I Die Milesier: Thales II Traditio Praesocratica Zeugnisse frühgriechischer Philosophie und ihres Fortlebens Textual evidence on early Greek philosophy and its continuation Band 1 III Die Milesier: Thales Herausgegeben von Georg Wöhrle Mit einem Beitrag von Gotthard Strohmaier IV ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt. ISBN 978-3-11-019669-6 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-b.de abrufbar. © Copyright 2009 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Christoph Schneider, Berlin Satz: Dörlemann-Satz GmbH & Co. KG, Lemförde Druck und buchbindereische Verarbeitung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen V Vorwort Wie es nicht anders sein kann, ist dieses ein Werk, das aus der Zusammen- arbeit vieler entstanden ist. An erster Stelle möchte ich dabei Frau Mecht- hild Siede M.A. nennen, die in mühevoller und geduldiger Arbeit die erste Sammlung der Testimonien übernommen hat. Ermöglicht wurde dies durch die finanzielle Förderung der Fritz Thyssen Stiftung, der an dieser Stelle herzlicher Dank ausgesprochen sei. Frau Siedes Arbeit wurde fort- und zu Ende geführt von Frau Maria Pätzold, die sich darüber hinaus noch durch oft mühsame Korrekturarbeiten große Verdienste um die Sammlung gemacht hat. Für eine finanzielle Förderung sei in diesem Falle dem Forschungsfonds der Universität Trier gedankt. Auch Frau Katrin Beer, Frau Susanne Bretz und Herr Sebastian Gäb haben geholfen, so manchen Fehler auszumerzen. Größter Dank gilt Herrn Kollegen Gotthard Strohmaier, der bereit war, und dies auch mit bekannter Kennerschaft und Umsichtigkeit geleistet hat, die syro-ara- bische Überlieferung in Edition und Übersetzung zu betreuen. Der Heraus- geber des vorliegenden Bandes hatte Texte aus vielen Jahrhunderten, von in je- der Hinsicht verschiedensten Autoren zu sichten, zu verstehen und zu edieren. Ohne die Beratung von Fachkollegen wäre dies überhaupt nicht möglich gewe- sen. Namentlich seien hier dankbar genannt die Kollegen PD Dr. Alfred Breiten- bach (Bonn), PD Dr. Oliver Hellmann (Trier), Prof. Dr. Wolfram Kinzig (Bonn), Prof. Dr. em. Hans-Otto Kröner (Trier), Dr. Harald Merklin (Freiburg im Brsg.), Prof. Dr. Christoph Riedweg (Rom/Zürich), Dr. Johannes Schwind (Trier) und PD Dr. Gregor Staab (Köln). Schließlich hat das kontinuierliche Gespräch mit Herrn Andreas Schwab M.A., der zurzeit im Rahmen seiner Doktorarbeit und auf der Grundlage seiner soliden philosophischen Ausbildung einen Kom- mentar zur vorliegenden Sammlung vorbereitet, manchen wichtigen Impuls für die laufende Arbeit vermittelt. Ihm wird auch (in Zusammenarbeit mit Sebastian Gäb) der Index rerum et nominum dieses Bandes verdankt. Dass die Arbeit ohne die überaus kundige und hilfreiche verlegerische Betreuung durch Frau Dr. Sabine Vogt vom Verlag Walter de Gruyter nicht erschienen wäre, verdient an dieser Stelle ebenfalls der unbedingten Erwähnung. Trier im Juli 2008 VII Inhaltsverzeichnis Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Edition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 Textausgaben der griechischen und lateinischen Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 Textausgaben der arabischen Autoren . . . . . . . . . . . . . 515 Literatur zu den griechischen und lateinischen Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517 Literatur zu den arabischen Autoren . . . . . . . . . . . . . 523 Konkordanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529 Liste der Testimonien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 Alphabetisches Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . 553 Register der Personen und Orte . . . . . . . . . . . . . . . . 559 Register der Sachen und Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . 563 Allgemeine Bemerkungen 1 Einführung 1. Allgemeine Bemerkungen (Georg Wöhrle) Wie wohl für kaum eine zweite Epoche der europäischen Philosophie gilt für diejenige, die wir die vorsokratische nennen, dass das Wissen über deren Vertreter, die so genannten Vorsokratiker,1 der Interpretation und damit dem wechselnden Interesse der überliefernden Autoren unterworfen ist. Handelt es sich doch, wenn nicht ausschließlich, so doch wesentlich, um indirekte Überlieferung, die, wie im Falle des im vorliegenden Band dokumentierten ‚Thales‘, zunächst sogar nur auf raunendem Hörensagen beruht, auf das selbst ein Aristoteles zurückgreifen musste. Natürlich lag das Interesse der modernen philologiegeschichtlichen Forschung zunächst einmal darin be- gründet, dennoch so weit wie eben möglich dem originären Denken dieser Protagonisten griechischer Weisheit nahe zu kommen, was vielleicht in je höherem Maße gelingen kann, je mehr unmittelbarer Wortlaut aus ihren Schriften noch vorhanden ist. Hier mag es im einen oder anderen Falle so- gar möglich sein, zu einer ungefähren Vorstellung von Inhalt und Aussage eines Buches, eines Gedichtes, einer Sammlung zu gelangen. Nicht nötig zu sagen, dass natürlich auch die Überlieferung solcher wörtlichen Zitate der gesamten Problematik einer Tradition über die Jahrhunderte und Jahr- tausende unterworfen ist, beginnend bei mechanischen Übermittlungsfeh- lern und endend bei einer zuweilen völlig konträren Interpretation je nach Überlieferungszusammenhang. Unterstützend trat daher das philologische Bemühen um diese Texte hinzu, das aufzuzeigen und nachzuspüren ver- suchte, wo die Überlieferungsstränge im Einzelnen verliefen, um eben auf diese Weise zu einer Grundaussage vorzustoßen und Ursprüngliches von später Hinzugekommenem, Irrtümlichem, Missverstandenem, ja bewusst Gefälschtem abzutrennen. Da derartige, sehr berechtigte Rekonstruktions- bemühungen ihrerseits wiederum im Kontext der je eigenen Zeit, des je 1 Zur Entstehung des Begriffs ‚Vorsokratiker‘, Eduard Zellers Bedeutung für seine Etablierung und seine Problematik siehe die einführenden Bemerkungen von Ge- melli Marciano in ihrer neuen Edition, Düsseldorf 2007, 373–85. 2 Einführung eigenen Methodenverständnisses stehen, sind auch sie natürlich letztlich nur mehr oder weniger flüchtige Produkte eben dieses eigenen Horizontes. Gerade in einer Gegenwart also, in der die Gewissheit des ‚Autors‘ verlo- ren gegangen ist und Texte als komplexe Zeichenzusammenhänge von mehr oder weniger offener Verweisstruktur aufgefasst werden können, scheint es angebracht, den Fokus des Interesses weniger auf die (erneute) Rekonstruk- tion als sozusagen auf die Genese der Konstruktionen zu richten, das heißt, den Verlauf der Rezeption nachzuzeichnen – sofern das aufgrund des über- haupt Erhaltenen natürlich möglich ist – und dabei vor allem, wenigstens im Ansatz, kenntlich zu machen, von welchen unmittelbaren Kontexten diese Rezeption getragen wurde. Die vorliegende Neuedition unterscheidet sich, das wird aus dem Gesagten schon klar, in ihren Prinzipien wesent- lich vom ‚alten‘ Diels/Kranz. Zwar schreibt Hermann Diels (Vorreden zur ersten Auflage, 1903), dass eine willkürliche Auswahl der Fragmente stets als Hemmung und Bevormundung der Lehrenden und Lernenden emp- funden werde, und darum strebe seine Sammlung auch Vollständigkeit der eigentlichen Fragmente und Mitteilung des wesentlichen biographischen und doxographischen Materials an. Nichtsdestoweniger aber handelt es sich natürlich um eine extreme Auswahl, denn es ging Diels ja darum, „an Hand der Originalurkunden den Entwicklungsprozeß des griechischen Denkens in statu nascendi [Hervorhebung durch Diels] zu beobachten“ (ebd.). Und daher schreibt er konsequent zur zweiten Auflage (1906): „Die getroffene Auswahl hat mich mehr Zeit und Mühe gekostet, als wenn ich mein ge- sammeltes Material vollständig in die Druckerei gesandt hätte. Ich glaube aber gerade durch diese Beschränkung auf das Wesentliche und Alte [meine Hervorhebung] den Anfängern, und nicht nur diesen, einen Dienst geleistet zu haben. Es war meine Absicht, nur die Ähren in die Scheune zu fahren, das Stroh aber draußen zu lassen, selbst auf die Gefahr hin, daß hier und da ein gutes Korn darin bliebe.“ Es geht hier wohlgemerkt nicht darum, Diels’ Verfahren zu kritisieren. Seine Verdienste stehen außer Frage, und wahrscheinlich kannte er (abgesehen vielleicht von den Syro-Arabica) die Großzahl der hier nun neu vorgelegten Testimonien bereits – meist eben „Stroh“ in seiner Terminologie. Er war ein Kind seiner Zeit, wie wir Kinder der unsrigen sind. Aber da er nun einmal diese rekonstruktive Auswahl ge- troffen hatte, war auch für lange Zeit der Maßstab wesentlich festgelegt, wo- nach ein Thales, ein Anaximander, ein Anaximenes und andere zu bemessen wären. Gelegentlich kam ein neues Fragment hinzu, das unseren Maßstab vielleicht etwas erweiterte, aber wer von einem der vorsokratischen Auto- ren sprach oder schrieb, meinte zumeist oder oft das Bild desjenigen Autors, dessen Rahmen Hermann Diels vorgezeichnet hatte. Es wird hier also nicht