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Die Bibel des Niketas. Ein Werk der höfischen Buchkunst in Byzanz und sein antikes Vorbild PDF

116 Pages·1979·141.717 MB·German
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Veröffentlichung der Heidelberger Akademie der Wissenschaften Philosophisch-historische Klasse Hans Belting - Guglielmo Cavallo Die Bibel des Niketas HANS BELTING - GUGLIELMO CAVALLO DIE BIBELD ES NIKETAS Ein Werk der höfischen Buchkunst in Byzanz und sein antikes Vorbild WIESBADEN 1979 DR. LUDWIG REICHERT VERLAG CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Belting, Hans: Die Bibel des Niketas: e. Werk d. höf. Buchkunst in Byzanz u. sein justinian. Vorbild/ Hans Belting ; Guglielmo Cavallo. - Wiesbaden: Reichert, 1979. (Veröffentlichung der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse) ISBN 3-88226-071-8 NE: Cavallo, Guglielmo: © 1979 Dr. Ludwig Reichert Verlag Wiesbaden. Gesamtherstellung: Hubert & Co. Göttingen · Printed in Germany · Imprime en Allemagne INHALTSÜBERSICHT 1. Einleitung (H. B. und G. C.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2. Die Bibel als Buch-Edition. Umkreis und Vorbild (G. C.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1. Die Einrichtung des Turiner Codex und seine Zeitstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2. Die Subskription des Turiner Codex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 3. Drei Codices als Teile einer Bibel-Edition.......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 4. Das Wiederaufleben spätantikerTechniken der Buchproduktion und der Schriftkultur.... 19 5. Die Katenen. Merkmale des Inhalts und der Schreibform. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 6. Auftraggeber und Milieu der Entstehung der Bibel~. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 3. Die künstlerische Ausstattung (H. B.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Der Torso einer Bibel-Edition mit Bildern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2. Der 'Propheten-Maler' und sein künstlerisches Milieu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 7 3. Porträt-Etüden für Bibel-Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 4. Rekonstruktion oder Reproduktion? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Ein Vorbild aus der 'Byzantinischen Antike' Verzeichnis der zitierten Handschriften, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Abkürzungsverzeichnis der benutzten Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 O Tafelverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Abbildungs-Nachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Tafeln 1. EINLEITUNG Die ,Bibel des Niketas' ist ein Begriff, der in der ein Nur zwei Elemente der Codices, auf welche sich unser schlägigen Literatur zur höfischen Buchkunst des beider Aufmerksamkeit richtete, bereiteten keine Pro 10.Jahrhunderts in Byzanz bislang noch unbekannt bleme und hatten schon früher der Forschung zumin ist. Und doch sind alle Handschriften, welche als Ein dest zu einer zeitlichen Einordnung der erhaltenen zelbände dieser Bibel erhalten blieben, längst bekannt Manuskripte verholfen: unter den verwendeten Schrift und als Cimelien byzantinischer Buchmalerei hoch ein arten ist es die Minuskel, die in der Ausformung als geschätzt. Sie führten freilich eher ein Inkognito-Da ,Perlschrift' das Zeitprofil der Handschriften am deut sein, solange ihre Zugehörigkeit zu einer einzigen lichsten erhellt; unter den Varianten der buchkünst Bibel-Edition unbemerkt geblieben war. Um Einblick lerischen Ausstattung ist es das Ornament der Zierlei in die Geheimnisse dieser Bibeledition zu gewinnen, sten und Zierrahmen, das in der Ausformung als ,Blü bedurfte es vielleicht einer besonderen Konstellation, tenblattstil' in die gleiche Zeit weist. Alles übrige da die sich in unserem Falle ergab, als die beiden Autoren, gegen bot eher widersprüchliche Aussagen. zugleich Vertreter zweier Disziplinen, sich zum Ge Als wir die einzelnen Codices näher inspizierten, tra spräch und dann zu gemeinsamer Arbeit zusammen ten nach und nach die Züge der wirklichen, historischen fanden. Die Kooperation des Paläographen und des Physiognomie unserer Gruppe ins Licht. Unter den Kunsthistorikers erbrachte Resultate, auf die nicht ein Werken, die einen gemeinsamen Atelierstil bezeugen, mal die Autoren gefaßt waren, als sie die Arbeit be zeichnete sich ein innerer Kern von drei Handschriften gannen. ab, die in der Buchstruktur ebenso wie in der buch Am Anfang standen Fragen, die durch Beobachtun künstlerischen Ausstattung bis in Details übereinstim gen ausgelöst waren. Die Beobachtungen fügten sich men. Mehr noch, sie verrieten durch einzelne Indi noch lange nicht zu einem stimmigen Bild zusammen. zien, daß sie als Teile eines größeren Ganzen kon Da gab es Handschriften mit paläographischen Merk zipiert waren: als Teile einer Bibel-Edition mit Kate malen von höchst sonderbarer, zunächst rätselhafter nen, die in mehreren Bänden und Sektionen angelegt Art. Sie waren in einigen Textpartien in drei Spalten war. Ihr internes Ordnungsschema ist deutlich er mit einer archaisch anmutenden Majuskel geschrieben, kennbar geblieben. als wären sie spätantike Werke und nicht Produkte des Aber die eigentliche Überraschung kam erst, als sich 10.Jahrhunderts, als welche sie sich doch so offen herausstellte, daß diese Bibel kein Konzept der Buch sichtlich darstellten. Da gab es in einem dieser Codices kunst des 10.Jahrhunderts darstellt, sondern, in eine verstümmelte Subskription, die ihr Geheimnis wesentlichen Merkmalen ein Vorbild aus dem 6.Jahr nicht leicht preisgab: indem sie berühmte Namen des hundert reproduziert: zudem ein Vorbild, das genau 6.Jahrhunderts mit sich führte, wollte sie so gar nicht datiert ist, nämlich in das Jahr 535. Dieses Vorbild, zur Entstehungszeit des Codex im 10.Jahrhundert pas das ebenfalls, wenn nicht den vollen Bibeltext, so sen. In einer anderen Handschrift war dagegen ein doch zumindest eine vielbändige Teilausgabe umfaßt Name aus dem byzantinischen Mittelalter eingetragen, hatte, inspirierte in dem höfischen Kreis, aus dem der einen oder eher den Mäzen der buchkünstlerischen unsere Werke stammen, einen Auftraggeber zu einer Einrichtung benennt. ,Neu-Auflage', die zwar auf die Maximen der damals Die zugehörigen Miniaturen ließen zunächst keine modernen Buchedition, zum Beispiel in der Minuskel interne Beziehung, geschweige denn ein gemeinsames und in der Ergänzung durch die Texte der Katene, zu Prinzip der Anordnung und der individuellen Kom geschnitten ist, aber doch soviel von der Physiognomie position erkennen. Sie waren bislang gar auf verschje des spätantiken Vorbilds bewahrt hat, daß dessen dene Regionalschulen, welche die Forschung postuliert Struktur sich in gewissem Umfang rekonstruieren läßt. hatte, aufgeteilt. Ihre Entstehung im 10.Jahrhundert, Die Hinterlassenschaft der spätantiken Buchproduk um die man wußte, hatte sich eher als Hindernis denn tion, die in allen nachfolgenden Jahrhunderten des als Hilfe für die kunstgeschichtliche Analyse erwiesen. Mittelalters so markante und doch so wenig beschreib Echte Parallelen waren im Umkreis der zeitgenössi bare Spuren hinterlassen hat, ist auf einen· so spär schen Buchmalerei wenig oder gar nicht zu finden. lichen Bestand reduziert, daß die Evidenz, die unsere 7 EINLEITUNG Gruppe liefert, von kaum zu überschätzender Bedeu empfiehlt. Die Arbeitsmethoden zweier Disziplinen tung ist. Gewinnen wir hier doch Kenntnis von einer konnten in eine gemeinsame Perspektive eingebracht griechischen Bibel-Edition, die mit aller Wahrschein werden, in der die untersuchten Objekte ein neues und lichkeit in Konstantinopel geschrieben war und dort überraschendes Aussehen gewannen. Nicht einmal in einer wichtigen, offenbar der kaiserlichen Bibliothek die Fragestellung wäre deutlich geworden, wenn die noch vier Jahrhunderte später zur Verfügung stand. Autoren, nicht in ständigem Kontakt miteinander ge Ihre Ausstattung mit Vollbildern, die als Titelbilder arbeitet hätten. So tragen sie beide die Verantwortung die einzelnen Bücher der Bibel einleiten, liefert uner für das Ganze, wenn sie auch die zwei Hauptteile des wartete Evidenz im Rahmen der vielumstrittenen Texts getrennt verfaßt haben. Die Barrieren der Spe Frage nach dem Aussehen spätantiker Bibelhandschrif zialisierung haben oft den Blick auf die Einheit des ten, die auch im westlichen Mittelalter als Vorbilder Werks verstellt, das Gegenstand solcher Untersuchun geschätzt waren. gen ist. Diese Einheit stellt sich, wie in unserem Fall, Nicht weniger wichtig ist der Einblick, den wir hier erst aus dem synthetischen Blickwinkel mehrerer Diszi in die Buchproduktion des 10.Jahrhunderts im Um plinen wieder her. kreis des Konstantinopler Hofs gewinnen. Die viel Die Resultate, die wir hier zur Diskussion stellen, besprochene ,Makedonische Renaissance', so benannt sind aber nicht zuletzt auch die Frucht vieler Anre nach der damals regierenden Dynastie der Makedo gungen, Korrekturen und Ratschläge, die wir von Kol nen, stand schon lange im Verdacht, ein besonders in legen und Freunden erhalten haben. Wir können hier tensives Verhältnis zum antiken Buch und auch zur nicht alle Namen aufführen, möchten aber wenigstens antiken Kunst gepflegt zu haben. Konkretisieren ließ einige Kollegen mit Dank nennen, deren Hilfe unsere sich dieser Aspekt zumeist aber wenig, jedenfalls nur Arbeit sehr gefördert hat, nämlich Ch.Astruc (Paris), mit solch allgemeinen Kriterien wie dem Text eines P. Canart (Vatikanstadt), G.Dorival (Paris), E.Fol antiken Autoren oder einem Bildmotiv aus der klas lieri (Rom), Mme Lebedewa (Leningrad), C.Mango sischen Tradition. (Oxford), N.Oikonomides (Montreal), J.-M.Olivier Gerade an diesem Punkt erweist sich der Wert des (Orleans), B.Schartau (Odense) und I.Sevcenko (Cam von uns aufgedeckten Sachverhalts, indem sich die bridge, Mass.). Besonders hervorheben möchten wir Auseinandersetzung der Schreiber- und Malerkopisten das kritische Engagement von Herrn Univ.-Dozent des byzantinischen Mittelalters mit eineni bestimmten Dr. 0. Kresten (Wien), der nicht nur Form und Inhalt Vorbild aus der ,Byzantinischen Antike' recht konkret des übersetzten paläographischen Kapitels überprüft, fassen läßt. Die großen Miniaturen, die wir in unserer sondern auch kritische Einwände vorgebracht und Ge Edition finden, dürfen als regeirechte Kopien nach genvorschläge entwickelt hat, die aber aus praktischen Bildern des 6.Jahrhunderts angesprochen werden, die und anderen Gründen hier nicht alle Berücksichtigung nur in wenigen Elementen, wie etwa der Abstimmung finden konnten. auf die inzwischen entwickelte Ikonographie der Pro Für Bereitstellung und Vermittlung von Fotovor phetenbildnisse, modernisiert wurden, im übrigen aber lagen danken wir dem Dumbarton Oaks Institute in das Aussehen der spätantiken Vorlagen nahezu Washington, den Bibliotheken von Leningrad und authentisch überliefern. Wien, dem Bildarchiv Foto Marburg, Herrn Prof. Komplizierter ist die Situation im Falle der Einrich J.C.Balty (Brüssel), Herrn Prof. V.H.Elbern (Berlin), tung des Buches und der Schriftfassung des Texts. Hier Herrn Prof. K. Weitzmann (Princeton) und anderen. lassen sich wichtige Eingriffe und Abweichungen kon Den Direktoren der drei Bibliotheken in Florenz, Ko statieren, in denen dennoch nicht das Vorbild aus den penhagen und Turin, in denen Originalfotos für diese Augen verloren wird. Die Kriterien, die wir an diesem Edition neu angefertigt wurden, nämlich Dott.ssa Fall gewinnen, können auf andere Fälle der zugehöri A.Morandini, Dott. G.Dondi und Dr. Sv.Gisse!, gen Buchproduktion übertragen werden, weil die Pro möchten wir unseren Dank sagen, desgleichen den zeduren im Umgang mit antiken Vorbildern sicherlich Fotografinnen des Kunsthistorischen Instituts in Hei in vielen Situationen ähnlich waren. Daraus ergibt delberg, Frau U.Deckers und Frau I.Klinger, die einige sich, daß auch in der Physiognomie des Buchs, und dieser Aufnahmen angefertigt haben. Das Istituto di nicht nur in jener der Buchmalerei, die Kiassizismen Paleografia, Rom, und das Kunsthistorische Institut des Zeitalters näher bestimmbar geworden sind. So in Heidelberg haben zur Beschaffung der Fotovorlagen wohl in der Schrift wie auch im Aufbau der Buchseite Beiträge geleistet. Der Verleger, Herr Dr. L. Reichert, hat und endlich in der internen Ordnung des Buchs als die Drucklegung verständnisvoll betreut. Der Heidel eines ganzheitlichen Organismus treten ,Stilmerkmale' berger Akademie der Wissenschaften, vertreten durch zutage, die miteinander stimmig sind und eine bessere den Sekretar der Philosophisch-Historischen Klasse, Unterscheidung zwischen einerseits den antiquarischen Prof. Dr. R. Sühnel, und ihrem Geschäftsführer, Herrn Tendenzen und andererseits den Innovationen des F. Ortelt, sind wir für die Gewährung eines Druck Zeitalters erlauben. kostenzuschusses und die Annahme der Schrift als Aka Die hier vorgelegten Resultate sind die Frucht einer demie-Veröffentlichung zu größtem Dank verpflichtet. Zusammenarbeit, die für die beiden Partner ertrag reich war und sich, als Kooperation zwischen Buch Heidelberg und Rom, im September 1978 kunde und Kunstgeschichte, auch für ähnliche Fälle H.B. und G.C. 8 2. DIE BIBEL ALS BUCH-EDITION. UMKREIS UND VORBILD Giuseppe Pasini wies schon vor ungefähr zwei Jahr 1. Die Einrichtung des Turiner Codex hunderten auf die „laciniae" hin, die das Aussehen und seine Zeitstellung jenes griechischen Codex prägen, der in der Biblioteca Bevor wir den Inhalt der Turiner Subskription Nazionale in Turin heute die Signatur B.I.2 trägt, da untersuchen und daran eine Reihe von Folgerungen mals aber noch mit b. IV. 9 bezeichnet und unter der knüpfen, ist eine Analyse des ganzen Manuskripts in Nummer IX unter die griechischen Handschriften des buchtechnischer Hinsicht erforderlich, um dessen Ein Katalogs aufgenommen war 1• Trotz der Beschädigun richtung als Buch zu analysieren und es in einen zeit gen, die die Handschrift also damals schon hatte, ist lichen Umkreis einzureihen. auf fol.93v noch der größere Teil einer Subskription Der Taur. B.I.2 besteht aus 93 Folien im Format zu lesen, die Pasini flüchtig erwähnt; dabei beklagt 33 8 X 241 mm und mit einem Schriftspiegel von Pasini zwar den Verlust des Schreiber-Namens, der mit 290 X 200 mm. Ursprünglich hatte er ein größeres Sicherheit in dem verlorenen Teil der Subskription nie Format. Wo die Außenränder überhaupt heute noch enthalten war, ignoriert aber bedeutsamere Namen, ein Urteil erlauben, zeigt es sich, daß sie beschnitten die gut kenntlich geblieben sind, ebenso wie andere wurden. So ging z.B. in vielen Lagen das einstige substantielle Hinweise in diesem Text. Unsere Hand Lagenzeichen verloren, das sich in der linken unteren schrift ging praktisch unbeschädigt aus dem Brand Ecke auf der Recto-Seite des jeweils ersten Folio be hervor, der im Januar 1904 in der Biblioteca Nazio fand. Auch ist der Abstand zwischen dem Schriftspie nale zu Turin wütete, und erlitt bei dieser Gelegenheit gel und dem heutigen Format viel zu klein für eine nur wenige Wasserschäden, ausgelöst von den Lösch Prunk-Handschrift, wie es der Taurinensis ist. Aus sol arbeiten, an den unteren Blatträndern, die im übrigen chen und ähnlichen. Beobachtungen läßt sich ein ur schon seit Jahrhunderten entstellt waren. Auch die sprüngliches Format von ungefähr 360 X 2 70 mm er Subskription, oder besser der von ihr verbliebene Rest, mitteln, und dafür werden wir im weiteren noch Be blieb vom Feuer verschont. Trotzdem wurde sie. in den weise erhalten. sehr summarischen Inventaren, die Gaetano de Sanc Das Manuskript besteht aus zwei Abteilungen, die tis unmittelbar nach der Katastrophe anfertigte 2 und sich sowohl im Inhalt wie in der Form unterscheiden. Francesco Cosentino einige Zeit später folgen ließ 3, Die erste, die sich aus einem Quaternio, einem Bifo nicht mehr notiert. Auch in den zahlreichen kunst lium und einem um ein Blatt verkürzten Binio zusam geschichtlichen Arbeiten, die dem bebilderten und illu mensetzt, ist den Einleitungs-Texten vorbehalten.· Die minierten Turiner Codex gewidmet wurden (s. dazu ff. 1-1 ov tragen den letzten Teil des Prologs zu den S. 32ff. in diesem Band), kommt sie nicht vor. Und Kleinen Propheten, den Theodoret von Kyrrhos ver doch liefert gerade diese Subskription den Anstoß zu faßt hat (PG 81, 1548 D7-1549 C13; BHG 1590z), einer Untersuchung, die auf einem so bekannten Ge und die argumenta, ergänzt um Zusätze aus der «recen biet, wie es die Buchproduktion der Makedonischen sio Hesychiana», des gleichen Theodoret zu jedem ein Epoche ist, neue und keineswegs unbedeutende Ein zelnen der Kleinen Propheten (PG 81, 1552 Al- sichten ermöglicht. Sie erlaubt es uns, konkreter als 1553 Bll, 1633 A1-B4, 1664 B1-C9, 1709 A1- bisher die von den Ateliers der ,Makedonischen Re C2, 1720 Al-1724 A4, 1741 Al-Bll, 1788 Al- naissance' benutzten antiken Vorbilder zu benennen 1789 A8, 1809 Al-1812 A17, 1837 A1-B8, 1860 und auch die Methoden ihrer Benutzung in buchtech Cl-1861 C3, 1873 Bl-1876 A2, 1960 Cl-1961 nischer wie künstlerischer Hinsicht nachzuweisen. A 10; siehe auch BHG 1590 und 1591). Die ff. 11 v 1 G.PASINI, in: Codices manuscripti Bibliothecae Regii Tau logia e di istruzione classica, 32, 1904, S.391 (nachgedruckt in: rinensis Athenaei . . . recenserunt et animadversionibus illustra G.DESANCTIS,S critti minori, II, Roma 1970, S.350). runt J.PASINUS, A.RIVAUTELLAe t F.BERTA, I (Taurini 1749), 3 F.CoSENTINO, in: G.MAZZATINTI - A.SoRBELLI, Inventari s. 74f. dei manoscritti delle Biblioteche d'Italia, XXVIII (Firenze 1922), 2 G. DESANCTIS,l nventario dei codici superstiti greci e latini S.13. antichi della Biblioteca N azionale di T orino, in: Rivista di filo- 9 GUGLIELMO CAVALLO und 12r sind mit den Bildnissen der Propheten ge finden, trägt einen anderen Charakter. Hier ist als schmückt, f. 13v ist eine Titelseite mit dem Text Schrift jene Minuskel gewählt, die wiederum Herbert Hoseas 1.1. Die zweite Abteilung, bestehend aus zwei Hunger unter dem Oberbegriff „Perlschrift" zusam- Taf.32-36 Binionen, einem Ternio, einem Bifolium und acht mengefaßt hat 6: dieser besondere Schriftstil, der in der Quaternionen, enthält den Text der Kleinen Prophe zweiten Hälfte des zehnten Jahrhunderts entwickelt ten mit den Katenen. und b_isz um Ende des zwölften Jahrhunderts beibehal- Ebenso verschieden wie der Inhalt ist auch die ten (sodann als „Nachahmungsschrift" in paläologi- Form der beiden Abteilungen. Die Lagen der ersten scher Zeit wieder aufgegriffen) wurde, bietet eine Abteilung sind nicht gezählt, sondern am Anfang mit Minuskel mit gleichmäßiger Rundung und harmoni- eine:m Asteriskus in Rot markiert, der in der linken scher Abfolge, die in der Buchstaben-Bildung wie auch unteren Ecke des ersten Recto sitzt. Die Lagen des in den Ligaturen spitze und kantige Züge vermeidet, zweiten Teils werden indessen, beginnend mit A', je sodann in der kalligraphischen Textur Kreise oder weils in der linken unteren Ecke des ersten Folium mit Kreissegmente bevorzugt und diese zum wichtigsten roten Majuskel-Buchstaben beziffert, die freilich nur Stilmittel ausbildet; obwohl flüssig und leicht geschrie- noch in den ersten fünf Lagen, von A' bis E', erhalten ben, verliert sie nie ihre harmonische Eleganz. Ihre blieben und von da an verloren gingen. Was nun die Ausführung im Turiner Codex zeichnet sich durch Form betrifft, so sind im ersten Teil sowohl der Pro- eine besondere Harmonie und Symmetrie aus, also Taf. 29-31 log wie die argumenta dreispaltig und in ,Alexandrini durch Eigenschaften, die ihr eine charakteristische scher Majuskel' geschrieben. Diese Schriftart war in Note verleihen und auf ein Atelier von hohem Rang der Spätantike vor allem im gräko-ägyptischen Raum hinweisen (dazu s. auch unten S. 24). Während also verbreitet (s. auch unten S. 20). Während sie außer der Text in Perlschrift geschrieben ist, sind die Titel halb dieses Gebietes zwischen dem sechsten und neun durch die Epigraphische Auszeichnungs-Majuskel her ten Jahrhundert kaum bezeugt ist, wird sie seit dem vorgehoben. Perlschrift, Alexandrinische Auszeich zehnten Jahrhundert wieder aufgegriffen, und zwar für nungs-Majuskel und Epigraphische Auszeichnungs- Titel, Unter-Titel und besondere Textpartien in Majuskel bilden eine Hierarchie von Schriftarten, Minuskel-Handschriften 4• Bei dieser Neuverwendung deren jede eine, eigene Funktion hat. Die Katene ist als übernimmt sie die Rolle einer sogenannten „Aus Rahmen-Katene angelegt und oft in Form von Figuren zeichnungs-Schrift". Im Turiner Propheten-Codex oder Figuren-Spielen geschrieben. liegt der Fall jedoch besonders, weil sie hier in einer Mangels äußerer Daten ist die Datierung des Turi umfangreichen Text-Abteilung angewandt ist. Um die ner Codex auf die Beurteilung des Ornaments (dazu Titel davon abzuheben, sind diese in einer Schriftart S. 3 7) und der Schriftarten angewiesen, die im ausgeführt, die Herbert Hunger als „Epigraphische Haupttext und in den einleitenden Texten erscheinen. Taf.29 Auszeichnungs-Majuskel" bezeichnet hat, um mit Folglich müssen diese ,inneren Daten', zur Gewin diesem Namen ihre Übertragung von epigraphischen nung einer möglichst genauen Datierung, mit fest Funktionen auf die Pergament-Seiten und also die Her datierten oder annähernd datierbaren Werken ver leitung von Stein-Inschriften anzuzeigen 5• Auf die be glichen werden. Unter diesem Aspekt hält die Buch schriebenen Einleitungstexte folgen in der ersten Ab produktion aus der zweiten Hälfte des zehnten Jahr teilung unseres Codex die Bildnisse der Propheten (d a- hunderts die besten Analogien zur Perlschrift des Taf. 7-8 zu unten S. 33). Sie sitzen auf den Innenblättern Turiner Codex bereit. (f. 1 iv und 12r) eines Binio, dessen erstes Blatt, wie An erster Stelle kommt hier der Codex Dionysiu 70 Taf.39-40 der Schriftabdruck (von f. 10v) auf f. 1 F zeigt, schon in Betracht, eine Handschrift mit Homilien des Johan- bei der Herstellung des Codex entfernt worden ist; das nes Chrysostomos, die im Jahre 955 für Basilios Leka- letzte, auf dem Recto unbeschriebene Blatt trägt auf penos, den unehelichen Sohn Romanos' I., geschrieben dem Verso ein Titelstück, den Text Hoseas 1.1 in Epi- wurde, einen hohen Würdenträger am Hof, der da- Taf.9 graphischer Auszeichnungs-Majuskel innerhalb eines mals den Rang eines Patrikios und Parakoimomenos Zierrahmens. (JtffCQtXLOx~a 1, JtaQaxmµwµEvo~) bekleidete 7 (dazu Die zweite Abteilung unseres Codex, in welcher wir s. unten S. 26). Die Analogien lassen sich an einer den eigentlichen Propheten-Text sowie dessen Katene ganzen Reihe von graphischen Besonderheiten fest- 4 Zur Verwendung der Alexandrinischen Majuskel in der 6 H. HUNGER, Studien zur griechischen Paläographie (Wien Funktion einer „Auszeichnungsschrift" s. vor allem H. HUNGER, 1954) (Biblos-Schriften, 5), S. 22-32; zu den Beziehungen zwi Minuskel und Auszeichnungsschriften im 10.-12.Jahrhundert, schen der Perlschrift und der Alexandrinischen Auszeichnungs in: La paleographie grecque et byzantine (Paris 1977) (Colloques majuskel s. wiederum HUNGER, Minuskel und Auszeichnungs Internationaux du Centre Nationale de la Recherche Scientifique, schriften, op.cit., S.205. 559), S.204-206, aber auch J.IRIGOIN, L'onciale grecque de 7 SP.LAMBRos, Catalogue of the Creek Manuscripts an type copte, in: Jahrbuch der Österreichischen Byzantinischen Ge Mount Athos, I (Cambridge 1895), S.325, Nr.3604; LAKE,I II, sellschaft, 8, 1959, S.48. ms. 87, Taf. 154-155; S. M. PELEKANIDIS- P. C. CHRISTOU- 5 HUNGER, Minuskel und Auszeichnungsschriften, op. cit., CH. TsrouMrs - S. N. KADAS, The Treasures of Mount Athos. S. 207 f.; DERS., Epigraphische Auszeichnungsmajuskel. Beitrag Illuminated Manuscripts, I (Athens 1974), S.124-127 (mit zu einem bisher kaum beachteten Kapitel der griechischen Paläo Abb. 130-138) und 422 (mit falscher Datierung auf das Jahr graphie, in: Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik, 26, 995). 1977, S.193-210. 10

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