Die Digitalisierung der Welt Peter Samulat Die Digitalisierung der Welt Wie das Industrielle Internet der Dinge aus Produkten Services macht Peter Samulat Hamburg Deutschland ISBN 978-3-658-15510-0 ISBN 978-3-658-15511-7 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-15511-7 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Ver- arbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer Gabler ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Strasse 46, 65189 Wiesbaden, Germany Geleitwort Peter Samulat hat mit diesem engagierten Buch eine Fundgrube an Systematiken, Ideen und Anregungen für unser aller Umgehen mit dem Thema Industrie 4.0 geliefert. Frühere Bücher zum Thema waren auf die Chancen in der industriellen Produktion und der angren- zenden Herausforderungen in der Logistik konzentriert. Dr. Samulat erweitert den Blick und fordert die Leser auf, sich mit der amerikanischen Diskussion und Praxis zum glei- chen aber weiter gefassten Thema Industrial Internet auseinanderzusetzen. Wo Europa, insbesondere Deutschland, hervorragendes Ingenieurwesen in eine digitale Welt umsetzen will, geht es in den USA hauptsächlich darum, digitale Innovationen gewinn- bringend in die reale Geschäftswelt umzusetzen, Start-ups für das Internet der Dinge zu ermöglichen und eine Wiederbelebung der eigenen Industrien in Gang zu setzen. England, Frankreich und Spanien konzentrieren sich auf inhärente Stärken der eigenen Industrien und bauen diese reindustrialisierend um und aus. Der chinesische Ansatz Make in China 2025 ist noch pragmatischer, möglichst schnell sollen bereits fassbare, reifere Technologien genutzt werden für den eigenen Riesenmarkt von derzeit 100 (bald 300) Millionen begüter- ten Verbrauchern; dazu kommt die zügige Entwicklung und der Ausbau von identifizierten Schlüsseltechnologien im Rahmen von stringenten, nachhaltigen und eng terminierten Vor- gaben der Regierung. In Indien war man schon immer sehr pragmatisch und verband dies mit Reverse-Engineering; daneben existiert ein außergewöhnlich progressiver Sektor, der sich aus den Arbeitsaufträgen der multinationalen Konzerne an ihre Informatik-Denkfabri- ken und an ihre Biolabore speist. In Japan und Südkorea stellt man sich die Frage, wie sich die innovatorischen Ideen von Industrie 4.0 möglichst schnell durch Anwendung skalieren lassen; große Hersteller bauen dort und in ihren assoziierten Produktionsländern in Asien Smart Factories und versuchen, schnell von den im Markt platzierten Produkten zu lernen. Bemerkenswert an Peter Samulats Buch ist nicht nur die systematische, gleichzeitig tagesaktuelle Auseinandersetzung, sondern auch die zahlreichen, gut recherchierten und nachdenkenswerten Beispiele und Anstöße zur Selbstreflektion. Er stellt bei diesen Denk- anstößen den Menschen in den Mittelpunkt und fordert immer wieder, über die Folgen für Organisationen und Menschen nachzudenken und diese zu gestalten. Nicht nur in Deutschland, auch in anderen Ländern sind die Menschen verunsichert oder gar unkundig, was Industrie 4.0 angeht. Aus meinen Gesprächen mit Ingenieuren in vielen Ländern, auch im fortschrittsgläubigen China, weiß ich um die tiefe persönliche Verunsicherung V VI Geleitwort vieler Kollegen wegen Industrie 4.0. Diese Verunsicherung speist sich aus mehreren Quellen, darunter zunächst dem mit Industrie 4.0 immer wieder assoziierten umfangreichen Einsatz von Robotern und Sensorik, die menschliche Arbeit ersetzen sollen und zunehmend können. Die Zweifel an der eigenen Qualifikation für die zukünftigen Herausforderungen sind eine zweite Quelle. Eine dritte Quelle muss genauer erklärt werden und wird dann um so stärker: die transformierenden Optimierungen von Industrie 4.0 haben sich in einem ersten Schritt auf die Optimierung von Produktion und Logistik beschränkt; in einem zweiten Schritt kommen alle innerbetrieblichen Prozesse, Produkte und Vorgehensweisen auf den digitalen Prüfstand, in einem dritten Schritt wird dieser Prüfstand auf alle Liefer-, Leistungs- und Partnernetzwerke ausgedehnt, und in einem vierten Schritt auf die gesamte globale Präsenz in allen Ländern. Der erste Schritt ist oft noch innerhalb des Kompetenz- und Einflussbereichs der Mitarbeiter, die absehbar folgenden oder gleichzeitig iterierenden Schritte zwei, drei und vier lösen berech- tigte persönliche Verunsicherungen und Ängste aus. Natürlich auch Ängste auf der Ebene von Firmen und Organisationen, die wissen, dass die industrielle Entwicklung exponentiell ist und sich die nächsten Jahre wie früher Jahrzehnte anfühlen werden. Kurzfristig werden wir alle damit beschäftigt sein, die digitale Welt mit den jetzt bekannten Produkten, Dienstleistungen und Vorgehensweisen zu integrieren; schon mittelfristig wird die Transformation viel Bekann- tes ersetzen und unsere Lebens- und Arbeitswelten weiter dramatisch verändern. Der beinahe schon rituelle, beschwichtigende Hinweis auf eine Arbeitswelt 4.0 hilft in Deutschland nur palliativ und greift in weniger sozial abgefederten Gesellschaften gar nicht. Peter Samulat hat mit seinem Buch zum weiteren Nachdenken und Handeln zu diesen Themen aufgefordert und zielführende Vorgehensweisen geliefert. Richtig Spaß gemacht hat es mir, seine zahlreichen Beispiele und Annäherungen an Entwicklungslinien zu lesen, die den zweiten Teil des Buches ausmachen. Wearables, Mensch-Maschine-Interaktionen, Virtuelle Realität, Smart, seine Ausblicke auf Hologra- fie, neue Materialien und Fintech sind eine ausgezeichnete Problematisierung für das dar- auffolgende Kapitel zu digitalen Geschäftsmodellen und praktische Anleitungen zu deren Design. Die vorgeschlagenen Vorgehensweisen können sicherlich dazu führen, dass sich Organisationen und Menschen exponentiell auf die die neuen Realitäten der Digitalisie- rung einstellen und die Herausforderungen kompetent annehmen. Völlig zu Recht weist Dr Samulat darauf hin, dass ein unabdingbarer Schritt in die rich- tige Richtung die Optimierung der eigenen Technik und assoziierten Dienstleistungen in den Firmen ist. Auch dafür liefert er konkrete Beispiele und Vorgehensweisen. Durchgehend erfrischend in diesem Buch ist der Praxisbezug und die Aufforderung zum Handeln, um, wie Peter Samulat es formiert, „sich der kalifornischen Herausforde- rung zu stellen“. Nach der Lektüre hatte ich das Gefühl, jetzt dringend den Dialog mit dem Autor suchen zu wollen. Ein gutes Gefühl. September 2016 Vizepräsident (Prorektor) und Direktor Prof. Peter Sachsenmeier des I nternationalen Innovationszentrums, Hankou University, Wuhan, China Vorwort Für viele Unternehmen sind Themen wie „Digitale Transformation“, „Industrie 4.0“ und „Internet of Things“ noch immer viel zu wenig greifbar. Sie stehen vor einem Berg an Optionen und müssen sich erst darüber klar werden, welche davon zu ihren Produkten/ Dienstleistungen und zu ihrer Unternehmenskultur passen. Deutschland hinkt der Digitalisierung hinterher, warnte im Februar 2016 „Die Welt“ mit Bezug auf das aktuelle Gutachten der Expertenkommission Forschung und Innova- tion (EFI). Gerügt wurde vor allem der deutsche Mittelstand, der der Erhebung zufolge den Zukunftsmarkt Digitalisierung schlichtweg verschlafe. Mittelständler zeigten sich im internationalen Vergleich innovationsschlaff und investitionsträge. Es ist wirklich ernüchternd zu lesen, was eine aktuelle Umfrage von Festo1 und dem Gallup-Institut ergab: Demnach wüssten über die Hälfte der 200 befragten Industriebe- triebe immer noch nichts mit dem Begriff Industrie 4.0 anzufangen. Ich sage: na und? Brechen wir das Buzzword „Industrie 4.0“ auf das herunter, was es ist, nämlich eine Emp- fehlung der deutschen Bundesregierung zur Standortsicherung. Industrie 4.0 hört sich pompös an, klingt pompös und ist doch so simpel zu verstehen. Es geht aber um mehr als nur darum, die eigene Effizienz in der Produktion zu steigern. So wäre Industrie 4.0 tatsächlich nicht mehr als die Weiterführung von CIM und Lean Production mit den heute verfügbaren technischen Möglichkeiten, egal, ob dies durch kluge Automatisie- rung, effiziente Arbeitsprozessgestaltung oder clevere Managementlösungen gelingt. Mit dem Reden über Industrie 4.0 (I4.0) ist die industrielle Produktion nach langer Phase weitgehender Nichtbeachtung wieder ins Licht der Aufmerksamkeit gerückt. Was noch vor Kurzem als Old Economy galt, wird als Nukleus IT-basierten Fortschritts in disruptiver Qualität gefeiert. Auf politischer Ebene gilt Industrie 4.0 als zentrales strategi- sches Ziel von Wirtschafts- und Industriepolitik. Industrie 4.0 soll, so zumindest auf dem Papier, deutlich mehr sein als nur die Fort- schreibung der sowieso schon gelebten Automatisierung der Produktion. Wie sieht die Wirklichkeit aus? Blicken wir dazu einmal auf eine vergleichbare Aktivität in den USA. 1 Ein etablierter Anbieter von Automatisierungslösungen mit elektrischer und pneumatischer Tech- nologie in der Fabrik- und Prozessautomation. VII VIII Vorwort In den USA gibt es das „Industrial Internet Consortium“ (IIC), den Zusammenschluss großer Unternehmen, die gemeinsam an der Umsetzung von dem arbeiten, was wir hierzu- lande als Industrie 4.0 bezeichnen. Das IIC wurde von AT&T, Cisco, General Electric, IBM und Intel gegründet – und diese Unternehmen schreiten in der Entwicklung massiv voran. Erst kürzlich wurde eine Kooperation zwischen dem IIC und I4.0 vereinbart: Es soll gemeinsam gearbeitet werden! Wirklich? Sehen wir uns anhand einer Grafik der im Thema I4.0 sehr engagierten Bosch GmbH an, welche unterschiedlichen Ziele verfolgt werden. Energie IIC Gesundheitswesen Detailliertes Model Für Fertigung I4.0 die Fertigungs- und Wertschöpfungskette Öffentlicher Sektor Bereichsübergreifend Transport Interoperabilität im lloT Kooperation zwischen I4.0 und IIC trotz unterschiedlicher Zielsetzungen? (Eigene Grafik, nach: Bosch GmbH) Der Industrie-4.0-Ansatz mit seiner starken Verankerung in der industriellen Fertigung soll sich, so heißt es in der Presseerklärung zur Kooperation, sehr gut mit dem Ansatz des IIC verbinden, das seinen Fokus stärker auf IIoT2-Anwendungen für den Bereich von Gesundheitswirtschaft, Transport, Energie und Smart Cities legt. Da schließt sich meine Frage an: Warum kümmert sich I4.0 nur um Fertigung und über- lässt den Rest dem IIC? ▶ Die Grafik macht es deutlich: Industrie 4.0 ist nur eine Teilmenge des IIoT! 2Das Industrial Internet of Things (IIoT) repräsentiert das industrielle Konzept eines Internet of Things (IoT). Während IoT eher verbraucherorientiert ist, stellt das IIoT-Konzept einen Ansatz dar, der neben vielen anderen Techniken der Verbesserung der betrieblichen Effektivität dient. Vorwort IX In einer Fabrik in Bad Homburg wurden zum ersten Mal die Vorgaben vom amerikani- schen Industrial Internet Consortium und der deutschen Plattform Industrie 4.0 kombi- niert. Bosch arbeitet bei beiden Initiativen mit und will damit „endlich die nötigen Stan- dards schaffen“. Ob das gelingt und ob dies der richtige Weg sein wird, ist aus meiner Sicht mehr als fraglich. Die deutschen Unternehmen basteln lieber an komplexen Schnittstellen, entwickeln elektronische Komponenten und optimieren vor allem die Effizienz der vorhandenen Produktion – während die Amerikaner in weltweiten Plattformen, Einsatzszenarien und Geschäftsmodellen denken! Standards gelten in Deutschland als Grundvoraussetzung für die Industrie 4.0. Dar- unter versteht man aber in Deutschland nur die Digitalisierung der industriellen Fertigung: Indem Produktionsteile mit Sensoren und Chips ausgestattet werden, können sie Infor- mationen an Maschinen oder Zulieferer schicken. Auf diese Weise soll die Produktivität gesteigert werden. ▶ Dieses Buch empfiehlt insbesondere dem Mittelstand in Deutschland den Per- spektivenwechsel in den Themen der Digitalisierung: Denken Sie in Produkten und Dienstleistungen – und erst danach in Prozessen und Technik! Nur so werden wir uns der „Kalifornischen Herausforderung“ erfolgreich stellen und digi- tale Produkte auf den Markt bringen, die die Welt in Staunen versetzen. Hamburg im Herbst 2016 Dr. Peter Samulat Über den Autor Dr.-Ing. Peter Samulat absolvierte 1982 das Studium der Elek- trotechnik an der Universität der Bundeswehr Hamburg. Nach langjähriger freiberuflicher Tätigkeit als IT-Berater, Dozent und IT-Projektleiter folgten von 2002 bis 2015 eine Reihe von Aufga- benstellungen als IT-Manager in dem in der digitalen Transforma- tion sehr erfolgreichen Medienkonzern Axel Springer SE und der OTTO GmbH und Ko KG. Impulsgeber in Innovationszirkeln und Expertengremien. Promotion im Jahre 2014 bei Prof. Zarnekow, TU Berlin. Aktu- elle Arbeiten und Publikationen mit dem Fokus auf den IT-Wertbei- trag (Business Value of IT), die Digitalisierung von Unternehmen und die Transformation von (IT-) Organisationen. Initiator des itSMF-Fachforums „Wertbeitrag der IT“ und Gründer des Instituts für Digitale Transformation (idt). Aktuell ist Dr. Samulat tätig als Executive Consultant IT Stra- tegy & Transformation bei der elleta München GmbH. XI