MONOGRAPHIEN AUS DEM GESAMTGEBIET DER PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN UND DER TIERE HERAUSGEGEBEN VON F. CZAPEK-PRAG, M. GILDEMEISTER-BERLIN, E. GODLEWSKI JUN, KRAKAU, C. NEUBERG-BERLIN, J. PARNAS-WARSCHAU REDIGIERT VON F. CZAPEK UND I. PARNAS DRITTER BAND: DIE BIOGENEN AMINE VON 11. GUGGENHEIM Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1920 DIE BIOGENEN AMINE UND IHHE BEDEUTUNG FÜR DIE PHYSIOLOGIE UND PATHOLOGIE DES PFLANZLICHEN UND TIERISCHEN STOFFWECHSELS VOK M. GUGGENHEIM Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1920 .Alle Rechte, lllsbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Copyright 1920 by Springer-Verlag Berlin Heide1berg Originally published by Julius Springer in Berlin in 1920. ISBN 978-3-662-24210-0 ISBN 978-3-662-26323-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-26323-5 Vorwort. Die Grundlagen dieses Buches bilden Literatur-Zusammen stellungen, welche gelegentlich verschiedener Laboratoriums arbeiten auf dem Gebiete der Eiweißchemie von mir gemacht wurden. 14re Veröffentlichung wäre voraussichtlich unterblieben, wenn mir nicht durch einen schweren Unfall die Fortsetzung eigener experimenteller Arbeiten unmöglich gemacht worden wäre. Es lag ja auch bereits die vortreffliche Monographie von G. Barg e l' "The Simpler Natural Bases", Longmans, Green and Co. London 1914 'Vor, welche dasselbe Arbeitsgebiet be handelt. loh hoffte aber mit dieser neuen Darstellung nicht bloß auf einem mir liebgewordenen Gebiet nach l\Iöglichkeit weiter zu arbeiten, sondern auch durch eine übersichtliche und vollständige Zusammenstellung nach der einen oder anderen Richtung neue Anregungen zu geben. Wenn es mir möglich ge worden, diese meine Absicht trotz der großen äußeren Schwierig keiten - ich mußte mir alles vorlesen lassen - auszuführen, so verdanke ich es vor allem der gewissenhaften und geduldigen Mitarbeit von Fräulein Ilse Schramm. Zu großem Dank ver pflichtet bin ich auch Herrn Prof. Dr. M. Cloetta für die Durch sicht des pharmakologischen Teiles, sowie meiner Frau und Herrn Dr. E. Hug für das Lesen der Korrekturen. Basel, im Juni 1919. :u. Guggenheim. Inhaltsverzeichnis. Seite Einleitung 1- 9 Allgemeines über biogene Amine 9- 25 Entstehung •..... 9 Isolierung und Trennung 13 Chemisches Verhalten 19 Biochemisches Verhalten 24 I. Die ~\lkylamine. . . . . 25- 52 Allgemeines über Alkylaminc 25 Methylamin 27 Dimethylamin 30 Trimethylamin 30 Trimethylaminoxyd 32 Äthylamin .. 33 Diäthylamin 34 Triäthylamin 34 Propylamine 34 Butylamine 34 Amylamine 36 Biochemisches Verhalten der Alkylamine 38 Pharmakologisches Verhalten der Alkylaminc 42 Nachweis und Isolierung der Alkylamine 46 II. Die Alkanolamine (Alkamine) . . . . . 52-106 Allgemeines über Alkanolamine 52 Neosin. . . . . . . . . . . . . . . . 54 Cholin und Aminoäthylalkohol (Colamin) 55 Lezithin und andere Phosphatide . . 56 Aminoäthyla Ikohol (Kolamin) . . . . 63 Cholin ............. . 64 Biochemische Umwandlung des Cholins 72 Pharmakologisches Verhalten des Cholins 76 Xachweis und Isolierung von Cholin und Kolamin 82 Nachweis des Cholins . . . . . . . . . . . . 82 Isolierung des Cholins . . . . . . . . . . . . 86 Nachweis und Isolierung des Aminoäthylalkohols . 88 Muskarin ..... . 90 Fliegenpilzmuskarhl 90 Pseudomuskarin . . 95 ChoIinäthcr und .ester 97 Sphingosin • 101 GIukosamin • . . . . . 102 Inhaltsverzeichnis. VII Seite IlI. Die Neuringruppe . . . . . . 107-117 .Allgemeines über .Alkylenamine 107 Neurin •.........• 108 Pharmakologisches Verhalten von Ncurin und Homologen 112 Vinylalnin. . . . . . . . . . . • . . 115 Trimethylenimin, .Allylamin, .Allylseniöl 116 ABohamin ....... . 117 IV. Die Diamine . . . . . . 117-139 Allgemeines über Diamine 117 Gerontin .....•• 117 Saprin, Neuridin, Putrin. 118 Spermin ......•. 119 Putresoin und Kadaverin .. 121 Pharmakologisches Verhalten der Diamine 126 Ornithin • . . . . . . . . . • . . . . 127 Lysin ................ . 129 BestinlmWlg und Isolierung der Diamine und Diamino karbonsäuren . . . . . . . . . . . . 135 V. Die Guanidinoverbindungell . . . . . . . 140-182 Allgemeines über Guanidinoverbindungen . 140 Das Arginin. . . . . . . . . 141 Das Kreatin und Kreatinin ..... . 151 Guanidin und lVIethylguanidin . . . . . 165 Bioohemisches und pharmakologisches Verhalten von Guanidin und Homologen 168 Agmatin 172 Vitiatin . . . . . . . . . . 173 M:arzitin . . . . . . . . . 174 Naohweis und Bestinlmung von Guanidinderivaten 174 VI. Die Imidazolverbindungen. . . . . . . 182-211 .Allgemeines über Imidazolverbindungen 182 Imidazolyläthylamin (Histamin) 186 Histidin und Carnosin . . 199 Histidin ........ . 199 Imidazolaminoessigsäure . . 202 Imidazolessig- und -propionsäure 204 Urooaninsäure . . . . . . . . 204 Karnosin .......... . 205 Bestimmung und Naohweis von Imidazolderivaten 207 VII. Die Betaine und w-Aminosäuren. 211-242 .Allgemeines über Betaine. . . 211 Das Betain ......•.. 216 Das Histidinbetain (Herzynil1). 220 Das Ergothionein . . . . . 221 Das Trytophanbetain (Hypaphol'in) 222 Das Ornithinbetain (Myokynin) •.. 222 Die Betaine des Prolins, Oxyprolins und andere PYl'1'olidill- basen ....................•. 223 VIII Inhaltsverzeichnis. Seite Stachydrin . . . . . . . . . 225 Betonicin, Turicin, Pyrrolidin, Galegin 226 N-MethylpYlTolin ..... . 227 Pharmakologisches Verhalten der Pyrrolidinbasen • 227 Das Betain der Nikotinsäure und andere Pyridinbasen 227 Trigonellin . . . . . . . . . . . . 229 Pyridin, lIIcthylpyridiniumhydroxyd 230 y-Pikolin, Piperidin . . . . . . . . 231 Pharmakologisches Verhalten der Pyridinbasen 232 w-Betaine und w-Aminosäur{,ll . 232 Typhotoxin. . . . . 233 Gadinin .•.... 234 Mydatoxin, Carnitin . 235 But)'To betain . . . . 236 p-Alanin, y-Aminobuttersäure, rl-Aminovaleriansäure, e-Aminokapronsäure ............. . 237 Isolierung und Bestimmung der Betaine und w-Amino- säuren .......... . 239 Isolierung der Betaine. . . . . . 239 Isolierung der w-Aminosäuren . . 242 VIII. Phenylalkyl- und Phenylalkanolamine 243-289 Allgemeines über Phenylalkyl. und Phenylalkanolamine 243 Phenyläthylamin . . . . . . . . . . 246 Hydrokollidin, Parvolin, Coridin . . . . . . 247 Ephedrin und Pseudoephedrin . . . . . . . 248 Biochemisches Verhalten des Phenyläthylamins . 249 Pharmakologisches Verhalten des Phenyläthylamins und seiner Homologen. . . . . . 250 p-Oxyphenyläthylamin (Tyramin) 253 p.Oxyphenyläthylmethylamin 255 Anhalin, Mezcalin. . . . . . 255 Hordenin .......... . 256 Biochemisches Verhalten von p.Oxyphenyläthylamin und Homologen .................•.. 257 Pharmakologisches Verhalten des ll·Oxyphenyläthylamins und seiner Verwandten . . . . . . 259 Adrenalin ............... . 262 Biochemisches Verhalten des Adrenalins .. 268 Pharmakologisches Verhalten des Adrenalins 271 Pharmakologisches Verhalten von Adrenalinhomologen und verwandter Substanzen ..•......••• 281 Bestimmung und Nachweis der Phenylalkylamine und des Adrenalins . . . 284 IX. Das Indoläthylamin 289-294 Schlußbetrachtungen 294-298 Literaturverzeichnis 299-369 Sachregister. . . . 370 Einleitung. Die Biochemie hat sich bemüht, die analytisch ermittelten stickstoffhaltigen Produkte des Pflanzen- und TieITeichs in wenige, durch spezifische physiologische Funktionen gekennzeichnete Gruppen einzureihen. In der Tat gelingt es ohne Schwierigkeiten, alle bisher aufgefundenen Stickstoffderivate in die Klassen der Eiweißkörper, der Phosphatide und Nucleinsäuren zu ordnen oder sie zu diesen als Bausteine oder Stoffwechselendprodukte in Be ziehung zu bringen. Die eingehendere Forschung verband aber nicht bloß diese großen Etappen durch das Studium der Zwischen reaktionen und durch die Isolierung intermediärer Stoffwechsel produkte, sondern sie brachte auch die Erkenntnis, daß diesen Zwischenstufen nicht immer nur die passive Rolle einer Ubergangs station zukommt, sondern daß sie imstande sind, die Stoffwechsel prozesse und die gesamten Lebensvorgänge in fundamentaler Weise zu beeinflussen. Biogene Amine. Vom biologischen und chemischen Gesichts punkte aus läßt sich nun eine Reihe solcher intermediärer Stick stoffprodukte in eine Gruppe zusammenfassen, die in dem vorliegen den Buche kurz mit dem Namen biogene Amine bezeichnet werden sollen. Diese vielleicht wenig charakterisierende Bezeich nung mußte deshalb gewählt werden, weil sich für die in Betracht kommenden Verbindungen weder auf physiologischer nochaufchemi scher Grundlage eine definiertere Benennung finden läßt. Wie wohl die größere Zahl der in Frage kommenden Substanzen nach gewiesenermaßen im engen Zusammenhang mit dem Eiweiß und den Eiweißbausteinen steht, so daß sich für diese der früher vor geschlagene Name proteinogene Amine rechtfertigen ließe, so ist es doch kaum richtig, sämtlichen hierher gehörigen Substanzen eine direkte Beziehung zu den Eiweißkörpern zuzuschreiben. Viele können ebensowohl oder noch richtiger als phosphatidogen oder nucleinogen bezeichnet werden, während für andere ein unmittel:- Guggenhelm, Amine. 1 4 Einleitung. gelangten sie zu einigermaßen definierten basischen Substanzen Es ist namentlich dasVerdienstvonGautier, die Trennung dieser Gemische mit Hilfe der verschieden löslichen Platin- und Goldsalze bis zu einem gewissen Grade ermöglicht, und durch deren Elementar analyse eine exaktere GruncUage für ihre Charakterisierung und Identifizierung gegeben zu haben (vgl. auch Oechsner deConink). Seitdem Brieger durch Verwendung neuer Fällungs- und Tren nungsmittel diese Methoden erheblich vermehrt und verbessert hat, ist die Reindarstellung und die chemische Identifizierung der Ptomaine bis heute das Fundament der ganzen Fäulnis-Chemie geblieben. Wenn man das Wesen der Fäulnis, wie dies wohl richtig ist, in einer Zerlegung komplizierterer organischer Stickstoffver bindungen durch anaerobe Bakterien erblickt, so ist es begreiflich, daß die zunehmenden Erfahrungen der Bakteriologie und die sich stetig entwickelnde Eiweiß-, Phosphatid- und Nucleinchemie bis heute einen andauernden Fortschritt in der Erkenntnis der Fäulnisvorgänge bedeuten. Biogene Amine in der Pathologie. Die durch Selmi, Gau tier und Brieger begründete Ptomainforschung war durch prak tische Forderungen der gerichtlichen Medizin eingeleitet worden. Es war eine verlockende Aufgabe für die Bakteriologie und Myko logie die gewonnenen chemischen Erkenntnisse auch in anderen Forschungsge bieten anzuwenden. Vor allem lag es nahe, die akuten Vergiftungserscheinungen bei den Infektionskrankheiten auf die Bildung toxischer Stoffwechselprodukte unter der Einwirkung spezifischer Bakterien zurückzuführen. Lassen sich bestimmte alkaloidartige Produkte als spezifische Bakterientoxine definieren ~ Diese Frage hat eine Reihe von Forschern beschäftigt. Allerdings zunächst ohne den gewünschten Erfolg. Es war natürlich kaum möglich, bei dem damaligen Stand der Chemie an ein Problem zu gehen, welches eine gründliche Kenntnis der biochemischen Dyna mik und der Eiweißchemie voraussetzt und gänzlich aussichtslos war es, durch Ermittlung eines die Harntoxizität ausdrückenden urotoxischen Koeffizienten (Bouchard) oder durch die Isolierung mangelhaft definierter Verbindungen aus Harn und anderen Kör perflüssigkeiten (Pouchet, Griffith) eine eindeutige Antwort auf die gestellte Frage zu erhalten. Es mag auch heute noch zweifelhaft erscheinen, ob es möglich sein wird, die durch bakterielle Infektionen ausgelösten patholo gischen Symptome ganz oder teilweise auf eine chemische Grund-