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Die Festigkeit thermoplastischer Kunststoffe in Abhängigkeit von den Verarbeitungsbedingungen PDF

64 Pages·1960·4.218 MB·German
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DK 678.7 : 620.1 FORSCH U NGSB ER ICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Herausgegeben durch das Kultusministerium Nr.880 Prof. Dr. Karl-Heinz Hellwege Dr. Werner Knappe Deutsches Kunststoff-Institut Darmstadt Die Festigkeit thermoplastischer Kunststoffe in Abhängigkeit von den Verarbeitungsbedingungen Als Manuskript gedruckt WESTDEUTSCHER VERLAG / KOLN UN D OPLADEN 1960 ISBN 978-3-663-03438-4 ISBN 978-3-663-04627-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-04627-1 G 1 i e d e r u n g . . . 1 . Einführung · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · s. 5 2. Theoretische Vorstellungen über die Festigkeit thermoplastischer Kunststoffe · · · · · · · · · · · · · s. 6 2.1 Allgemeines · · · · · · · · · · · s. 6 2.2 Abhängigkeit der Festigkeit von Molekular- gewicht und Molekulargewichtsverteilung · · · · · S. 8 3. Abhängigkeit der Festigkeit von den Verarbeitungs- bedingungen · · · · · · · · · · · · · · S. 10 3.1 Amorphe Thermoplaste · · · · · · · · · · S. 11 3.2 Kristalline Thermoplaste · · · · · · · · · · s. 15 3.3 Zusammenfassung · · · · · s. 17 4· Ergebnisse an Polystyrol · · · · · S. 18 4.1 Zugfestigkeit · · · · · · · · · · · · S. 18 4.2 Biegefestigkeit und Schlagzähigkeit · · · · s. 30 5. Diskussion der Ergebnisse an Polystyrol · · · · · s. 40 5·1 Einfluß der Orientierung · · · · · · s. 40 5.2 Spannungsrißbildung und Ausbildung der Bruchfläche · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · s. 46 6. Ergänzende Messungen an anderen Thermoplasten s. 51 6.1 Schlagzähigkeit von Polymethylmethacrylat s. 51 6.2 Zugfestigkeit von Niederdruckpolyäthylen · s. 53 1· Zusammenfassung · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · s. 56 Literaturverzeichnis · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · s. 59 Seite 3 1. Einführung Bei der Prüfung und Bewertung von Werkstoffen spielen das Deformations verhalten und die Festigkeit eine wichtige Rolle. Die in Deformations versuchen ermittelten elastischen Konstanten und Festigkeitswerte ge ben dem Konstrukteur die für das Dimansionieren von Konstruktionstei len notwendigen Zahlenwerte. Eine genaue Kenntnis dieser Größen, ins besondere ihre Abhängigkeit von Vorgeschichte, Temperatur, Umweltein flüssen sowie von den verschiedenen Variabeln des Prüfverfahrens wird umso bedeutsamer, je mehr Kunststoffe auch als tragende Teile einer Konstruktion Verwendung finden, wie es z.B. heute schon vielfach bei den glasfaserverstärkten Kunststoffen der Fall ist. Genaue Zahlenwerte sind außerdem erforderlich, um die zahlreichen Kunststoffe miteinander vergleichen zu können und fundierte Voraussagen über ihren Gebrauchs wert zu machen. Die in Tabellen und Handbüchern angegebenen Werte über die elastischen Konstanten und die Festigkeit von Kunststoffen ent sprechen diesen Anforderungen nur unvollkommen. So geben amerikanische Tabellen [1] für die Zugfestigkeit von Standard-Polystyrol ein Inter 2 vall von 385 bis 560 kp/cm , für die Biegefestigkeit 560 bis 1050 kp/cm Diese Werte wurden nach genormten Prüfverfahren (ASTM D 638 und ASTM D 790) ermittelt, Variation der Versuchsbedingungen und der Probenform scheiden demnach als Ursache für die große Streuung aus. Es kommen al so nur noch Unterschiede in der chemischen Struktur (Molekulargewicht, Molekulargewichtsverteilung, Zusatzstoffe usw.) sowie durch die Art der Probenherstellung bedingte Unterschiede in der physikalischen Struktur (Orientierung, Eigenspannungen usw.) in Frage. Während nämlich Probenabmessungen, Prüfverfahren und Prüfgeräte durch die Normen sorg fältig festgelegt worden sind, bieten Werkzeuge, Verarbeitungsmaschinen und Verarbeitungsbedingungen (Temperaturen, Drücke, Zeiten und Ge schwindigkeiten) noch viele Variationsmöglichkeiten, welche die Ergeb nisse über die Unsicherheit des Meßverfahrens hinaus beeinflussen. In der vorliegenden Arbeit werden die insbesondere von den Verarbei tungsbedingungen beim Spritzgußverfahren herrührenden Einflüsse näher untersucht. Die mitgeteilten Ergebnisse wurden vorwiegend an einem Standard-Polystyrol (Polystyrol 111 der Badischen Anilin- & Soda Fabrik, Ludwigshafen a. Rhein) gewonnen. Einige zusätzliche Messungen an Polymethylmethacrylat (PLEXIGUM H 7 der Firma Röhm & Haas, Darm stadt) zeigen ähnliche Verhältnisse. Zugfestigkeitsbestimmungen an Seite 5 Niederdruckpolyäthylen (VESTOLEN Sp der Chemischen Werke Hüls) werfen ein Licht auf die Verhältnisse bei teilkristallinen Polymeren. 2. Theoretische Vorstellungen über die Festigkeit thermo plastischer Kunststoffe 2.1 Allgemeines Unter thermoplastischen Kunststoffen verstehen wir solche linearen oder verzweigten Hochpolymere, die bei Zimmertemperatur ein glas- oder horn artiges Verhalten aufweisen. Amorphe Thermoplaste sind demnach solche Linearpolymere, deren Einfriertemperatur oberhalb der Zimmertemperatur liegt. Bei teilkristallinen Thermoplasten liegt die Schmelztemperatur der kristallinen Bereiche oberhalb Zimmertemperatur. Im glasartigen Zu stand bilden die Molekelketten eine unregelmäßig geknäuelte und verhakte filzartige Struktur, wobei im Gegensatz zum kautschukelastischen Zu stand die einzelnen Fäden starr und unbeweglich sind. Die äußeren Kräfte werden also nicht wie in einem beweglichen Netzwerk von den ein zelnen Molekelketten unter gleichzeitiger Streckung aufgenommen [2J, [3J, [4J, [5J, sondern sie bewirken gegen die zwischen den Molekel ketten wirksamen van der Waals'schen Kräfte kleine Verschiebungen von Kettenteilstücken gegeneinander sowie Deformationen der Valenzwinkel oder Atomabstände innerhalb der Kette. Die Festigkeit des Stoffes ist dann erschöpft, wenn die äußeren Kräfte die inneren, den Zusammenhalt der MolekeIn bewirkenden Kräfte übersteigen. Nach einer Abschätzung von H. MARK [6J sollte sich, wenn man das gleichzeitige Zerreißen von Hauptvalenzbindungen als Ursache des makroskopischen Bruches ansieht, 4 5 2 ein Wert der Festigkeit von 10 bis 2 x 10 kp/cm ergeben. Legt man das Zerreißen von Nebenvalenzbindungen als maßgebliche Ursache des Bru ches zugrunde, so ergibt sich ein wesentlich niedrigerer Wert von 3 x 103 kp/cm2• Die Tatsache, daß die wirklich gemessenen Festigkeits werte meistens mehr als eine Größenordnung unter den theoretischen Werten liegen, führte zu der Annahme, daß die Festigkeit des scheinbar homogenen Materials durch eine große Anzahl kleiner Inhomogenitäten örtlich sehr stark geschwächt wird. Diese Inhomogenitäten führen als Kerbstellen zu lokalen Spannungsüberhöhungen, welche bereits die wahre durch die zwischen Atomen und MolekeIn wirksamen Kräfte bedingte Festigkeit des Materials übersteigen, bevor die mittlere über den gesamten Querschnitt der Probe gemessene Spannung sich diesem Wert ge nähert hat. Der Bruch geht von der Stelle höchster Spannungskonzentration Sei te 6 aus, welche damit als schwächstes Glied die Festigkeit des Stoffes begrenzt. Als derartig für die Bruchauslösung verantwortliche Schwach stellen kommen bei Hochpolymeren in Betracht: Anhäufung von Ketten enden, submikroskopische Risse, wie sie z.B. durch Permeationsmessungen wahrscheinlich gemacht werden [7], Unregelmäßigkeiten beim Aufbau eines Polymers aus kristallinen und amorphen Teilbereichen. Eine zusammen fassende Behandlung dieser sogenannten Schwachstellenhypothese haben F. SCHWARZL und A.J. STAVERMAN gegeben [8J. Diese Hypothese macht kei nerlei bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der molekularen Struktur. In einer neueren Arbeit entwickelt B.D. COLEMAN [9J eine phänomenolo gische Theorie der Zugfestigkeit von Fasern, deren Aussagen mit der S~hwachstellenhypothese übereinstimmt. Diese Theorie geht von speziel len Annahmen über die Verteilung der Zeiten bis zum Bruch in einer gro ßen Anzahl Proben unter gleicher Last aus und macht auf Grund dieser Annahmen Aussagen über die Verteilung bei andersartiger Belastung z.B. konstant steigender und nach einer Sinusfunktion wechselnder Last. Die Übereinstimmung mit experimentellen Ergebnissen an Polyamid-66-Fasern ist befriedigend. Neuere Theorien der Festigkeit gehen speziell auf die molekularen Er scheinungen bei Polymeren ein. Maßgeblich für die Schwächung der Probe während der Deformation ist hiernach der Bruch einzelner Molekelketten, [4J, [10J, [11J. welcher als thermisch aktivierter Prozeß aufgefaßt wird Die freie Aktivierungsenergie des Kettenbruchs sinkt mit steigender Dehnung der Kette und erhöht somit bei gleichbleibender Temperatur die Zahl der Kettenbrüche im gedehnten Polymer. Die Probe bricht dann, wenn bei Deformationsvorgängen die Zunahmegeschwindigkeit de~ Spannung gleich der Abnahmegeschwindigkeit der Spannung durch Brechen von Molekelketten wird. Bei gleichbleibender Last führt das fortwährende Brechen von Bindungen zu einer stärker werdenden Belastung der ungebrochenen Ketter., was wiederum dort zu einer erhöhten Zahl von Kettenbrüchen führt. Schließlich erreicht die Zahl der pro Zeiteinheit brechenden Ketten einen kritischen Wert, der dem Bruch entspricht. Auf der Basis dieser [11J Vorstellungen konnte F. BUECHE die Ergebnisse von Dauerstandver suchen an Polystyrol und Polyäthylmethacrylat deuten. Eine quantitative Berechnung der Zugfestigkeit im Glaszustand ist bisher allerdings noch nicht möglich. B.D. COLEMAN [12] entwickelt eine Theorie für die Zeitabhängigkeit der Zugfestigkeit polymerer Fasern auf Grund folgender Vorstellung: In der 7 Seite unter einachsiger Spannung stehenden Faser bestehen zwischen den ein zelnen parallel in Faserrichtung angeordneten Molekelketten sogenannte Kraftzentren (force centers), in denen die Nebenvalenzkräfte wirksam werden. Diese Kraftzentren führen thermisch aktivierte Platzwechsel in Richtung der Faserachse aus. Durch Aufbringen der äußeren Kraft wird die freie Energie der Aktivierung geändert. Die resultierende Platz wechselhäufigkeit führt zu einer Schwächung der Faser und schließlich nach Erreichen eines kritischen Wertes zum Bruch. R. BUCHDAHL [13J überträgt die Theorie des Fließens von Kristallen auf Hochpolymere und betrachtet die zum Verschieben zweier Kettenstücke gegeneinander notwendige periodisch wechselnde Schubkraft. Die Verschie bung führt durch mechanisch instabile Lagen, in denen der Werkstoff ent weder fließt oder bricht. Die Theorie verlangt Proportionalität von Festigkeit OB und Schubmodul G, wobei die verfeinerte Rechnung ergibt. Diese Beziehung wird durch harte Kunststoffe näherungsweise erfüllt, wobei die Werte von OBIG zwischen 0,018 und 0,042 schwanken. Die Tatsache, daß sich bei jeder Deformation Wärme entwickelt, welche zu einer Temperaturerhöhung in der Probe führt, wird in den zuvor ge nannten Theorien vernachlässigt. Diese Temperaturerhöhung führt im Glaszustand zu einer Erniedrigung der elastischen Konstanten. Demnach muß ein Deformationsprozeß, dessen Wärmeerzeugung schneller als der Wärmetransport aus der Probe in die Umgebung abläuft, als adiabatischer Prozeß mit zeitlich veränderlichem Elastizitätsmodul betrachtet werden. Das Absinken des Elastizitätsmoduls mit fortschreitender Deformation führt zu einer Abflachung des Spannungs-Dehnungs-Diagramms. Bei hori zontalem Verlauf tritt schließlich der Bruch ein. I.J. GRUNTFEST [14] hat diese von ihm entwickelten Vorstellungen auf Meßergebnisse an Poly methylmethacrylat mit befriedigendem Erfolg angewandt. 2.2 Abhängigkeit der Festigkeit von Molekulargewicht und Molekulargewichtsverteilung Allgemein ist bekannt, daß Polymere mit niedrigem Polymerisationsgrad geringe Festigkeit besitzen. Mit steigendem Molekulargewicht nimmt die Festigkeit bis zu einem Grenzwert, der abhängig von der Struktur des Seite 8 betreffenden Polymers in verschiedenen Bereichen des Molekulargewich tes erreicht wird, zu. Über den Einfluß von Molekulargewicht und Mole kulargewichtsverteilung auf die Festigkeit von Hochpolymeren ist von T. ALFREY [15J zusammenfassend berichtet worden. Einige neue re Arbeiten [16J werden hier genannt. E.H. MERZ und Mitarbeiter fanden bei Messun gen an Polystyrol-Fraktionen, daß die Zugfestigkeit gegossener Poly styrol-Filme sich zwischen Zahlenmittelwerten des Molekulargewichtes (M ) von 20 000 bis 1 360 000 nicht wesentlich ändert. Bei M < 20 000 n n setzt mit sinkendem Molekulargewicht ein Abfall der Zugfestigkeit ein. Im Zusammenhang mit den Meßergebnissen wird die von FLORY [17J angege bene Beziehung diskutiert. ( OB = Zugfestigkeit, A und B = Konstanten.) Mit der Gül tigkeit der FLORYschen Beziehung bei fraktioniertem Cellulosenitrat (M < 40 000) befaßt sich MEFFROY-BIGET [18J. Bei Auftragen von ~B als Funktion von [; J ([~ ] = Grenzviskosität) erscheinen zwei sich schnei dende Geraden, wobei der Schnittwinkel mit zunehmender molekularer Ein heitlichkeit der einzelnen Fraktionen sinkt. Mangelnde molekulare Ein heitlichkeit der Fraktionen führt zu erheblichen Streuungen der Resul tate. L.H. TUNG [19J hat das Deformationsverhalten bei Zugbeanspruchung an fraktioniertem linearem Polyäthylen untersucht. Proben mit einem Molekulargewicht Mw < 15 000 erwiesen sich als spröde und zeigten keine nennenswerte Festigkeit. Sowohl die Festigkeit beim Fließpunkt als auch der Elastizitätsmodul stehen lediglich in Zusammenhang mit dem aus Dichtemessungen bestimmten kristallinen Anteil des Materials. Hingegen werden Zugfestigkeit, Dehnung beim Bruch und Zugschlagfestigkeit durch steigende Molekulargewichte und eingeengte Molekulargewichtsverteilungen erhöht. Als allgemein gültige Feststellung kann man aus den vorgenannten Arbeiten entnehmen, daß niedermolekulare Anteile in Hochpolymeren die Festigkeit herabsetzen. Eine Erklärung über die Schwachstellenhypothese ist leicht möglich, wenn man die durch niedermolekulare Anteile erhöhte Anzahl von Kettenenden als Inhomogenitäten der Mikrostruktur auffaßt. Andere Deutungen schließen sich an die Theorie der Weichmacherwirkung an und betrachten die niedermolekularen Anteile als Weichmacher, deren Wirkung in einer Herabsetzung der zwischen den l~ngeren Molekelketten wirksamen zwischenmolekularen Kräfte besteht. Seite 9 3. Abhängigkeit der Festigkeit von den Verarbeitungsbedingungen Proben für Festigkeitsuntersuchungen an Thermoplasten werden meistens durch Spritzgießen, Pressen oder spanabhebende Bearbeitung aus Halbzeug hergestellt. Sowohl beim Spritzgießen als auch beim Pressen wird der Kunststoff bei erhöhten Temperaturen unter Druck zum Fließen gebracht und nachdem er die gewünschte Form angenommen hat, bis zu Temperaturen unterhalb der Einfriertemperatur bzw. der Schmelztemperatur der kri stallinen Bereiche abgekühlt. Durch das beim viskosen Fließen auftre tende Schergeschwindigkeitsgefälle werden die Molekelketten in der Schmelze orientiert, d.h. aus einem ursprünglich geknäuelten Zustand in ein mit zunehmendem Geschwindigkeitsgefälle immer mehr gestreckten Zu stand überführt. Wird der Thermoplast in diesem Zustand schnell abge kühlt, so bleibt der verschieden gestreckte Zustand der Molekelketten erhalten. Damit ist die resultierende Probe anisotrop. Diese Anisotro pie wirkt sich auf die physikalischen Eigenschaften und vor allem auch auf die Festigkeit aus. Während beim Pressen niedrige Fließgeschwindig keiten, kurze Fließwege und, bedingt durch die großen Wärmekapazitäten der Preßwerkzeuge, lange Abkühlzeiten vorherrschen, liegen die Verhält nisse beim Spritzgußverfahren umgekehrt. Man wird aus diesem Grund bei spritzgegossenen Proben von vornherein eine größere Anisotropie erwar ten. Unabhängig von dieser eingefrorenen Orientierung bilden sich in jedem Thermoplasten, welcher mit ungleichmäßiger Temperaturverteilung über den Einfrierbereich hinweg abgekühlt wird, Eigenspannungen (Ab kÜhlungsspannungen) aus, die ebenfalls Anisotropie hervorrufen und die Festigkeit beeinflussen. Bei Festigkeitsuntersuchungen an spanabhebend hergestellten Proben tritt naturgemäß die Anisotropie des verwendeten Halbzeugs in Erscheinung. Hinzu kommen die von der Bearbeitung herrüh renden Einflüsse wie Eigenspannungen infolge örtlich begrenzter Erwär mung in der Bearbeitungszone, Angriff der Oberfläche durch Kühlmittel, Oberflächenrauhigkeiten und Verletzungen der Oberfläche, die als Kerb stellen den Bruch vorzeitig auslösen können, usw. Angesichts der großen Bedeutung des Spritzgußverfahrens sind die Verhältnisse bei spritzge gossenen Proben von besonderem Interesse. Die hier aufgeführten Betrachtungen gelten zunächst nur für amorphe Thermoplaste. Bei kristallisierenden Polymeren werden die mechanischen Eigenschaften vor allem durch die Abkühlungsgeschwindigkeit, mit wel cher der Schmelzpunkt der kristallinen Bereiche durchlaufen wird, be einflußt. Schnelle Abkühlung beim Spritzgußverfahren verhindert die Seite 10 Kristallisation in den Außenzonen der Probe, und man erhält dort eine amorphe Struktur. Die niedrige Wärmeleitfähigkeit und die bei der Kri stallisation freiwerdende latente Wärme bewirken, daß das Innere der Probe kristallisiert. Mit dem Polarisationsmikroskop läßt sich leicht an Hand der Sphärolithstruktur der Übergang vom kristallinen inneren [20J, [21J. Teil in die amorphen äußeren Zonen zeigen Durch nachträgli che Wärmebehandlung (Tempern) bei Temperaturen dicht unterhalb des Schmelzpunktes der kristallinen Bereiche erreicht man eine nahezu voll ständige Kristallisation der Außenzonen und damit ein homogenes Gefüge. Im Gegensatz hierzu kann die Orientierung amorpher Thermoplaste nur unter größeren Änderungen in der äußeren Gestalt der Proben aufgehoben werden. Tempert man solche orientierte Proben bei Temperaturen oberhalb der Einfriertemperatur, so treten mit dem Freiwerden der Mikro-Brown schen Bewegung Spannungen in der Probe auf, welche zu weitgehender Ver änderung der äußeren Gestalt führen. Derartige Temperversuche bieten somit ein bequemes Hilfsmittel, den Grad der Orientierung aus der resul tierenden Deformation Die Aufhebung der Abkühlungsspan abzur:,~hätzen. nungen ist im Verhältnis hierzu mit nur geringen Deformationen ver knüpft. Diese Eigenspannungen verschwinden umso schneller, je mehr man die Temperatur bis in den Einfrierbereich steigert. Das Verschwinden von Eigenspannungen bei steigender Temperatur kann somit als Meßmethode [22J. zur Bestimmung der Einfriertemperatur benutzt werden Über den Einfluß von Kristallisation und Orientierung auf die Festig [15J keit hat T. ALFREY zusammenfassend berichtet. Auf neuere Arbeiten wird im folgenden Abschnitt eingegangen. 3.1 Amorphe Thermoplaste [23J R.S. SPENCER und G.D. GILMORE haben das Zustandekommen und den Nachweis von Eigenspannungen und eingefrorener Orientierung in Poly styrol-Spritzgußteilen untersucht. Der Einfluß auf die Festigkeit wird diskutiert und an Hand einiger Messungen der Biegefestigkeit und Zug festigkeit belegt. Von J.L. WILLIAMS und J.W. MIGHTON [24] wurde der Einfluß der Verarbeitungsbedingungen auf die Lebensdauer von Kunststoff Teilen in einer zusammenfassenden Arbeit behandelt. Fragen der Eigen spannungen werden näher diskutiert. Unter anderem führt die Arbeit Meßergebnisse über die Kerbschlagzähigkeit von Polystyrol und Äthyl cellulose in Abhängigkeit von der Heizzylindertemperatur der Spritz gußmaschine an, welche keinen einheitlichen Verlauf aufweisen. K.J. [25J CLEEVEMAN und Mitarbeiter untersuchten an extrudierten und warm Seite 11

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