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Die Macht der Symmetrie: Warum Schönheit Wahrheit ist PDF

308 Pages·2008·2.582 MB·German
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Die Macht der Symmetrie Ian Stewart ist Professor für Mathematik an der University of Warwick in England und Direktor des dortigen Mathematics Awareness Center. Ihm ist sehr daran gelegen, seine Wissenschaft einer brei- teren Öffentlichkeit vorzustellen. So hat er – neben mehr als 140 Forschungsartikeln über Themen wie Symmetrie in der Dynamik, Strukturentstehung, Chaos und mathematische Biologie – zahlreiche Sachbücher zu mathematischen Themen verfasst, von denen viele auch ins Deutsche übersetzt wur- den, darunter Warum (gerade) Mathematik?, Die Zahlen der Natur, Pentagonien, Andromeda und die gekämmte Kugel und Das Rätsel der Schnee- flocke (alle bei Spektrum Akademischer Verlag erschienen). Im Jahre 2001 wurde Stewart zum Fellow der britischen Royal Society gewählt. Er lebt in Coventry in England. Ian Stewart Die Macht der Symmetrie Warum Schönheit Wahrheit ist 2008. Taschenbuch Ian Stewart University of Warwick Coventry, Vereinigtes Königreich Aus dem Englischen übersetzt von Thomas Filk ISBN 978-3-642-36435-8 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografi e; de- taillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufb ar. Springer Spektrum Übersetzung der englischen Ausgabe: Why Beauty Is Truth – A History of Symmetry von Ian Stewart, er- schienen bei Basic Books 2007, © 2007 by Joat Enterprises. Alle Rechte vorbehalten © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2008, Soft cover 2013 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht aus- drücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfi lmungen und die Ein- speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk be- rechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürft en. Planung und Lektorat: Frank Wigger, Dr. Meike Barth Redaktion: Annette Heß Einbandabbildung: Giantstep Inc, Getty Images Einbandentwurf: wsp design Werbeagentur GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer Spektrum ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.springer-spektrum.de Wenn uns das Alter fortrafft eines Tags, Sollst du bestehn, von Leid, dem hier nichts gleicht, Umringt, ein Freund dem Menschen, dem du sagst: »Schönheit ist Wahrheit, Wahrheit schön« – soviel Wißt ihr auf Erden, und dies Wissen reicht. John Keats, Ode auf eine Griechische Urne INHALT Vorwort ix 1 Der Schreiber von Babylon 1 2 Der Inbegriff der Mathematik 17 3 Der Persische Dichter 33 4 Der spielsüchtige Gelehrte 45 5 Der schlaue Fuchs 63 6 Der enttäuschte Arzt und das kränkelnde Genie 75 7 Der glücklose Revolutionär 97 8 Der mittelmäßige Ingenieur und der transzendente Professor 125 9 Der trunksüchtige Randalierer 139 10 Der Möchtegern-Soldat und der schwächelnde Bücherwurm 163 11 Der Angestellte im Patentamt 177 12 Ein Quantenquintett 205 13 Der fünfdimensionale Mann 229 14 Der Politjournalist 253 15 Ein wilder Haufen von Mathematikern 269 16 Die Suche nach Wahrheit und Schönheit 285 Literaturempfehlungen 291 Index 293 VORWORT I m dichten Morgennebel des 30. Mai 1832 stehen sich zwei junge französi- sche Männer gegenüber, die Pistolen in der Hand. Sie duellieren sich wegen einer Frau. Es fällt ein Schuss, und einer der Männer liegt schwer verletzt am Boden. Am nächsten Tag stirbt er an den Folgen seiner inneren Verletzungen. Kein Stein markiert das Grab des 20-Jährigen, und beinahe wäre eine der wich- tigsten Ideen in der Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften mit ihm beerdigt worden. Der Name des Überlebenden bleibt unbekannt; der tragisch Getötete hieß Évariste Galois. In politischer Hinsicht war er ein Rebell, doch seine Leidenschaft war die Mathematik, auch wenn seine gesammelten Werke kaum sechzig Seiten umfassen. Galois hinterließ ein Erbe, das die Mathematik revolutionierte. Er ent- wickelte eine Sprache zur Beschreibung von Symmetrien und ihrer Bedeutung in mathematischen Strukturen. Diese Sprache nennt man heute „Gruppentheorie“, und in allen Bereichen der reinen und angewandten Mathematik dient sie zur Charakterisierung von Mustern und Formen. Symmetrien spielen auch eine zentrale Rolle in den Grenz- gebieten der Physik: der Quantenwelt im Kleinen und der Welt der Relativitäts- theorie im Großen. Sie könnten sogar der Schlüssel zur lange gesuchten „Theorie von Allem“ sein, einer mathematischen Vereinigung dieser beiden Zweige der modernen Physik. Und alles begann mit einer einfachen Frage zur Lösung mathe- matischer Gleichungen: Wie findet man eine „unbekannte“ Zahl aus wenigen, allgemeinen mathematischen Vorgaben? Symmetrie ist keine Zahl und auch keine Form. Es handelt sich um eine beson- dere Art von Transformation – eine Möglichkeit, ein Objekt zu bewegen. Sieht dieses Objekt nach einer Transformation immer noch so aus wie vorher, dann bezeich- net man diese Transformation als eine Symmetrie. Beispielsweise erscheint ein Quadrat unverändert, wenn es um einen rechten Winkel gedreht wurde. Diese Idee – ausgearbeitet und weitaus allgemeiner – ist heute die Grund- lage für unser Verständnis des Universums und seines Ursprungs. Die Relativi- tätstheorie von Albert Einstein beruht auf dem Prinzip, dass die Naturgesetze X VORWORT überall und zu jeder Zeit dieselben sein sollen. Die Naturgesetze besitzen also eine Symmetrie; sie ändern sich nicht, wenn wir zu anderen Orten im Raum gehen oder sie zu anderen Zeiten betrachten. Nach der Quantentheorie setzt sich alles in unserem Universum aus sehr kleinen „fundamentalen“ Teilchen zusammen. Das Verhalten dieser Teilchen wird durch mathematische Glei- chungen beschrieben – den „Naturgesetzen“ – und auch diese Gleichungen besitzen Symmetrien. Mathematisch lassen sich Teilchen in vollkommen andere Teilchen überführen, diese Transformationen verändern die physika- lischen Gesetze ebenfalls nicht. Diese und viele weitere Konzepte der heutigen Physik hätten ohne ein tiefes mathematisches Verständnis von Symmetrien nie entdeckt werden können. Das Verständnis beruht auf reiner Mathematik – die Bedeutung für die Physik ergab sich erst viel später. Viele nützliche Ideen erwuchsen aus vollkommen abstrakten Überlegungen. Der Physiker Eugene Wigner bezeichnete diese Erkenntnis ein- mal als »die unverstandene Effektivität der Mathematik in den Naturwissen- schaften«. Durch die Mathematik scheinen wir manchmal mehr zu bekommen als wir hineingesteckt haben. Die Macht der Symmetrie erzählt die Geschichte der Symmetrie, angefangen bei den Schreibern im alten Babylon bis zur Physik des 21. Jahrhunderts. Es beschreibt, wie die Mathematiker über das Konzept der Symmetrie förmlich gestolpert sind und wie die offenbar sinnlose Suche nach einer nicht existierenden Gleichung ein neues Fenster zum Universum geöffnet und die Naturwissenschaften und die Mathematik verändert hat. Allgemein zeigt die Geschichte der Symmetrie, wie gelegentliche Umwälzungen, sowohl politischer als auch wissenschaftlicher Natur, den kulturellen Einfluss und die historische Kontinuität großer Ideen noch verstärken. (cid:71) Die erste Hälfte des Buches scheint auf den ersten Blick nichts mit Symmetrie zu tun zu haben, und auch nur wenig mit unserer physikalischen Welt. Der Grund liegt darin, dass der Weg zur Symmetrie nicht über die eigentlich naheliegendere Geometrie erfolgte. Stattdessen entstand das zutiefst ästhetische und interdiszi- plinäre Konzept der Symmetrie, wie es heute von den Mathematikern und Phy- sikern verwendet wird, aus der Algebra. Daher beschreibt dieses Buch zunächst sehr ausführlich die lange Suche nach Lösungen von algebraischen Gleichungen. Das mag sehr technisch klingen, doch es ist ein spannendes Unterfangen, denn viele der Schlüsselfiguren führten ein ungewöhnliches und oft dramatisches Leben. Letztendlich sind Mathematiker auch nur Menschen, trotz der abstrakten Gedanken in ihren Köpfen. Einige von ihnen haben versucht, ihr Leben nach rein VORWORT XI logischen Prinzipien zu führen, doch immer wieder wird sich zeigen, dass unsere Helden nur allzu menschlich waren. Wir beschreiben ihr Leben und manchmal auch ihren Tod; wir lesen von Liebesaffären, Duellen, heftigen Auseinanderset- zungen um die wissenschaftliche Anerkennung, Sexskandalen, Trunkenheit und schweren Krankheiten. Und wir werden sehen, wie sich ihre mathematischen Ideen entwickelt und schließlich unsere Welt verändert haben. Unsere Geschichte der Gleichungen beginnt im zehnten Jahrhundert vor Chri- stus und erreicht im 19. Jahrhundert ihren Höhepunkt mit Galois. Die Mathemati- ker schienen an eine Grenze gestoßen zu sein, als sie versuchten, die sogenannten Gleichungen fünften Grades (bei denen die unbekannte Größe mit der Potenz fünf auftritt) zu lösen. Waren die Gleichungen fünfter Ordnung grundlegend anders als die Gleichungen niedrigerer Ordnung? Weshalb führte keines der bekannten Ver- fahren zum Ziel? Gab es vielleicht Lösungen, aber sie waren zu kompliziert, um entdeckt zu werden? Steckten die Mathematiker in einer Sackgasse, weil ihnen ein fundamentales Hindernis im Weg lag, oder waren sie einfach nur zu kurzsichtig? In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass Lösungen von Gleichungen fünf- ten Grades durchaus bekannt waren, die Frage war nur, ob sich diese Lösungen stets durch einen algebraischen Ausdruck beschreiben lassen. Im Jahre 1821 hatte der junge Norweger Niels Henrik Abel beweisen können, dass sich Gleichungen fünften Grades nicht stets mit algebraischen Methoden lösen lassen. Sein Beweis war jedoch sehr unverständlich und indirekt. Er hatte gezeigt, dass keine allge- meine Lösung möglich war, aber er konnte nicht erklären, warum. Erst Galois entdeckte, dass die Unmöglichkeit einer allgemeinen Lösung von Glei- chungen fünften Grades auf den Symmetrien dieser Gleichungen beruht. Galois entwickelte eine Art „Test“, den ich später noch erläutern werde, und wenn die Symmetrien einer Gleichung den Galois-Test bestehen, also ganz bestimmte Eigen- schaften erfüllen, dann lässt sich diese Gleichung durch eine algebraische Formel lösen. Bestehen die Symmetrien den Galois-Test nicht, gibt es keine solche Formel. Die allgemeine Gleichung fünften Grades lässt sich nicht durch eine alge- braische Formel lösen, weil sie die falschen Symmetrien besitzt. (cid:71) Diese großartige Entdeckung führt uns zu dem zweiten Thema dieses Buches: dem Begriff der Gruppe, einem mathematischen „Kalkül der Symmetrie“. Die uralte mathematische Disziplin der Algebra wurde von Galois zu einer Theorie der Symmetrie umgestaltet. Im Augenblick sind Wörter wie „Gruppe“ oder „Symmetrie“ noch unerklärte Fachbegriffe, die ich näher erläutern werde, wenn ihre Bedeutung für die Geschichte des Buches wichtig wird. Manchmal brauchen wir einfach einen nützlichen Aus- XII VORWORT druck, um die verschiedenen Dinge benennen zu können. Sollte Ihnen etwas wie ein Fachausdruck erscheinen, der jedoch nicht erklärt wird, dann spielt er an dieser Stelle lediglich die Rolle einer nützlichen Benennung, deren tatsächliche Bedeutung noch nicht wichtig ist. Manchmal ergibt sich die Bedeutung auch von selbst, wenn Sie ein- fach weiterlesen. „Gruppe“ ist ein typisches Beispiel für einen Fachausdruck, dessen tatsächliche Bedeutung erst nach der Hälfte des Buches ersichtlich wird. Unsere Geschichte handelt auch von der seltsamen Bedeutung bestimmter Zahlen in der Mathematik. Ich spreche dabei nicht von fundamentalen Natur- konstanten, sondern von mathematischen Konstanten wie der Zahl π (dem griechischen Buchstaben „pi“). Die Lichtgeschwindigkeit beispielsweise könnte im Grunde genommen jeden Wert haben, aber zufälligerweise beträgt sie in unserem Universum 299 792,456 Kilometer pro Sekunde. Dagegen könnte nichts auf der Welt den Wert der Zahl π ändern, die etwas größer als 3,14159 ist. Die Unlösbarkeit von Gleichungen fünften Grades besagt, dass auch die Zahl 5, ähnlich wie π, eine besondere Zahl ist. Es ist die kleinste Zahl, für welche die zugehörige Symmetriegruppe den Galois-Test nicht besteht. Ein weiteres interessantes Beispiel betrifft die Zahlenfolge 1, 2, 4, 8. Die Mathe- matiker haben einige Verallgemeinerungen der gewöhnlichen „reellen“ Zah- len gefunden, angefangen bei den komplexen Zahlen bis hin zu Dingen wie Quaternionen und Oktonionen. Zu diesen Verallgemeinerungen gelangt man, indem man zunächst zwei Kopien der reellen Zahlen nimmt, dann vier und schließlich acht Kopien. Was folgt danach? Eine naheliegende Vermutung wäre 16, doch tatsächlich gibt es keine weiteren vernünftigen Erweiterungen des Zahlensystems. Es handelt sich dabei um eine bemerkenswerte und tief- gründige Tatsache. Aus ihr folgt, dass auch die Zahl 8 etwas Besonderes ist, nicht in irgendeinem übertragenen Sinne, sondern in Bezug auf die grundle- genden Strukturen der Mathematik. Neben 5 und 8 werden in diesem Buch noch weitere Zahlen auftreten, insbesondere 14, 52, 78, 133 und 248. Bei diesen seltsamen Zahlen handelt es sich um die Dimensionen der fünf „Ausnahmegruppen der Lie-Gruppen“. Ihr Einfluss ist überall in der Mathematik und auch in vielen Bereichen der Physik spürbar. Hierbei handelt es sich um die Hauptdarsteller des mathe- matischen Dramas, während andere, oftmals kaum differierende Zahlen nur Nebenrollen übernehmen. Die Besonderheit dieser Zahlen in der Mathematik zeigte sich erst, als gegen Ende des 19. Jahrhunderts die moderne, abstrakte Algebra ihren Ein- zug hielt. Es sind nicht die Zahlen selbst, die so wichtig sind, sondern eher ihre Bedeutung für die Grundlagen der Algebra. Zu jeder dieser Zahlen gehört ein mathematisches Objekt, eine sogenannte Lie-Gruppe, das einzig-

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