JOrgen Tepper Die drei Saulen der Altersvorsorge Jurgen Tepper Die drei Saulen der Altersvorsorge Konzepte auf dem Prufstand FINA Aile Rechte vorbehalten © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2003 Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 2003 Lektorat: Karin Janssen Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschOtzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fOr Verviel faltigungen, Obersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden dOrften. ISBN-13: 978-3-322-88936-2 e-ISBN-13: 978-3-322-88935-5 DOl: 10.10 07/ 978-3-322-88935-5 Vorwort Die Altersversorgung ist ein individuelles und elementares Grundbedurfnis des Einzel nen. Diese Tatsache macht es so schwierig, das Ergebnis der immer wieder auf allen Ebenen unseres gesellschaftlichen Spektrums offentlich gefuhrten Debatten und Fest stellungen zu dies em Thema personlich substanziell fur die eigene Planung zu bewer ten. Hierzu mussen die Menschen aber angesichts der aktuellen sozialen, wirtschaftli chen und gesellschaftlichen Bedingungen in unserer Volkswirtschaft in der Lage sein. Eines muss in diesem Zusammenhang allen an diesem Diskurs Beteiligten bewusst sein: Der Einzelne hat jeweils nur eine begrenzte Lebensphase zur Verfugung, in der er die Weichen fur eine angemessene Altersversorgung stell en kann, urn spater dann im Alter die Fruchte dieser Entscheidung zu ernten. Werden aber gerade diese Zeitraume durch Diskussionen belegt, wahrenddessen eine adaquate personliche Planung aus Grunden der Ungewissheit nicht moglich ist, dann konnen die eventuell daraus resul tierenden negativen Folgen fur das Individuum spater nicht mehr korrigiert werden. Verlassliche Rahmenbedingungen des Staates im Hinblick auf die monetare Zukunfts sicherung fur personliche Entscheidungen mussen daher jederzeit und in jedem Fall ge geben und erkennbar sein. Standige gesellschaftliche Auseinandersetzungen uber die aktuelle Situation in den so zialen Strukturen der Altersversorgung sind dennoch naturlich unbedingt notwendig. Aber in der Fortentwicklung der Sache eher hemmende institutionelle Gruppeninter essen oder sogar parteipolitisch-ideologische Ansichten allein eignen sich in dies em Zusammenhang kaum, urn einen Gesamtkonsens fur die Bevolkerung aller unter schiedlichen Schichten in dieser bedeutsamen Frage zu erzielen. Zahlreiche AuRerungen von Reprasentanten unterschiedlicher Interessengruppen und Parteien zu diesem Thema werden immer wieder uber die Vielfalt der Medien verof fentlicht. Doch nur wenige dieser Beitrage tragen dazu bei, dass sich das Individuum eine personliche Meinung auf der jeweils dargestellten Grundlage bilden kann, die dazu fuhren konnte, notwendige und geeignete MaRnahmen zur Sicherstellung seiner eigenen Altersversorgung einzuleiten. Dieser Umstand ist auch fur eine funktionieren de Volkswirtschaft sehr problematisch. Auf drei Saulen, so sagt man, solI die Altersversorgung fur die Bevolkerung stehen. Jede Saule ist in ihrer Form und monetaren Wirkung spezifisch gepragt. Dieses Buch solI nun fachlich und sachlich fundiert, in uberschaubarer Weise darstel len, wie verlasslich die unterschiedlichen Einrichtungen sind und welche Schlusse fur die Zukunft gezogen werden konnen. 5 Die Assekuranz hat bisher, durch individuelle und private Entscheidungen in der Bevolke rung, die dritte Saule dieser Versorgungsmagnahmen dargestellt. Heute, so darf man schon an dieser Stelle festhalten, muss offenbar der Versicherer eine noch grogere Verant wortung auf diesem Gebiet ubernehmen. Die privaten Assekuranzen sind klassische Dienstleister fur die Volkswirtschaft und befassen sich professionell und traditionell mit der Obernahme von Risiken und Gefahren, von denen diese Gemeinschaft standig betrof fen ist. Die Volkswirtschaft ist in signifikanten Teilbereichen, so auch zukunftig in der Frage der monetaren Altersversorgung, nur durch das von der Versicherungswirtschaft er worbene Leistungsversprechen existenzfahig. So ist es also nur folgerichtig, dass in ei ner Zeit sich ausbreitender Unsicherheit diese Branche sich deutlicher zu Wort meldet und dadurch den Menschen ein Stuck verloren gegangener Sicherheit zukunftig wie der bietet. Es ware wunschenswert, dass die Versicherungswirtschaft sich zu dies em Thema aus schlieglich auf der Grundlage ihrer fachlichen Kompetenz zu Wort meldet. Allein "werbliche Wortschopfungen" wurden sich sicher nur in die Kategorie von unuber schaubaren Werbemagnahmen fur zahlreiche Finanzprodukte einreihen, die oftmals den Konsumenten mehr verunsichern als aufklaren. Nach "Adam Riese" liisst sich selbst bei allen Rechenkunsten ein Euro nur einmal ausgeben und derjenige, der funf zig Euro einnimmt und standig sechzig Euro ausgibt, wird im Alter keine ausreichen den Geldmittel zur Verfugung haben, urn dies en Lebensabschnitt auch finanziell zu ge stalten. Man kann nun noch daruber streiten, in welcher Form angemessene private Ruckla gen fur das Alter gebildet werden konnen. Der finanzielle Spielraum allerdings ist hier fur schon allein durch die gesetzlich verankerte Sozialversicherungspflicht deutlich eingeschrankt. "Versicherungsfremde Leistungen" in bedeutender Hohe sind in der Vergangenheit aus dem Rententopf nicht nur auf der Grundlage solidarischer Ver pflichtungen entnommen worden. Diese Entnahmen gehen naturlich rechnerisch zu Lasten der Planungssicherheit des Einzelnen. Er hat auf die Art und Hohe der Verwen dung seiner gezahlten Beitrage nur bedingt durch die Wahlen zum Deutschen Bundes tag (alle vier Jahre) und uber die Wahl der Selbstverwaltungsorgane der Bundesversi cherungsanstalt fur Arbeiter und Angestellte (alle sechs Jahre) Einfluss. Die erste Saule der Altersvorsorge, namlich die cler gesetzlichen Rentenversicherung scheint bisher eher der Verlierer dieser Systeme zu sein. Dies hat mit den bekannten veranderten Rahmenbedingungen - unter anderem dem wirtschaftlichen und sozial politischen demografischen Wandel der Gesellschaft - zu tun, sowie mit der staatli chen Reaktion darauf. Dieser allgemeine gesellschaftliche und wirtschaftliche Wandel steht naturlich daher auch im Mittelpunkt aller Diskussionen und Bewertungen, wenn es darum geht, die zukunftigen Fragen nach der sozialen Sicherheit der Menschen zeitgemaB zu be ant worten. 6 Vorwort Dieses Buch ist aus diesem Anlass entstanden und wendet sich auch an den AuBen dienst der Versicherungswirtschaft, der sich stets bei seinen Beratungsgesprachen auch mit dieser Frage auseinander setzen muss und solI. Eine verstandliche Zusammenfas sung von politischen Fakten, fachlicher Einschatzung und demografischer sowie de moskopischer Erhebungen solI ihn in die Lage versetzen, die Probleme in der Bevolke rung zu erkennen und Entscheidungshilfen zu liefern. Bei zahlreichen dieser Menschen werden Lucken bei ihren Renteneinkommen entste hen, die planungssicher nur mit privaten Vorsorgeprogrammen geschlossen werden konnen. Die Assekuranz hat nun die besondere Chance, diesen neuen Markt nahezu exklusiv zu bedienen. Eine professionelle Altersversorgung zu betreiben, heiBt in die sem Zusammenhang, schon heute die Rahmenstandards von morgen hierfur zu erken nen und zu bewerten. Diese Standards entstehen aus den Entwicklungen von Markt, Forschung, Politik und Wirtschaft. Der VersicherungsauBendienst kann mit dem Grundlagenwissen dieses Buches alle Entwicklungen in uberschaubarer Form bundeln und bei der Auswertung seiner Kun dendaten in seine Beratungsgesprache einflieBen lassen. Er wird grundsatzlich in der Lage sein, einen volkswirtschaftlich notwendigen und fur die Menschen bedeutsamen Beitrag zu den anstehenden sozialen Fragen zu leisten. Fragen, die sich angesichts der veranderten, jetzt eher schwieriger und komplexer gewordenen Rahmenbedingungen neu stellen. Eine breite Palette zertifizierter Versorgungsangebote stellt die Assekuranz fur diese neue Versorgungsschiene zur Verfugung. Diese Offerten konnen bedarfsgerecht einge setzt werden. Stuhr, im Sommer 2003 Jurgen R. E. Tepper Vorwort 7 Inhalt Vorbemerkung 11 1. Geschichte der Sozialversicherung 15 2. Sinn staatlicher Einflussnahme auf die Rentenversicherung 19 2.1 StaatIPoIitiker 20 2.2 BiirgerlIndividuum 22 2.3 Kirche - geschichtlicher Trager der SoziaIfiirsorge 26 2.4 Gewerkschaften - Interessenvertretung der Pflichtversicherten ___ 27 3. Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung - bis 1991 31 3.1 Arbeitsmarkt und Wirtschaft 31 3.2 Ausbau der allgemeinen sozialen Sicherungssysteme 32 3.3 Familie und ihre sozialen Netzwerke 32 3.4 Migration verb un den mit Integration 33 3.5 Wichtigste Reformen von 1957 bis 1991 34 4. Das Drei-Saulen-Konzept als Grundlage fUr das Ziel einer umfassenden Altersversorgung 39 4.1 Erste SauIe: GesetzIiche Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten 41 4.2 Zweite SauIe: Betriebliche Altersversorgung 45 4.3 Dritte SauIe: Private Altersvorsorge 50 5. Volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen fur den Fortbestand der Altersversorgung nach dem Drei-Saulen-Konzept 57 5.1 Erste SauIe: Politische Auswirkungen des demografischen Wandeis auf den Generationenvertrag 58 5.2 Zweite SauIe: Einfluss der okonomischen Entwickiung auf den Bestand der betrieblichen Altersversorgung 62 5.3 Dritte SauIe: Sozialer Wertewandel in der Familie und grolSere Eigenstandigkeit bei privater Alterssicherung 69 9 6. Rentenreform yom 1. Januar 1992 73 6.1 Rentenreform 1992 auf einen Blick 74 6.2 Reformen verandern das Leistungsrecht 76 6.3 Kriterien fur mogliche zukunftige Reformoptionen des Staates ___ 78 7. Grundsatze der Rentenberechnung 89 7.1 Rentenformel 90 7.2 Rente und Steuern 93 7.3 Verlauf und Ergebnis der gesetzlichen Rentenversicherung- ein authentisches Beispiel 94 8. Ideologisch-politischer und institutioneller Einfluss auf die Altersversorgung 99 8.1 Christlich Demokratische Union (CDU)I Christlich Soziale Union (CSU) 104 8.2 Freie Demokratische Partei (FDP) 106 8.3 Sozialdemokratische Partei Deutschland (SPD) 109 8.4 Bundnis '90IDie Grunen 112 8.5 Gewerkschaften 113 8.6 Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbande e. V. 114 8.7 Epilog 116 9. Bedeutung der privaten Versicherungswirtschaftfiir die Altersvorsorge ___ 119 Welche Forderungsmoglichkeiten hat der Staat? 121 10. Altersvermogensgesetz (AVmG) sowie Altersvermogenserganzungsgesetz (AVmEG) 133 11. Schlussbemerkungen 147 Anhang: Europaische und auBereuropaische Modelle der Alterssicherung 159 1. GrofSbritannien 160 2. Niederlande 161 3. Spanien 163 4. Frankreich 163 5. Schweiz 164 6. Danemark 166 7. Vereinigte Staaten von Amerika (USA) 166 8. Chile 169 9. Singapur 170 Stichwortverzeichnis 171 10 Inhalt Vorbemerkung Fur einen Teil der Explorationen in diesem Buch erweist sich nach den nun vorliegen den Gesetzen zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (RRG 2001) und zur Forderung eines kapitalgedeckten Altervorsorgevermogens (Altersvermogensgesetz AVmG) sowie das Gesetz zur Erganzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Forderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermo gens (Altersvermogenserganzungsgesetz - AVmEG) (Kapitell0) eine Vorbemerkung als notwendig. Dieses Buch entstand vor dem Hintergrund des Rentenreformgesetzes yom 1. Januar 1992 (RRG 1992) und seine Modifikation und Erweiterung im Rahmen des Pro gramms fur mehr Wachs tum und Beschaftigung (WFG), sowie der Erganzung durch die Reform yom 3. November 1997 (RRG 1998). Diese erganzende Reform wurde durch die 1998 gewahlte und 2002 bestatigte Bundesregierung fur die Jahre 1999 und 2000 teilweise ausgesetzt, urn, wie es hids, Zeit zu gewinnen, urn zu besseren Losun gen zu kommen. Die am 26. Januar 2001 im Bundestag beschlossenen und die zustimmungspflichtigen Teilbereiche durch den Bundesrat am 11. Mai 2001 bestatigten Gesetze zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Forderung eines kapitalgedeckten Al tersvorsorgevermogens (Altersvermogensgesetz - AV m G) sowie das Gesetz zur Ergan zung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherungund zur Forderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermogens (Altersvermogenserganzungsgesetz - AVmEG) liegen nun vor. Ein zuvor angestrebter Konsens mit den Oppositionspartei en im Deutschen Bundestag und den gesellschaftlichen Institutionen konnte auch dies mal nicht erzielt werden. Wie befurchtet sind die Reaktionen darauf, wie bei allen Rentenreformen zuvor, sehr unterschiedlich und die Bewertungen der Ergebnisse fallen sehr differenziert aus. Von vollkommener Ablehnung hin bis zu teilweise gravierenden Anderungsvorstellungen reicht die Spa nne der Kritik. Die negative Beurteilung der Beschlusse kommt uberwie gend von den Oppositionsparteien im Bundestag, teilweise von den gesellschaftlichen Institutionen (zum Beispiel Gewerkschaften und Sozialverbande), aber auch von wis senschaftlicher Seite und aus den Reihen der Regierungsparteien selbst. Nicht nur aus dies em Grund - wie wir sehen werden - sind die Ergebnisse der Recher che in dies em Buch, gerade nach den jetzt vorliegenden politischen Entscheidungen, besonders aktuell und in der Darstellung zukunftsorientiert. Die zum Teil faktischen Untersuchungen in diesem Werk durchleuchten zeitnah, aber auch mit dem notwendi- 11