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Die Macht der Demokratie. Zur Organisation des Verfassungsstaats PDF

205 Pages·2018·1.289 MB·German
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Wissenschaftlicher Beirat: Klaus von Beyme, Heidelberg Norbert Campagna, Luxemburg Wolfgang Kersting, Kiel Herfried Münkler, Berlin Henning Ottmann, München Walter Pauly, Jena Volker Reinhardt, Fribourg Tine Stein, Göttingen Kazuhiro Takii, Kyoto Pedro Hermilio Villas Bôas Castelo Branco, Rio de Janeiro Loïc Wacquant, Berkeley Barbara Zehnpfennig, Passau Staatsverständnisse herausgegeben von Rüdiger Voigt Band 120 https://doi.org/10.5771/9783845283814 Generiert durch Universität Leipzig, am 01.05.2021, 17:41:54. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig. BUT_Zenkert_4171-7.indd 2 29.08.18 11:03 Georg Zenkert [Hrsg.] Die Macht der Demokratie Zur Organisation des Verfassungsstaats https://doi.org/10.5771/9783845283814 Generiert durch Universität Leipzig, am 01.05.2021, 17:41:54. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig. BUT_Zenkert_4171-7.indd 3 29.08.18 11:03 © Titelbild: Stock media provided by bbourdages/ Pond5. Das Bild zeigt einen Ausschnitt aus dem Giebel des Gebäudes des US Supreme Court. Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-8487-4171-7 (Print) ISBN 978-3-8452-8381-4 (ePDF) 1. Auflage 2018 © Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2018. Gedruckt in Deutschland. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. https://doi.org/10.5771/9783845283814 Generiert durch Universität Leipzig, am 01.05.2021, 17:41:54. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig. BUT_Zenkert_4171-7.indd 4 29.08.18 11:03 Editorial Das Staatsverständnis hat sich im Laufe der Jahrhunderte immer wieder grundlegend gewandelt. Wir sind Zeugen einer Entwicklung, an deren Ende die Auflösung der uns bekannten Form des territorial definierten Nationalstaates zu stehen scheint. Denn die Globalisierung führt nicht nur zu ökonomischen und technischen Verände‐ rungen, sondern sie hat vor allem auch Auswirkungen auf die Staatlichkeit. Ob die »Entgrenzung der Staatenwelt« jemals zu einem Weltstaat führen wird, ist allerdings zweifelhaft. Umso interessanter sind die Theorien der Staatsdenker, deren Modelle und Theorien, aber auch Utopien, uns Einblick in den Prozess der Entstehung und des Wandels von Staatsverständnissen geben, einen Wandel, der nicht mit der Glo‐ balisierung begonnen hat und nicht mit ihr enden wird. Auf die Staatsideen von Platon und Aristoteles, auf denen alle Überlegungen über den Staat basieren, wird unter dem Leitthema »Wiederaneignung der Klassiker« im‐ mer wieder zurück zu kommen sein. Der Schwerpunkt der in der Reihe Staatsver‐ ständnisse veröffentlichten Arbeiten liegt allerdings auf den neuzeitlichen Ideen vom Staat. Dieses Spektrum reicht von dem Altmeister Niccolò Machiavelli, der wie kein Anderer den engen Zusammenhang zwischen Staatstheorie und Staatspraxis verkörpert, über Thomas Hobbes, den Vater des Leviathan, bis hin zu Karl Marx, den sicher einflussreichsten Staatsdenker der Neuzeit, und schließlich zu den Wei‐ marer Staatstheoretikern Carl Schmitt, Hans Kelsen und Hermann Heller und weiter zu den zeitgenössischen Theoretikern. Nicht nur die Verfälschung der Marxschen Ideen zu einer marxistischen Ideolo‐ gie, die einen repressiven Staatsapparat rechtfertigen sollte, macht deutlich, dass Theorie und Praxis des Staates nicht auf Dauer von einander zu trennen sind. Auch die Verstrickungen Carl Schmitts in die nationalsozialistischen Machenschaften, die heute sein Bild als führender Staatsdenker seiner Epoche trüben, weisen in diese Richtung. Auf eine Analyse moderner Staatspraxis kann daher in diesem Zusam‐ menhang nicht verzichtet werden. 5 https://doi.org/10.5771/9783845283814 Generiert durch Universität Leipzig, am 01.05.2021, 17:41:54. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig. Was ergibt sich daraus für ein zeitgemäßes Verständnis des Staates im Sinne einer modernen Staatswissenschaft? Die Reihe Staatsverständnisse richtet sich mit dieser Fragestellung nicht nur an (politische) Philosophen, sondern vor allem auch an Stu‐ dierende der Geistes- und Sozialwissenschaften. In den Beiträgen wird daher zum einen der Anschluss an den allgemeinen Diskurs hergestellt, zum anderen werden die wissenschaftlichen Erkenntnisse in klarer und aussagekräftiger Sprache – mit dem Mut zur Pointierung – vorgetragen. So wird auch der / die Studierende unmit‐ telbar in die Problematik des Staatsdenkens eingeführt. Prof. Dr. Rüdiger Voigt 6 https://doi.org/10.5771/9783845283814 Generiert durch Universität Leipzig, am 01.05.2021, 17:41:54. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig. Inhaltsverzeichnis Georg Zenkert Einleitung 9 I. Grundbegriffe Kathrin Groh Verfassung und Macht 23 Winfried Thaa Politische Macht in der repräsentativen Demokratie. Drei alternative Konzeptualisierungen und ihre Folgen für Gleichheit und Pluralität 45 Ulrich Thiele Die Idee der Constituent Power zwischen Mythos und Verfahren. Die Überlegungen der Federalists im Vergleich mit konkurrierenden Ansätzen 67 Thomas Petersen Die Macht des Volkes im Verfassungsstaat. Volkssouveränität und neue Formen der Demokratie 95 Georg Zenkert Der Verfassungsstaat als Organisation reflexiver Macht 119 II. Diagnosen Karin Priester „Das Volk ist in Ihm, und er ist im Volk“. Zum Verhältnis von Führer und Gefolgschaft in Faschismus und Populismus 145 Andreas Hetzel Staatliche Macht, Demokratie und Öffentlichkeit. Problematische Verschiebungen einer Konstellation 167 Reinhard Mehring Gute Macht! Ulrich Menzel über die Ordnungsleistung der „großen Mächte“ 181 Autorinnen und Autoren 205 7 https://doi.org/10.5771/9783845283814 Generiert durch Universität Leipzig, am 01.05.2021, 17:41:54. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig. 8 https://doi.org/10.5771/9783845283814 Generiert durch Universität Leipzig, am 01.05.2021, 17:41:54. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig. Georg Zenkert Einleitung Der Staat erscheint heute vielen als unzeitgemäß. Er gilt als funktional untauglich, weil er den globalen Herausforderungen nicht gewachsen zu sein scheint. Zugleich wird seine Legitimität angezweifelt, weil er sich gegenüber der Lebenswelt verselb‐ ständigt hat und den Partizipationserwartungen nicht gerecht wird. Die politischen Herausforderungen der Gegenwart sind in der Tat dramatisch. Die Staaten geraten zwischen die Fronten der Globalisierung einerseits und der Tribalisierung anderer‐ seits. Sie stoßen in ihrem Bemühen um die Lösung weltumspannender geopoliti‐ scher, ökonomischer und ökologischer Probleme an ihre Grenzen und geraten zu‐ gleich in vielen Regionen durch atavistische Stammesinteressen, religiös aufgeheizte gewalttätige Auseinandersetzungen und ethnisch bedingte Ressentiments unter Rechtfertigungsdruck. Die Schwächung der Macht der Staaten hat bislang weder zu einer erkennbaren Stärkung supranationaler Strukturen geführt noch die Demokratiedefizite minimiert. Das Bild ist ernüchternd: Wo staatliche Strukturen nur rudimentär entwickelt oder aufgelöst sind, herrschen kriminelle Clans, oligarchische Netzwerke und sich gegen‐ seitig bekämpfende militärische und paramilitärische Einheiten. Das ist der Zustand, den Thomas Hobbes als Krieg aller gegen alle charakterisiert hat. Wo die Lebensver‐ hältnisse einigermaßen sicher, menschenwürdig und friedlich sind, bestehen in der Regel stabile Staaten. Verlässliche internationale Strukturen etablieren sich nur inso‐ fern, als die sie tragenden Staaten funktionsfähig sind. Ist diese Koinzidenz nur zu‐ fällig? Offensichtlich gibt es auch Unrechtsstaaten, Gewalt, die von Staaten ausgeht, ganz zu schweigen von den verheerenden Kriegen des 20. Jahrhunderts, die im Na‐ men von Staaten initiiert und unter Einsatz aller verfügbaren Mittel geführt wurden. Aber liegt nicht auch diesen Konflikten eine Schwächung der Staaten zugrunde? Franz Neumann hat bereits 1942 in Bezug auf den Nationalsozialismus überzeugend dargelegt, dass diese totalitäre Bewegung und die von ihr aufgebauten Strukturen den Staat unterminiert und zugunsten der Partei partiell aufgelöst haben.1 Dies gilt auch für die fragile states der Gegenwart, wenn man den normativen Maßstab des Verfassungsstaates anlegt. In ihnen sind die staatlichen Strukturen nur rudimentär 1 Neumann 1984. 9 https://doi.org/10.5771/9783845283814 Generiert durch Universität Leipzig, am 01.05.2021, 17:41:54. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig. entwickelt und die Machtbeziehungen verdanken sich nicht einer Verfassung, son‐ dern vorstaatlichen Kräfteverhältnissen. Das Versprechen, dass sich eine neue Politik der spontanen Organisation unter‐ halb staatlicher Institutionen, aber mit weltweiter Vernetzung in den sozialen Medi‐ en etabliert, hat seit dem Scheitern der Reformbewegungen in den arabischen Län‐ dern erheblich an Überzeugungskraft verloren. In der Vorstellung, die anspruchsvol‐ le Konzeption der öffentlichen Meinung durch das Gezwitscher zufälliger Meinun‐ gen ersetzen zu können, spiegelt sich eine unzulängliche Auffassung von Politik. Der Charme direktdemokratischer Meinungsäußerung sollte nicht darüber hinweg‐ täuschen, dass demokratische Meinungsbildung grundsätzlich auf Formen politi‐ scher Organisation angewiesen ist. Gegenwärtig und, so weit absehbar, auch in naher Zukunft werden zentrale politi‐ schen Funktionen unerachtet der Beschwörung der Macht supranationaler Organisa‐ tionen primär von Staaten übernommen. Dies gilt auch für globale Aufgaben. Ziele der Sicherheitspolitik, der wirtschaftlichen Entwicklung oder des Umweltschutzes lassen sich, wie leicht zu beobachten ist, nur dann erfolgreich verfolgen, wenn sich handlungsfähige Staaten dafür engagieren. Auch dort, wo diese Aufgaben nicht oder nur unvollkommen erledigt werden, ist bislang keine ernsthafte Alternative in Sicht. Die inneren, auf die Gestaltung der Lebenswelt bezogenen Aktivitäten der Sozialpo‐ litik, der Bildungspolitik, der Wirtschaftspolitik und andere klassische Staatsaufga‐ ben lassen sich kaum ohne Folgekosten an andere Instanzen delegieren. Die Privati‐ sierungswellen, die seit einigen Jahrzehnten durch die westlichen Gesellschaften zie‐ hen, erfassen meist nur marginale Bereiche und bleiben parasitär von den Ressour‐ cen der Staaten abhängig, die eine Art Ausfallbürgschaft übernehmen. Im Krisenfall werden sie in der Regel wieder staatlicher Verantwortung unterstellt. Die Ökonomisierung aller gesellschaftlichen Verhältnisse hat längst auch die Po‐ litik erfasst. So wird auch der Staat tendenziell als Unternehmen betrachtet, das be‐ stimmte für die Gesellschaft relevante Güter und Dienstleistungen bereitstellen muss. Wird der Staat allerdings auf diese Rolle reduziert, dann ist er faktisch schon verabschiedet. Seine Aufgabe ist jedoch fundamentaler als jede wirtschaftliche Be‐ ziehung. Er ist die Einrichtung, die überhaupt die Voraussetzungen für privatrecht‐ lich begründete Verhältnisse sichert. Der Staat ist deshalb kein Vertragspartner, des‐ sen Berechtigung mit der Erfüllung bestimmter Erwartungen erkauft wäre. Prozesse der Legitimation bedürfen institutionell gesicherter Rahmenbedingungen. Die Eta‐ blierung eines rechtlichen Zustands und eines Verfahrens der Legitimation sind Auf‐ gaben, die nicht als Dienstleistungen verstanden werden können, sondern die Kon‐ stitution der Verhältnisse betreffen, in denen dann im gelungenen Falle über Güter und Dienstleistungen politisch und privatrechtlich verhandelt werden kann. Die zen‐ tralen Funktionen des Staates in ihrer wechselseitigen Bedingtheit sind nicht ohne gravierenden Legitimitätsverlust auf andere Organisationsformen zu übertragen. 10 https://doi.org/10.5771/9783845283814 Generiert durch Universität Leipzig, am 01.05.2021, 17:41:54. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig. Man kann die Geschichte als eine endlose Reihe von Kämpfen betrachten, als eine Orgie von Gewalt und Unterdrückung. Dieses Interpretationsschema gewährt jedoch nur eine selektive Wahrnehmung des Staates. Dass der Staat als Machtinstanz keinen sonderlich guten Ruf genießt, ist besonders im Blick auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts nicht überraschend. Die negative Bilanz liegt auf der Hand. An‐ spruchsvoller ist der Versuch, in der Architektur staatlicher Institutionen die Spuren praktischer Vernunft und politischer Erfahrung zu erkennen. Für eine nüchterne Be‐ urteilung der politischen Verhältnisse ist es unumgänglich, sich auch die Errungen‐ schaften vor Augen zu führen, für die das Paradigma des Verfassungsstaates steht. Er ist eine Organisationsform des Politischen, die sich im 18. Jahrhundert etabliert und bis heute in den Grundprinzipien erhalten hat. Die mit ihm verbundenen norma‐ tiven Erwartungen lassen sich, stark vereinfachend, in drei Funktionsbereiche glie‐ dern. Erstens geht es um die Garantie der Integrität einer humanen Lebenswelt: Dass Menschen friedlich zusammenleben und ihr Leben nach ihren Vorstellungen führen, ist historisch gesehen ein eher unwahrscheinlicher Zustand. Der Staat ist diejenige Organisationsform, in der die Spielräume individueller Lebensführung und die Ent‐ faltung unterschiedlicher Überzeugungen und Lebensansichten in einer freien Ge‐ sellschaft auf beeindruckende Weise gesichert werden konnten beziehungsweise von dem diese Sicherheitsgarantie erwartet wird. Die zweite elementare Funktion ist die Herrschaft des Rechts als Grundbedingung einer rationalen politischen Organisation: Herrschaft des Rechts bedeutet zum einen die Durchsetzung des geltenden Rechts, die Rechtssicherheit, zum anderen die Transformation von Herrschaft in rechtliche Akte, die Verrechtlichung politischer Herrschaft. Dies ist die offensichtlichste Er‐ scheinungsform staatlicher Macht. Ihr Prinzip ist die Gewaltenteilung, die rechtlich geformte Macht so ausdifferenziert, dass sie ihre Wirkungen optimal entfalten und Missbrauch eindämmen kann. Der dritte Funktionsbereich ist die Moderation demo‐ kratischer Willensbildung: Natürlich sind Staaten nicht per se demokratisch, aber sie bieten die günstigsten Rahmenbedingungen, um Willensbildungsprozesse so zu or‐ ganisieren, dass Vielfalt der Perspektiven aufrechterhalten und dennoch Entschei‐ dungsfähigkeit gewährleistet ist. Das Modell des Verfassungsstaates bietet dafür un‐ terschiedliche Formen der Repräsentation an, um demokratischer Meinungs- und Entscheidungsbildung in der Dimension eines Flächenstaates zu realisieren. Reprä‐ sentation ist die Vergegenwärtigung des so genannten politischen Willens eines Vol‐ kes, die Grundlage demokratischer Entscheidungen. Dieser muss in der Vielfalt un‐ terschiedlicher Meinungsäußerungen und Interessen ermittelt werden. Das Majori‐ tätsprinzip, scheinbar ein einfaches und unumstrittenes Verfahren demokratischer Entscheidungsfindung, ist problematischer als zumeist angenommen. Es ignoriert die Rechte der Minderheit und selbst eine allseitige Zustimmung besagt noch nichts über die Richtigkeit einer Entscheidung. In den repräsentativen Strukturen des Staa‐ tes, die sich im Parlament, aber auch in den mannigfachen symbolischen Akten der 11 https://doi.org/10.5771/9783845283814 Generiert durch Universität Leipzig, am 01.05.2021, 17:41:54. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.

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