BEIHEFTE ZU POETICA Herausgegeben von Karlheinz Stierle Mitherausgeber: Ulrich Broich • Renate Lachmann Eberhard Lämmert • Glenn W. Most • Volker Schupp Heft 22 DIE LIEBESKONZEPTION DER MITTELALTERLICHEN TRISTANROMANE ZUR ERZÄHLLOGIK DER WERKE BEROULS, EILHARTS, THOMAS' UND GOTTFRIEDS von ANNA KECK 1998 VERLAG WILHELM FINK MÜNCHEN V I Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Keck, Anna: Die Liebeskonzeption der mittelalterlichen Tristanromane : zur Erzähllogik der Werke Berouls, Eilharts, Thomas' und Gottfrieds / Anna Keck. - München : Fink, 1998 (Beihefte zu Poetica : H. 22) Zugl.: Freiburg, Breisgau, Diss., 1995 u.d.T: Keck, Anna: Thema mit Variationen ISBN 3-7705-3212-0 Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Dies betrifft auch die Vervielfältigung und Übertragung einzelner Textabschnitte, Zeichnungen oder Bilder durch alle Verfahren wie Speicherung und Übertragung auf Papier, Transparente, Filme, Bänder, Platten und andere Medien, soweit es nicht §§ 53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. ISBN 3-7705-3212-0/7 © 1998 Wilhelm Fink Verlag, München Satz: Jönsson Satz & Graphik, München Herstellung: F. Schöningh GmbH, Paderborn Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Won ( Bayerische ^ Staatsbibliothek München J Diese Arbeit wurde im Wintersemester 1994/95 von den Philosophischen Fakultäten der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau als Disser- tation angenommen. Ich danke allen, die mich ermutigt und unterstützt haben; besonders aber Roland Bader, Michael Buchinger, Petra Busch, Bernhard Erlewein, Ulrike Hoffmann und Anne Köhne, deren Energie dieser Arbeit den nötigen posi- tiven Schub' verlieh. Meinen beiden Lehrern und Gutachtern, Herrn Prof. Dr. Bernd Schirok und Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Volker Schupp, danke ich für ihre so geduldigen wie kritischen Nachfragen. - Die VG Wort ermög- lichte die Publikation dieser Arbeit durch einen großzügigen Druckkosten- zuschuß. Ich widme meine Arbeit dem Gedächtnis meines Vaters, Gerhard Keck, dem ich sie leider nicht mehr in die Hände legen konnte.^ INHALTSVERZEICHNIS VORWORT 11 1. EINLEITUNG 14 1.1 Ein Problem der Forschung 14 1.2 Artus und Tristan, Hartmann und Gottfried . . 22 1.3 Gottfried und die Literatur um 1200 27 1.3.1 .Tristanliebe'? 28 1.3.2 Literatur und Liebe um 1200 32 1.4 Das Thema des Tristanromans 36 1.4.1 Der Trank 38 1.4.2 Liebender und Ritter? 41 2. BEROUL 46 2.1 Beroul über sich selbst 46 2.2 Der Text, seine Überlieferung und Datierung . 48 2.3 Die Handlung und ihre Darstellungsweise . . . 50 2.4 Die Figuren: Tristran, Yseut, Marc 52 2.4.1 Tristran 52 2.4.2 Yseut 55 2.4.3 Marc 57 2.5 Das Bild der Liebe 61 2.5.1 Der Trank 61 2.5.2 Liebe als Zwang 63 2.5.3 Die ,neue Liebe' Tristrans und Yseuts 65 Inhalt Der Erzähler und sein Thema 68 EILHART 72 Zur Überlieferung von Eilharts Tristrant . . . . 72 Der literarhistorische Ort Eilharts 74 Eilhart über sich selbst und seine Vorlage . . . . 77 Eilhart über seine Geschichte 80 Eilharts Erzählweisen 84 1 Tristanstoff und Heldenepos 85 2 Tristan und Herbort 87 3 Ritter und Heros 89 Das Bild der Liebe 93 1 Der Liebestrank 93 2 Eine Liebe ,ane dang' 97 Der dritte Teil des Romans 107 1 Ritterschaft und Narrheit 116 2 Der Held, seine Liebe und die anderen 119 3 Tristrant und Iwein 123 THOMAS 129 Zur Überlieferung und Datierung von Thomas' Trist ran 129 Das Problem der Liebeskonzeption von Tho- mas' Tristran 132 Bruder Roberts Tristrams saga ok Isondar . . . 134 Thomas, seine Geschichte und seine Erzählweise . . 138 1 Historie und Vernunft 141 2 Das Exempel der Liebe Tristrans 146 3 Frauenbilder 152 4 Der Erzähler und die Liebenden 155 Inhalt 9 4.5 Der Liebestrank in Thomas' Tristran 160 4.6 Das Ende 164 4.7 Thomas' Tristran und Chretiens Cliges 169 5. GOTTFRIED 172 5.1 Zur Überlieferung von Gottfrieds Tristan . . . . 172 5.2 Gottfried über Thomas' und andere Tristanver- sionen 174 5.3 Thomas und Gottfried 177 5.3.1 Ysolt/Isolt 178 5.3.2 Tristran / Tristan 182 5.4 Der Prolog 185 5.4.1 Probleme der Forschung 185 5.4.2 ,liebe', ,tugent' und ,ere' 190 5.4.3 Die Erzählung als ,der lebenden brot' 195 5.4.4 Liebestrank und Sündenfall 198 5.4.5 ,der äventiure meine' 202 5.5 Tristan, der Held 205 5.6 Das Bild der Liebe auf der Handlungsebene . . 207 5.6.1 Der Liebestrank 209 5.7 Die Liebesexkurse. Gottfrieds Reflexionsgestalt des Tristanmythos 213 ZUM SCHLUSS 221 BIBLIOGRAPHIE 223 VORWORT Diese Arbeit1 durchziehen zwei einander ergänzende Fragen: worin zum einen das Thema des Tristanromans, worin zum anderen die Besonderheit der ,Tristanliebe' besteht. Sie werden in Tristan-Interpretationen gewöhnlich nicht gestellt, weil sie als beantwortet gelten: Thema des Tristanromans sei das Gegenüber von zwei Einzelnen, zwei Liebenden hier und der höfischen Gesellschaft dort, allgemeiner: die Unvereinbarkeit von persönlichen Wün- schen und gesellschaftlichen Normen. Doch werde im Tristanroman, wofür seine Protagonisten mit dem Tod bezahlen, ein Recht der Liebe behauptet, das diese den Wertvorstellungen der Gesellschaft gleichstelle, oder sie er- scheine sogar als absolutes, allen anderen Werten überlegenes Recht: in welchem Sinne der Begriff der ,Tristanliebe' zumeist verwendet wird. Meine Arbeit gelangt zu anderen Antworten auf jene Fragen und versucht sie durch eingehende Analysen der Tristanromane Berouls, Eilharts, Tho- mas' und Gottfrieds2 zu begründen. Sie alle erzählen eine bekannte und von jedem Verfasser als bekannt vorausgesetzte Geschichte. Deren Thema ist, den Variationen der Texte zufolge, das Schicksal eines von seiner Liebe um das ihm bestimmte Leben gebrachten Helden. Zu beobachten ist unverstell- ter Schrecken über die Macht der Liebe bei Beroul und Eilhart, ist Bedauern über die degradierenden Wirkungen der Liebe bei Thomas, ist die Möglich- keit einer Reflexion des Tristanmythos bei Gottfried. Um zusammenzufas- sen, wovon die Verfasser der Tristanromane erzählen: es spricht, wer von ,Tristanliebe' spricht, von der Erfahrung der Liebe als auswegloser und tragischer Abhängigkeit. Angemessener wäre es deshalb, auf diesen Begriff zu verzichten; er ist das Ergebnis eines Mißverständnisses des Tristanthemas. Meine Arbeit ging von der Beschäftigung mit Gottfrieds Tristan aus, 1 Meine Freiburger Dissertation von 1994/95 trug den Titel „Thema mit Variationen. Die Er- zahllogik des Tristanromans bei Beroul, Eilhart, Thomas und Gottfried". Sie erscheint hier in leicht überarbeiteter Form. Seitdem (bis zum Herbst 1996) publizierte Literatur konnte daher nur in Ausnahmefällen gewürdigt werden. 2 Berouls, Eilharts, Thomas' und Gottfrieds Romane werden im Text selbst - unter Angabe der Verszahlen - zitiert nach den Ausgaben: Berol, Tristan und Isolde. [Text nach Alfred Ewert.] Übersetzt von Ulrich Molk, München 1962 (Klassische Texte des Romanischen Mit- telalters in zweisprachigen Ausgaben, 1). - Eilhart von Oberg, Tnstrant. Edition diplomati- que des manuscrits et traduction en francais moderne, avec introduction, notes et index par Danielle Buschinger. Preface de Jean Fourquet, Göppingen 1976 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik, 202). -Thomas, Tristan. Eingeleitet, textkritisch bearbeitet und übersetzt von Gesa Bonath. München 1985 (Klassische Texte des Romanischen Mittelalters in zweispra- chigen Ausgaben, 21). - Gottfried von Straßburg, Tristan. Hrsg. von Karl Marold. Unverän- derter vierter Nachdruck nach dem dritten mit einem auf Grund von F. Rankes Kollationen verbesserten Apparat besorgt von Werner Schröder. Berlin/New York 1977.