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Die Geburt der Aphrodite. Ein Gang zu den Quellen des Schönen PDF

160 Pages·1955·2.32 MB·German
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LION • DIE GEBURT DER APHRODITE FERDINAND LION Die Geburt der Aphrodite Ein Gang zu den Quellen des Schönen WOLFGANG ROTHE VERLAG HEIDELBERG Alle Rechte, auch das der auszugsweisen Wiedergabe und der Sendung, ausdrücklich Vorbehalten. Copyright 1955 by Wolfgang Rothe Verlag, Heidelberg. Satz und Drude: Hohenloher Druck- und Verlagshaus, Gerabronn Einband: Großbuchbinderei Sigloch, Künzelsau und Stuttgart. Ausstattung: Heinz Michel. Printed in Germany INHALT V orw ort........................................................................ 7 LEBENSFÜLLE DES KUNSTWERKES Die Götter und die Kunst......................................... 9 Politika propädeutisch für Kunstwerke . . . . . 14 Das Kolosseum............................................................. 26 Der Colleone................................................................... 31 „Hamlet“ als Raum-Zeit-Ballung............................... 35 KUNSTFORMEN ALS LEBENSFORMEN Das epische Leben . ................................................... 44 Das Märchenhafte objektiv . . . . . . . 46 Lyrisches Leben............................................................. 48 Tragisches Leben („Macbeth“) .................................... 53 Das Komische objektiv und subjektiv (Fragmente) . 58 Mischung der Lebensformen......................... . . 65 DIE ZEICHEN ALS ANTENNEN DES LEBENS Notwendigkeit der Zeichen ......................................... 75 Farben und Klänge................................................... 76 Die Farben von Venedig (Von Tizian bis Tiepolo) . 85 Die Wörter als Zeichen.................................... . . 97 DIE GEWEBE DER ZEICHEN (Ästhetische Histologie) Das Prinzip des Gewebes.........................................104 Gewebe eines gotischen Domes....................................107 Die Stile als Lebensgewebe.........................................112 DAS KUNSTWERK UND DAS ZUKÜNFTIGE LEBEN Vita Nuova...............................................................122 Die Sonnenblumen Van Goghs....................................124 Kafka als Treffpunkt heutiger Tendenzen . . . . 130 Alte und neue Tendenzen bei Proust..........................135 Notiz über Tanz und Musik....................................141 ANHANG: Geburt, Wachstum und Tod des Kunstwerkes . . 146 Die Vielheit der Ästhetiken . . . . . . . . 152 VORWORT Wie auf dem frühgriediisdien Relief die streng-leidvoll blickende Aphrodite von zwei sie unter die Achseln grei­ fenden, ihrer Aufgabe ebenso ernstlich hingegebenen Nymphen emporgehoben wird, so ist das Kunstwerk das Produkt zweier Faktoren. Der eine ist der schaffende Künstler — sein Schaffen besteht aus unzähligen Regun­ gen, Tastversuchen, Vor- und Rückschritten, Skizzen und Schaffenskernen, die gesprengt werden, und Wirkungen ähnlich den Positronen und Neutronen in der modernen Physik. Der andere Faktor sind die Rezipierenden, die zumeist Genießende sind oder auch leidvoll Erregte; zuerst oft ein kleiner Kreis von Auserwählten, der, sich ausbreitend, ein Volk, oft viele Völker umfaßt. Auch da handelt es sich um ein buntestes, in Billionstel von Sekunden zer­ brechendes, wechselndes und sich komponierendes Leben, da jeder der Rezipierenden auf andere Weise reagiert und alle zusammen ein wogendes Ganzes bilden. Sie sind Mitschaffende. Lebt ein Theaterstück, solange der Zu­ schauerraum als leer gähnende Höhle klafft? Dichter, Regisseur, Schauspieler, jeder auf andere Weise schaf­ fend, bemühen sich vergebens; das Leben des Werkes bleibt unvollkommen und ruft nach der Masse. Die Bühne braucht ihren Anhauch. Jedes der auf ihr gesprochenen Worte, jede Bewegung wird wie ein Ball von denen dort unten aufgegriffen und zurückgeworfen, hin und her, un­ ablässig. Zögern die Rezipierenden, so fängt die Existenz des Kunstwerks zu schwanken an. Verleugnen sie es ganz, so mag der Künstler auf eine zukünftige Generation hoffen. Doch wendet sich auch diese ab, so gleitet die Aphrodite in das dunkle Nichts der Wellen zurück. Kommt es da­ gegen zur Zusammenarbeit, so entsteht ein Gewirr von zahllosen gegenseitigen Wirkungen und Anpassungen und Veränderungen. Gibt es eine Mikrophysik, so gibt es auch eine Mikro­ ästhetik. Auch sie arbeitet, wenn auch das Schöne sich nur an Mensdien zu wenden scheint, mit untermenschlichen Quanten. Durchbohren wir die Oberfläche des Kunstwerkes und taudien, Aphrodite mit uns reißend, in die untersten Quellgewässer! Da gibt es nicht nur einen Raum, eine Zeit als Abbild der Lebensaggregierung, sondern ungeahnte, das Leben überteffende, also supervitale Raum-Zeit-Bal- lungen. Wenn Nietzsche, sich auf den Menschen konzen­ trierend, vom Übermenschen sprach, so gibt es als ein Überleben die Potenzen der Götter, der Staaten und TCir- chen, der Ökonomie und am stärksten die der Kunstwerke. Sie entstehen aus Abbreviaturen der Natur und der Ge­ schichte: pan-lebendige Zeichen. Es gilt für den Künstler, aus diesen von allen Dingen ausgesandten Strahlen, die ihn wie einen Heiligen Sebastian mit ihren Pfeilen durch­ bohren, auszuwählen. Es ist die ästhetische Selektion. Alle Zeichen treffen sich, über die Mittlerschaft des Künstler? hinausgehend, im Kunstwerk als dem besten aller Sender. Dann gilt es, aus einem Ordnungsdrang, der dem Werk innewohnt, die Zeichen zu verweben. Es entsteht aus widersprechenden Tendenzen — arme, gequälte Aphro­ dite — eine Lebenssumme. Dann erst ist Aphrodite dem Meer entstiegen. LEBENSFÜLLE DES KUNSTWERKES DIE GÖTTER UND DIE KUNST Die griechischen Götter Wie Athen durch den Synoikismos der Kleinstädte, der Flecken und Dörfer von ganz Attika entstanden war, so erhielt Athene dies alles in getreuer Wiedergabe, und dazu die fein-scharfe Linie der Berge am Horizont und vom Piräus aus den Anhauch des Meeres. Schon wäre sie reich genug an Realien gewesen. Doch wenn auf den Plät­ zen und in den Gassen die Athener sich unterhielten, so waren ihre Reden voll Vorsicht und durchdringender Klarheit. Dieser Allverstand floß der Göttin zu und be­ stimmte ihr Wesen. Was sie erhielt, gab sie vertausend­ facht zurück. Es genügte, an sie zu glauben, sie anzubeten, um des höchsten Verstandes teilhaftig zu werden. Auch wenn ein Athener sie vergaß oder gewagt hätte, sich von ihr abzuwenden, konnte er der allgemein übermittelten Gabe nicht mehr verlustig gehen, so sehr war die Luft mit dem absoluten Verstand durchsetzt, er wurde ein­ geatmet als unbegrenzte Lebenskraft der vollkommenen Ratio. Die Stärke der hellenischen Götter war, daß nicht nur ihr letztes Stadium festgehalten und das vorhergehende ver­ gessen wurde. Waren einst die Erynien dunkle Frühgott­ heiten der mitleidlosen Rache gewesen, und hatten sie sich in die gnadenvoll milden Eumeniden verwandelt, so blieb die untere Schicht nie ganz unwirksam — Aischylos hatte sogar den Mut, sie offen darzustellen. So wurde bei allen Göttern der Übergang erlebt (Homer zugleich Altes und Neues Testament). In jedem Augenblick blieben die Grie­ chen der ungeheuren Zeitspanne ihrer Götter bewußt, man

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