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Die Echte und die Falsche Meerzwiebel: Charybdis Speta und Stellarioides Medicus (Hyacinthaceae), mit Neubeschreibungen und Neukombinationen im Anhang PDF

38 Pages·2001·2.9 MB·German
by  SpetaFranz
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Preview Die Echte und die Falsche Meerzwiebel: Charybdis Speta und Stellarioides Medicus (Hyacinthaceae), mit Neubeschreibungen und Neukombinationen im Anhang

© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Die Echte und die Falsche Meerzwiebel: Charybdis SPETA und Stellarioides [Hyacinthaceae), MEDICUS mit Neubeschreibungen und Neukombinationen im Anhang FRANZ SPETA Abstract The "true" and the "false" sea onion: loose, shining brown or black, only a few Charybdis SPETA and Stellarioides MEDl- species have angular seeds with closely fit- CUS (Hyacinthaceae), with new descripti- ting testa. All Omithogaloideae with only ons and new combinations. a few exceptions have protein crystals in The discrimination between the true their nuclei. Several species contain carde- and the false sea onion may be regarded as a nolides, whereas bufadienolides are never showpiece, how accurate character determi- found. Except for Pseudogaltonia, only nation finally leads to the recognition of the bracts but no prophylls are present. The two genera Charybdis SPETA and Stellarioi- seeds are variable, ranging from flattened, des MEDICUS. Based on their morphological angular, to ± sphaerical ones. and chemotaxonomical characters they are Key words: Hyacinthaceae, Urgi- classified as members of their respective neoideae, Omithogaloideae, Charybdis subfamilies, Urgineoideae in the first and SPETA, Stellarioides MEDICUS, Coilonox Omithogaloideae in the second case. RAF., Loncomelos RAF., Cathissa SALISB., So far, protein crystals in the nuclei Melomphis RAF., Sekanama SPETA gen. have not been found in Urgineoideae. nov., Urginavia SPETA, Ledurgia SPETA They are characterized by the presence of gen. nov., Boosia SPETA gen. nov., bufadienolides. Bracts and the smaller pro- Qeschollia SPETA gen. nov., Duthiea SPE- phylls are spurred, a character, which is TA gen. nov. New combinations for speci- best visible at the most basal flowers. Most species have flattened seeds, the testa is fic names. Stapfia 75, zugleich Kataloge des OÖ. Landesmuseums, Neue Folge Nr. 164 (2001), 139-176 139 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Einleitung haft seit alters her Sciüa genannt worden waren. Im Sexualsystem LlNNES (1753: 308, Seit Menschengedenken wird die Meer- 1754: 138) kamen beide unter den "Hex- zwiebel als Heilmittel verwendet und wer- andria" in der VI. Classe bei den "Monogy- den ihr magische Kräfte zugeschrieben. Im nia" zu stehen (p. 145-146). Dem Bestre- "Papyrus Ebers" aus dem Mittleren Reich ben, die Zahl der Gattungen möglichst des Alten Ägypten wird sie unter dem gering zu halten, ist praktisch die Gattung Namen "Typhons Auge" bereits angeführt. Scilla (im Sinne der Alten), in letzter Kon- Die alten Griechen nannten sie Skilla. sequenz also die Subfamilie Urgineoideae PYTHAGORAS soll nach PLINIUS bereits ein zum Opfer gefallen. Es verwundert deshalb Buch über sie verfasst haben, das leider ver- nicht sonderlich, dass auch die großen lorengegangen ist. Bei den Römern genoss Zwiebeln aus Südafrika mit den Meerzwie- sie ebenfalls hohe Wertschätzung. Gewisse beln in Verbindung gebracht wurden. Von Probleme bekamen die Kräuterkundigen in vielen Fachleuten wurden sie zur Gattung Mitteleuropa, da sie in dieser Region aus Omithogalum gestellt, bei der konsequenter- klimatischen Gründen nicht natürlich vor- weise auch die Meerzwiebeln hätten unter- kommt. Weil sie ein wesentlicher Bestand- gebracht werden müssen. Im Volke hat ins- teil vieler Rezepte war, musste sie beschafft besondere das auch im Blumentopf am Fen- werden. Es war wohl auch damals kein sterbrett problemlos gedeihende und regel- besonders großes Problem, sie aus dem Mit- mäßig zur Blüte kommende O. longebractea- telmeerraum zu besorgen, aber im Kräuter- turn Fuß gefasst und zwar unter dem Namen garten konnte sie nicht gehalten werden. Meerzwiebel. Sie hat aber nicht nur diesen Mit der Entdeckung und Erschließung Namen erhalten, sondern wurde auch wie des südlichen Afrika kam eine Reihe Zwie- diese nach alten Rezepten als Heilmittel belpflanzen nach Europa. Manche davon verwendet. Weil das wohl schon an die 200 sahen der Meerzwiebel ± ähnlich, sodass es Jahre lang geschieht, ist dem nachzugehen. nahe lag, sie als Ersatz auszuprobieren. Zu 1st der Mythos, der im Namen "Meerzwie- berücksichtigen ist, dass das Wissen über die bel" steckt für die Wirksamkeit alleine aus- Zwiebelpflanzen im allgemeinen noch reichend? Was sagt die Botanik? Sind die äußerst bescheiden war. Bei den mediterra- Echte und die Falsche Meerzwiebel nahe nen Meerzwiebeln wurden nur rot- und verwandt, so dass mit ähnlichen Inhaltsstof- weißzwiebelige unterschieden, die im fen gerechnet werden kann? besten Fall als Varietäten von Sciüa maritima L. angesehen wurden. Ob nun diese Scilla maritima nicht doch eher zu Omithogalum Die Echte Meerzwiebel: von gehören sollte, war oft Gegenstand von Dis- Scilla zu Charybdis kussionen. Schließlich bereitete die sichere Trennung der Gattungen Scilla und Ornit/io- LINNE (1753: 308, 1754: 146) hat die galum ganz allgemein Probleme. Dass meist Beschreibung der Gattung Scilla so abge- nur die Blütenfarbe über die Zuordnung fasst, dass nur S. bifolia und S. amoena als einer Art entschied, blau zu Scilla, weiß oder Lektotypen in Frage gekommen sind. Erste- gelb zu Omithogalum, rief gelegentlich re ist schließlich von HlTCHCOCK &. GREEN Unbehagen hervor, zumal die Perigonfarbe (1929: 146) ausgewählt worden. Kritischen der Meerzwiebeln ja keinesfalls als blau ein- Botanikern ist natürlich die Tragweite die- gestuft werden konnte, sie aber unzweifel- ser LlNNE'schen Gattungsbeschreibung auf- 140 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at gefallen. Damit ist nämlich der seit alters Gründen immer, jedenfalls hat sich STEDJE her immer für die Meerzwiebel gebrauchte (1987, 2000) als Hüterin der weit gefassten Name Scitia plötzlich für eine völlig andere Gattung Drimia zu erkennen gegeben. Noch Verwandtschaft verwendet worden, die bis einen Schritt weiter sind GOLDBLATT &. dahin als "Hyacinthus stellaris" allgemein MANNING (2000: 97, 710) gegangen. Sie bekannt war. Die Meerzwiebel ist in ihrer haben mit beachtlicher Konsequenz die ureigensten Gattung zum Fremdkörper gesamte Meerzwiebelverwandtschaft auf geworden! RAFINESQUE (1837; I: 13) und zwei Gattungen reduziert: auf Boiviea und SALISBURY (1866: 29) haben sich vergeblich Drimia! Endlich schließt sich also der Kreis, dafür eingesetzt, dass der Name Scitia einzig die vorlinnesche Erkenntnis, dass es neben und allein für S. mariama reserviert bleiben Ornit/iogalum L, Scitia L. und Hyacinthus L sollte, vergeblich. STEINHEIL (1834a, b), noch eine weitere Gattung gibt, wurde dem die Gattung Scitia im Sinne LlNNES viel damit bestätigt. Jetzt beginnt allerdings erst zu heterogen erschienen ist, hat die nord- die harte Arbeit, da die Großgattung Drimia afrikanischen Arten auf kleinere Gattungen einer Gliederung bedarf. GOLDBLATT & nach ihrer natürlichen Verwandtschaft auf- MANNING (2000: 97) haben dieses Problem geteilt und bei dieser Gelegenheit die neue schon kommen gesehen, weil sie bereits Gattung Urginea beschrieben. Als Typus einige Gruppen nennen, die sich zufällig nahm er U. fugax (MORIS) STEINH. an, hielt mit den eben abgeschafften Gattungen de- aber zunächst auch U. undulata und U. cken. Nördlich der Sahara werden derartige mariama neben einigen südafrikanischen Spaltprodukte der LlNNE'schen Großgattun- Arten für enge Verwandte. Bald darauf gen als Gattungen angesehen und manche (1836: 279) erkannte er, dass die eigentli- sogar anerkannt (z.B. die Spaltprodukte von chen Meerzwiebeln des Mittelmeerraumes Hyacinthus L). Sollte der Trend dahin doch nicht zu Urginea gehören und gehen, Großgattungen anzuerkennen, müs- beschrieb für sie die Gattung Squitia. Leider sen wir eben mit subgenerischen "Gruppen" ist Squitia wie Skilla nur eine orthographi- zurechtkommen. Zufolge der DNA- sche Variante von Scitia, sodass dieser Name Sequenz-Daten (PFOSSER &. SPETA 1999 und für die von STEINHEIL wieder anerkannte unveröffentlicht) gäbe es bei den Hyacinth- Gattung jedenfalls nicht verwendet werden oideae folgerichtig nur die Gattungen Hya- kann. Die Anerkennung der Gattung Urgi- cinthus mit der basalen Schwestergattung nea unter Einschluss der Meerzwiebeln Pseudoprospero und bei den Omithogaloideae durch BAKER (1873) fand über 100 Jahre bliebe Ornit/iogalum und als Schwestergat- lang allgemeine Zustimmung. Als dann JES- tung Stellarioides oder etwas ähnliches (die SOP (1977) die südafrikanischen Scilleae DNA-Bäume umfassen nämlich noch lange revidierte, ging es Urginea an den Kragen: nicht alle Arten). JESSOP vertritt einen weiten Gattungs- und SPETA, der sich viele Jahre lang intensiv Artbegriff und wollte daher die Gattung mit der Neugliederung der Großgattung Drimia JACQ. einbeziehen, deren Name aus Scitia L. beschäftigte, sah, dass es um das Altersgründen Priorität vor Urginea hat. Wissen über die Meerzwiebelverwandt- STEARN (1978) hat die Erkenntnisse schaft äußerst schlecht bestellt war (SPETA JESSOPS ohne eigene Untersuchungen 1980). Eindeutige Art- und Gattungsgren- durchgeführt zu haben dazu genutzt, die zen waren nicht oder zumindest nicht mit mediterranen und indischen Urginea-Arten der nötigen Sicherheit auszunehmen. Es lag zu Drimia zu überstellen. Aus welchen aber auf der Hand, dass die Großgattung 141 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Scilia L einer Hyacinthus L. s. 1. analogen und 1797: t. 88 O. scilloides folgen ließ Behandlung bedurfte, d.h. dass sie in kleine- (Abb. 1-3). Die großen Zwiebelkollektio- re natürliche Gattungen aufgeteilt werden nen für den kaiserlichen Garten in Schön- musste. Eine annähernde Gleichwertigkeit brunn erfolgten durch die Gärtner F. BOOS der Gattungen war anzustreben. Die Neube- und G. SCHOLL in den Jahren 1786 - 1799 arbeitung der Hyacinthaceae war nicht wei- am Kap der Guten Hoffnung in Südafrika. ter aufschiebbar. Es musste also auch für die Zumindest O. longebracteatum ist aber Meerzwiebelverwandtschaft eine gangbare, früher nach Wien gekommen. Und auch wenn auch provisorische Lösung gefunden MEDICUS, der 1790: 369 die neue Gattung werden (SPETA 1998a, b). Ein zentrales Pro- Stellarioides beschrieben hat, könnte seine blem waren dabei die mediterranen Meer- Pflanzen aus einer früheren Aufsammlung zwiebeln: Urginea fugax und das Meerzwie- erhalten haben. bel-Aggregat waren nach Meinung SPETAs Als Volksheilmittel hat sich die nicht in einer gemeinsamen Gattung zu ver- "Falsche Meerzwiebel" oder "Heilzwiebel" einen, womit die von STEINHEIL bereits wohl erst in der ersten Hälfte des 19. Jahr- 1836 proklamierte Ansicht bestätigt wurde! hunderts so nach und nach eingebürgert. STEINHEIL (1834: 328) hat aber als Typus KRELL (1853: 84) schreibt, dass sich der Gattung Urginea U. fugax festgelegt und Omithogalum scilloides vom Kap der Guten der von ihm neugeschaffene Name Squilla Hoffnung innerhalb weniger Jahre allge- darf nur als orthographische Variante von mein verbreitet hatte. Als Topfpflanze wur- Scitta und Skiüa aufgefasst werden. Damit de sie praktisch in jedem Bauernhaus in war eine Auseinandersetzung mit allen Gat- Württemberg gepflegt. Sie war leichter zu tungen, die für afrikanische Arten geschaf- halten als die Echte Meerzwiebel und bilde- fen worden waren, unumgänglich, insbeson- te darüberhinaus hinreichend Brutzwiebeln, dere Drimia JACQ. ist ins Zentrum des Inter- die einfach weitergegeben werden konnten. esses gerückt, da dieser Name der älteste Um die langen Blätter vor dem Abknicken verfügbare in der Meerzwiebelverwandt- zu bewahren, rollten sie die Leute wie eine schaft ist. Anders als JESSOP (1977) und Binde auf, banden sie mit einem Faden STEDJE (1987: 656) wertete SPETA die zusammen oder steckten eine Stecknadel unleugbar vorhandenen Unterschiede als durch. Die Landleute gebrauchten ausreichend für eigenständige Gattungen. hauptsächlich die Blätter, die sie geschabt Drimia JACQ., urginea STEINH. und Charyb- auf frische Wunden und Geschwüre jegli- dis SPETA (für die mediterranen Meerzwie- cher Art legten. Bei Augenentzündungen, beln) sind als unabhängige Gattungen zu besonders rheumatischen und skrofulösen, betrachten. legten sie das geschabte oder von der Epi- dermis entblößte Blatt auf das obere Augen- Einfuhr und Verwendung der lid, das sich hiedurch entzündete und auf- "Falschen Meerzwiebel" schwoll. Innerlich bedienten sie sich des geschabten Blattes bei Husten, bei Asthma Im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts und Wassersucht. Dem Rindvieh wurde das- sind offensichtlich vom Kap der Guten selbe gegen Aufblähung gegeben. Hoffnung mehrmals die großen Zwiebeln der "Falschen Meerzwiebel" nach Europa Wenige Jahre später berichtet MOHL gekommen. JACQUIN hat bereits 1776: t. 29 (1859: 377), dass nach seinen Ermittlungen ein Omithogalum longebracteatum beschrie-etwa um 1820 Samenhändler in Gönningen ben, dem er 1786-1793: t. 423 O. caudatum am Fuß der Schwäbischen Alp die Pflanzen 142 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Abb. 1: Stellarioides longebracteata. Als Ornithogalum lon- gebracteatum, Tafel 29, bei JACQUIN, Hortus Vindobonensis III. (1776). \ 143 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Abb. 2: Stellarioides longe- bracteata. Als Ornithogalum caudatum, Tafel 423, bei JACQUIN, ICO- nes Pl. Rar. II. (1795). rnUnaga/um. 144 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Abb. 3: Stellarioides longebracteata. Als Omithogalum scilloides, Tafel 433, bei JACQUIN, Hortus Schoen- brunnensis I. (1797). 145 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at in Umlauf brachten und dass die "Falsche kamen sie in botanische Gärten, wo sie von Meerzwiebel" innerhalb kurzer Zeit in kei- den Wissenschaftlern unter die Lupe nem Dorf fehlte. Er brachte in Erfahrung, genommen wurden. Aber auch Gartenlieb- dass ein kalt bereiteter Weinaufguss der haber bemühten sich um sie. Arten, die als Blätter innerlich gebraucht wurde, der bei Heilpflanzen verwendet werden sollten, größerer Gabe und reizbarem Magen leicht mussten wohl in größerer Menge zur Verfü- Erbrechen, Grimmen und Abführen gung stehen. Sie nahmen eine andere Ver- bewirkt habe. In der "Flora Mitteleuropas" breitung als Zierpflanzen, kamen in andere (HECI 1909: 250, 2. Aufl. 1939: 314) wird Hände, wurden mit anderen Augen gese- in ganz ähnlicher Weise über O. caudatum hen. Hat dort die wissenschaftlich botani- An. berichtet. Wenig später schreibt MAD- sche Betrachtung ihre Heimstatt, so ist hier AUS (1938: 2482), dass in Schlesien O. die praktische Verwendung, die Nutzbarkeit umbellatum Meerzwiebel genannt werde, das oberste Ziel. Also wurden auch große 1942: 3 hat er bereits gewusst, dass es sich Zwiebeln z.B. aus Südafrika oder Indien als dabei um O. caudatum und nicht um O. Meerzwiebeln in Verwendung genommen. umbellatum handelte. Die Pflanzen waren KOBERT (1906: 1212) schreibt z.B.: "Die von noch immer häufig in Bauernstuben zu fin- Gärtnern unter dem Namen Meerzwiebel den. Sobald ein Familienmitglied an Husten dem Publikum als Volksheilmittel z.B. litt, wurden etwa 10 cm lange Blattstücke gegen Brandwunden verkauften Zwiebeln abgeschnitten und daraus eine Tasse Tee stammen seit Jahrzehnten nicht mehr von bereitet. Als SPETA vor 20 Jahren in Linz Scilla, sondern von Omithogalum caudatum, eine Heilmittelausstellung zeigte, wurden Omithogalum altissimum und Omithogalum ihm von etlichen Leuten Zwiebeln von O. scilloides, welche ungenügend untersucht longebracteatum als "Meerzwiebel" zur sind." Begutachtung gebracht, die Falsche Meer- Ungenutzt waren diese Zwiebelpflanzen zwiebel war und ist also in Oberösterreich in den Ursprungsländern schließlich eben- noch immer in Gebrauch! Obwohl die Art falls nicht. Die Ureinwohner hatten bereits nun schon beinahe 200 Jahre verwendet ihre Erfahrungen damit gemacht und waren wird, allerdings ausschließlich in der Volks- gerade was die Meerzwiebeln betrifft zu ver- medizin, hat sie bis heute keine pharmako- blüffend ähnlichen Indikationen gekom- gnostische Untersuchung erfahren. men wie die Europäer. Wenn diese Arten Im Grunde basierte die Bestimmung der nicht zu offiziellen Drogen wurden, d.h. sie "Meerzwiebel" auf recht einfachen Merk- keine Aufnahme in Pharmakopöen fanden, malen: große Zwiebeln, weiß oder rot. Wer blieben sie bedeutungslos. Selten eroberten tiefer eingedrungen ist weiß, dass sie im solche Ersatzdrogen einen festen Platz in der Herbst einen langen vielblütigen Blüten- Volksmedizin. Urginea indica wäre ein Bei- stand treibt, dem breite Laubblätter folgen. spiel für eine Art, die als "Indische Meer- Probleme entstehen, wenn dieses spärliche zwiebel" in die britische Pharmakopöe Auf- Wissen auch für südafrikanische Zwiebel- nahme fand, Omithogalum longebracteatum pflanzen eingesetzt wird. Natürlich kann ist hinwiederum ein Beispiel für eine Art, nach alter Manier eine Einteilung nach die sich nur im Volk als "Meerzwiebel" großen Zwiebeln getroffen werden, deren es einen Platz im Arzneischatz sichern konnte. ja genug gibt. Insbesondere aus dem Süden Die Gleichsetzung beider Arten, d.h. die Afrikas sind immer wieder welche nach Bestimmung der "Falschen Meerzwiebel" als Europa gebracht worden. In erster Linie Scilla maritima = Urginea maritima, wird 146 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at nicht nur von Laien, sondern auch von wären. STEDJE (1996: 28) schreibt dagegen, botanischen Gärten und Wissenschaftlern dass die Zwiebeln von O. tenuifoUum sehr vollzogen (z.B. haben KLiENEBERGER 1918, giftig sind. Wichtig wäre natürlich zu wis- BATTANDIER &. TRABUT 1921, CARPENTER sen, für welche Säugetierart die Arten der 1937, 1938, MARTIN 1946 und BELL & O. longebracteatum-Verwandtschaft nun in BRYAN 1991 Steüarioides longebracteatum als welchem Ausmaß giftig sein sollen und wel- Uxginea maritima abgehandelt!). Die Stel- che Inhaltsstoffe dafür verantwortlich sind. lung beider innerhalb der Hyacinthaceae Weiters wird auf Seite 708 von Fütterungs- wird von verschiedenen Autoren sehr versuchen mit O. caudatum AlT. an Schafen unterschiedlich gesehen. Sei es die Gat- und Kaninchen berichtet, die keine Giftig- tungszugehörigkeit oder die Zuordnung zu keit ergaben. Über O. longebracteatum JACQ. Triben und Unterfamilien, es herrschen steht, dass sie die Kamba und Kikuyu für beträchtliche Meinungsverschiedenheiten. extrem giftig halten. Alle Pflanzenteile sol- Beide in einer Gattung Omithogalum zusam- len für Tiere giftig sein, am giftigsten die menzufassen wie es TOURNEFORT (1694) Früchte. Fütterungsversuche in Kenya erga- gemacht hatte, hat sich auf längere Sicht ben aber negative Resultate, bei O. pretori- doch nicht durchsetzen können. Für die ense ebenso. "Falsche Meerzwiebel" hat MEDICUS bereits Weil sehr Verschiedenes unter Omitho- 1790 die Gattung Steüarioides geschaffen, galum zusammengepfercht ist, sind allgemei- von RAFINESQUE wurde sie unter Eliokarmos ne Aussagen über deren Giftigkeit nicht (1837; 2: 24) bzw. die Art O. vixens LlNDL. möglich. Da etliche Arten erheblich giftig unter Tomoxis (1837; 3: 54) geführt und sind (z.B. O. thyrsoides, O. omithogaloides SALISBURY (1866: 35, 40) hat sie als Gat- oder O. saundersiae), geraten alle (z.B. auch tung Urophyllon abgetrennt. Allen dreien O. vixens) unter Verdacht (VAHRMEIJER blieb Anerkennung versagt, die "Falsche 1981: 20). Die "Falschen Meerzwiebeln", Meerzwiebel" hatte ein Omithogalum zu Steüarioides MEDICUS, sind aber in einer weit sein! Die "Echte Meerzwiebel" musste aller- gefassten Gattung Omithogalum nur mit hand nomenklatorische Änderungen über subgen. Osmyne (als selbständige Gattung: sich ergehen lassen, die in unterschiedli- Coilonox RAF.) nahe verwandt, außerhalb chem Ausmaß im Schrifttum Eingang fan- von Omithogalum s. 1. aber mit Albuca L! den. Über Albuca können WATT & BREYER- In der Zusammenstellung des Wissens BRANDWIJK (1962: 670) nur berichten, dass über die Arznei- und Giftpflanzen des südli- sie ungiftig sei. Anders dagegen Dipcadi chen Afrika durch WATT & BREYER-BRAND- glaucum (p. 697). Im Großen und Ganzen WIJK (1962) sind auch Angaben über den kann man sich des Eindruckes nicht erweh- Verwandtschaftskreis der "Falschen Meer- ren, dass die Unsicherheit der Bestimmung zwiebel" enthalten. mit der Unsicherheit der Wirkung im Gleichklang steht! Nach WATT & BREYER-BRANDWIJK (1962: 708) ist O. tenuifoUum ungiftig. Die Erst kürzlich berichtete BAMHARE neueren Angaben über die Giftigkeit dieser (1998), dass in Namibia an die 3000 Schafe Art sind aber widersprüchlich: OBERMEYER und Ziegen durch den Genuss von frischen (1978: 361, 363) berichtet, dass Tests im Blättern von vermeintlich O. nanodes "Veterinary Research Institute" in Onder- zugrunde gegangen sind. Es wurden Herzgly- stepoort in Südafrika zeigten, dass weder O. koside als Ursache vermutet. ARCHER &. tenuifoUum, noch O. longebracteatum giftig ARCHER (1999: 431) haben diese offen- 147 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at sichtlich sehr gittigen Pflanzen als neue Art dagegen bisher nur bei Arten der Gattun- O. toxicarium beschrieben und sie in die gen Ornithogalum s. str. und Loncomelos, bei- Untergattung L'rophyllon gestellt, die von de ausschließlich nördlich der Sahara SALISBURY (1866: 35) im Gattungsrang für daheim, gefunden worden (FERTH & al. die Falsche Meerzwiebel geschatfen worden 2001). Nach den spärlichen Untersu- war. Die Art war 1869 schon herbarisiert chungsergebnissen bei Arten der Unterfa- worden, damals wurde der Verdacht ausge- milie Omithogaloideae südlich der Sahara sprochen, es könnte sich um eine Art aus dürften Cardenolide dort fehlen. Jedenfalls konnten auch bei O. longebracteatum keine 4a gefunden werden (KOPP in FERTH & al. 2001: 121-138)! Eine allenfalls vorhandene Giftigkeit müsste auf andere Inhaltsstoffe als Herzglykoside zurückzuführen sein. Xu &. al. (2000) haben erfreulicherweise die Aufklärung der Inhaltsstoffe von O. cauda- turn in Angriff genommen und dabei ein neues Steroidsaponin gefunden, das sie Caudasid A [(25S, 23S, 24S) Spirosta-A5- ene-1 ß, ^ßU'iM-tetral-1 -O-a-L-rhamnopy- ranosyl(K2)-[/J-D-xylopyranosyl(l-<3)|-a- L-arabinopyranoside] nannten, und zwei weitere, nämlich Hecogenin3-O-|/3-D-glu- copyranosyl-(1^2)-|ß-D-xylopyranosyl- (l-.3)]-0-D-glucopyranosyl-( l-4)-/J-D- galactopyranoside] und /3-Sitosterol konn- ten sie ebenfalls nachweisen. Über ihre Giftigkeit ist noch nichts bekannt geworden. In der Familie Urgi- neoideae konnte bisher nur bei Urginea san- guinea neben Bufadienoliden auch ein Steroidsapogenin (7/3, 15ß-Dihydroxyamo- t;enin) nachgewiesen werden (KRENN & al. 1993). Gegenüberstellung von Charybdis und Stellarioides der Verwandtschaft der Echten Meerzwie- bel handeln (ARCHER &. ARCHER 1999: Wie verhält es sich nun wirklich mit der 432). Verwandtschaft der Echten und der SPETA (1998a, b) hat nach allen verfüg- Falschen Meerzwiebel? Stehen sie in einem baren Daten angenommen, dass Bufadieno- Naheverhältnis, sollte dies auch in seinen lide nur in der Meerzwiebel-Verwandtschaft Inhalts- und Wirkstoffen zum Ausdruck der Unterfamilie Urgineoideae auftreten, kommen. Ist Omithogalum die richtige Gat- dort aber allgemein vorhanden sind. Die tung für die eine, Scilla, Drimia, Urginea oder ebenfalls herzwirksamen Cardenolide sind Charybdis die richtige für die andere? 148

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