Die Frauen und das Netz Birgit Kampmann · Bernhard Keller Michael Knippelmeyer · Frank Wagner (Hrsg.) Die Frauen und das Netz Angebote und Nutzung aus Genderperspektive 3., überarbeitete und erweiterte Auflage Herausgeber Birgit Kampmann Michael Knippelmeyer Leopoldshöhe, Deutschland Bielefeld, Deutschland Bernhard Keller Frank Wagner Mutterstadt, Deutschland Potsdam, Deutschland ISBN 978-3-8349-4128-2 ISBN 978-3-8349-4129-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-8349-4129-9 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht aus- drücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Ein- speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Lektorat: Manuela Eckstein Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer Gabler ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media www.springer-gabler.de Vorwort der Herausgeber Über die Bezeichnung „Frauen“ im Titel dieses Buches dürfte es landläufig wenig Unklar- heit geben, gilt doch das biologische Geschlecht eines Menschen nach wie vor als unver- änderliches und lebenslanges Kennzeichen jeder physischen Existenz. Nun gehen aber die Wissenschaft und insbesondere die Gender Studies bereits seit langem von Geschlecht als sozialer Kategorie aus: ein habituell angeeignetes, komplexes Ensemble von Wahrneh- mungs-, Gefühls-, Denk- und Handlungspraxen, die historisch entstanden sind und auf vielfältige Weise als binäre Muster im sozialen Raum vermittelt werden. Auch Institutio- nen, sozialen Systemen und Medien sind geschlechterrelevante Strukturen eingeschrieben. So ist es nicht verwunderlich, dass mit dem neuen Medium Internet seit Mitte der neunziger Jahre Vorstellungen von der Aufhebung der Geschlechtergrenzen populär wur- den, während gleichzeitig schon bei der Herstellung, Verbreitung und Nutzung der zuge- hörigen Technik signifikante Unterschiede zwischen Frauen und Männer nachgewiesen wurden. Die Internetforschung hat sich von Beginn an mit dem Phänomen des Digital Divide beschäftigt, der in Deutschland zunächst entlang der Kategorien Geschlecht, Alter, Bil- dung und Einkommen im Hinblick auf den fehlenden Zugang analysiert und kritisiert wurde. Im Laufe der 15-jährigen Entwicklung und Differenzierung der Forschungs- gegenstände und -methoden ist ein vielfältiges Bild der Internetaktivität von Frauen und Männern entstanden: Der Internet Gender Gap, der zahlenmäßig geringere Zugang von Frauen zu Computer und Internet, scheint bei den Altersgruppen bis 29 Jahren weitgehend geschlossen, während sich einschränkende, geschlechtsspezifische Nutzungsmuster bei jeder neuen Technik- und Anwendungsgeneration immer wieder herstellen und die damit fortdauernde Gendered Digital Inequality belegen. Aus Sicht von Wissenschaft und Praxis wollen wir die Entwicklungslinien und Verhal- tensdimensionen von Frauen im Internet aufzeigen und analysieren. Ausgehend von den quantitativen und qualitativen Veränderungen in der Internetnutzung zeigen sich Unter- schiede zwischen verschiedenen Alters- und Nutzerinnengruppen: in der Motivation, in der Herangehensweise, im Alltagsnutzen, in den Anwendungen u. a. m. Perspektiven zur V VI Vorwort der Herausgeber Überwindung von Benachteiligungen und Ungleichzeitigkeiten sollen dabei thematisiert und entwickelt werden. Darüber hinaus wollen wir exemplarisch darstellen, wie Frauen das Innovationspo- tenzial des Internets zur Gestaltung ihrer Lebens- und Arbeitsbiografien nutzen und die neuen Kommunikations- und Vernetzungsmöglichkeiten auch zur Thematisierung neuer demokratisch-emanzipatorischer Ansätze einsetzen. Ziel des Buches ist es, den Sach(ver)stand aus verschiedenen Branchen und Perspekti- ven zu bündeln, den Status quo zu zeigen und Entwicklungsmöglichkeiten darzustellen. Zusätzlich sollen erfolgversprechende und erfolgreiche Wege aufgezeigt und erfolglose begründet werden, gute Beispiele gefunden und Erfolgsfaktoren benannt werden. Wir wollen damit auch Handlungsempfehlungen geben, zum Austausch und zur Diskussion anregen, die Debatten versachlichen und Pauschalisierungen entgegen wirken. Im Kapitel „Internetnutzung und Gesellschaft“ haben wir die Textbeiträge gebündelt, die sich mit tatsächlichen und vermeintlichen Unterschieden in der Internetnutzung von Frauen und Männern und der gesellschaftlichen Einordnung dieser Befunde befassen. Klaus Wöhler und Claudia Knoblauch diskutieren und bewerten die in verschiedenen Stu- dien gewonnenen Erkenntnisse im Hinblick auf Annahmen zur Geschlechter‘identität᾽. Claudia Gaspar und Katrin Birner prüfen aktuelle Geschlechterklischees und ihre Aus- wirkungen auf präferierte Inhalte der privaten Internetnutzung. Birgit Kampmann geht in ihrem Beitrag der Frage nach, warum Frauen nach wie vor nicht ihrem Bevölkerungsanteil entsprechend im Internet vertreten sind. Ausgehend von den Hoffnungen und Befürch- tungen aus der Pionierphase des Internets werden Entwicklungslinien der geschlecht- lichen Positionierung im Web und des frauenpolitischen Diskurses über das und in dem Medium aufgezeigt. „Die Zielgruppe Frauen“ steht im Vordergrund der Beiträge in zweiten Kapitel: Meinert Jacobsen beleuchtet auf der Basis exklusiver Studienergebnisse aus Marketingsicht das Online-Kaufverhalten von Frauen im Vergleich zu Männern und wendet sich speziell dem Öffnungs- und Klickverhalten der weiblichen Zielgruppe zu. Cirk Sören Ott und Dr. Bar- bara Holstein gehen der Frage nach, wie ein erfolgreiches Gender-Business-Modell für das Einkaufen im Internet die Shopping-Motive und Verhaltensmuster der weiblichen Ziel- gruppe berücksichtigt und zeigen auf praktische Art und Weise auf, welche relevanten weiblichen Spezifika es im Hinblick auf das Internet-Shopping gibt und wie die e-Marke- ters damit bestmöglich umgehen. Ingo Bohg fragt, inwiefern die Kundengruppe „Frau“ für Lebensmittel-Onlinehändler von besonderer Relevanz ist, und analysiert in mehreren Schritten das Verhalten von Frauen beim Lebensmitteleinkauf, die Nutzungszwecke im Internet und das Verhältnis von Frauen zum E-Commerce. Im letzten Beitrag dieses Kapi- tels beschreibt Sandro Matzke das Angebot von Finanzdienstleistungen im Internet, das sich speziell an Frauen richtet. Für „Das soziale Netz“ zeigt Dr. Karin Windt die Notwendigkeit auf, dass Frauen die sozialen Netzwerke zur gezielten Karrieresteuerung und als Instrument der Unternehmens- kommunikation einsetzen. Carola Herbst kann exemplarisch an der Initiative „Komm, mach MINT“ nachweisen, wie junge Frauen im Web 2.0 kreativ und aufmerksamstark Vorwort der Herausgeber VII angesprochen und über männerdominierte Berufs- bzw. Studienbereiche informiert wer- den können. Die Bloggerin Helga Hansen beschreibt die Entstehung und Entwicklung des feministischen Blogs „Mädchenmannschaft“ und die Erfahrungen mit Aktivismus und Vernetzung in der Blogosphäre. Gründerinnen und Unternehmerinnen berichten im nächsten Kapitel über ihre Erfah- rungen und Erkenntnisse. Andrea Peters und Regine Haschka-Helmer befassen sich am Beispiel von zehn Gründerinnen mit den Ursachen für die geringe Zahl von Frauen in der Internetgründerszene. Für Verena Delius birgt die Tatsache, dass die Internetbranche noch jung und wenig standardisiert ist, Chancen für Frauen in der Praxis, neue Wege in Bezug auf Führungsstil, Unternehmenskultur, Positionierung und langfristige Strategien in der Internetwelt zu gehen und daraus eine neue Generation von Internetunternehmen entste- hen zu lassen. Susanne Mersmann beschreibt demgegenüber mit Blick auf die Pionierzeit des Internets die Gründung, Gestaltung und die Erfolge des Internetangebots der Frau- enzeitschrift „Brigitte“ und die Wirkung der Aktion „Frauen ans Netz“. Ihre Karriere als Infobrokerin nimmt Susanne Eschke als persönlichen Ausgangpunkt für die Darstellung der Internetbranche als besonders geeignet für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie für den Aufbau einer Selbstständigkeit für Frauen. Dr. Barbara Keck stellt in ihrem Beitrag unter der Fragestellung „Ist das Internet reif für ältere Frauen?“ beispielhafte Projekte vor, wie die Internetnutzung älterer Frauen geför- dert werden kann. Im nächsten Beitrag des Kapitels „Bildung und Beruf“ widmen sich Jutta Croll und Carolin Müller-Bretl der Heranführung von niedrigqualifizierten Frauen an die Internetnutzung und können auf der Grundlage des Pilotprojekts mit der Bremen Logistics Group (BLG), dem Gesamthafenbetriebsverein und der Bremischen Gleich- stellungsstelle (ZGF) Empfehlungen aus den Erfahrungen ableiten. Die Unternehmerin Bea Beste geht anschließend der Frage nach, warum der Erziehungsurlaub für Mütter eine echte Weiterbildung darstellen kann und welche Fertigkeiten und Fähigkeiten sich die moderne Online-Mutter selbst und durch die Kinder aneignen kann. Einen kritischen Blick auf weibliche Berufsbilder in der Internetbranche wagt Constanze Buchheim und zeigt auf, an welchen Stellschrauben gedreht werden müsste, um Frauen die Vielfalt der Möglichkeiten der Internetbranche aufzuzeigen und sie auch für andere Bereiche inner- halb dieser zu begeistern. Unter „Themen und Anwendungen“ befassen sich zwei Beiträge mit Liebe und Sex im Internet. Prof. Dr. Nicola Döring liefert eine strukturierte Übersicht über Phänomene wie Online-Partnersuche, Cybersex, Cyberuntreue sowie der Darstellung von und mit Frauen als Opfer oder Gewinnerinnen der Entwicklungen und weist auf Chancen und Risiken sowie die Bedeutung der Medienkompetenz im Umgang mit Liebe und Sexualität im Internet – vor allem im Web 2.0 – hin. Yvonne Trappe begleitet Frauen auf der Suche nach der Lust im Internet und analysiert aktuelle Studienergebnissen zur Internet-Sexualität aus der Konsumentensicht heterosexueller Frauen. Anja Ebersbach beschreibt das Phänomen, dass die weltgrößte Enzyklopädie Wikipedia zwar jedem die Welt erklärt, dies aber bisher überwiegend aus männlicher Sicht, und dass Frauen als Autorinnen dringend gesucht werden. VIII Vorwort der Herausgeber Ron Degen und Dr. Frederik Funke stellen in ihrem Beitrag dar, inwieweit sich bei der Nutzung von Mobilfunkgeräten und der mobilen Nutzung des Internets tatsächlich geschlechtsspezifische Nutzungsgewohnheiten beobachten lassen. Christopher Morasch, Tom Wirth und Marko Petersohn gehen der Frage nach, ob Frauen online anders einkaufen. Wir hoffen, dass wir mit diesen Beiträgen einen vertiefenden Blick in die Vielfalt der Nutzung und das Spektrum der Möglichkeiten zum Thema „Frauen und Internet“ liefern können, und wünschen spannende Lektüre. Inhaltsverzeichnis Teil I Internetnutzung und Gesellschaft ................................................................. 1 1. Wie Frauen von der digitalen Entwicklung profitieren könn(t)en – Empirische Befunde zur weiblichen und männlichen Internetnutzung ..................................................................... 3 Klaus Wöhler und Claudia Knoblauch 2. Das androgyne Internet? Die Onlinenutzung von Frauen (und Männern) ................................................................................................... 19 Claudia Gaspar und Katrin Birner 3. Die Hälfte des Himmels oder das ganze Netz? Frauen im Internet .............. 45 Birgit Kampmann Teil II Die Zielgruppe Frauen .................................................................................. 69 4. Brauchen Frauen eine andere Ansprache? Nutzungs- und Reaktionsverhalten im Web ...................................................................... 71 Meinert Jacobsen 5. Shopping im Netz – Anforderungen aus Sicht der Frauen ............................ 85 Cirk Sören Ott und Anna Barbara Holstein 6. Lebensmittel online bestellen? Frauen als Zielgruppe der Lebensmittel-Onlinehändler ...................................................................... 97 Ingo Bohg und Jule Leger 7. Neue Marketing-Herausforderungen für Finanzdienstleister – Geschlechterspezifisches Online-Nutzungsverhalten im Branchenfokus .............................................................................................. 109 Sandro Matzke IX X Inhaltsverzeichnis Teil III Das soziale Netz ............................................................................................. 119 8. Social Media aus Genderperspektive – Frauen und soziale Netzwerke ....... 121 Karin Windt 9. Web 2.0 als Chance für Berufsorientierungsprojekte für junge Frauen am Beispiel von „Komm, mach MINT.“ ................................. 135 Carola Herbst 10. Feminismus reloaded – das Weblog Mädchenmannschaft............................. 149 Helga Hansen 11. Wikipedia: Lexikon sucht Frau ........................................................................ 159 Anja Ebersbach Teil IV Gründerinnen und Unternehmerinnen ....................................................... 173 12. Gründen Frauen anders? Junge Gründerinnen in der Internetwirtschaft auf dem Vormarsch ..................................................... 175 Andreas Peters und Regine Haschka-Helmer 13. Langfristiger Erfolg statt kurzfristige Profitoptimierung ............................. 191 Verena Delius 14. Pionierinnen – aus der Gründungszeit des Internets ..................................... 199 Susanne Mersmann 15. Meine Karriere als „Internetfrau der ersten Stunde“ .................................... 211 Susanne Eschke Teil V Bildung und Beruf .......................................................................................... 221 16. Ist das Netz reif für ältere Frauen? .................................................................. 223 Barbara Keck 17. Heranführung niedrigqualifizierter Frauen an die Internetnutzung ............ 231 Jutta Croll und Carolin Müller-Bretl 18. PlayDUcation – Weiterbildung für die Top MAMAgerin: Warum Kinder und Internet eine Zusatzqualifikation darstellen ............................... 243 Béa Beste 19. Weibliche Berufsbilder in der Internetbranche – ein Phänomen, das man nicht erwarten sollte .......................................................................... 259 Constanze Buchheim XI Teil VI Themen und Anwendungen .......................................................................... 273 20. Sex 2.0 – Chancen und Risiken für Mädchen und Frauen ............................. 275 Nicola Döring 21. Frauen auf der Suche nach der Lust im Internet – Wie Frauen Erotikangebote im Internet zur persönlichen Bedürfnisbefriedigung nutzen .......................................................................... 289 Yvonne Trappe 22. Frauen, Smartphones und mobile Internetnutzung: Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Studie ................................... 307 Ron Degen und Frederik Funke 23. Shoppen Frauen online anders? ....................................................................... 323 Christopher Morasch, Tom Wirth und Marko Petersohn