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Die Bodenazidität: Nach Agrikulturchemischen Gesichtspunkten Dargestellt PDF

373 Pages·1929·14.659 MB·German
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DIE BODENAZIDITAT NACH AGRIKULTURCHEMISCHEN GESICHTSPUNKTEN DARGESTELLT VON PROFESSOR DR. H. KAPPEN DIREKTOR DES INSTITUTS FOR CHEMIE AN DER LANDWIRTSCHAFTLICHEN HOCHSCHULE BONN·POPPELSDORF MIT 35 ABBILDUNGEN UND I FARBIGEN TAFEL BERLIN VERLAG VON JULIUS SPRINGER 192 9 ISBN 978-3-642-89928-7 ISBN 978-3-642-91785-1 (eBook) 00110.1007/978-3-642-91785-1 ALLE RECHTE, INSBESONDERE DAS DER OBERSETZUNG IN FREMDE SPRACHEN, VORBEHALTEN_ COPYRIGHT 1929 BY JULIUS SPRINGER IN BERLIN_ Vorwort. Durchsucht man die agrikulturchemische Literatur nach Angaben iiber die Bodenaziditat, so findet man, daB diese auffallende Eigenschaft der BOden den alteren Agrikulturchemikern keineswegs fremd war, man erkennt aber auch, daB die Ursache dafiir zumeist ziemlich einseitig in dem Vorhandensein von sauren Humusstoffen im Boden erblickt wurde. Die Humusstoffe als die allgemeinen Verursacher der Bodenaziditat anzusprechen, lag anfanglich allerdings auch sehr nahe, denn man wuBte langst, daB diese fiir die Fruchtbarkeit der BOden so wichtigen Stoffe nicht nur in ihrer neutral reagierenden Form einen sehr giinstig wirkenden Bestandteil der Ackerboden ausmachten, sondern daB sie auch in einer fiir die Pflanzenkultur wenig niitzlichen Form im Boden auftreten konnten, namlich in der Form der freien Humussauren oder ihrer sauer reagieren den Salze. Die saure Beschaffenheit der HochmoorbOden, der Rohhumus anhaufungen in Wald und Heide und das Vorkommen der sauren humusreichen Sandboden gab klare Belege fiir diese Bedeutung der Humusstoffe als Ver ursacher der Bodenaziditat abo Erst verhaltnismaBig spat trat die Erkenntnis hervor, daB die saure Reaktion der Boden keineswegs unlosbar verkniipft war mit dem Vorhandensein der sauren Humusstoffe, daB vielmehr neben diesen Stoffen organischer Beschaffenheit auch die mineralischen Bestandteile der Boden Bedeutung fiir ihre saure Reaktion besitzen konnten. War diese Be teiligung saurer anorganischer Stoffe an dem Zustandekommen der Bodenaziditat auch wohl schon von einigen hervorragenden Vertretern der alteren agrikultur chemischen Schule vermutet worden, wie von VAN BEMMELEN und von A. MAYER, so wurde die bedeutungsvolle Rolle, die diese Stoffe bei der Erscheinung der Bodenaziditat spielen, doch erst in neuerer Zeit von VEITCH erkannt. Klarer und bestimmter als die Angaben von VEITCH waren dann aber die Mitteilungen, die wenige Jahre nach der VEITcHschen VeroffentIichung von seiten japanischer Agrikulturchemiker iiber die BeteiIigung mineralischer Bodenbestandteile an der Erscheinung der Bodenaziditat gemacht wurden. Aus einer vorlaufigen Mit teilung von KOZAI (1908) ging zum ersten Male ganz klar und eindeutig hervor, daB vollig humusfreie Tone und Boden stark saure Eigenschaften aufweisen konnten, und die sich an diese Mitteilung anschlieBenden eingehenden Unter suchungen von DAIKUHARA brachten dann iiber viele Einzelfragen der Aziditat der Mineralboden nahere Aufschliisse. Diese im Jahre 1914 erschienene Arbeit von DAIKUHARA muB mit Recht als ein Hauptmerkstein auf dem Wege der Entwicklung unserer Kenntnisse von der Bodenaziditat bezeichnet werden. Von dieser Arbeit ging denn auch die starkste Befruchtung der ganzen Weiter arbeit auf dem Gebiete der Bodenaziditat aus. Nachdem durch DAIKUHARAS Arbeit einmal der Damm, der sich der tieferen und vollstandigeren Erkennt- IV Vorwort. nis des Wesens der Bodenaziditat hinderlich entgegenstemmte, durchbrochen war, da ergoB sich durch die nun geschlagene Bresche ein immer starker an schwellender Strom von Untersuchungen, der jetzt, nach Verlauf von 15 Jahlen seit DAIKUHARAs Pionierarbeit, so stark angewachsen ist, daB es wohl an der Zeit ist, eine Zusammenfassung des inzwischen an neuen Erkenntnissen in unserer Frage Gewonnenen zu versuchen. Von Anbeginn der neueren Entwieklung der Bodenaziditatsfrage an hat der Verfasser der folgenden Zusammenfas sung sieh mit seiner ganzen Arbeitskraft urn ihren weiteren Ausbau bemiiht. Es mag daher auch wohl verzeihlich erscheinen, wenn seine Ausfiihrungen trotz aller angestrebten Objektivitat die Ziige der von ihm vertretenen Auf fassungen deutlich widerspiegeln. Der Verfasser gibt sich allerdings der Hoff nung hin, daB das nieht zum Schaden des behandelten Gegenstandes aus schlagen moge. 1m iibrigen glaubt der Verfasser mit seinen Ausfiihrungen nieht nur dem engeren Kreise seiner Fachgenossen einen Gefallen zu erweisen, sondem auch allen jenen, die sieh, ohne Agrikulturchemiker oder Bodenkundler zu sein, ffu die Fragen der Bodenaziditat interessieren. Die Zahl dieser auBerhalb der Agrikulturchemie und der Bodenkunde stehenden Interessenten ist ja heute keineswegs klein. Man denke nur an die Lehrer an den landwirtschaftlichen Schulen, die es heute nieht mehr umgehen konnen, ihren Schiilem ein Bild von der praktisch so bedeutungsvoll gewordenen Frage der Bodenversauerung zu entwerfen. Man denke auch weiter an die vielen Mitarbeiter bei der Bekampfung der Bodenversauerung in den Versuchsringen, deren Wirken urn so erfolgreieher sein wird, je tiefer sie in die oft nieht ganz einfachen Fragen der Bodenaziditat eingedrungen sein werden. Man denke schlieBlich daran, daB weit iiber den Kreis der Genannten hinaus auch bei vielen praktischen Landwirten das Be streben vorausgesetzt werden darf, einen Einblick in die Fragen der Boden aziditat zu gewinnen. Die Riicksichtnahme auf diese vielen, der agrikulturchemischen Wissen schaft Femerstehenden hat natfulich die Art der Behandlung des Gegen standes nieht unbeeinfluBt gelassen. An manchen Stellen wird der Fachgenosse auf eine Ausfiihrliehkeit in der Darstellung stoBen, die ffu seine Bediirfnisse vielleieht iiberfliissig gewesen ware, andererseits wird er die eine oder andere ihm bekannte Literaturangabe vermissen. Das Ziel, das dem Verfasser vor schwebte, war ganz und gar nicht, eine Monographie iiber die Bodenaziditat zu schreiben; es sollte keine Literaturzusammenstellung geliefert werden, son dem es sollte unter Benutzung derjenigen Arbeiten, die wirklich fordemd und befruchtend gewirkt haben, eine leiehtverstandliehe und dabei doch griindliehe Klarlegung der wichtigsten Fragen der Bodenaziditat erfolgen. Eine in diesem Sinne durchgefiihrte Zusammenfassung unseres Wissens von der Bodenaziditat hat der Verfasser auch aus dem Grunde fiir ganz besonders berechtigt gehalten, weil er hofft, daB sie manchem, der heute noch der praktisch so auBerordentlich wiehtigen Frage der Bodenversauerung fernsteht, Veranlassung geben wird, sieh ihr eingehender zuzuwenden. Die Zahl derjenigen, die ihre volle Auf merksamkeit auf diese ffu die Hohe der Emten oft ausschlaggebende Er scheinung der Bodenversauerung riehten, kann gar nicht groB genug sein, denn je groBer sie wird, urn so naher riickt auch die Erfiillung der Hoff nung, daB das Dbel der Bodenversauerung zum Nutzen unserer Land- und Volkswirtschaft bald ausgerottet werde. In diesem Sinne, urn durch Verbreitung und Vertiefung der Erkenntnis ihres Wesens und der von ihr drohenden Ge fahren die Beseitigung der Bodenaziditat zu beschleunigen, iibergibt der Verfasser die folgende Zusammenfassung der Offentlichkeit. Vorwort. v Nicht unterlassen darf der Verfasser, an dieser Stelle noch seinen zahlreichen Mitarbeitern, deren Untersuchungsergebnisse in der folgenden Darstellung viel fach Verwendung gefunden haben, fiir ihren stets an den Tag gelegten Eifer zu danken. Ganz besonderer Dank gebiihrt auch dem I. Assistenten des In stituts, Dr. R. W. BELING, dem der Verfasser fUr zahlreiche Hilfeleistungen und vornehmlich fiir seine bei der Korrektur aufgewendeten Miihen verpflichtet ist. Auch der Verlagsbuchhandlung muB fiir manches freundliche Entgegenkommen der beste Dank des Verfassers abgestattet werden. Bonn-Poppelsdorf, September 1929. H. KAPPEN. Inhaltsverzeichnis. Seite I. Das Wesen der Aziditat der Mineralboden. a) Die Bodenbildung durch Gesteinsverwitterung . . . . . . . b) Die Entstehung der Bodenaziditat, der Versauerungsvorgang 9 II. Die Bodenreaktion . . . . . . . . . . . 19 a) Begriff der Reaktion der Stoffe . . . . . 19 b) Die reaktionsbedingenden Bodenbestandteile 23 Alkalische Bodenreaktion 23. - Die neutrale Reaktion des Bodens 32. - Die saure Reaktion des Bodens 33. III. Die Bestimm ung der Bodenreaktion a) Qualitative Prufungen. . . . . . . . . 42 b) Quantitative Bestimmung der Bodenreaktion 45 Kolorimetrische Methoden 45. - Die elektrometrischen Methoden zur Bestimmung der Bodenreaktion 54. IV. Verhalten des sauren Bodens gegen Sauren und Basen, sein Neu- tralisations- oder Pufferungsvermogen . . 64 a) Die absolute Neutralisationskraft gegen Sauren 64 b) Die absolute Neutralisationskraft gegen Basen 68 c) Das Pufferungsvermogen des Bodens . . . . . 69 Der Begriff des Pufferungsvermogens 70. V" Das Verhalten saurer Boden gegen die Losungen von Salzen, I. 89 Das Verhalten hydrolytisch spaltbarer; Salze zum sauren Boden: Die hydrolytische Aziditat . . . . . . . . . . . . . 8g VI. Das Verhalten saurer Boden gegen Losungen von Salzen, II. 109 Die A usta uschazidi ta t . . 109 VII. Das Verhalten saurer Boden gegen Losungen von Salzen, III. 138 a) Die Neutralsalzzersetzung durch Humusstoffe 138 b) Die aktive Aziditat . . . . . . . . . . . . 148 VIII. Die Absorptionskraft der sauren Boden 152 a) Die Absorption der Pflanzennahrstoffe 152 b) Die Charakterisierung der sauren Boden durch die Bestimmung ihres Sat- tigungsgrades. . . . . . . . . . . . .. ........... 160 c) Die Bestimmung der austauschfahigen Basen, des S-Wertes nach HISSINK 161 d) Die Ermittlung des Wertes T von HISSINK . . . . . . . . . . . . . . 170 e) Die Bestimmung des Sattigungsgrades nach GEHRING und WEHRMANN . . 175 f) Die Bestimmung des Sattigungsgrades der Boden mit Hilfe der hydro lytischen Aziditat und der absoluten Neutralisationskraft . . . . . . . 178 IX. Die Bedeutung der Versauerung fur die physikalischen Boden eigenschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 X. Der Einflu13 der Reaktion auf die Mikroorganismen des Bodens 196 a) Nitrifikation und Denitrifikation in sauren Boden 197 b) Der Vorgang der Faulnis . . . . . . . . . . . 204 c) Die stickstoffsammelnden Bakterien. . . . . . . 205 Die frei lebenden Stickstoffsammler 205. - Die Leguminosenbakterien 211. d) Die Umwandlung des Kalkstickstoffs in sauren Boden 213 e) Weitere mikrobielle Einfliisse der Bodenversauerung . . . . . . . . . . 216 Inhaltsverzeichnis. VII Seite XI. Die pflanzenphysiologische Bedeutung der Bodenreaktion . . . 220 a) Die Bedeutung der Bodenreaktion fiir die Verbreitung der Pflanzen in der Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 b) Die Bedeutung der Bodenreaktion fiir die Kulturpflanzen 225 XII. Vorkommen und Verbreitung der Bodenversauerung a) Das Vorkommen der Bodenversauerung ......... . b) Die Verbreitung der Bodenaziditat in der Landwirtschaft XIII. Der EinfluB der Diingemittel auf die Bodenaziditat 269 a) Die physiologische Reaktion der Diingemittel . . . . . . . 269 b) Die Einwirkung der Kunstdiinger auf die Bodenreaktion . . 279 Die Wirkung der Stickstoffdiinger auf die Bodenreaktion 280. - Wirkung der Kalisalze auf die Bodenreaktion 289. - Wirkung der Phosphordiinger auf die Bodenreaktion 296. c) Die Wirkung der Naturdiinger auf die Bodenreaktion . . . . . • . . . 302 XIV. Die Bekampfung der von der BodenaziditM hervorgerufenen Schaden durch die Kalkdiingung . . . . . . . . . . . . . 308 a) Die Methoden zur Bestimmung des Kalkbedarfes der sauren Boden 371 b) Die Anwendung der Kalkdiinger in der Praxis . . . . . . 326 c) Die "Oberkalkung des Bodens . . . . . . . . . . . . . . 334 XV. Die Verwendung kiinstlicher Diingemittel auf sauren Boden 336 a) Die Stickstoffdiingemittel 337 b) Die Phosphorsaurediinger 349 c) Die Kalidiinger 353 Namenverzeichnis 357 Sachverzeichnis. . . 360 I. Das Wesen der Aziditat der Boden. a) Die Bodenbildung durch Gesteinsverwitterung. Zu einer klaren Vorstellung von dem Wesen und den Erscheinungsformen der Bodenaziditat kann man nur gelangen, wenn man von den Vorgangen ausgeht, die zur Bildung des Bodens gefiihrt haben. Es ist daher unumganglich notig, hier zuerst in ganz kurzen Ziigen ein Bild von der Verwitterung zu entwerfen. Die Bodenkunde unterscheidet bei der Gesteinsverwitterung die Mitwirkung verschiedener Faktoren, physikalischer und chemischer. Die physikalischen Faktoren, die meist zugleich mit den chemischen am Werke sind, bewirken die mechanische Zerkleinerung der Gesteinsmassen, aus denen der Boden seine Ent stehung nimmt. Wechsel der Temperatur, Spaltenfrost und Zertriimmerung durch Druck sind die wichtigsten der hier in Frage kommenden Einzelfaktoren. Zum eigentlichen Boden wird ein Gestein aber erst durch die Umwandlungen, die· es unter dem EinfluB der chemischen Faktoren der Verwitterung erleidet. Diese Faktoren bediirfen deshalb einer etwas genaueren Kennzeichnung. Man neigt heute in der Bodenkunde dazu, die chemische Wirkung des Wassers in den Vordergrund der Betrachtung zu stellen. Die physikalische Chemie hat den Bodenkundler mit der eigentiimlichen Wirkung bekannt gemacht, die das Wasser auf solche Salze auszuiiben vermag, die entweder aus einer starken Base und einer schwachen Saure oder umgekehrt aus einer schwachen Base und einer starken Saure zusammengesetzt sind. Alle diese Salze erleiden durch das Wasser eine Zerlegung in ihre basischen und sauren Bestandteile, die als hydro lytische Aufspaltung oder als Hydrolyse bezeichnet worden ist. Mit diesem Vor gange wird spater noch nahere Bekanntschaft zu machen sein, hier sei nur hervor gehoben, daB die Silikate, die das wichtigste Material fUr die Bodenbildung aus den Gesteinen liefern, als Salze von stark basischen Metallen, wie Kalium, Natrium, Kalzium und Magnesium, und von schwachen Sauren, wie den Kieselsauren und den Aluminiumkieselsauren, zu betrachten sind, infolgedessen auch der hydro lytischen Aufspaltung durch das Wasser unterliegen. Das AusmaB dieser Hydro lyse ist nicht sonderlich groB, immerhin geniigt es aber doch, um vielen fein ge pulverten Silikaten eine deutlich alkalische Reaktion durch die hydrolytische Abspaltung eines Teiles der in ihnen enthaltenen Basen zu verleihen. Unter natiirlichen Verhaltnissen ist zwar wegen der Fortschaffung der Reaktions produkte durch die Niederschlage dafiir gesorgt, daB die zersetzende Wirkung des Wassers sich immer erneut an den Silikaten betatigen kann, trotzdem wird aber die vollkommene Abspaltung der Basen aus den Silikaten durch die aus :schlieBliche Wirkung des Wassers in der Natur kaum jemals verwirklichtsein; auch bei noch so lange sich fortsetzender Wassereinwirkung bleiben die Alumi niumkieselsauren mit einem Teil der Basen verbunden und umhiillen in der Form einer kolloiden Schicht die im Innern zunachst noch wenig veranderten Silikat- Kappen, Bodenaziditat. 2 Das Wesen der Aziditat der Boden. korner. Erst durch das Hinzutreten von starker chemisch wirksamen Stoffen kommt es dann zu immer tiefer eingreifenden Umwandiungen der Silikate, wobei sowohl einfachere Abbauprodukte als auch, infolge komplizierterer chemischer Reaktionen, uber die zur Zeit Einzelheiten noch nicht mitgeteilt werden konnen, Neubildungen entstehen, die fUr die Beschaffenheit der schIieBlich aus der Ge steinsverwitterung sich ergebenden Boden von allergroBter Bedeutung sind. Unter den die hydrolytische Aufspaltung der Silikate beim Verwitterungs vorgang begunstigenden Faktoren muB an erster Stelle die Kohiensaure genannt werden. Ist sie auch nur eine schwache Saure, ahnIich wie die Kieselsauren und die Aiuminiumkieselsauren der Silikate, so ist sie diesen gegenuber im Kampfe urn die basischen Bestandteile der Silikate doch in der Oberhand, weil sie nach Verbrauch immer wieder von neuem entsteht; man denke nur an den Kohlen sauregehalt der Atmosphare und den noch viel groBeren Gehalt der Bodenluft daran, der, auf Mikroorganismen- und Pflanzenatmung beruhend, sich immer wieder erganzen kann. Will man in der Bodenkunde auch heute der Wirkung der Kohiensaure wegen ihrer schwachen Saureeigenschaften keine besonders hohe ;Bedeutung fiir die Verwitterungsvorgange zuerkennen, so laBt sich doch auf keinen Fall bestreiten, daB sie es ist, die die hydrolytische Einwirkung des Wassers auf die Gesteinsmineralien durch dauernde Gieichgewichtsverschiebung stark begunstigt. Vielleicht wird aberoauch daruber hinaus der Rolle der Kohiensaure bei den Verwitterungsvorgangen in Zukunft doch wieder eine groBere Bedeutung zugeschrieben werden, wenn ihr EinfluB erst einmal unter passenderen Versuchs bedingungen der Prufung unterworfen ist. Aus den Veranderungen von Mineral puivern unter dem EinfluB kohiensaurehaltigen Wassers, die heute vielfach zum ;Beweise fUr die nur geringe Bedeutung der Kohiensaure bei dem Verwitterungs prozeB ins Feid gefUhrt werden, scheint nicht die volle Bedeutung der Kohlen saure fUr den Verwitterungsvorgang abgeleitet werden zu konnen. Andeutungen einer hoheren Einschatzung der Kohlensaure machen sich denn auch bereits bemerkbarl. AuBer der Kohlensaure, die besonders wegen der allgemeinen Verbreitung ihrer Wirkungsmoglichkeit an erster Stelle unter den spezifisch chemisch wirken den Verwitterungsfaktoren genannt werden muBte, betatigen sich aber auch noch stets andere Sauren am Verwitterungsvorgange der Gesteine. Vornehmlich sind da noch die Salpetersaure und die Schwefelsaure zu nennen. Allerdings werden diese Sauren erst dann zur Mitwirkung gelangen k6nnen, wenn die Verwitterung des Gesteins so weit vorgeschritten ist, daB sich organisches Leben in und auf ihm entwickeln kann; denn die Bildung dieser beiden starken Sauren erscheint in doppelter Weise gebunden an die Existenz von Lebewesen. EinmaIIiefern nam lich die Lebewesen in ihrer K6rpersubstanz, besonders in den EiweiBstoffen, die fiir die Bildung dieser Sauren n6tigen Elemente Stickstoff und Schwefel, anderer seits sind es auch wieder Lebewesen selbst, die an den stickstoff- und schwefel haltigen Korperbestandteilen ihrer abgestorbenen Genossen jene Umwandlungen vollziehen, durch die Salpetersaure und Schwefelsaure Entstehung nehmen. Der VerwesungsprozeB der mit fortschreitender Verwitterung sich in steigenden Mengen einstellenden Organismen ist es, der auBer zur Bildung von groBen Mengen Kohiensaure auch stets durch die Nitrifikation und SchwefeIoxydation zur Bildung der beiden starken Sauren, der Salpetersaure und der Schwefelsaure, Veraniassung gibt. Die Wirkung dieser beiden Sauren ist merkwurdigerweise fruher in der Bodenkunde nur selten ihrer richtigen Bedeutung fUr den Ver witterungsvorgang entsprechend eingeschatzt worden. Auf die Schwefelsaure- 1 PUCHNER, H.: Bodenkunde, S. 33. Stuttgart 1923. Die Bodenbildung durch Gesteinsverwitterung. 3 bildung in den Boden ist vor kurzem die Aufmerksamkeit gelenkt worden!, und die Bedeutung der Salpetersaurebildung dureh die Nitrifikation ist aueh erst in neuerer Zeit riehtig in bezug auf den VerwitterungsprozeB gewurdigt worden. Ohne Frage gehen von der Bildung dieser starken Saure ganz wesentliehe Wirkungen auf den Verlauf des Bodenbildungsprozesses aus; das werden wir an einer spateren Stelle dieses Buehes aueh noeh dureh Angabe von Versuehen be legen konnen. DaB auBer diesen anorganisehen Sauren, der Kohlensaure, der Salpeter- und der Sehwefelsaure, aueh organisehe Sauren sieh am Vorgange der Verwitterung der Gesteine beteiligen konnen, ist ganz klar. Gelegenheit zu ihrer Entstehung ist ja in jedem Boden, in dem sieh das organisehe Leben schon entfaltet hat, ge geben. Sieht man dabei ganz von der zweifelhaften Ausseheidung organiseher Sauren dureh die Wurzeln der auf dem Boden lebenden hoheren Pflanzen ab, so bleibt immer noeh als wiehtigste Bildungsmogliehkeit der organisehen Siiuren die Verwesung der Organismen ubrig. Die komplizierten Stoffe der hoheren und niederen Pflanzen, wie aueh der im Boden lebenden Tiere liefern ja nieht beim VerwesungsprozeB gleieh die einfaehen Endprodukte der Oxydation, Kohlen dioxyd und Wasser, sondern, wie bei vielen ehemisehen Reaktionen, aueh hier entstehen erst weniger einfaeh zusammengesetzte Zwisehenprodukte, und unter diesen sind die organisehen Sauren sieher die am meisten vorherrsehenden. Unter diesen organisehen Sauren, die fUr den Verwitterungsvorgang bedeutungsvoll sein konnen, trifft man auf einfaeher zusammengesetzte Vertreter, wie die Ameisen saure, Essigsaure, Butter-und Milchsaure, aber aueh auf komplizierter zusammen gesetzte Stoffe, von deren ehemisehem Aufbau noeh wenig Sieheres bekannt ist, namlieh die Humussauren. Unter bestimmten auBeren Bedingungen haufen sieh diese schwer weiterzersetzliehen Produkte zuweilen sogar so stark an, daB sie zu einem den ganzen Verlauf der Bodenbildung bestimmenden Faktor werden. Ohne Frage sind nun bei der Bodenbildung aus den Gesteinen auBer dem Wasser und den genannten Sauren aueh noeh andere Faktoren im Spiele. Die Wirkung des Sauerstoffs der Luft, die Wirkung der im Boden entstehenden Salz- 16sungen und manehes andere waren der Vollstandigkeit halber noeh zu nennen. Von uberragender Bedeutung sind indessen nur die oben naher gekennzeiehneten Faktoren, und mit ihrer Aufzahlung konnen wir uns zufrieden geben; sie sind es jedenfalls, denen ganz vornehmlieh die Verwandlung der festen Gesteine in jene loekere mineralisehe Sehieht zu verdanken ist, die man als Boden bezeiehnet. Wollen wir aber nun im einzelnen angeben, aus welchen ehemisehen Indi viduen diese Verwitterungssehieht der festen Gesteine besteht, so stoBen wir auf die allergroBten Sehwierigkeiten. In dies em Punkte sind, das muB man offen zugeben, unsere Kenntnisse zur Zeit noeh sehr gering, und man muB aueh ein gestehen, daB die Hoffnung auf eine baldige Anderung keineswegs groB ist. Diese bedauerliehe Tatsaehe hangt mit dem besonderen Zustand zusammen, in den die Silikate bei der Verwitterung ubergefUhrt werden. Aus dem ursprung lieh kristallisierten Zustande gehen sie namlieh unter dem EinfluB der Verwitte rungsfaktoren in den kolloiden Zustand uber. Dieser Zustand der Stoffe hat sieh aber immer als ein groBes Hindernis auf dem Wege zu ihrer naheren ehemisehen Erforsehung erwiesen, und in ganz auBergewohnliehem MaBe maeht sieh diese Tatsaehe bei dem Eindringen in die Zusammensetzung der Verwitterungssilikate bemerkbar. Die Vielheit der neu entstandenen Verbindungen und ihre infolge ihrer kolloiden Besehaffenheit auBerst innige Vermisehung untereinander maeht es zu einer der sehwierigsten Aufgaben, AufsehluB tiber ihre Zusammensetzung zu 1 BLANCK, E.: Chern. d. Erde 2, IS.

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