VratislavZervan DieLehnwörterimWortschatzderspätbyzantinischenhistoriographischen Literatur Byzantinisches Archiv Begründet von Karl Krumbacher Als Ergänzung zur Byzantinischen Zeitschrift herausgegeben von Albrecht Berger Band 34 Vratislav Zervan Die Lehnwörter im Wortschatz der spätbyzantinischen historiographischen Literatur unter Mitarbeit von Johannes Kramer, Claudia Römer, Michael Metzeltin, Bojana Pavlović und Andrea Massimo Cuomo VeröffentlichtmitderUnterstützungdesAustrianScienceFund(FWF):PUB517-Z25 ISBN978-3-11-058538-4 e-ISBN(PDF)978-3-11-058767-8 e-ISBN(EPUB)978-3-11-058545-2 DiesesWerkistlizenziertunterderCreativeCommonsAttribution4.0Lizenz. WeitereInformationenfindenSieunterhttp://creativecommons.org/licenses/by/4.0/. LibraryofCongressControlNumber:2018952435 BibliografischeInformationderDeutschenNationalbibliothek DieDeutscheNationalbibliothekverzeichnetdiesePublikationinderDeutschen Nationalbibliografie;detailliertebibliografischeDatensindimInternetüber http://dnb.dnb.deabrufbar. ©2019VratislavZervan,publiziertvonWalterdeGruyterGmbH,Berlin/Boston Satz:MetaSystemsPublishing&PrintservicesGmbH,Wustermark DruckundBindung:CPIbooksGmbH,Leck www.degruyter.com Vorwort Die vorliegende Studie ist das Resultat der FWF-Projekte P 23912-G19 „Imitation/ Innovation im Wortschatz der spätbyzantinischen historiographischen Literatur“ (Hauptmitarbeiter: Andrea Cuomo) und P 24289 „Die Kirchengeschichte des Nike- phoros Xanthopulos: Chrysostomos bis Phokas“ (Projektleiter: Christian Gastge- ber).AlsvorbereitendeZwischenstufefandimJuni2013dasSymposion„DieLehn- wörter imWortschatz derspätbyzantinischen historiographischen Literatur“statt, andassichimSeptember2014einweiteresanschloss„ASociolinguisticApproach toLateByzantineHistoryWriting/DiesoziokulturellenTendenzenderPaläologen- zeitimSpiegelderzeitgenössischenHistoriker“. Den unmittelbaren Ausgangspunkt dieser Tätigkeiten bildet freilich das seit Jahrzehnten in Wien und Bonn vorbereitete und seit 1994 im Verlag der ÖAW er- scheinende„LexikonzurbyzantinischenGräzität“(LBG),dessenFertigstellung(bis Omega)bereitserreichtistunddessenletzter,achterFaszikel2017erschienenist. AusgangspunktfürdieseStudiewardieimRahmenderErstellungdesLBGfür sinnvollundnotwendigerachteteweitereAufarbeitungdesMaterialsnachThemen, Autoren,Stilhöhe,Verwendungsdichteund-entwicklung,undaufEinflüssefremder SprachenundNeologismenhin.DiesePunktekonntenimLBGnichtberücksichtigt werden, da sie den Rahmen des Möglichen weit gesprengt und keinen Abschluss garantiert hätten. Daher wurde mit diesem Projekt ein erster Weg zur besagten AufarbeitungundVertiefungbegangen.WiebeimLexikonzwangdasvomFWF geförderteProjektdurcheinZeitkorsettzueinerBeschränkungdesMaterials;diese wurdethematischundzeitlichgewählt:die(vorwiegendhochsprachlichen)Histo- riker der Palaiologenzeit. Die Konzentrierung auf die Palaiologenzeit ergab sich durcheinedeutlicheZunahmeanLehnwörternausdenByzanzumgebendenoder in Byzanz präsenten Sprachen; Historiographie wurde deshalb gewählt, weil sich darin auch die im Projekt intendierten soziolinguistischen Aspekte sehr gut im DreieckAutor–Text–Publikummanifestierthaben.Zudemkonntedamitanzwei Schwerpunkte der Wiener Byzantinistik angeschlossen werden, eben an das LBG- Material und an den thematischen Fokus auf die Palaiologenzeit. Die Studie hat ebenso von der fruchtbaren Zusammenarbeit mit dem Soziolingustischen Forum (www.oeaw.ac.at/sociolinguistics)profitiert. Was die stoffliche Abgrenzung des vorliegenden Bandes betrifft, so ergibt sie sichalsoausdemimLBGbearbeitetenMaterial,dasinweitgehenderAbgrenzung zum Lexikon der mittelalterlichen volkssprachlichen griechischen Literatur von Emmanuel Kriaras (fortgesetzt von Ioannes Nikolaou Kazazes) die vorwiegend hochsprachlichen Texte behandelt. Was nun gerade die Historiographie betrifft, so ist im vorliegenden Fall nur diejenige gemeint, die sich auf das byzantinische Staatsgebietbzw.dessenTeilreichebezieht,wozudiegriechischenChronikenfrän- OpenAccess.©2019publiziertvonDeGruyter. DiesesWerkistlizenziert unterderCreativeCommonsAttribution4.0Lizenz. https://doi.org/10.1515/9783110587678-202 VI Vorwort kisch-italienischerGebiete(v.a.dieChronikenvonMoreaundZypern)grundsätz- lichnichtzählen. DasMaterialfürdiesesersteSpeziallexikon,dasimRahmendesLBGentstand, wurde nach einer Idee und Vorarbeiten von A. Cuomo maßgeblich von Vratislav Zervanausgearbeitetunderweitert;einwichtigerAspektwardabeiauchdieEinbe- ziehungsoziolinguistischerGesichtspunktedesSprachgebrauchs–einThemenbe- reich,derauchimProjektbehandeltwurde.ZurAbsicherungdesSprachgebrauchs ausdenjeweiligenentlehntenSprachenwurdedaraufWertgelegt,beiderausführ- lichen Ausarbeitung der einzelnen Lemmata die fachkundige Unterstützung von KollegInnenbenachbarterPhilologienheranzuziehen,denenhiermitbesondersge- danktsei.DieswarenfürdieRomanistikundLatinistik:JohannesKramer,Michael Metzeltin; für die Orientalistik: Claudia Römer, Emanuel Beška; für die Slavistik: BojanaPavlović. FürwichtigeKorrekturenseiGüntherSteffenHenrichherzlichgedanktundfür dieredaktionelleBetreuungFrauIngridWeichselbaumvonderÖAW. Schließlich sei noch betont, dass diese Studie nicht als Abschluss, sondern vielmehr als Ausgangspunkt für weiterführende lexikalische Forschung gedacht ist,besondersauchimHinblickaufunsereinzwischenstarkangewachseneSamm- lung von Addenda sowie die wichtige Kooperation mit dem Thesaurus Linguae Graecae(TLG). E.Trapp Inhalt Vorwort V Einführung 1 Lemmata 7 Bibliographie 209 Quellen 209 Lexika 217 Literatur 221 Indices 235 SprachlicherIndex 235 Historiker-Index 240 ThematischerIndex 250 IndexderneugriechischenEvidenz 256 Lehnwort-Index 258 IndexderLehnwortchronologie 263 Grammatik-Index 268 Abkürzungsverzeichnis 275 AbkürzungendervorkommendenSprachen 275 VerzeichnisderAbkürzungenfürZeitschriftenundReihen 276 Einführung Im Jahr 1909, als die grundlegende Arbeit zum Phänomen des Lehnwortes in By- zanzvonManolisTriandaphyllidiserschien,bestandnochkeinbesondererBedarf, den Begriff Lehnwort näher zu erläutern.1 Im vorliegenden Werk verstehe ich den BegriffLehnwortsowieWernerBetzalseinenOberbegrifffürFremdwortundassi- miliertes Lehnwort.2 Obwohl diese Unterscheidung in der jetzigen Kontaktlinguis- tikumstrittenist,wirdsieauchinderneuerenLiteraturzuKenntnisgenommen.3 Die Kriterien für ein assimiliertes Lehnwort können im Fall des Mittelgriechi- schen oder des byzantinischen Griechischen vielfältig sein. Außer der lautlichen undgrammatischenAnpassungandieNehmerspracheistdieAnzahlderAbleitun- geneinerheblicherSignalfaktor.EingutesIndiz,dasfürdieIntegrationdesLehn- wortes sprechen kann, ist sein Fortleben im Neugriechischen, ebenso wie die Tatsache,dassüberdasGriechischedieEntlehnungnochinandereSprachenüber- mitteltwurde.ParallelenausanderenSprachenbezeugen,dasseingroßerTeildes griechischenWortschatzesdurchIntegrationvonLehnwörterngebildetwurde.Ge- radedieseältereSchichtvonLehnwörternwarsoguteingebürgert,dasssogarein kompetenterSprachbenutzersolchenichterkannthatodersiealsvolkssprachliche Elemente(κλεισούρα,4ζαρκολᾶς5etc.)betrachtete.6 Fremdwörtersinddagegenwenigergutintegriert,sodassihrnicht-nativerUr- sprung leichter wahrnehmbar ist. Sie entsprechen meistens nicht den grammati- schenRegelnderNehmerspracheundkönnenzuSchwierigkeitenbeiderschriftli- chen Fixierung in der Orthographie usw. führen. Im Gegensatz zum assimilierten LehnworttrittdasFremdwortsporadischaufundwirdnichtalsBasisfürAbleitun- genverwendet.AuchwennAutorenEntlehnungenandasSprachsystemdesGrie- chischen angepasst haben, wurden die Wörter noch immer als unverständlich für dasPublikumwahrgenommen.Deswegensahmansichgezwungen,oftmitHinzu- fügung eines distanzierenden λεγόμενον, καλούμενον oder ähnlichen, die Entleh- nungzuerklären.ZurSicherheitwirddanebenhäufigeinhochsprachlichesSyno- nym angegeben. Wenn eines der Merkmale des assimilierten Lehnwortes das Fortleben im Neugriechischen ist, gilt dies für das Fremdwort gar nicht, nur in Sonderfällen7dringendieFremdwörterindenneugriechischenWortschatzein.8 1 Triandaphyllidis1909. 2 Betz19592,128;InderenglischenTerminologiewirdzwischenAssimilatedundUnassimilated Loanwordunterschieden,sieheHaugen1950undIdem1972,329. 3 Oksaar20042,3165–3166. 4 GAkropI116,2:κλεισούραςτοὺςτοιούτουςτόπουςὁπολὺςκατονομάζειλαός. 5 Ducas179,20:Τὸγνωριστικὸνδὲσημείωματούτωντὸτῆςκεφαλῆςκάλυμμα,ὃκατὰτὴνκοινὴν γλῶττανῬωμαῖοιζαρκολᾶνλέγουσι. 6 Dickey2012,60f.;Buchholz2015,60–61. 7 Z.B.wirddaseinstalsFremdwortempfundeneχαλίφαςimNeugriechischenzuχαλίφης. 8 ZumFremdwortimallgemeinensieheEisenberg2011,1–36;Buchholz2015,61. OpenAccess.©2019publiziertvonDeGruyter. DiesesWerkistlizenziert unterderCreativeCommonsAttribution4.0Lizenz. https://doi.org/10.1515/9783110587678-001 2 Einführung FürdieAnalysederlexikalischenInterferenzen9imWortschatzderspätbyzan- tinischenhistoriographischenLiteraturhabeichmichauszweiGründenentschie- den.ZueinemwaresdieBeteiligungamFWFProjektP23912„Imitation/Innovation im Wortschatz der spätbyzantinischen historiographischen Literatur“ unter der Leitung von Erich Trapp. Zum anderen wurden schon wichtige Vorarbeiten zu diesemThemageleistet,10dennochkamesaußerderForschungvonGyulaMoravcsik zu keiner systematischen Untersuchung des Lehnwortschatzes der spätbyzan- tinischen Geschichtsschreibung. Mein Anliegen bestand darin, alle Wörter (außer ToponymaundEigennamen),dieeinenSprachkontakt(Lehnwörter,Fremdwörter, TranskriptionenvonfremdenWörtern)belegen,zuerfassenundalsErgänzungzu denvorherigenArbeitenzurSprach-undLexikalinterferenzimGriechischenauch einenbesonderenAkzentaufdensoziolinguistischenKontextderbenutztenWörter zulegen.Dafürwurdenfolgende18byzantinischenHistorikerundChronikenunter- sucht: GeorgiosAkropolites,TheodorosSkutariotes,GeorgiosPachymeres,Nikephoros Gregoras,MetaphrasederAnnaKomnene,ParaphrasedesNiketasChoniates,11Nike- phorosXanthopulos, IoannesKantakuzenos, MichaelPanaretos, ChronikvonIoan- nina, Ioannes Kananos, Ioannes Anagnostes, Dukas, Georgios Sphrantzes, Michael Kritobulos,LaonikosChalkokondyles,DieKleinchroniken,12SylvestrosSyropulos. Die Strukturierung der Lemmata DieLemmatasindnachfolgendemSchemastrukturiert: ZuerstwirddasLemmagenannt.MeistenswirddieFormausLBGoderKriaras übernommen. Falls das Wort in beiden Werken nicht vorhanden ist, wird es im Nominativ Singular angegeben, bei Transkriptionen wird die bei den spätbyzanti- nischenGeschichtsschreibernbenutzteFormangeführt. 9 DerTermin InterferenzwirdseitWeinreich(Weinreich 1953,11–12)verwendet.Linguistische InterferenzensindAbweichungenvondenphonetischen,lexikalischen,syntaktischenundseman- tischenKonventioneneinerSprache,einesDialektsoderSoziolektsdurcheinenanderenEinfluss. Zur Untersuchung der syntaktischen Interferenzen siehe die Aufsätze von Markopoulos 2009; 2010; 2012; 2014 im Rahmen seines Marie-Curie-Projekts „Greek in Contact (Language contact in theeasternMediterraneanintheLateMiddleAges:Greekinamultilingualsociety)“. 10 KahAbend536–588;MorII;Shukurov2016. 11 ZitiertnachderEditionvonJohnDavisundMartinHinterberger(NChonParDH),dievoraus- sichtlich 2018 erscheinen soll. Für ihre Benutzung und auch wichtige Bemerkungen zum Text möchteichmichherzlichbeiMartinHinterbergerbedanken.Berücksichtigtwurdenauchdiealte BonnerEdition(NChonPar),MillRec,DietPar,DietChonundDavis. 12 DieobereGrenzefürdieBerücksichtigungwardasJahr1500.ProblematischistdieÜberlie- ferungdereinzelnenChroniken.IndenmeistenFällensindesHandschriftenausdem16.Jahrhun- dert,dieaberauffrühereVorlagenzurückgehenkönnen.