DIE DAMPFMASCHINE VON M. F. GUTERMUTH DR.~ING.E.h. GEH. BAURAT, PROFESSOR AN DEI{ TECHNISCHEN HOCHSCHULE IN DARMSTADT BEARBEITET IN GEMEINSCHAFT MIT DR.-ING. A. WATZINGER PROFESSOR AN DER NORWEGISCHEN TECH!•;ISCHEN HOCHSCHULE IN DRONTBEIM IN DREI BANDEN SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG GMBH 1928 DIE DAMPFMASCHINE ERSTER BAND ALLGEMEINER TEIL THEORIE, BERECHNUNG UND KONSTRUKTION MIT I230 TEXTFIGUREN SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG GMBH 1928 ISBN 978-3-662-32447-9 ISBN 978-3-662-33274-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-33274-0 ALLE RECHTE, INSBESONDERE DAS DER ÜBERSETZUNG IN FREMDE SPRACHEN, VORBEHALTEN COPYRIGHT 1928 BY SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG URSPRÜNGLICH ERSCHIENEN BEI JULIUS SPRINGER IN BERLIN 1928 SOFTCOVER REPRINT OF THE HARDCOVER 1ST EDITION 1928 Vorwort. Die Dampfmaschine steht heute am Ende ihrer Entwicklung, die ihrerseits in ihren Anfängen in die Kindheit wissenschaftlicher Technik zurückreicht. Sie ist daher wie keine andere Kraftmaschine geeignet dem Ingenieur durch ihr Werden die Bahn zu weisen, die er als Gestalter neuer technischer Ideen und als Beurteiler bestehender Schöpfungen und Einrichtungen technischer Art zu beschreiten hat. Bei der geschichtlichen Betrachtung der Dampfmaschine muß es auffallen, daß es, trotzsturmartiger Entwicklung der Technik und ihrer grundlegenden Wissen schaften, so lange dauerte bis der heute allgemein gewordene Aufbau der Dampf maschine bei einfachster Steuerung und Regelung erreicht war. Der Grund hierfür ist wesentlich darin zu suchen, daß die Dampfmaschinenindustrie lange Zeit ihr Streben weniger zielbewußt auf die wärm technisch und konstruktiv ideale Lösung des Dampfmaschinenproblems an sich einstellte, als vielmehr ihre Ausfüh rungen nach kaufmännischen Gesichtspunkten oder nach Konkurrenzrücksichten und daraus sich ergebenden Patentforderungen einrichtete. Maßnahmen, die zu einer Vervollkommnung der Dampfmaschine führten, waren dabei dem Zufall überlassen oder der Intuition genialer Köpfe, die, ihrer Zeit vorauseilend, zu fortschrittlichen Lösungen durch gefühlsmäßiges Empfinden für das Richtige gelangten. Als Beleg hiefür braucht nur darauf hingewiesen werden, daß nach einer langen Periode empirischer Wandlungen in der Ausbildung der Dampfmaschine, ihr theo retisch einwandfreier Aufbau, sowie die Einführung der Präzisionssteuerung auf das Genie eines Corliß zurückzuführen ist und der Heißdampfbetrieb, nachdem Hirns praktisch verfrühte Anregung bis Ende vorigen Jahrhunderts in Vergessen heit geraten war, seine erfolgreiche Aufnahme der Intuition Wilhelm Schmidt 's verdankt. Daneben hat sich in Jahrzehnte währender Umwandlung aus zahllosen, mehr oder weniger umständlichen Steuerungs- und Reglerkonstruktionen einer individualistisch schaffenden, technischen Zeitperiode erst allmählich auch die sachliche Erkenntnis für die natqrgemäße einfachste Steuerung und Reglerart, in Form der Exzenterregler-Steuerung herausgebildet, mittels welcher es nunmehr gelingt, die Ausbildung der Dampfmaschine auf wenige Typen zu beschränken, deren konstruktiver Unterschied nur noch durch die voneinander abweichenden inneren Steuerorgane, der Schieber oder Ventile, bedingt wird. Nicht mangelndes konstruktives Geschick oder ungenügende Leistungsfähigkeit der Werkstattechnik verlangsamte diese Entwicklung, sondern der Umstand, daß jahrzehntelang in der Dampfmaschinenindustrie die Ausbildung eigener, patentfähiger Präzisionssteuerungen aus Konkurrenzrücksichten, als eine technisch und wirtschaftlich wichtige Aufgabe betrachtet wurde. Das Ziel einer Vereinheit lichung der Dampfmaschinenkonstruktion zur rationelleren und damit auch billigeren Herstellung war dabei vollkommen aus den Augen verloren. Eine ähnlich empirische statt wissenschaftliche Genesis weist auch die mit der Dampfmaschine ungefähr gleichalterige Wasserturbine auf, von deren mannig fachen Konstruktionsarten sich im modernen Turbinenbau nur die Fraucisturbine und das Peltonrad als theoretisch und praktisch wichtigste Typen herausschälten. Auch Ottos ingenieuse Lösung eines leistungsfähigen Luftmotors nahm ihren Ausgang in der empirischen, wirtschaftlichen Erkenntnis des praktischen Bedürf nisses nach einem bequemen Kleinmotor und war nicht in erster Linie getragen von VI Vorwort. der Absicht einer praktischen Lösung des ideellen Wärmemotors. Deshalb konnte auch der durch rein wirtschaftliche Erwägungen geförderte Groß-Gasmotorenbau keinen allgemein bedeutsamen Fortschritt in der Entwicklung der Wärmekraft maschinen Ycrursachen. Erst mit der bewußten Einstellung der neuzeitlichen Technik, bei der praktischen Verfolgung einer Aufgabe von der ideellen Lösung auszugehen, ist der Stand punkt gewonnen, welcher zum zielbewußten Fortschritt führt. Abweichend von der gekennzeichneten Entwicklung unserer ältesten Kraftmaschinen zeigt sich daher diejenige unserer jüngsten, der Dieselmotoren und Dampfturbinen. Ihre Urheber stützten sich in der formalen Ausgestaltung dieser neuesten \Värmekraftmaschinen von vornherein auf klar erkannte, praktisch zu erstrebende ideelle Lösungen, so daß ihre technische Vollkommenheit nur noch von der praktischen Beherrschung der schwierigen Konstruktions- und Arbeitsbedingungen abhängt, die beiden Ma schinengattungen eigen sind. Angesichts dieser verschiedenartigen Entwicklung der Wärmekraftmaschinen und der allgemeinen Erkenntnis, daß die Technik, als augewandte Kunst und Wissenschaft, vornehmlich die Grundlage unseres Kulturzeitalters und seiner weiteren Entwicklung bildet, ergeben sich für den akademisch gebildeten Ingenieur und seine geistige Erziehung Grundsätze, auf die im folgenden noch kurz ein gegangen werden soll. Xachdem wirtschaftliche Dauererfolge auf irgendeinem Gebiete menschlicher Betätigung stets hervorragende Leistungen auf diesem voraussetzen, so können erstere nur insoweit auf kaufmännischen oder organisatorischen Erwägungen be ruhen, als Absatz- und Preisfragen in Betracht kommen, darüber hinaus aber bleibt die rationelle Befriedigung praktischer Bedürfnisse durch konstruktive, künstle rische oder technische Überlegenheit der Ausführungen, d. i. durch Qualitätsarbeit im weitesten Sinne, ausschlaggebend. Die Erzielung solcher Leistungsergebnisse hat aber zur Voraussetzung, daß die praktischen Ausführungen technischer Aufgaben sich ihren ideellen Lösungen soweit nähern, als der Stand der Technik erlaubt und die Anpassung an äußere Bedingungen zuläßt. Auch der dabei anzustrebenden Arbeitsteilung im Sinne der Massenfabrikation und Fließarbeit kann nicht der \Virtschaftsgedanke als führend zugestanden werden, denn auf diesen Fabrikationsweg führt der Rationalismus technischer Überlegung von selbst und ist zu seiner Beschreitung nicht in erster Linie kaufmännisches Ge schick, sondern technische Intelligenz erforderlich. Von dieser geisteswissenschaftlichen Betrachtungsweise hat daher auch der akademisch gebildete Ingenieur auszugehen, um im späteren Berufsleben die Vielgestaltigkeit der praktischen Aufgaben mit zielbewußtem Willen und schöpfe rischem Geiste intuitiv zu meistern. Hierbei erweisen sich nicht wirtschaft liche Erwägungen als untrüglichste Lehrmeisterin , sondern die Natur, deren Studium nach der physikalischen und chemischen Seite seither für den Ingenieur als ausreichend erachtet wurde. In Anbetracht des für beiderlei Naturvor gänge maßgebenden Kausalgesetzes ist leider auch die Auffassung entstanden, daß alle technischen Schöpfungen als mathematisch ausdrückbare Rechenbeispiele zu betrachten seien und somit im wesentlichen handwerksmäßigET Betätigung gleichkommen. Bei dieser irrtümlichen Beurteilung der Leistungen des Ingenieurs wird voll ständig übersehen, daß die einer praktischen Ausführung zugrunde liegende Idee ihrer Berechnung vorausgehen muß. Dieses ideelle Leitmotiv ist aber das Produkt freier Gestaltungsfähigkeit des Ingenieurs, ähnlich wie die Konzeption eines Kunst werkes geistiges Eigenturn des Künstlers ist. Zur schöpferischen Betätigung des Ingenieurs reicht somit die Kenntnis der mathematischen und energetischen Wissen schaften nicht aus, vielmehr gehört zu ihr noch die künstlerische Befähigung zur praktischen Gestaltung einer technischen Idee. Diese Fähigkeit würde die wirksamste Förderung erfahren durch Erweiterung des akademischen Studiums auf Vorwort. VII die Morphologie der Tier- und Pflanzenwelt, deren technische Ausdrucksformen das Höchstmaß an Vollkommenheit und Zweckmäßigkeit darstellen. Für die Steigerung der Schöpferkraft des Ingenieurs müssen sich daher die lebensvollen Anregungen einer organischen und anorganischen Formenwelt fruchtbringender erweisen, als die nur zeitlich gültigen wirtschaftlichen Erkenntnisse, deren Besonderheiten überdies im Berufsleben autodidaktisch rascher erfaßt werden als durch schulmäßigen Unterricht. Das Schöpferturn des Ingenieurs läßt sich bezeichnen als die Fähigkeit zur künst lerischen Zusammenfassung verschiedengearteter Funktionen in einer realen Ein heit von ideell einfachster Gestaltung zur Erfüllung eines bestimmten prak tischen Zweckes. Die damit zusammenhängende zweckhafte Formgebung ist als geistige Tat in Parallele zu stellen mit dem teleologischen Aufbau alles Organischen in der Natur und daher nicht im Sinne eines profanen Utilitarismus zu deuten. Das Kriterium der Wirtschaftlichkeit wird somit für den schöpferischen Ingenieur auch nicht zur Ursache oder zum Leitmotiv seiner technischen Leistungen, sondern ledig lich zur naturgemäßen Folgeerscheinung geisteswissenschaftlicher Betä tigung. Die deutsche Technik und Industrie kann im Wettbewerb mit den übrigen durch Katurreichtum gesegneten Kulturnationen nur dann ihre seitherige Vorzugsstellung aufrecht erhalten, wenn der Schwerpunkt der geistigen Einstellung ihrer Ingenieure nicht im Materialismus, sondern in der Auswirkung der verfügbaren geistigen Kräfte gesucht wird, die sich in der alle Kulturentwicklung fördernden tech nischen Intuition zu entfalten haben. Diese aus der geschichtlichen Entwicklung der Dampfmaschine einerseits und dem neuzeitlichen Vorgehen in der Maschinentechnik andererseits für den aus übenden Ingenieur sich ergebenden Leitgedanken, bildeten die Grundlage für den Aufbau des vorliegenden Werkes. Es ist versucht, in einheitlicher Bearbeitung die Ausbildung der Dampfmaschine während ihrer letzten Entwicklungsperiode und ihre von wärmetechnischen und mechanischen Arbeitsverhältnissen abhängige Wirt schaftlichkeit zu veranschaulichen, sowie erkennen zu lassen, welcher Grad der An näherung an ideelle Forderungen der Dampfausnützung und der Dampfmaschinen konstruktion technisch erreicht werden konnte. Bei Sichtung und Verarbeitung des reichen literarischen und konstruktiven Materials auf dem Gebiete der Dampfmaschinentechnik wurde daher keine Rück sicht auf dessen zeitliches Entstehen genommen, sondern lediglich auf seine Eignung in wissenschaftlicher Hinsicht, zur Charakterisierung der für die wärmetechnischen Betriebsverhältnisse, sowie für die Formgebung, Steuerung und Regelung maßgeben den theoretischen Leitmotive. Diese Behandlung des Dampfmaschinenproblems soll dem ausübenden Ingenieur und den Studierenden die Grundlage für jene rationelle, geistige Einstellung ge winnen lassen, die eine vorurteilsfreie, theoretische und praktische Beurteilung jedweder Dampfmaschinenkonstruktion bzw. Anlage ermöglicht und von der aus die konstruktiv und betriebstechnisch cinwandfreieste Lösung neuer Dampfma schinenanlagen zu erfolgen hat. Auch hoffe ich hierdurch eine Anregung in dem Sinne gegeben zu haben, daß in der literarischen Behandlung technischer Leistungen, wirtschaftliche Gesichts punkte als Leitmotive wissenschaftlicher Analyse oder künstlerischer Synthese mehr und mehr verschwinden. Von dieser Auffassung hat das akademische Studium getragen zu sein, wenn es sich über den einseitigen, fachlichen Charakter erheben soll. Das Was bedenke, mehr bedenke Wie - lautet eine Goethesche Maxime. Das Was praktischer Betätigung lehrt uns die objektive Erkenntnis, das Wie bleibt subjektiver Intuition vorbehalten. Diese didaktische Einsicht hat auch bei Verwertung des verfügbaren Materials der Bearbeitung des Dampfmaschinenwerkes zugrunde gelegen. VIII Vorwort. Die stoffliche Gliederung des dreibändigen Werkes ergab sich zweckmäßiger weise derart, daß im ersten Band behufs Klärung der konstruktiven Grundsätze die wärmetechnischen und mechanischen Verhältnisse der Dampfmaschine im allgemeinen behandelt werden. Im wärmetechnischen Teil sind die in der Litera tur zerstreut enthaltenen wärmetechnischen Versuche und eigene Versuche an Dampfmaschinen so zusammengeiaßt und bearbeitet, daß genügend Klarheit über den tatsächlichen Einfluß bestimmter Betriebsbedingungen, wie Dampf beschaffenheit, Steuerungsart, Belastung oder Umdrehungszahl der Maschine gewonnen wird. Einfach- und Mehrfachexpansionsmaschinen sind dabei getrennt behandelt. Das anschließende Kapitel erstreckt sich auf die formale und rech nerische Behandlung der konstruktiven Einzelheiten der ruhenden Maschinenteile und des Triebwerkes. Bei der folgenden eingehenden Behandlung der Steuerungen sind die inneren Steuerorgane getrennt von dem äußeren Steuerungsmechanismen betrachtet. Zur Systematik und Kritik der letzteren ist vom theoretischen Be wegungsgesetz der inneren Steuerorgane ausgegangen, aus dem die beiden kon· struktiven Lösungsformen der Ausklinkmechanismen und der zwangläufigen Steuerungen sich ableiten. Die anschließende theoretische Betrachtung der Regler geht von der Dynamik des Regelvorganges aus, aus der die betriebstechnischen Forderungen für die Wir kungsweise des Reglers sich ergeben, während für die rationelle konstruktive Lösung, sowie für die technische Beurteilung der zahlreichen, bestehenden Reglerkonstruk tionen die ideelle Reglerform als Grundlage dient. In dem die Kondensationseinrichtungen behandelnden Schlußkapitel ist beson derer \Vert darauf gelegt, die relative Bedeutung der für Oberflächenkondensatoren in Betracht kommenden zahlreichen, in der Literatur bekannt gewordenen und eigenen Untersuchungen über den Wärmedurchgang durch Röhren zu klären und durch Diagramme zu veranschaulichen. Bei der Verfolgung der Vorgänge in Rück kühlwerken bildete die sehr wertvolle Forschungsarbeit des Dr. Ing. C. Geibel die wesentliche Grundlage zu deren Veranschaulichung. Der zweite Band umfaßt ein Tafelwerk ausgeführter Einfach- und Mehrfach expansions-Dampfmaschinen nebst einer Darstellung konstruktiver Einzelheiten der ruhenden und bewegten Maschinenteile, einschließlich der Steuerungen und Regler, sowie der Kondensationseinrichtungen. Ein das Tafelwerk und den Textteil ergänzender Anhang enthält noch vergleichende, rechnerische und graphische Un tersuchungen an Steuerungen, Reglern und Triebwerksteilen. Im dritten Band sind die wärmewirtschaftliehen Ergebnisse von Dampfma schinenuntersuchungen unter Kennzeichnung der Konstruktion der untersuchten :Maschinen und ihrer Versuchsbedingungen, in Tabellen und Diagrammen über sichtlich zusammengestellt; außerdem sind für die wichtigsten Dampfmaschinen typen die Gesetzmäßigkeiten graphisch veranschaulicht, nach denen der tatsäch liche Dampf- und Wärmeverbrauch sich ändert. Ein Anhang von Tafeln theoretischer Natur dient zum Teil als Ergänzung der :\Iollierschf·n Entropietafeln durch Veranschaulichung der Gesetzmäßigkeiten, in der Veränderung der theoretischausnutzbaren Wärmemengeunddes theoretischenW ärme '.'erhrauchs der verlustloseil Maschine mit Änderung ihrer Betriebsbedingungen; zum <!Tldcren Teil dazu, die mit Dampfspannung und Füllungsgrad sich ergebenden Ver ~nderungen des mittleren Dampfdruckes zu veranschaulichen d. i. der wesentlichen Rf~chnungsgröße, von welcher die grundlegenden Abmessungen einer Dampfmaschine, Cylinderdurchmesser und Kolbenhub, für eine bestimmte Leistung abhängig werden. Diese tabellarische und graphische Übersicht über die wärmewirtschaftliehen Ergebnisse ausgeführter Dampfmaschinen und die theoretischen Tafeln des Anhangs gewähren nicht nur die Möglichkeit einer leichten und raschen Berechnung des Arbeitsvolumens einer Dampfmaschine, sondern auch einer zuverlässigen Festsetzung der Garantieziffern über Wärme- und Dampfverbrauch auf Grund praktischer Versuchsergebnisse. Vorwort. I :X Obwohl nun mit dem Höchststand der konstruktiven Entwicklung und werk stattechnischen Vollendung der Dampfmaschine zufällig ihre dominierende Stellung als Wärmekraftmaschine abschließt und sie für große Leistungseinheiten durch die Dampfturbine, sowie auch in vielen Fällen durch die Gas-und Ölmaschine verdrängt wird, so bleibt ihre technische Bedeutung doch bestehen, nicht nur wegen der noch in Betrieb befindlichen, zahllosen Dampfmaschinenanlagen des In- und Auslandes, sondern auch infolge der noch vielfachen Anwendungsmöglichkeiten in Betrieben mit stark veränderlicher Leistung und geforderter größtmöglicher Dampfausnützung, so wie bei Lokomobilen, bei Gegendruckbetrieb oder Abdampfverwertung u. dgl. Außer dem gehört die Dampfmaschine nach wie vor, wegen der weitgehenden theoretischen Klärung ihrer wärmetechnischen und mechanischen Arbeitsverhältnisse zu den wich tigsten Disziplinen des maschinentechnischen Unterrichts an Technischen Hoch- und Fachschulen. Vom didaktischen Standpunkt aus darf daher unbedenklich behauptet werden, daß die Bedeutung der Dampfmaschine für die Ausbildung des technischen Intellekts gleichwertig ist derjenigen der klassischen Sprachen für die gymnasiale Bildung. Die beabsichtigte wesentlich frühere Herausgabe des Werkes, dessen Inangriff nahme in die Vorkriegszt>it fällt, seit welcher ich mich der ständigen Mitarbeiter schaft Professor W atz i ng er s, meines damaligen Assistenten erfreute, ist leider einer seits durch den Weltkrieg und die Ereignisse der Nachkriegszeit, andererseits durch den Umstand vereitelt worden, daß mit Beginn des 20. Jahrhunderts beide Verfasser ihre akademische Tätigkeit auch auf das neue Gebiet der Turbomaschinen einzustellen hatten, so daß die literarische Beschäftigung mit der plötzlich in den Hintergrund gedrängten Dampfmaschine zeitlich sehr erschwert wurde und längere Unterbrechung erfahren mußte. Bei der zeitraubenden Nachforschung und Sichtung des Literaturmaterials wur den geeignete Diplomkandidaten zugezogen, die mit großem Interesse und Fleiß, sowie anerkennenswerter Gewissenhaftigkeit sich der einheitlichen Bearbeitung von Tabellen und Diagrammen, sowie zugehörigen graphischen und rechnerischen Untersuchungen widmeten. Unter diesen Hilfsarbeitern möchte ich die Dipl.-Ing. Mies und Nissen noch besonders hervorheben. Den Firmen und Ingenieuren der Dampfmaschinenindustrie, welche durch Über lassung wertvollen Materials das Werk bereicherten, spreche ich auch an dieser Stelle meinen Dank aus. Besonders anerkennend muß ich hiPr bei noch die Mitwirkung meines ehemaligen Assistenten, jetzigen Direktors Heilmann, bei der Bearbeitung des wärmetechnischen Teils erwähnen. Im Kapitel Kulissen- und Lenkersteue rungen für Schieber haben von Herrn Ingenieur Kolkmann zur Verfügung ge stellte textliche und zeichnerische Unterlagen willkommene Verwendung gefunden. Bereitwillige Unterstützung leisteten bei der Fahnenkorrektur meine Assi stenten Dipl.-Ing. Klepp, Dr. Ing. Mehner und Wengler, sowie mein Sohn cand. mach. Max Gutermuth, der außerdem die mühevolle Aufstellung des Sach registers durchführte. Schließlich ist es mir eine angenehme Pflicht, das dauernde lebendige Interesse und die Förderung zu betonen, deren ich mich während der, viele Jahre beanspruchen den, Bearbeitung des Werkes seitens der Verlagsbuchhandlung in entgegenkommen der Weise zu erfreuen hatte. Darmstadt, Oktober I927. M. F. Gutermuth. Ubersicht über den Inhalt der Bände I, II und II I. Band I. Theorie, Berechnung und Konstruktion. Erster Abschnitt. Wärmetechnischer Teil. Seite A. Wärmetheoretische Grundlagen 3 B. Theoretische Arbeitsvorgänge 30 C. Der wirkliche Arbeitsvorgang 68 D. Die Einfachexpansion. . . . 105 E. Die Mehrfachexpansion . . . 197 F. Die Verwendung des Abdampfes und Aufnehmerdampfes für Heiz- und Vorwärmzwecke . . 289 G. Die Berechnung der Dampfmaschine 313 Zweiter Abschnitt. Konstruktiver Teil. A. Die ruhenden Teile der Maschine 331 B. Mechanik des Kurbeltriebes . 379 C. Die Triebwerkteile 428 D. Steuerungen .. . 529 E. Regler .... . 755 F. Kondensationseinrichtungen . 868 Band 11. Ausgeführte Konstruktionen. Erster Abschnitt: Rahmen, Ständer, Lager. I Zweiter Abschnitt: Cylinder 40 Dritter Abschnitt: Triebwerksteile 68 Vierter Abschnitt: Schwungräder und Regulatoren I2I Fünfter Abschnitt: Schiebersteuerungen . . . . . 157 Sechster Abschnitt: Corliß-Schieber und Corliß-Steuerungen 219