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Die Familiennamen der Juden in Mecklenburg PDF

74 Pages·2005·0.3 MB·German
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Norbert Francke / Bärbel Krieger Die Familiennamen der Juden in Mecklenburg Mehr als 2000 jüdische Familien aus 53 Orten der Herzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz im 18. und 19. Jahrhundert Schwerin 2001 Herausgegeben vom Verein für jüdische Geschichte und Kultur in Mecklenburg und Vorpommern e. V. Gefördert durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie das Ministerium für Arbeit und Bau des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herausgeber Verein für jüdische Geschichte und Kultur in Mecklenburg und Vorpommern e.V. Redaktion: Norbert Francke wissenschaftliche Bearbeitung: Norbert Francke, Bärbel Krieger Satz und Gestaltung: Roland Francke Rechte Veröffentlichung, auch auszugsweise, nur mit Zustimmung des Herausgebers Inhaltsverzeichnis Vorwort........................................................................................................................................... 5 Einführung...................................................................................................................................... 6 Verzeichnis aller im Jahre 1767 in Mecklenburg-Schwerin wohnenden Schutzjuden.....................13 Die in den Jahren 1813/14 angenommenen erblichen Familiennamen der Juden in Mecklenburg35 Jüdische Bevölkerung nach obrigkeitlicher Zählung 1811/12, 1814...............................................90 Quellen und Literatur:....................................................................................................................92 Abkürzungen und Worterklärungen...............................................................................................94 Kurzbiographien zitierter Autoren...................................................................................................95 Ortsregister und Personenregister.................................................................................................96 3 Vorwort Das vorliegende 2. Heft der Schriftenreihe des Vereins für jüdische Geschichte und Kultur in Mecklenburg und Vorpommern lenkt den Blick auf jüdische Namen, die jeweils die Grundlage für mindestens eine Familie in Mecklenburg waren. Die Broschüre versteht sich in erster Linie als praktisches Hilfsmittel für die Personen- und Familiengeschichtsforschung. Bei der Erarbeitung und Zusammenstellung ging es den Verfassern nicht darum, eine wissenschaftliche Abhandlung über die Entstehung jüdischer Namen anzufertigen. Vielmehr lag der Schwerpunkt beim Zusammenstellen darin, möglichst alle Namen jüdischer Familien in Mecklenburg im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts zu erfassen. Eine Auflistung von Namen aller Schutzjuden, die Mitte des 18. Jahrhunderts in Mecklenburg- Schwerin lebten, rundet das Bild ab. Damit soll dem interessierten Leser die Möglichkeit gegeben werden, hier entsprechende Anknüpfungspunkte zu finden. Es wurde versucht, aus spezifisch mecklenburgischer Sicht die historische Entstehung der Namen als wichtiges individuelles Kennzeichen einer Familiengruppe sowohl von sprachlicher als auch von gesetzgeberischer Seite zu beleuchten. Dabei sollte gleichzeitig mit der vielfach in unseren Köpfen verankerten Vorstellung von den „typisch jüdischen Namen“ ein wenig aufgeräumt werden. Insgesamt sind in dem Heft für das 18. Jahrhundert 210 jüdische Familien in Mecklenburg- Schwerin und für das 19. Jahrhundert mehr als 2000 jüdische Familien in 53 Orten der Herzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz namentlich erfasst worden. Damit ist ein weiterer Baustein im historischen Fundament der jüdischen Gemeinschaft Mecklenburgs aus der Vergessenheit geholt und als untrennbarer Bestandteil unserer Landesgeschichte für die Öffentlichkeit nutzbar. Norbert Francke Schwerin, im September 2001 5 Einführung Vom Beginn des menschlichen Daseins an verständigten sich die Menschen mit Hilfe der Sprache. Sie mussten sich dabei selbst mit einbeziehen, indem sie sich einen Namen gaben. Der Name kennzeichnete sie als Einzelwesen, individualisierte sie. Dieser eine, alleinige Name, der zugleich der Rufname war, reichte lange Zeit aus, um seinen Träger in der im Allgemeinen kleinen Gemeinschaft zu kennzeichnen. In Deutschland setzte dann, etwa im 12. Jahrhundert, die Verwendung von heute als Familiennamen bezeichneten Geschlechternamen ein. Sie steht mit der historischen Entwicklung der Gesellschaft in engem Zusammenhang. Kleine, in sich relativ geschlossene Gemeinschaften brauchten auch weiterhin kein weit gefächertes Namenssystem. Es genügten einzelne Rufnamen. Das galt besonders für die Juden in Mitteleuropa bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Die Juden konnten sich weiterhin mit dem einnamigen Prinzip begnügen, weil sie als sehr kleine Gruppe in der Gesellschaft auch nicht einzeln greifbar sein mussten. Die nichtjüdische Standesgesellschaft war bis dahin auf die unmittelbare Identifizierung von Juden nicht angewiesen. Für viele Anschuldigungen und unterstellte Straftaten haftete häufig nicht der Einzelne, sondern die jüdische Gesellschaftsgruppe des Territoriums. Beispiele dafür finden wir auch in Mecklenburg, so 1325 in Krakow, 1330 in Güstrow, 1350 in Wismar und Rostock. Diesbezüglicher Höhepunkt am Ende des Mittelalters war dann der sogenannte „Hostienschändungsprozeß“ 1492 in Sternberg. Nach der öffentlichen Hinrichtung von 25 Männern und 2 Frauen der jüdischen Gemeinschaft wurden alle übrigen Juden des Landes verwiesen. Danach gab es in Mecklenburg offiziell fast 200 Jahre lang keine Juden. Mit Beginn des 16. Jahrhunderts hatte sich in Deutschland das römische Recht durchgesetzt. Danach galt der Name als Privatsache zur Erkennung des Einzelnen. Der Name konnte auch verändert oder durch Beinamen ergänzt werden. Das traf dann auch auf die Juden zu, deren Wiedereinwanderung in Mecklenburg etwa um 1670 begann. 6 Wir finden im 18. Jahrhundert manchen recht originellen Beinamen, der den jeweiligen Träger besonders kennzeichnete. So zum Beispiel nach Gewohnheiten oder Eigenarten: Philip Kuhlbars, weil sein Vater gerne Kuhlbars (Kaulbarsch) aß; Mousche Lalle, wegen seiner lallenden Aussprache; Fidel Isaac, ernährt sich von seiner Fiedel; Itzhack Knaster, der den Preußischen Husaren Toback, den er immer Knaster nannte, verkauft.1 Vielfach bezeugten derartige Namenszusätze auch die geographische Herkunft, wie bei Jacob Elmshorn, Nathan Hamburg, Michel Lübs, Josseph Malchin, Schmulche Plau, Gerschon Tempelin, Leib Schwaan, Aaron Stendal, Abrohom Strelitz, Mendel Wittenburg. Es blieben jedoch Beinamen, die eine Person kennzeichneten, häufig nur zeitweise galten und nur selten auf andere Familienmitglieder übertragen wurden. Zum Ende des 18. Jahrhunderts wandelte sich das jüdische Selbstverständnis in Mecklenburg wie überall in Deutschland. Aus früheren kleinen Familienverbänden hatten sich gefestigte Gemeinden entwickelt. Anfang des 19. Jahrhunderts fanden die großen Ideen der gesellschaftlichen Aufklärung, das Sehnen nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, in Mitteleuropa viel Sympathie. Das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation“ hatte nach mehr als 1000 Jahren aufgehört zu existieren. Der französisch-preußische Krieg hatte, obwohl nicht direkt beteiligt, erhebliche Auswirkungen auch auf Mecklenburg. Eine große Anzahl Truppen, die das Land in allen Richtungen durchkreuzte, konnte ihren Unterhalt nur auf Kosten des Landes finden. Als Blücher am 7. November 1806 bei Lübeck kapitulierte, war Mecklenburg gleichmäßig durch französische und preußische Armeen verwüstet. Eine französische Fremdherrschaft begann. Das Land wurde de facto provinzmäßig in das französische Kaiserreich eingegliedert. Handelseinschränkungen mit dem Ausland bis zum totalen Handelsverbot führten Ende 1810 zur Verarmung aller Bevölkerungsschichten. 7 Vor diesem historischen Hintergrund überreichten die Wortführer der mecklenburgischen Juden, die wohlhabenden und angesehenen Schweriner Michel Ruben Hinrichsen und Nathan Mendel, dem Herzog am 22. Februar 1811 eine Petition. In dieser Bittschrift schildern die beiden Antragsteller die Unzufriedenheit der Juden im Lande über ihre Rechtsverhältnisse und betonen den innerjüdischen Wunsch nach staatsbürgerlicher Gleichstellung. Es passe nicht zusammen, wenn Juden auf die Fahne des Landes schwören und für ihr Vaterland mit dem Leben einstünden, um dann wieder in das Schutzjudenverhältnis entlassen zu werden. Dieses Argument hatte eine außergewöhnliche Wirkungskraft, weil es in bestechender Weise Verdienstprinzip und Nationalgedanken auf die Judenfrage anwandte. Das an den Landesherren gerichtete Ansuchen setzte in der Folge auf staatlicher Ebene einen Meinungs- und Entscheidungsprozeß in Gang, der dann, zwei Jahre später, zur uneingeschränkten Gleichstellung der Juden in Mecklenburg führte. Mit der „Landesherrlichen Constitution zur Bestimmung einer angemessenen Verfassung der jüdischen Glaubensgenossen in den herzoglichen Landen vom 22. Februar 1813“ setzte Mecklenburg Maßstäbe in Bezug auf Toleranz und Freisinnigkeit, die ihresgleichen in den deutschen Landen zu der Zeit vergeblich suchten. Durch dieses Gesetz wurden die Juden als Landeskinder mosaischen Glaubens in die bürgerliche Gesellschaft mit all ihren Rechten und Pflichten aufgenommen. Eine Grundvoraussetzung, um vollwertiger Bürger des Landes sein zu können, war die Annahme erblicher Familiennamen. In der insgesamt 19 Artikel umfassenden Verordnung finden wir auch hierzu die entsprechende Regelung. Dieses fortschrittliche Gesetz hatte keinen langen Bestand. Infolge ständiger Intervention der Stände wurde es mit einem Rescript des Herzogs am 11. September 1817 außer Kraft gesetzt. Die uns hier interessierenden Familiennamen blieben jedoch erhalten und wurden weitergeführt. Die Wahl der Namen war den mecklenburgischen Juden, wie wahrscheinlich auch in den übrigen deutschen Ländern, freigestellt. Zwangsbenennungen, wie sie uns Silberstein für Österreich schildert, finden wir nicht.2 8 Neuere Forschungen sehen dieses hartnäckige Gerücht auch in einem anderen Licht. Bering schreibt dazu 1995 in „Bilder der Judenfeindschaft“: „.... in der Namensfrage hielten gleichwohl alle dieselbe Richtung. Zwingend war die Übernahme des Mehrheitssystems vorgeschrieben, aber welcher Name gewählt wurde, war freigestellt. Es gibt nur einen einzigen, nicht einmal sicheren Fall, in dem eine Zwangsbenennung durch Beamte zum Zuge kam: in Westgalizien 1805. Dieses Faktum wird nun heute noch einiges Erstaunen auslösen und hätte vor 1945 kaum Glauben gefunden; denn nichts ist und vor allem war gängiger als jene faden Witze über die Juden, die ihren Namen, sollte er nur irgendwie reputierlich sein, für gutes Geld kaufen mußten, wie z. B. jener Herr »Schweißeimer«, der nicht eine kleinere Summe auf den Tisch legen mußte als der Herr mit dem schönen Namen »Blumenthal«, sondern eine viel größere. Wieso das? Um sich nur ja das »w« in seinem Namen zu retten. Derlei Vorstellungen waren die gängigen. Und das Verdunkeln des Gedächtnisses, wie die Juden tatsächlich zu ihren Familiennamen gekommen waren, ist nichts anderes als eine judenfeindliche Geschichtsfälschung. Es entsprach antisemitischen Bedürfnissen, eine bestimmte Gruppe von Menschen, genau bei jenem Akt, der Neuankömmlinge in die Gemeinschaft integriert (Taufen), so dastehen zu sehen wie Tiere bei der Körung, die ja auch die Plakette mit dem Namen einfach umgehängt bekommen, ehe sie als pures Betrachtungs- und Abtaxierobjekt vorgeführt werden.“3 9 Welcher Art waren nun die neugewählten Namen der Juden in Mecklenburg? Einen großen Teil der bereits vorhandenen Namen finden wir schon als Personennamen in der Bibel (Abraham, David, Elias, Jacob, Marcus, Moses, Salomon, Simon) oder als religiöse Standesnamen (Cohen mit den Ableitungen Cohn, Kohn) bzw. als Stammesnamen (Levi, Levin, Levy von Levite). In sehr vielen Fällen wurden die alten Namen beibehalten. Der erste Name blieb Vorname und der zweite Name, häufig der Vatersname, wurde nun der Familienname (Salomon Simon – Salomon der Sohn Simons). Ebenfalls häufig finden wir auch eine einfache Umstellung. Der zweite Name wird Vorname und der erste dann Familienname (Hirsch Jochim – Jochim Hirsch, Israel Levin – Levin Israel). Die früher bisweilen als Beinamen geführten Herkunftsnamen erscheinen ebenfalls als Familiennamen. Bei Vergleichen mit den Volkszählungslisten von 1819, die uns eine Menge personenbezogener Daten liefern, finden wir noch manche direkte Übereinstimmung mit dem Geburtsort (Abraham Moses Bamberger in Boizenburg, geb. 1733 in Bamberg; Moses Pisach Friedländer in Teterow, geb. 1759 in Friedland; Hirsch Samuel Meinungen in Hagenow, geb. 1765 in Marresfeld in Sachsen Meiningen). Wir finden ebenfalls Herkunftsnamen, die nicht als Geburtsort des Trägers zu ermitteln sind (Casler, Fürth, Haag). Namen alter mecklenburgischer Familien dienten auch als Vorlage (Michaelsen, Lüdemann, Heitmann). Weiterhin finden wir an Berufsnamen (Goldschmidt, Müller, Silberkäufer), an Eigenschaftsnamen (Friedmann, Freudenfeld, Liebrecht), aus der Natur entnommen (Blumenthal, Rosenberg, Hagedorn). Vielfach werden alte Namen auch durch Anfügung einer Silbe ergänzt (Jacob in Jacobsen, Joseph in Josephi, Hirsch in Hirschfeld). Bei den aufgeführten Beispielen sind aus der Vielfalt jeweils nur einzelne herausgegriffen worden. Wir finden also die Palette der Namensfindung bei den jüdischen Mecklenburgern ebenso breit gefächert, wie auch Jahrhunderte vorher bei ihren christlichen Nachbarn. 10

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wissenschaftliche Bearbeitung: Norbert Francke, Bärbel Krieger dem Collegio anatomico zu Berlin mit vielem Fleiß und Ruhm übt, wird diesen
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