen. Dieser Umstand rechtfertigt aber auch einzig und allein die Herausgabe eines Handbuches der Bodenlehre, indem es nunmehr moglich geworden ist, die Bodenlehre als selbstandige Wissenschaft darzustellen, und ihr Inhalt nicht mehr, wie zumeist fruher, von allerhand Umstanden auBerlicher oder sekundarer Art beherrscht wird, sondern lediglich durch die Natur des Bodens seinen Charakter und seine Umgrenzung erhaIt. Nicht mehr in standiger Ab hangigkeit von ihren sogenannten Mutter- und Schwesterdisziplinen und deren Zwecken erscheint die Bodenlehre, sondern sie steht mit jenen Wissenschaften nur noch insoweit in naher Beziehung, als diese ihr zum Aufbau ihres Lehrgebaudes verhelfen und sie ihnen dafiir andererseits zu einem unentbehrIichen Ratgeber und Forderer geworden ist. Von diesem Gesichtspunkt aus ist die Bodenlehre die Lehre von dem Auftreten und der Entstehung des Bodens, von seinen Eigenschaf ten in stofflicher wie sons tiger Hinsicht und von den weiteren Um wandlungen, welchen er an der Erdoberflache dauernd ausgesetzt ist, wie es auch E. RAMANN1 im Jahre 1905 in ahnIicher Weise zum Ausdruck gebracht hat. Das sich hieraus ergebende nahe VerhaItnis der Gesteine zum Boden, namlich als Muttersubstanz oder Herkunftsmaterial, rechtfertigt nun wohl insofern, als das genetische Moment in den Vordergrund gestellt wird, die Auffassung des Vorhandenseins naher Beziehungen zwischen Bodenlehre einerseits und Geologie einschlieBIich Petrographie und Mineralogie andererseits, nicht aber den so haufig daraus gezogenen SchluB einer absoluten Abhangigkeit der Bodenlehre von der Geologie. Um die Unhaltbarkeit eines solchen Standpunktes einzusehen, geniigt es schon allein, darauf hinzuweisen, daB das Ursprungsmaterial des Bodens nicht allein anorganischer Natur ist, sondern stets zu einem gewissen Teil, manch mal sogar ausschlieBlich, dem Pflanzenreich und auch untergeordnet dem Tier reich entstammt. Daher laBt sich denn auch die wiederholt geauBerte Ansicht, daB die Bodenkunde im Grunde nichts anderes als die Geologie der Gegenwart sei, trotz des darin enthaltenen wahren Kerns nicht aufrechterhalten, wenn auch wohl vom Gesichtspunkt des Geologen hierdurch ein kennzeichnender Unter schied zwischen Gestein und Boden gegeben ist. Zwar behauptet allerdings R. LANG2, daB die organischen Stoffe, aus denen die Lebewesen bestehen, so bald der Organismus abgestorben ist, ein "geologisches Produkt" bilden. 1 RAMANN, E.: Bodenkunde, 2. Aufl., I (1905). Z LANG, R.: Verwitterung und Bodenbildung, 6. Stuttgart 1920. Begriff und Inhalt der Bodenlehre. 3 Ebensowenig wie die Bodenlehre nicht als Zweig der Geologie angesehen werden kann, darf sie auch nicht schlechthin als Teildisziplin der Agrikultur chernie gelten, schon allein deswegen nicht, weil sie in dieser untergeordneten Stellung nicht imstande ist, einen Teil ihrer Hauptaufgaben zu erfullen. In der Tat hat denn auch ihre Vereinigung mit der Agrikulturchemie, wie eine solche von jeher gleichfalls angestrebt worden und auch zumeist noch nicht uberwunden ist, am schwersten auf ihr gelastetl. Aber Agrikulturchemie wie Landwirtschaft haben nur Interesse am soge nannten Kulturboden. Dieser ist jedoch nur ein kunstliches Produkt, das seine Natur der Einwirkung von Menschenhand verdankt. Nur in seiner Beziehung zur Pflanzenwelt, d. h. als Trager der Pflanzen dienen zu k6nnen, wird der Boden demnach hier bewertet. Demgegenuber darf aber nicht verkannt werden, daB die Bodenlehre bei den Wissenschaften, Geologie und Agrikulturchemie, groBe Fortschritte zu ver danken hat. Trotzdem kann eine ersprieBliche Tatigkeit und Weiterentwicklung der Bodenlehre nur dann gewahrleistet werden, wenn sie unabhangig von diesen ihre eigenen Wege geht, wie sie solches in letzter Zeit getan hat, nachdem sie es gelernt und verstanden hat, von h6herer Warte aus ihre Aufgaben zu erkennen und zu verfolgen. Urn allen ihren Aufgaben gerecht zu werden, und insbesondere urn ihre selbstandige Stellung zu wahren, empfiehlt sich eine reinliche Scheidung desjenigen Teils, der die allgemeinen, rein wissenschaftlichen Aufgaben zu 16sen hat, von dem Teil vorzunehmen, der dem praktischen Nutzen des Bodens dient. Somit stellt die Bodenlehre einerseits eine reine Wissenschaft dar, die urn ihrer selbst willen gepflegt sein will, ein andermal tragt sie den Charakter einer technologis chen Wissenschaft, die nur auf die Erkenntnis des nutzbringen den Wertes des Bodens flir die Menschheit bedacht ist. Demzufolge kommen wir in Anlehnung an F. W. DAFERT2 und E. RAMANN3 zur Aufstellung zweier groBer Teil gebiete der Bodenlehre, der wissenschaftlichen oder allgemeinen Boden lehre und der speziellen Bodenkunde oder Technologie des Bodens. In diesem ersten Teil der Bodenlehre werden nacheinander zu behandeln sein, erstens der Vorgang der Bodenentstehung als Grundlage flir die Kenntnis von der physikalischen und chemischen Beschaffenheit des Bodens. Dementsprechend hat eine kurze Darstellung des Herkunfts- oder Rohmaterials des Bodens vorauf zugehen, d. h. die gesteins- und bodenbildenden Minerale ebenso wie die Gesteine werden als Lieferanten der anorganischen Bodenkonstituenten in ihrer chemi schen und physikalischen Natur zu kennzeichnen sein, desgleichen ferner die Spender des organischen Bodenmaterials, das sind die Pflanze und das Tit;r, 1 RAMANN, E.: Dber Bodenkunde und angewandte Bodenkunde oder Technologie des Bodens. J. Landw. 1905, 37I. 2 DAFERT, F. W.: Dber das Wesen der Bodenkunde. Landw. Jb. IS, 243 (1886). a RAMANN, E.: Dber Bodenkunde usw. J. Landw. 1905, ferner A. SAUER: Die Be handlung der Bodenkunde als Lehrfach an den Hochschulen und Universitaten. Z. prakt. Geol. 1909, 453. - RAMANN, E.: Bodenkunde und ihre SteHung' als Lehrfach. Ebenda 1909, 524. - SAUER, A.: Bodenkunde als Lehrfach. Ebenda 1909, 526. - BLANCK, E.: Wege und Ziele bodenkundlicher Forschung und Lehre. Fiihlings Landw. Zg 62, 462 (1923). - GRAF zu LEININGEN, W.: Die Aufgaben der Bodenkunde. K. k. Geogr. Ges. i. Wien 1917, 391. - MITSCHERLIcH, E. A.: Die Bodenkunde in ihrer Bedeutung fiir die Land- und Forstwirtschaft. Internat. Mitt. Bodenkde I, 1 (19II). - VAGELER, P.: Die Bedeutung der Bodenkunde fiir die koloniale Landwirtschaft. Tropenpflanzer 14, 521 (1910). - FALLOU, F. A.: Pedologie oder allgemeine und besondere Bodenkunde. Dresden 1862. - ORTH, A.: Die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Bodenkunde. Landw. Versuchsstat. 20, 63 (1877). - HILMANN, P.: Die landwirtschaftliche Erdkunde als Gegenstand des Hochschulunterrichts. Fiihlings Landw. Zg 60, 289 (19II). - RUMKER, K. V.: Systematik und Methodik der modernen landwirtschaftlichen Pflanzenproduktionslehre. Fiihlings Landw. Zg 60, 4II (19II). 1* 4 E. BLANCK: Die Bodenlehre oder Bodenkunde als Wissenschaft. in ihrer stofflichen Beschaffenheit darzulegen sein. Da aber auch die Atmosphare in Gestalt der Atmospharilien reichlichen Anteil am Zustandekqmmen des Bodens und seiner Bestandteile nimmt, so wird auch diese yom chemischen Gesichts punkt aus zu berucksichtigen sein. Der Vorgang der Bodenbildung ist aber nicht nur als eine Frage des chemisch-stofflichen Aufbaues des Bodens anzusehen, sondern die groBte Bedeutung bei diesem ProzeB kommt unzweifelhaft der chemisch-stofflichen Umwandlung des Rohmaterials zu, so daB die Krafte, welche den Vorgang regeln und auslOsen, besonders zu erortern sein werden, Da sich aber diese sowohl physikalisch als auch chemisch wie geologisch betatigen, und auch insbesondere die Krafte der Luft an der Aufbereitung des Materials der Erdoberflache beteiligt sind, so werden sie im einzelnen im AusmaB ihrer Anteil nahme zu priifen und in der Art ihrer Wirkungsweise auf ihre naturgesetzlichen Grundlagen zuruckzufiihren sein. Erst nachdem diese grundlegende Erkenntnis erworben ist, wird es moglich sein, den EinfluB aller dieser Faktoren auf die Ausgangsmaterialien in der allgemeinen Verwitterungslehre, d. h. in der Lehre von der Entstehung des Bodens, zur Darstellung zu bringen. Die allgemeine Verwitterungslehre wird sich dann wiederum im einzelnen nach der Art der sich am Verwitterungsvorgang beteiligenden Krafte in physikalische, chemische und biologische Verwitterung zu zergliedern haben, wobei der Zersetzung der organischen Substanz als vorbereitendem Geschehnis fiir die Moglichkeit des Zustandekommens der letztgenannten Verwitterungsart ein besonderes Kapitel eingeraumt werden muB. AuBerdem wird jedoch einleitend gebiihrende Riick sicht auf den Umfang der gesamten Erscheinung und auf den Ort ihrer Betatigung in und auf der Erde zu nehmen sein, d. h. es wird der Verwitterung Platz und Aus maB im Neben- und Nacheinander der Naturgeschehnisse, welche die Gesteins hiille der Erde verandern, angewiesen werden miissen. Der allgemeinen Verwitterungslehre hat nunmehr die spezielle Verwit terungskunde zu folgen, insofern als die Krafte, welche die Aufbereitung des den Boden erzeugenden Materials regeln und bedingen, in ihrem AusmaB der Betatigung und Anteilnahme zur Hauptsache durch das jeweilig an der Erd oberflache herrschende Klima bestimmt sind. Nur untergeordnet vermag auch wohl der geologische (eigentlich besser gesagt, petrographisch beschaffene) Unter grund ausschlaggebend fiir die Natur des aus ihm hervorgegangenen Bodens zu werden, namlich dann, wenn die klimatischen Verhaltnisse nicht extrem genug, d. h. einseitig markant, ausgebildet sind, urn den durch die "inneren" Boden bildungsverhaltnisse gegebenen Aufbereitungsvorgang zu verwischen. Auf diese Weise kommt es zu einer Zweiteilung der speziellen Verwitterungskunde, I. der Lehre von dem Zustandekommen der regionalen oder zonalen Boden und von ihrer Verteilung auf der Erdoberflache und 2. der Lehre von der Entstehung und Ausbildung der aklimatischen BOden oder OrtsbOden. Diesem 1. Teil der speziellen Verwitterungslehre verdanken wir in Sonderheit nicht nur die Kenntnis von der so auBerordentlich groBen Vielgestaltigkeit des Bodens, sondern dieser Teil ist es auch gewesen, der uns das Verstandnis ffir die universelle Bedeutung des Bodens als eines charakteristischen Oberflachengebildes der Erde gebracht hat. Wir sehen das Landschaftsbild in den verschiedensten Gegenden unseres ErdbalIs durch die Eigentiimlichkeiten des regional bedingten Bodens bestimmt und stellen damit zugleich einen weit iiber die engen Grenzen der bisher iiblichen Bodenlehre hinausgehenden geographischen Wert des Bodens fest und gelangen somit, indem wir noch weiter in die Erkenntnisse der Abhangigkeit einer Boden bildung von Klima- und Ortsverhaltnissen eindringen, zu der Moglichkeit, die fossilen Bodenbildungen als Indikatoreh "vorweltlicher" Klimaerscheinungen zu benutzen. Allen diesen Beziehungen wird anschlieBend an die spezielle Ver-

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