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Die Evolution der Religionen PDF

556 Pages·2004·2.82 MB·German
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Die Evolution der Religionen Habilitationsschrift vorgelegt bei der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Universität Hannover von Dr. rer. nat. Dr. phil. Ina Wunn aus Burgdorf - 1 - Anlage I UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK HANNOVER UND TECHNISCHE INFORMATIONSBIBLIOTHEK Name: Dr. rer. nat. Dr. phil. Ina Wunn Anschrift: Holbeinstr. 1, 31303 Burgdorf Telefon: 0049 5136 974 6061 Von dem Fachbereich Seminar für Religionswissenschaft Von der Fakultät für Geistes- und Souialwissenschaften der Universität Hannover der Universität Hannover zur Erlangung der venia legendi für das Fachgebiet Religionswissenschaft angenommene Habilitationsschrift. Datum des Vollzugs der Habilitation: 27. November. 2002 Berichterstatter/-innen: Prof. Dr. Dr. Peter Antes, Prof. Dr. Paul Hoyingen-Hühne Angaben zur Veröffentlichung der Habilitationsschrift Titel der vorgesehenen Veröffentlichung: Die Evolution der Religionen (elektronische Veröffentlichung) Verlage mit Verlagsort (evtl. Selbstverlag): Kurzform als Buch erscheint 2005 bei Kohlhammer Falls die Habilitationsschrift in einer Zeitschrift bzw. einer Broschüre erscheint: Zeitschriften- bzw. Reihentitel, ggf. mit Heft- bzw. Band-Nummer: Bei Gemeinschaftsarbeiten: Angabe, auf welchen Teil des Werkes sich das Habilitationsverfahren bezieht: Voraussichtliches Erscheinungsdatum: 3 deutsche Schlagworte zum Inhalt: 3 englische Schlagworte zum Inhalt: Deutsches und englisches Abstract (auf Extrablatt). Wissenschaftlicher Werdegang (mit Zustimmung der oder des Habilitierten) (auf Extrablatt): Hannover, den 31. Oktober 2004 Fachbereich bzw. Fakultät Unterschrift der oder des Habilitierten Abstract Deutsch Die Arbeit ist ein Beitrag zur Theoriebildung in der Religionswissenschaft und beschreibt die Entwicklung und Ausbreitung der verschiedenen Religionen unter einem entwicklungsgeschichtlichen Gesichtspunkt. Während der Terminus „religiöse Evolution“ bislang als ein aufsteigender Prozess verstanden wurde, fußt die hier entwickelte Theorie ausdrücklich auf der biologischen Evolutionstheorie mit dem Ziel, natürliche Entwicklungsprozesse ins Zentrum der Untersuchung zu stellen. Parallelen zwischen der biologischen Evolution und der Entwicklungsgeschichte der Religionen erlauben, auch den Wandel der Religionen als adaptive Modifikationen im Laufe der Geschichte zu verstehen; die für die Veränderung der Religionen relevanten Faktoren werden diskutiert. Als Ergebnis kann eine Theorie vorgestellt werden, die die heutigen Erscheinungsformen der Religionen ebenso erklärt wie ihren Formenwandel in der Geschichte. Abstract Englisch This book contributes to a theoretical framework for a theory that describes and explains the distribution and development of the various religions from a genetical and historical point of view. While religious evolution until now has been understood as a process of progress, the theory outlined here focuses on the biological Theory of Evolution in order to direct the attention to the main characteristics of natural evolutionary processes. By drawing parallels between biological and religious evolution the evolution of religions is described as the adaptive modification of religions throughout history. After discussing the question of a natural systematic unit in the world of religions, the different means of evolutionary processes are investigated. As a result, a theory is presented that understands the development of religions in a way which explains their recent phenotype as well as their modifications during history. Dt. Stichwörter: Evolution, Religion, Entwicklungsgeschichte Engl. Stichwörter: evolution, religion, religious developement Teil I Der Weg des Evolutionsgedankens in die Religionswissenschaft - 2 - Vorwort................................................................................................................................6 Einleitung............................................................................................................................8 1. Der Ursprung der Systematik und des Entwicklungsgedankens........13 1. Aristoteles (384 - 322 v. Chr.) und die scala naturae................................................14 2. Anfänge der Systematik in der Biologie....................................................................17 3. Der Vater der zoologischen Nomenklatur: Carl von Linné (1707 - 1778)...............20 3.1. Leben.....................................................................................................................20 3.2. Werk.......................................................................................................................25 3.3. Wirkungsgeschichte...............................................................................................31 3.4. Die Systematik als Grundlage des Evolutionsgedankens.....................................35 4. Die Naturforscher des 18. Jahrhunderts...................................................................38 4.1. Albrecht von Haller (1708 - 1777)..........................................................................38 4.2. Georges-Louis Leclerc, Comte de Buffon (1707 - 1788).......................................40 4.3. Die Veränderlichkeit der Arten...............................................................................45 4.4. Der Jardin du Roi und das Cabinet du Roi nach Buffon........................................49 5. Die Entdeckung der vergleichenden Anatomie: Georges Cuvier (1769 - 1832)....52 5.1. Leben.....................................................................................................................52 5.2. Werk.......................................................................................................................56 5.3. Bedeutung..............................................................................................................62 5.4. Die Entwicklung der Systematik............................................................................65 6. Die Transformismus-Hypothese: Jean-Baptiste de Lamarck (1744 - 1829)...........68 6.1. Leben.....................................................................................................................68 6.2. Werk.......................................................................................................................74 6.3. Wirkung..................................................................................................................87 6.4. Lamarck und seine Bedeutung für den Evolutionsgedanken................................91 6.5. Folgerungen für ein religionswissenschaftliches Entwicklungsmodell..................96 2. Der Gedanke gesellschaftlicher und religiöser Entwicklung.............100 1. Fortschritt und Geschichte: Antoine de Condorcet (1743 - 1794)........................100 1.1. Leben...................................................................................................................100 1.2. Werk.....................................................................................................................104 1.3. Wirkung................................................................................................................110 1.4. Geistesgeschichtlicher Hintergrund.....................................................................112 2. Das Dreistadiengesetz: Auguste Comte (1798 - 1857)...........................................116 2.1. Leben...................................................................................................................116 2.2. Werk.....................................................................................................................120 2.3. Kritik und Wirkung................................................................................................137 2.4. Comte und die Biologie........................................................................................142 2.4. Bedeutung für Religionswissenschaft..................................................................145 3. Das organizistische Weltbild: Herbert Spencer (1820 - 1903)...............................147 3.1. Leben...................................................................................................................147 3.2. Werk.....................................................................................................................152 3.3. Wirkung................................................................................................................169 3.4. Der Evolutionsgedanke bei Spencer...................................................................173 3.5. Spencer und neuere evolutionistische Modelle in der Religionswissenschaft....180 3. Die biologische Evolution: Vom Darwinismus zur Synthetischen Theorie........................................................................................................189 1. Geistesgeschichtliche Voraussetzungen................................................................189 1.1. Thomas Robert Malthus (1766 - 1834) und der Selektionsbegriff.......................189 1.2. Carles Lyell (1797 - 1875) und die Entwicklung der Geologie............................194 2. Die Entdeckung der Biogeographie: Alfred Russel Wallace (1823 - 1913)..........204 2.1. Leben...................................................................................................................204 2.2. Werk.....................................................................................................................208 2.3.Wirkung.................................................................................................................227 2.4 Anthropologie........................................................................................................236 3. Die Selektionstheorie: Charles Darwin (1809 - 1882).............................................241 - 3 - 3.1. Leben...................................................................................................................241 3.2. Werk.....................................................................................................................246 3.3. Wirkung................................................................................................................264 4. Die Evolution der Evolutionstheorie........................................................................269 4.1. Die Vererbungslehre: Johann Gregor Mendel (1822 - 1884)..............................269 4.2. Die Keimplasmatheorie: August Weismann (1834 - 1914).................................274 4.3. Die Synthetische Theorie.....................................................................................282 4.4. Das Gen als Einheit der Selektion: Richard Dawkins..........................................288 4.5. Autopoiesis: der Beitrag der Kognitionswissenschaft..........................................291 4. Standortbestimmung und Zwischenergebnisse.................................298 1. Stufenmodelle, universale Entwicklungstheorien, Evolutionstheorien...............299 1.1. Stufenmodelle......................................................................................................301 1.2. Universale Entwicklungstheorien.........................................................................302 1.3. Evolutionstheorien...............................................................................................303 2. Fazit.............................................................................................................................304 3. Ausblick........................................................................................................................304 5. Religionswissenschaftliche Stufenmodelle........................................308 1. Primitive Kulturen und Survivals: Edward Burnett Tylor (1832 - 1917)................308 1.1. Leben...................................................................................................................308 1.2. Werk.....................................................................................................................312 1.3. Kritik.....................................................................................................................328 2. Von der Magie zur Wissenschaft: James George Frazer (1854 - 1941)................336 2.1. Leben...................................................................................................................336 2.2. Werk.....................................................................................................................339 2.3. Kritik.....................................................................................................................347 3. Johann Jakob Bachofen (1815 - 1887).....................................................................351 3.1. Leben...................................................................................................................351 3.2. Werk.....................................................................................................................352 3.3. Kritik.....................................................................................................................357 4. Neue religionssoziologische Stufenmodelle..........................................................360 4.1. Robert Bellah.......................................................................................................360 4.2. Rainer Döbert.......................................................................................................368 4.3. Günter Dux...........................................................................................................375 4.4. Religiöse Evolution aus religionssoziologischer Sicht.........................................383 6. Universale Entwicklungstheorien........................................................387 1. Pierre Teilhard de Chardin (1881 - 1955).................................................................388 1.2. Die Evolutionstheorie Teilhard de Chardins........................................................393 1.3. Kritik.....................................................................................................................407 1.4. Die Evolutionstheorie als Welterklärung..............................................................416 2. Religionswissenschaftlicher Evolutionismus und die Religionen der Vorzeit...419 7. Evolution der Religionen ......................................................................423 1. Kulturelle und religiöse Evolution als Fortsetzung der biologischen Evolution 424 1.1. Die Verknüpfung von biologischer und kultureller Evolution des Menschen.......424 1.2. Die Evolution des menschlichen Verhaltens: Konrad Lorenz (1903 - 1989) und Irenäus Eibl-Eibesfeldt (*1928)...................................................................................428 1.3. Kulturelle und genetische Verwandtschaft: Luigi Cavalli-Sforza (*1922)............434 1.4. Religion und Evolutionsvorteil: Donald T. Campbell (1917 - 1996).....................441 2. Kulturelle Evolution als Analogie zur biologischen Evolution..............................449 2.1. Meme und Memetik - ein neuer Replikator und eine neue Wissenschaft...........451 3. Religionsgeschichtliche Entwicklungsmodelle......................................................459 3.1. Von der Anthropogeographie zur Kulturkreistheorie...........................................460 3.2. Uroffenbarung und Entwicklung: Wilhelm Schmidt (1868 - 1954).......................464 3.3. Religionsgeschichte und Entwicklung..................................................................479 4. Biologische und religionsgeschichtliche Modelle kultureller Evolution - eine Zusammenfassung........................................................................................................487 - 4 - 8. Der Wandel der Religionen...................................................................492 1. Ausgangsposition und Grundlagen.........................................................................493 2. Das Verfahren.............................................................................................................496 3. Die Einheit...................................................................................................................496 4. Die Analyse.................................................................................................................500 4.1. Die Merkmale.......................................................................................................500 4.2. Der Stammbaum..................................................................................................504 5. Ursachen und Erklärung...........................................................................................506 5.1. Die Variabilität......................................................................................................506 5.2. Die Selektion........................................................................................................508 5.3. Die Umwelt...........................................................................................................511 5.4. Adaptation der Religionen....................................................................................515 5.5. Entstehung von Religionen (Artbildung)..............................................................518 5.6. Ausbreitung der Religionen (Vererbung).............................................................521 6. Leistungen eines Evolutionsmodells der Religionen............................................524 Literatur:.....................................................................................................529 Abkürzungsverzeichnis ............................................................................554 - 5 - Vorwort „Natural Theology, in the widest sense“ war das Thema einer 1886 von Lord Gifford gestifteten Vorlesungsreihe, deren Ziel es bis heute ist, die seit langem bestehende Distanzierung zwischen Natur- und Geisteswissenschaften mit besonderem Blick auf die Religionen zu überwinden. Trotz einer gewissen Theoriemüdigkeit der Religionswissenschaft besonders im deutschsprachigen Raum - Theorien engen nur zu oft den Blick ein, konzentrieren sich auf ausgewählte Strukturen und lassen wichtige Aspekte der Religionen selbst, ihre Bindung an eine bestimmte Kultur oder ihr generelles Verhältnis zu Kultur und Gesellschaft ebenso außer acht wie ihre Ursprünge und historische Entwicklung sowie mögliche Wechselwirkungen in oder mit dem Bewußtsein und der Psyche – gibt es immer wieder ernstzunehmende Versuche, den unterbrochenen Dialog zwischen Geistes- und Naturwissenschaften aufzunehmen. In diesem Zusammenhang spielen die Verortung der Religion in der Biologie des Menschen und damit der Evolutionsbegriff eine nicht zu unterschätzende Rolle. Zwar wird der Evolutionismus alter Schule generell abgelehnt, da er zu seiner Zeit eine eurozentrische Weltsicht, zumindest was die Entwicklung außereuropäischer Kulturen und Religionen betraf, zementieren zu wollen schien; der Evolutionsbegriff selbst hat aber in die aktuelle Forschung allenthalben Einzug gehalten. Vor allen Dingen eine sich am Sprachgebrauch der Biologie orientierende Terminologie durchzieht religionswissenschaftliche Veröffentlichungen wie ein roter Faden. Die Entwicklung der Religionen und der Religiosität des Individuums wird unter evolutionistischen Gesichtspunkten gesehen; Ausdrücke wie Veränderung, Konkurrenz, Vererbung, Höherentwicklung, Selektion spielen eine große Rolle. Allerdings liegt diesen naturwissenschaftlich orientierten Ansätzen keineswegs ein einheitliches Evolutionsverständnis zugrunde. Die Unterschiede betreffen schon so grundsätzliche Probleme wie die Frage nach der evolvierenden, d.h. sich verändernden oder anpassenden Einheit: ist Religion ein Faktor, der bei der Evolution der Spezies Mensch einen Evolutionsvorteil darstellt, oder evolviert die Religion selbst? Wo setzt die Selektion an, am Menschen, an der Religion, am Bewußtsein des Einzelnen? Welche Rolle spielt die Umwelt in Fragen der religiösen Evolution, und was ist im Falle von Religionen eigentlich konkret unter Umwelt zu verstehen? Diese Fragen wurden bislang nicht beantwortet, ja nicht einmal als relevant erkannt. Ausschließliches Ziel meiner Arbeit war es daher, diese offensichtliche Lücke in der religionswissenschaftlichen Forschung zu schließen und die folgenschwere Unterbrechung des wissenschaftlichen Diskurses zwischen Religionswissenschaft und Biologie zu überwinden. Um den aktuellen Wissensstand der evolutionsbiologischen Forschung für die Religionswissenschaft fruchtbar zu machen, wurde unter dem Stichwort „Desiderat - 6 - Evolutionsmodell“ ein aus der Biologie entlehnter Theorieansatz gewählt; daraus resultierte zwangsläufig eine stark selektive Wahrnehmung sozialwissenschaftlicher Ansätze. Ganz bewußt wurde auf die Diskussion sowohl der anerkannten klassischen Modellentwürfe als auch deren neuerer Rezeption in den Sozialwissenschaften dann verzichtet, wenn sie nicht für das Ziel meiner Arbeit, nämlich der Formulierung eines sich an der Evolutionsbiologie orientierenden Modells der Religionsentwicklung fruchtbar gemacht werden konnten. In diesem Zusammenhang wurden ausschließlich solche Autoren erwähnt, deren Entwürfe mit dem Anspruch verknüpft sind, evolutionistisch im biologischen Sinne zu sein. Meine Kritik richtet sich folglich, und das möchte ich hier ausdrücklich betonen, stets nur gegen diesen Anspruch, nicht gegen andere Forschungsintentionen dieser Autoren, deren wissenschaftliche Verdienste außer Zweifel stehen. Das Ziel meiner Arbeit, mit Hilfe eines sich am Kenntnisstand der Biologie orientierenden Modellentwurfs eine Lücke in der religionswissenschaftlichen Forschung zu schließen, wurde m. E. erreicht. Biologische Erkenntnisse wurden soweit fruchtbar gemacht, daß nun ein Modell vorgestellt werden kann, mit dem zukünftig ein Arbeiten in der Religionswissenschaft möglich ist. Der Leser wird möglicherweise die konkrete Umsetzung meines theoretischen Entwurfes erwarten, also einen Stammbaum der Religionen. In diesem Punkt muß ich enttäuschen. Ein solcher Stammbaum ist nicht mehr Teil der Modellbildung, sondern wäre das Ergebnis einer bislang noch nicht existenten religionswissenschaftlichen Systematik. Daher dienen die von mir gewählten Beispiele aus dem Bereich der Religionsgeschichte lediglich der Illustration des theoretischen Entwurfs und sind nicht als dessen Realisierung gedacht; eine Leistung, die von einem einzelnen Bearbeiter auch nicht erbracht werden könnte. Ich hoffe, mit diesem knappen Vorwort möglichen Mißverständnissen bei der zugegebenermaßen nicht immer einfachen Lektüre vorgebeugt zu haben. Hannover, im Oktober 2004 Ina Wunn - 7 - Einleitung Kaum eine wissenschaftliche Theorie hat das Denken des 19. und 20. Jahrhunderts so entscheidend beeinflußt wie Charles Darwins Evolutionstheorie. In seinem 1859 veröffentlichten Werk On the Origin of Species by Means of Natural Selection führte er den Nachweis, daß die Entstehung der Arten das Resultat eines Entwicklungsvorgangs ist, der sich über riesige Zeiträume erstreckte.1 Die Wirkung dieser Arbeit war ungeheuer und schlug sich bald auch in anderen wissenschaftlichen Disziplinen nieder. Folgerichtig konzentrierte sich das Interesse im geistigen Klima des 19. Jahrhunderts auf das Herausarbeiten evolutionärer Prozesse auch in den Geistes- und Sozialwissenschaften. So glaubten die großen Vertreter der sich neu formierenden britischen Sozialanthropologie, eine Religionsentwicklung feststellen zu können, die von rohen und primitiven Anfängen über Polytheismus zu Monotheismus führen sollte.2 Auch wenn die evolutionistischen Entwicklungsmodelle in der Religionswissenschaft und Anthropologie bald von der neuen Strömung des Funktionalismus abgelöst wurden, prägt die Vorstellung von einer einlinigen und aufsteigenden Religionsentwicklung ausgehend von vorgeschichtlichen Zeiten bis heute das Denken von Religionswissenschaftlern, Archäologen und Anthropologen.3 Die heutigen, in den sechziger- und siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts entwickelten Modelle des sogenannten „neueren Evolutionismus“ sind zwar angeblich weniger ethnozentrisch als ihre Vorläufer, beschreiben aber weiterhin wie diese die Religionsentwicklung als aufsteigenden Prozeß von einer primitiven zur höher entwickelten Religion. Mit dem Hinweis auf den angeblich gleichen Verlauf der Evolution der Organismen beziehen sich die Verfasser ausdrücklich auf die biologische Evolutionstheorie und sichern ihre Entwürfe damit argumentativ ab.4 Die Folgen einer solchen Klassifizierung, die den Großteil der noch heute praktizierten Religionen als primitiv einstuft, die großen Weltreligionen als historisch oder frühmodern und 1 Darwin, Charles, The Origin of Species by Means of Natural Selection, London (1859) 1995. Zwar erregte Darwins Abbeit ungeheures Aufsehen, es dauerte aber noch mehrere Jahrzehnte, bis die eigentlichen Aussagen der Evolutionstheorie verstanden worden waren und sich die darwinistische Evolutionsauffassung durchgesetzt hatte. Vgl. Bowler, Peter J., Life’s Splendid Drama. Evolutionary Biology and the Reconstruction of Life’s Ancestry 1860 - 1940, Chicago 1996. 2 Frazer, James George, Der goldene Zweig. Das Geheimnis von Glauben und Sitten der Völker, (1922), Hamburg 1994. 3 Vgl. Wunn, Ina, Evolution von Religion - Evolutionistische Modelle und ihre Bedeutung in der Religionswissenschaft, in: Zeitschrift für Missionswissenschaft und Religionswissenschaft 84/2000, S. 122 - 139. 4 Vgl. Bellah, Robert N., Religiöse Evolution, in: Seyfarth, Constans und Walter M. Sprondel (Hg.), Religion und gesellschaftliche Entwicklung, Frankfurt 1973, S. 267 - 302 sowie Döbert; Rainer, Systemtheorie und die Entwicklung religiöser Deutungssysteme, Frankfurt 1973, S. 66 ff. und Stolz, Fritz, Grundzüge der Religionswissenschaft, Göttingen 1988, S. 70. - 8 -

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Altertums ist neben den Schriften des Dioskurides (um 70 n. Chr.) und Plinius .. Vgl. Meyer, Klaus, Die Geheimnisse des Antoni van Leeuwenhoek: Ein Beitrag zur Frühgeschichte der. Mikroskopie holländischen Gelehrten Antony van Leeuwenhoek (1632 - 1723) ein weiteres Experiment durch: Ein.
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