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Die Kultivierung der Freiheit bei der Macht: Eine pädagogische Betrachtung von Grenzziehung und Grenzüberschreitung PDF

203 Pages·2013·1.419 MB·German
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Die Kultivierung der Freiheit bei der Macht Markus Riefl ing Die Kultivierung der Freiheit bei der Macht Eine pädagogische Betrachtung von Grenzziehung und Grenzüberschreitung Markus Riefl ing Würzburg, Deutschland Dissertation Universität Würzburg, 2012 ISBN 978-3-658-01696-8 ISBN 978-3-658-01697-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-01697-5 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio- nalbibliografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufb ar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zu- stimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Über- setzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in die- sem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu be- trachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürft en. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.springer-vs.de Danksagung Ich möchte mich bei vielen Menschen bedanken, die meine Promotion begleitet, unterstützt und nicht zuletzt auch beeinflusst haben. Zuallererst bei meiner Partnerin, meiner Familie sowie bei Freunden und Bekannten, die jederzeit ein offenes Ohr für mich hatten. Sodann auch bei Chris- tian Kirschner, Frederick de Moll, Margit Rodrian-Pfennig und Stefan Zenkel, mit denen ich gemeinsam an Fragestellungen zur Politischen Bildung und zur Diskursanalyse gearbeitet habe und die ich nicht nur fachlich zu schätzen gelernt habe. In der Graduiertenschule für die Geisteswissenschaften in Würzburg konnte ich einen interdisziplinären Austausch pflegen. Die Förderung durch das Elite- netzwerk Bayern gab mir finanzielle Rückendeckung und ermöglichte mir zwei Aufenthalte in Frankreich. Dem Institut Mémoires de l'édition contemporaine danke ich für die Einsicht in nichtveröffentlichte Schriften Foucaults sowie die freundliche Betreuung im Foucault-Archiv. Ein Dank gilt auch dem Netzwerk Wissenssoziologische Diskursanalyse, wo ich gelernt habe, mit Foucault auch qualitative Forschung zu betreiben. Be- sonders Reiner Keller hat mich in meinen Forschungsanliegen stets ermutigt und unterstützt. Meinen drei Betreuern bin ich zu großem Dank verpflichtet. Achtsamkeit, Genauigkeit und Behutsamkeit beim Argumentieren habe ich bei Andreas Dör- pinghaus gelernt. Ludwig Pongratz vermochte es stets, sich auf meine Fragen einzulassen und diese weiter zu befördern. Bei Georg Stenger wurde mir die Tie- fe und Weite philosophischen Denkens ebenso wie ihre praktische Relevanz deutlich. Außerdem danke ich Frederick de Moll, Christian Kirschner, Ines Kruspel und Daniel Menne für die kritische Lektüre des Manuskripts sowie Dorothee Koch und Sabine Schöller für das Lektorat beim VS-Verlag. Inhalt Danksagung .................................................................................... 5(cid:1) Inhalt ............................................................................................... 7(cid:1) Zitierweise und Siglen .................................................................... 9(cid:1) Einleitung ...................................................................................... 11(cid:1) I. Kants Zwei-Welten-Theorie und die Grundlegung der Pädagogik ...................................................................................... 23(cid:1) I.1. Grenzbewachung – Die Vernunft im theoretischen Gebrauch ................................................................................... 25(cid:1) I.1.1. Die Arbeit am sinnlichen Gegenstand – Erkennen .................. 28(cid:1) I.1.2. Nichtunmöglichkeit von Freiheit – Die dritte Antinomie ....... 33(cid:1) I.1.3. Grenze des Erkennens – Kant als Polizist ............................... 40(cid:1) I.2. Grenzüberschreitung – Die Vernunft im praktischen Gebrauch ................................................................................... 43(cid:1) I.2.1. Das „Grundgesetz“ der praktischen Vernunft ......................... 44(cid:1) I.2.3. Faktum der Vernunft ............................................................... 49(cid:1) I.2.3. Auch böse Handlungen sind frei ............................................. 55(cid:1) I.3. „Wie kultiviere ich die Freiheit bei dem Zwange?“ ........ 60(cid:1) I.3.1. Wie gewinnt man empirisch einen Einfluss auf den intelligiblen Charakter? ..................................................................... 61(cid:1) I.3.2. Das pädagogische Paradox und seine kantische (Auf-)Lösung ........................................................................................................... 65(cid:1) 8 Inhalt II. Foucaults kritische Ontologie der historischen Grenzziehungen ............................................................................ 73(cid:1) II.1. Historisierung von Kritik ................................................. 77(cid:1) II.1.1. Der „Tod vom Menschen“ in der Ordnung der Dinge ........... 80(cid:1) II.1.2. Kant im Kontext der Anthropologisierung ............................. 90(cid:1) II.1.3. Von der transzendentalen zur historischen Kritik .................. 95(cid:1) II.2. Von der Kausalität zur Norm – Macht und Freiheit ... 100(cid:1) II.2.1. ‚Bohrungen’ zur Macht ........................................................ 103(cid:1) II.2.1.1. Disziplinarmacht ...................................................................... 104(cid:1) II.2.1.2. Biomacht .................................................................................. 111(cid:1) II.2.1.3. Pastoralmacht ........................................................................... 113(cid:1) II.2.1.4. Macht und Freiheit ................................................................... 119(cid:1) II.2.2. Zur Vorgeschichte des Kategorischen Imperativs ............... 123(cid:1) II.2.3. Empirisierung des Intelligiblen ............................................ 130(cid:1) II.3. Foucault und Kant – Kant und Foucault ..................... 134(cid:1) II.3.1. Foucaults kritische Geschichte des Denkens ....................... 135(cid:1) II.3.2. Das Außen der Macht ........................................................... 139(cid:1) II.3.3. Die Pädagogik ist auf Sand gebaut ....................................... 145(cid:1) III. Kultiviere ich die Freiheit bei der Macht? ........................ 151(cid:1) III.1. Pädagogische Lesarten Foucaults ................................ 155(cid:1) III.2. Aufklärung und Kritik ................................................. 160(cid:1) III.3. Eine aktualisierte Zwei-Welten-Theorie ..................... 168(cid:1) III.4. Ein Fazit: Freiheit als Un-Grund der Pädagogik ....... 177(cid:1) Ausblick: Politische Bildung als Arbeit an den Grenzen ....... 185(cid:1) Literaturverzeichnis ................................................................... 191(cid:1) Zitierweise und Siglen Hervorhebungen aus den Originaltexten werden, soweit nicht anders erwähnt, kursiviert übernommen. Eigene Hervorhebungen werden kenntlich gemacht. Ei- gene Ergänzungen oder Auslassungen in Zitaten werden mittels eckiger Klam- mern „[...]“ angezeigt. Im Original selbst befindliche Einklammerungen werden mit runden Klammern „(...)“ wiedergegeben. Immanuel Kants Schriften werden nach der sechsbändigen Werkausgabe von Weischedel (Kant 1998a) und der dort abgedruckten Paginierung der Origi- nalausgabe zitiert. Hierzu werden die unten aufgeführten Siglen verwendet. Wird nach der 23-bändigen Akademie-Ausgabe zitiert, so wird dies mit „AA“, der Bandnummer in römischen und der Seitenzahl in arabischen Ziffern angegeben (also beispielsweise AA II, 43 für Band 2 der Akademie-Ausgabe, Seite 43). Foucaults Werke werden nach den Erstausgaben der deutschen Übersetzung mittels der unten angegebenen Kürzel wiedergegeben. Seine Aufsätze und Vor- träge werden nach den von Defert und Ewald herausgegebenen Schriften in vier Bänden. Dits et Ecrits mit dem Kürzel „DE“, der Bandnummer in römischen und der Seitenzahl in arabischen Ziffern zitiert (also beispielsweise DE IV, 970 für den vierten Band der Schriften, Seite 970). Das Interview Der Mensch ist ein Er- fahrungstier sowie die Aufsätze Was ist Aufklärung? und Was ist Kritik? werden nicht nach den Schriften Foucaults zitiert, sondern nach den jeweils zuerst er- schienenen deutschen Übersetzungen (1996, 1990 und 1992). Diese Zitation hat sich in der philosophischen wie pädagogischen Sekundärliteratur durchgesetzt. Siglen der Schriften von Immanuel Kant: ApH: Anthropologie in pragmatischer Hinsicht GMS: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten IaG: Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht KpV: Kritik der praktischen Vernunft KrV A/ B: Kritik der reinen Vernunft (A: Erstauflage 1781/ B: Zweit- auflage 1787) KU: Kritik der Urteilskraft MS: Metaphysik der Sitten 10 Zitierweise und Siglen Prol: Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können Rel: Die Religion innerhalb der Grenzen der blossen Vernunft SdF: Streit der Fakultäten ÜP: Über Pädagogik ÜdG: Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis WAK: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? ZeF: Zum ewigen Frieden Siglen der Schriften von Michel Foucault: AW: Archäologie des Wissens EK: Einführung in Kants Anthropologie GG I/ II: Geschichte der Gouvernementalität I/ II. Vorlesung am Col- lège de France 1977-78 und 1978-79 GL: Der Gebrauch der Lüste. Sexualität und Wahrheit 2 ME: Der Mensch ist ein Erfahrungstier NGH: Nietzsche, die Genealogie, die Historie OD: D ie Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwis- senschaften ODis: Die Ordnung des Diskurses PA: Problèmes de l’anthropologie SuS: Die Sorge um sich. Sexualität und Wahrheit 3 ÜS: Ü berwachen und Strafen. Eine Genealogie des modernen Subjekts WAF: Was ist Aufklärung? WG: Wahnsinn und Gesellschaft. Eine Geschichte des Wahns im Zeitalter der Vernunft WK: Was ist Kritik? WW: Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit 1 Sonstige Siglen: GM: Nietzsche, Friedrich: Zur Genealogie der Moral MM: Adorno, Theodor W.: Minima Moralia ND: Adorno, Theodor W.: Negative Dialektik UV: Rancière, Jacques: Das Unvernehmen (cid:1) (cid:1) Einleitung „Ich denke, es gibt zwei große Gruppen von Gründern. Die einen legen den Grund- stein und bauen auf, die anderen graben und schaffen Platz“ (DE I, 714). Pädagogisches Handeln ist auf eine Grundlage angewiesen. Die wissenschaftli- che Pädagogik bezieht sich daher – zumindest auch – auf die Begründung von Erziehung und reflektiert die Ziele, die durch pädagogisches Handeln erreicht werden sollen. Wirft man diesbezüglich einen Blick in die Pädagogik, so lassen sich drei Begründungsfiguren voneinander unterscheiden: Eine kultur- oder ge- sellschaftstheoretische Begründung von einer anthropologischen und eine auf die Ermöglichung von Selbstbestimmung basierende Begründung. Die Analyse der autorinnenspezifischen1 Ausführungen zeigt, dass die Begründungansätze ideal- typisch zwar getrennt werden können, sich in der konkreten Argumentation je- doch miteinander verschränken, weshalb die nun folgende Übersicht nur heuris- tischen Wert haben kann. Sie weist jedoch auf den Punkt hin, der die Pädagogik gegenwärtig vor Probleme stellt und in dieser Arbeit im Fokus steht. Eine kultur- oder gesellschaftstheoretische Begründung fokussiert primär eine anzuerkennende und zu vermittelnde Vorstellung von Kultur oder Gesell- schaft, die exemplarisch bei Schleiermacher, Hönigswald und in Teilen der Kri- tischen Erziehungswissenschaft zu finden ist. Unter bestimmter Perspektive be- trachtet, begründen Schleiermacher und Hönigswald pädagogisches Handeln mit dem Verweis auf die Tradierung von kulturellen (Wissens)Beständen an die nächste oder übernächste Generation.2 Auch Teile der Kritischen Erziehungswis- senschaft – und hier vor allem marxistisch geprägte Denkerinnen – begründen (cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1)(cid:1) 1 In dieser Arbeit wird auf die gleichzeitige Verwendung von männlicher und weiblicher Schreibform verzichtet und zumeist die weibliche Form zur Bezeichnung von Personengruppen benutzt. Aus- drücklich soll jedoch betont werden, dass damit auch Personen männlichen Geschlechts gemeint sind. Diese Schreibweise kann vielleicht dazu beitragen, gesellschaftlich eingeschliffene Geschlech- terrollen in ihrer auch sprachlichen Manifestation in Verwirrung zu bringen (vgl. Butler 1991). 2 Während Schleiermacher das Verhältnis der Generationen ins Zentrum rückt und danach fragt, was die „ältere Generation mit der jüngeren“ wolle (Schleiermacher 1957, 9), wendet Hönigswald die generationale Perspektive auf die Weitergabe von Wissen. Er definiert Erziehung als die „planmäßig gewollte Überlieferung des in einer Gegenwart gegebenen [...] Kulturbestandes an nachfolgende Generationen durch die Vermittlung der zeitlich nächsten“ (Hönigswald 1918, 18). M. Riefling, Die Kultivierung der Freiheit bei der Macht, DOI 10.1007/978-3-658-01697-5_1, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

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