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Die Geltung von Rechtsnormen PDF

269 Pages·1966·8.137 MB·German
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Die Geltung von Rechtsnormen Rupert Schreiber Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 1966 ISBN-13: 978-3-540-03656-2 e-ISBN-13: 978-3-642-92922-9 DOl: 10.1007/978-3-642-92922-9 Alle Reclne, insbesondere das der Ubersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten Ohne ausdriickliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus aufphotomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielf:iltigen © by Springer-Verlag Berlin· Heidelberg 1966 Library of Congress Catalog Card Number 66-25393 Titel-Nr.1377 Vorwort Die Probleme, die in dieser Arbeit entwickelt werden und deren Losung versucht wird, haben den Autor sowohl durch sein juristisches Studium als auch seine praktische Ausbildung begleitet. Sie sind in ihrer Aktualitat so beharrlich, weil sie gleichwohl bei der juristischen Alltagsarbeit auftauchen wie auch den Hohenflug juristischer Theorienbildung begleiten. rch hoffe, daB die Arbeit beiden Unternehmungen dienlich ist. Dank schul de ich Herrn Prof. Dr. ULRICH KLUG, der in angenehmster Weise durch wertvolle Anregungen sowohl vor Irrtiimern zu bewahren als auch zur Fortfiihrung der Arbeit zu ermuntern wuBte. Herrn Prof. Dr. GERHARD KEGEL verdanke ich die Gelegenheit, meine Konzeption an rechts vergleichendem Material priifen zu konnen. Und nicht zuletzt verdanke ich meine Zuversicht allen Wissenschaftlern, die ihre Freude in dem gleichen Wagstiick fanden, der Wahrheit zu dienen. Wer der Wahrheit die nt, dient dem Recht. Und nur wer der Wahrheit dient, kann dem Recht dienen. Koln, Juni 1966 RUPERT SCHREIBER Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . 1. Problemstellung. . . . . 1 2. Anordnung der Untersuchung 2 I. Die Darstellung der Rechtsnormen 3 1. Das Recht als System von Rechtsnormen 3 2. Die Implikation als Form der Rechtsnormen 9 3. Die Darstellung des Tatbestandes. . . . 19 4. Die Darstellung der Rechtsfolgen. . . . 23 5. Die Sanktion als Bestandteil der Rechtsnormen 24 6. Die Schichtung von Rechtsnormen. . 33 7. Abkiirzungen von Rechtsnormen . . . . 35 8. Die Darstellung in anderen Satzformen. . 36 II. Die Gehung als Eigenschaft von Rechtsnormen . 41 1. Uber die Eigenschaften von Satzen 41 2. Verifizierbare Satzsysteme 43 3. Uber die Eigenschaften von Rechtsnormen 48 4. Moglichkeiten der Definition der Gehung von Rechtsnormen . 51 5. M6glichkeiten der Explikation der Gehung von Rechtsnormen. 55 6. Uber die Darstellung der einzelnen Gehungsbegriffe 57 III. Die einzelnen Begriffe der Gehung von Rechtsnormen 58 1. Die faktische Gehung. . . . 58 2. Die verfassungsma£ige Geltung 64 3. Die igeelle Gehung. . . . . 65 IV. In der Literatur entwickehe Begriffe der Gehung von Rechtsnormen 68 1. Je llinek . 68 2. Kelsen . 72 3. Stammler 75 4. Radbruch 76 5. Emge 78 6. von Hippel 81 7. Brusiin . . 83 8. Graf zu Dohna 84 9. Germann 88 10. Larenz . 90 11. Esser 92 12. Rehfeldt 94 13. Brecht 96 14. Ross . 98 15. Klug . 101 VI Inhal tsverzeichnis V. Die Verbindlichkeit von Rechtsnormen 104 1. Das Problem der Verbindlichkeit 104 2. Der Positivismus 105 3. Das Naturrecht . . . . 121 4. Der Gerechtigkeitsgedanke 127 5. Die Rechtsidee . . . . 133 6. Das Rechtsgefiihl 135 7. Die Unverbindlichkeit der Verbindlichkeit . 137 VI. Die Relativitat der Gehungsbegriffe 140 1. Die Relativitat der Werte 140 2. Die Rolle apriorischer Geltungsbegriffe 143 3. Der EinfluB des Irrationalen auf die Stabilidit einer Rechtsordnung 145 4. Die Bedeutung rationaler Rechtstheorien 146 VII. Die Anwendungsmoglichkeiten der Gehungsbegriffe . 148 1. Rechtsnormen als Prognose fur die Rechtsgenossen 148 2. Rechtsnormen als Anweisung an die Staatsgewalt 151 3. Rechtsnormen als Empfehlung zur Losung von Interessenkonflikten 153 VIII. Die Lehre von der Auslegung auf der Grundlage der Lehre von der Rechtsgeltung . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 1. Die Beziehung der Lehre von der Auslegung zur Lehre von der Rechtsgeltung. . . . . . . . . . . . 156 2. Die Auslegung bei faktischer Gehung 159 3. Die Auslegung bei verfassungsmaBiger Gehung 160 4. Die Auslegung bei ideeller Gehung . . . . 163 5. Die Unterscheidung von Auslegung, Prazisierung und Rechtsschop- fung. . . . . . . . . . . . . . . . 164 6. Der Deduktionszusammenhang. . . . . . 168 7. Die deskriptiven Bestandteile der Rechtsnormen . 170 8. Die semantische Bestimmung durch Definitionen . 172 9. Die semantische Bestimmung durch den Sprachgebrauch 173 10. Ungenauigkeit im Ausdruck. . . 175 11. Irrtum in der Wahl des Ausdrucks . . . . . . . 178 12. Die Grenzen der Auslegung. . . . . . . . . . 179 IX. Die Prazisierung von Rechtsnormen auf der Grundlage der Lehre von der Rechtsgehung. . . . . . . . . . . . . . . . 180 1. Die inhalt1iche Unbestimmtheit von Rechtsnormen . . . .. 180 2. Die Prazisierung von Rechtsnormen mit faktischer Gehung .. 183 3. Die Prazisierung von Rechtsnormen verfassungsmaBiger Gehung 184 4. Die Prazisierung von Rechtsnormen ideeller Gehung . . .. 186 5. Die Prazisierung von Rechtsnormen durch Heranziehung der ratio legis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 X. Die Lehre von der Rechtsschopfung auf der Grundlage der Lehre von der Rechtsgehung. . . . . . . 188 1. Der Begriff der Rechtsschopfung . . . . . . 188 2. Das Problem der Gesetzeslucke. . . . . . . 189 3. Die gesetzliche Ermachtigung zur Rechtsschopfung 195 4. Die verfassungsmaBige Ermachtigung zur Rechtsschopfung 195 5. Rechtsgrundsatze als Kriterium fur die Rechtsschopfung . 196 6. Die Rechtswissenschaft als Quelle von Rechtsnormen ideeller Gehung 199 Inhaltsverzeichnis VII XI. Grundfragen der Ausgestaltung der verfassungsmaBigen Geltung 200 1. Die Bedeutung des Problems der Ausgestaltung der verfassungs maBigen Geltung . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 2. Die materielle Bindung als Zuordnung von Rechtsnormen und recht- lichen Entscheidungen. . . . . . . . . . . . . .. 202 3. Die formelle Bindung als Methode der Rechtsanwendung. . . . 203 4. Rechtsunsicherheit als Folge des Fehlens der materiellen Bindung . 204 5. Der EinfluB subjektiver Wertvorstellungen als Folge des Fehlens der materiellen Bindung . . . . . . . . . . . . . . . 207 6. Anpassungsfahigkeit als Folge des Fehlens der materiellen Bindung 208 7. Beschrankung der materiellen Bindung auf bestimmte Bereiche. . 211 8. Die Sanktionierung der Verletzung von Geltungsanordnungen . . 214 XII. Die Ausgestaltung der verfassungsmaBigen Geltung im Grundgesetz fUr die Bundesrepublik Deutschland. . . . . . . . • . . 216 1. Zum Verfahren der Ermittlung des Inhalts der Regelung im Grundgesetz . . . 216 2. Artikel 20 Absatz 3 . . . . . . 217 3. Artikel 97 Absatz 1 . . . . . . 229 4. Artikel 103 Absatz 2 und Artikel 104 Absatz 1 Satz 1 231 5. Artikel 19 Absatz 1 Satz 1 . . . . . . . . . . 237 6. Das Verhaltnis der verschiedenen Geltungsanordnungen des Grund- gesetzes. . . . . . . • . . • • • • • . • •. 239 XIII. Soziologische Beziehungen zwischen den Arten der Rechtsgeltung 239 1. Der Charakter der faktischen Geltung als Wahrheitswert soziologi- scher Aussagen ............ . . . . 239 2. Das Verhaltnis von faktischer Geltung und verfassungsmaBiger Geltung. . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 3. Das Verhaltnis von ideeller Geltung und verfassungsmaBiger Geltung 250 4. Das Verhaltnis von ideeller Geltung und faktischer Geltung . 252 Zusammenfassung 255 Literatur . . . 258 Einleitung 1. Problemstellung Das Problem der Rechtsgeltung bedarf einer Einleitung insoweit nicht, als man fragt, wann und in welcher Weise das Problem der Rechtsgeltung erheblich wird. Das Problem steht bei allen Rechtsfragen am Anfang der Untersuchung, unabhangig davon, ob die Frage gelost oder libergangen wird. Die Frage der Rechtsgeltung wird erheblich flir den, der Rechtsnormen schafft und flir den, der Rechtsnormen anwendet. Die Frage wird bedeutsam flir den, der Rechtsnormen gehorcht oder der gegen Rechtsnormen versto{k Das Problem der Rechtsgeltung eroffnet und verschlieBt den Zugang zur Losung von Rechtsfragen gleichermaBen dem Theoretiker wie dem Praktiker. Bei dieser Bedeutung der Frage der Rechtsgeltung ist es verwunderlich, wie selten der Begriff der Rechtsgeltung in rechtswissenschaftlichen Unter suchungen vorkommt. Der Grund mag nicht zuletzt darin liegen, daB die Verwendung dieses Begriffes teils zu Widersprlichen flihrte, teils die Rechts wirklichkeit nicht adaquat abbildete. War somit die Verwendung des Begriffes der Rechtsgeltung auch er schwert, so war mit der Vermeidung dieses Begriffes das Problem der Rechtsgeltung nicht gelost. Und wie stets, wenn Probleme hinwegdefiniert werden, die Vereinfachung der Problematik wird mit einer EinbuBe der Brauchbarkeit des ganzen Systems erkauft. So scheint es an der Zeit, das Problem der Rechtsgeltung einmal in die Mitte einer Untersuchung zu stell en und einen oder erforderlichenfalls mehrere geeignete Begriffe der Rechtsgeltung in die Rechtssprache einzu flihren. Mit der Verwendung geeigneter Geltungsbegriffe verknlipft sich die Erwartung, daB zunachst einmal Phanomene der Formulierung und damit der Losung zugeflihrt werden, die ohne Zuhilfenahme der Begriffe der Rechtsgeltung verstellt waren. Sodann laBt sich erwarten, daB mit der Einflihrung geeigneter Begriffe der Rechtsgeltung Zusammenhange zwischen Einzelproblemen des Rechts sichtbar gemacht werden konnen, die flir ihre Losung entscheidend sind. Weiterhin besteht die Vermutung, daB mit geeigneten Begriffen der Rechtsgeltung zu einem Problem auch rechtstheoretisch der Zugang eroffnet 1 Schreiber, Remtsnormen 2 Einleitung wird, das seit langem - nicht nur wegen der heftigen Angriffe von Seiten der Ideologiekritik - rechtswissenschaftliche Arbeiten in Theorie und Praxis belastet, das Verhaltnis von Jurist und herrschender Macht. Die Erfahrungen haben gezeigt, daB guter Wille ohne das geeignete rechts theoretische Rustzeug kargliche Resultate zeitigen kann. Damit ist der Wert einer Untersuchung des Problems der Rechtsgeltung nicht erschopft und damit auch das AusmaB der Schwierigkeiten - da solche, die mitformuliert auch mitgelost werden mussen - nicht abgesteckt. Aber es wird ausreichen, die Inangriffnahme der vorliegenden Untersu chungen zu rechtfertigen. 2. Anordnung der Untersuchung Die Untersuchung beginnt mit der Diskussion der Darstellung der Rechtsnormen. Urn das Problem der Rechtsgeltung bis zur Praktikabilitat zu Ende denken zu konnen, ist es erforderlich, die Fragestellung gerade von der Ausgangsbasis her streng auf das Erforderliche zu begrenzen. Dies gilt sowohl von dem Gegenstand der Rechtsgeltung als auch von der Struktur der Begriffe der Rechtsgeltung selbst. Es folgt die Erklarung der Geltungsbegriffe, die der Untersuchung zu grunde gelegt werden sollen. Sod ann werden die fur die Untersuchung wich tigsten Geltungsbegriffe der Literatur daraufhin untersucht, ob sie sich auf die eingefuhrten Geltungsbegriffe abbilden lassen. Dabei wird gleimzeitig gezeigt, daB mit den eingefuhrten Begriffen keine mit dem Begriff der Rechtsgeltung verknupften Probleme ausgespart werden. Eine Untersuchung von Fragen der Rechtsgeltung kann nicht an dem Problem der Verbindlichkeit von Rechtsnormen vorbeigehen. Nicht nur, daB die bisherigen Arbeiten und rechtstheoretischen Richtungen diese Frage stellung einschlossen, auch zeigt sich hieran, daB die Frage der Verbindlich keit als Problem gesehen wird. In diesem Abschnitt der Untersuchung konnen zugleich die wichtigsten Richtungen der Rechtstheorie analysiert werden. Es folgen einige Fragen zu der Relativitat der Geltungsbegriffe. Es mussen die Grenzen wissenschaftlicher Aussagen zu dem Problem der Werte dargelegt werden. Auch die Rolle apriorischer Geltungsbegriffe und der EinfluB des Irrationalen auf die Stabilitat von Remtsordnungen werden hier erortert. Es smlieBen sich Ausfuhrungen uber die Bedeutung rationaler Rechtstheorie an. Es folgt eine Darlegung uber die Anwendungsmoglichkeiten der Gel tungsbegriffe. Es werden untersucht: Rechtsnormen als Prognose fur die Rechtsgenossen, als Anweisung an die Staatsgewalt und als Empfehlung zur Losung von Interessenkonflikten. Anordnung der Untersuchung 3 Damit ist der allgemeinere Teil der Untersuchung abgeschlossen und es folgen die besonderen Probleme der Rechtsgeltung. Zunamst wird die Lehre der Auslegung auf der Grundlage der Lehre von der Remtsgeltung entwickelt. Es werden die untersmiedlimen Aus legungsgesichtspunkte bei den Remtsnormen faktischer, verfassungsmamger und ideeller Geltung dargelegt. Es folgen dann Einzelfragen der wichtigsten Auslegungslehre, der der verfassungsmaBigen Geltung. Es erweist sim als erforderlich, den Komplex der Rechtsanwendung in Auslegung, Prazisierung und Rechtsschopfung streng zu trennen. Ent spremend werden die Lehre der Auslegung, der Prazisierung und der Rechtsschopfung getrennt dargestellt. Es folgt eine Darstellung der Grundfragen der Ausgestaltung der ver fassungsmaBigen Geltung. Daran smlieBt sich die Feststellung der Aus gestaltung, die die verfassungsmaBige Geltung im Grundgesetz erhalten hat. Die Untersuchung smlieBt ab mit der Skizzierung der soziologismen Beziehungen zwischen den Arten der Geltung. Dabei wird gezeigt werden, daB die eingefiihrten Begriffe der Rechtsgeltung auch geeignet sind, die Triebkdfte des Rechtslebens einer genauen Analyse zuzufiihren. I. Die Darstellung der Rechtsnormen 1. Das Recht als System von Rechtsnormen Hat die vorliegende Untersuchung Aussagen iiber die Geltung von Rechtsnormen zum Gegenstand, so ist anzustreben, moglichst solme Er kenntnisse aufzuzeigen, die fiir aIle Rechtsnormen gleichermaBen gelten. Da wir aber nicht an allen Remtsnormen zugleich - praktisch nicht einmal im Nacheinander - die Untersuchung anstellen konnen, ist zu priifen, wie der Gesamtkomplex der Rechtsprobleme dieser Arbeit zerlegt werden kann, so daB man die Untersuchung an den Einzelfragen durchfiihren kann, ohne durch storende Interdependenzen zwischen dies en Einzelproblemen behin dert zu werden. Als Aufteilung des Gegenstandes der Untersuchung bietet sich die Auf teilung in einzelne Rechtsnormen ani. Kann die Rechtsordnung als In begriff von einzelnen Rechtsnormen aufgefaBt werden, so kann man die Analyse auf die einzelne Rechtsnorm beschranken. Wenn dann fiir alle Rechtsnormen die Untersuchungsergebnisse als giiltig erwiesen sind, konnen diese auf die Gesamtheit der Rechtsnormen, d. h. auf die gesamte Rechts ordnung, als gleichermaBen giiltige Erkenntnis iibertragen werden. 1 NAWIASKY, HANS: Allgemeine Rechtslehre als System der rechtlichen Grund begriffe, 2. Aufl., Einsiedeln-Ziirich-K6In 1948, S. 8. 1* 4 Die Darstellung der Rechtsnorrnen Die Frage, ob eine solche Zerlegung der Untersuchung zulassig ist, kann nicht endgultig durch eine kurzere oder langere Ableitung beantwortet werden. Sie findet ihre endgultige Antwort in dem Gelingen oder MiB lingen der ganzen Untersuchung. Doch solI damit nicht gesagt sein, die Frage, ob eine solche Anlage der Arbeit gewahlt werden solI, sei verfruht. Denn wenn das Gelingen der Untersuchung mit dieser Anlage der Arbeit verknupft ist, ist es vorteilhaft, die Erfolgschancen so fruh wie m6glich abzuscha tzen 2• Ein gewichtiger Grund fur die Annahme, daB die Rechtsordnung aus der Summe ihrer Rechtsnormen besteht, liegt in der Entstehung der Rechts normen selbst. Das Recht ist nicht aus einem GuB entstanden. Viele Gesell schaftsordnungen, viele Rechtsgelehrte ganz unterschiedlicher Neigung und Interessen haben an dem heutigen Rechtssystem gearbeitet. Die Vermutung, die Rechtsordnung sei durch die Summe von Rechts normen darzustellen, k6nnte jedoch widerlegt werden, wenn man ein Pha nomen beobachten k6nnte, das von einer Rechtsordnung nicht getrennt werden k6nnte, das sich aber dieser Darstellung entziehen wurde. Ein solches Phanomen kann nicht in den Entwicklungstendenzen der Bildung des Rechts gesehen werden. Man mag Entwicklungstendenzen bei seiner Entstehung feststellen. Diese Tendenzen werden aber se1bst an den entstandenen Normen abgelesen, so daB das Primare die geschichtliche Mannigfaltigkeit und auch Zufalligkeit, die Entwicklungslinien die hieraus abgeleitete Erkenntnis ist. Die vielen Rechtsnormen aus ganz unterschied lichen Wurzeln, die oft erst spat zu einer Rechtsordnung zusammenwachsen, zeigen, daB es einzelne Rechtsnormen gab, ehe jene mehr oder weniger geschlossen wirkende Rechtsordnung entstand, wie sie sich in den modernen Kulturstaaten darstellt. Die Verschmelzung von Rechtsnormen aus unterschiedlichen Quellen und die M6glichkeit der Auswahl und Anpassung dieser rechtlichen Regelungen zeigen, daB die einzelnen Rechtsnormen das Recht ausmachen. Diese Einsicht wird auch nicht dadurch beeintrachtigt, daB verschiedene Rechtssatze in bestimmten Beziehungen zueinander stehen. Man wird etwa an das Verhaltnis von anspruchsbegrundenden Normen, Hilfsnormen und Definitionen oder an andere Einteilungen denken. Diese sind fur sich allein genommen unvollstandige Rechtsnormen und werden erst zusammengefaBt zu vollstandigen Normen3• 2 Etwas zu optirnistisch diirfte die Meinung JELLINEKS sein: "Kein Streit herrscht dariiber, daB das Recht aus einer Surnrne von Regeln fiir menschliches Handeln besteht." JELLINEK, GEORG: Allgemeine Staatslehre, 3. Auf!., Bad Homburg 1960, S. 332. 3 ENNECCERUS, LUDWIG und HANS CARL NIPPERDEY: Lehrbuch des Biirger lichen Rechts, I. Band, Allgemeiner Teil des Biirgerlichen Rechts, 15. Auf!., Tiibingen 1959, S. 197.

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