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Die Bewertung der Wiederverheiratung (der zweiten Ehe) in der Antike und in der Frühen Kirche: 314. Sitzung am 21. Oktober 1987 in Düsseldorf PDF

47 Pages·1988·1.48 MB·German
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Rheinisch-Westfalische Akademie der Wissenschaften Geisteswissenschaften Vortrage . G 292 Herausgegeben von der Rheinisch-Westfalischen Akademie der Wissenschaften BERNHARD KOTTING Die Bewertung der Wiederverheiratung (der zweiten Ehe) in der Antike und in der Friihen Kirche Westdeutscher Verlag 314. Sitzung am 21. Oktober 1987 in Dusseldorf CIP-Titelaufnahme dec Deutschen Bibliothek KOtting, Bernhard: Die Sewertung dec Wiedervecheiratung (dec zweiten Ehe) in dec Antike und in dec friihen Kirche / Bernhard Kotting. -Opladen: Westdeutschec Verlag, 1988 (Vortriige I Rheinisch-Westfiilische Akademie der Wissenschaften: Geistes wissenschaften; G 292) ISBN-13: 978-3-531-07292-0 e-JSBN-13: 978-3-322-85301-1 DOl: 10.1007/978-3-322-85301-1 NE: Rheiniscb-Westfiilische Akademie dec Wissenschaften (DUsseldorf): Vortciige I Geisteswissenschaften Der Westdeutsche Verlag ist ein Unternehmen der Verlagsgruppe Bertelsmann. © 1988 by Westdeutscher Verlag GmbH Opladen Herstellung: Westdeutscher Verlag ISSN 0172-2093 ISBN-13: 978-3-531-07292-0 Inhalt Bernhard Kotting, MUnster Die Bewertung der Wiederverheiratung (der zweiten Ehe) in der Antike und in der FrUhen Kirche 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2. Die Kultvorschriften der antiken Religionen Uber die einmalige Ehe. 8 3. Einschrankungen bei der Hochzeitsfeier .......................... 11 4. Die Bewertung der zweiten Ehe in der romischen Familientradition . 15 5. Die Bedeutung der Inschrift univira auf Denkmalern ............... 18 6. Die Taube als Symbol der einmaligen Ehe ........................ 20 7. Die Beurteilung der zweiten Ehe bei den frUhen christlichen Schrift- stellern ....................................................... 22 8. Die Beurteilung der zweiten Ehe bei den spateren christlichen Schrift- stellern ....................................................... 26 9. Bestimmungen von Synoden 33 Diskussionsbeitrage Professor Dr. phil., D.litt. h.c. Rudolf Kassel; Professor Dr. theol. Bern hard Kotting; Professor Dr. jur. Heinz Hubner; Professor Dr. theol. Karl Kertelge; Professor Dr. theol. Ernst Dassmann; Professor Dr. phil. Gustav Adolf Lehmann; Professor Dr. phil. Otto Poggeler ...... _............ 37 1. Einleitung Wenn die Ehe unter kulturgeschichtlichen Aspekten betrachtet wird, so zeigt sich im antiken Mittelmeergebiet ein mehrfarbiges Bild. Die religiosen Vorstellun gen haben dabei mitgewirkt. Das Verhaltnis yom Mann zur Frau und umgekehrt hat sich in diesem Gebiet im Laufe der vorchristlichen Zeit gewandelt. Vor der Ankunft der Semiten und Indogermanen und der weiteren, namentlich aus Asien einziehenden Volkergruppen in diesen Bereich der sogenannten Mutterrechtskul tur hatte die Frau in der Lebensgemeinschaft der Familie eine wichtigere Stellung als in den letzten vorchristlichen Jahrhunderten nach den groBen Einwanderun gen. Das anderte sich grundlegend auch im Bereich der Ehe, besonders der Ehe scheidung und der Wiederverheiratung. Ais das Christentum bei seinem Eintritt in die Mittelmeerkulturwelt vor diese Probleme gestellt wurde, war die Frau in eherechtlicher Hinsicht dem Mann sehr nachgeordnet. Eine selbstandige Wieder verheiratung der Frau nach der Trennung von ihrem Mann, sei es nach der Auf losung der Lebensgemeinschaft durch den Mann oder nach seinem Tod, wurde han beurteilt, jedenfalls nicht gern gesehen. Diese Abneigung gegen die Wiederver heiratung der Frau hat das Christentum schon vorgefunden. Die Ablehnung der zweiten Ehe der Frau hangt im Tiefsten mit der patriarchalischen Familienord nung zusammen. Durch die Vermahlung trat die Frau in die neue Lebensgemein schaft des Mannes mit dem religiosen Kult seiner Familie ein. Wenn der Mann eher starb als sie, war ihr Leben "leer". Darauf weisen viele Bezeichnungen in den ver schiedenen Sprachen hin, z. B. griechisch mea, lateinisch vidua, Witwe. Diese Bezeichnung ist auf den Mann in gleicher Weise nicht anwendbar; das sieht man schon daraus, daB die Benennung fUr den Mann, der seine Frau verloren hat, durch Suffix an die weibliche gebildet wird: Witwer, wwend es sonst umgekehrt ist, z. B. Lehrer, Lehrerin. Wahrend im indogermanischen, antiken BewuBtsein der Mann nach dem Tode seiner Frau oder der Scheidung die Moglichkeit hatte, jeder zeit eine andere zu sich zu nehmen, war die Lage der Frau nach dem Tode des Mannes oder der Scheidung von ihm wesentlich anders. Sie muBte ihre Kinder in der Familie des Mannes lassen und sie muBte mit dem Ubergang in eine andere Familie in eine neue Kultgemeinschaft eintreten. Die Gefahr der perturbatio san- 8 Bernhard Kotting guinis oder, urn mit Cicero zu sprechen, der perturbatio sacrocrum lag nahe.1 Diese Ordnungen waren beim Einzug des Christentums weithin durchbrochen. Nur in einigen traditionsbewuBten Familien wurden diese alten Vorstellungen von der Untrennbarkeit der Ehe und dem AusschluB der Wiederverheiratung der Frau noch aufrechterhalten. Das war ein AnknUpfungspunkt des Christentums fur sein Lob der einmaligen Ehe.2 2. Die Kultvorschriften der antiken Religionen aber die einmalige Ehe Wer sich den Gottern mit Opfern und Gebet nahern wollte, wurde in der vor christlichen Antike oftmals zu einer mehrtagigen oder noch langeren geschlecht lichen Enthaltsamkeit verpflichtet. Zuweilen durften die kultischen Riten nur von Mannern oder Frauen vollzogen werden, die in vollstandiger geschlechtlicher Ent haltsamkeit verblieben; so kam es, daB oftmals Kinder vor dem Beginn des Reife alters und alte Frauen herangezogen wurden.3 Daneben gab es aber Bestimmungen und Verordnungen, die auch alten Personen die AusUbung kultischer Aufgaben entzogen, die in zweiter oder dritter Ehe lebten und nicht mehr in der ersten. Besondere Vorschriften bestanden in Rom fur den Priester des Jupiter, den Flamen Dialis. FUr ihn galt: " Wenn er seine Gattin verliert, scheidet er aus dem Amt aus. "4 Eine andere Regelung lautete: "Weil die Gattin dem Mann hilft beim Opfer ... ; wiirde er sofort nach dem Tod der ersten Frau eine andere heiraten, so ware das einerseits nicht moglich, andererseits aber auch nicht schicklich;"5 starb sie, so muBte der Flamen sein Amt niederlegen.6 Vielleicht bestand darum fur ihn die Pflicht, bei der AusUbung seines Amtes verheiratet zu sein - seine Ehe war unauf loslich -, weil seine Ehe als leeo~ 'YaJlo~ aufgefaBt wurde, als Abbild der heiligen Ver mahlung des Himmels mit der Erde, der alles Lebende seinen Ursprung verdankt. Die heidnischen Quellen bezeugen nur, daB fur den Flamen Dialis Heiratszwang bestand; sie lassen die Moglichkeit offen, daB er bereits in zweiter Ehe lebte. Auch in anderen Kulturen, z. B. beim Apispriester, beim Pontifex maximus oder beim Mithrasoberpriester, laBt sich kein Verbot nachweisen, eine zweite Ehe einzu gehen. Damit wird deutlich, daB die heidnische Antike sich bei ihren Kultvor- 1 De domo sua ad pont. 13,23; Kiibler, Art. gens: PW VIII, 1184/6. 2 B. Kotting, Zu den Strafen und BuBen fUr die Wiederverheiratung in der friihen Kirche: Festschr. Engberding: Oriens christianus 48 [1964] 143f. 3 E. Fehrle, Die kultische Keuschheit im Altertum: RGVV 6 [1910] Th. Wachter, Reinheitsvorschriften im griechischen Kult: RGVV 9 [1910]. 4 Aulus Gellius, Noctes Atticae 10,15; 23f. G. Rohde, Die Kultsatzungen der romischen Pontifices: RGVV 25 [1936] 13f. , Plutarch, Aetia Romana 50. 6 B. Kotting, Art. *Digamus: RAe ill, 1018f. Die Bewenung der Wiederverheiratung 9 schriften nur der Wiederverheiratung der Frau widersetzte. Man legte auch bier fUr die Beurteilung ihres sexuellen Verhaltens strengere Ma6stabe an als beim Mann. Das galt auch noch, a1s der christliche Glaube sich schon weit ausgebreitet hatte. So horen wir z.B. von dem Kirchenlehrer Basilius (375), daB Ehebruch bei Mann und Frau verschieden beurteilt werden; das ist nun einmal so Sitte und die Kirche schlieBt sich, wenn auch widerwillig, dieser Bewertung an.7 Recht deutlich laBt sich das Verbot, eine zweite Ehe einzugehen, bei Frauen nachweisen, die Priesterinnen waren. FUr die Frau des Flamen Dialis galt die Vor schrift, daB sie als J ungfrau mit ihrem Mann die Ehe eingegangen sein muBte.8 An der Via Latina war der Fortuna muliebris ein Heiligtum errichtet worden, als Coriolanus auf Bitten seiner Mutter von der Zerstorung der Stadt Abstand nahm.9 Hier war es Kultiibung, daB solche Frauen, die in zweiter Ehe lebten, dem Bilde weder Kranze aufstecken durften noch im Gebete die Hande zu ihm erheben; die ganze Verehrung iibertrugen sie den Neuvermahlten.10 Minucius Felix berichtet auch, daB manche Heiligtiimer nur eine einmal verheiratete Frau bekranzen durfte.11 Auf den Kult der Fortuna muliebris bezieht auch Servius das Kultgesetz, daB Frauen, die zweimal verheiratet waren, nicht Priesterinnen sein konnten.12 Eine ahnliche Vorschrift bestand in Rom fUr den Kult der Mater Matuta, deren Tempel neben dem der Fortuna auf dem Forum Boarium lag.13 Der Kult geht in fruhe Zeit zuruck; er war ausschlieBlich Sache der Matronen und zwar nach genauer Bestimmung der univirae, also solcher, die nur einmal verheiratet waren. 14 Die Fortuna wurde auch unter dem Titel der pudicitia verehrt. Der Kult hatte sich schon in fruher Zeit in den patrizischenund plebeischen gespalten, weil die Matro nae die Virginia, die Tochter des Patriziers Paulus, yom Opfer ausgeschlossen hat ten wegen ihrer Heirat mit einem Plebeier. Darum sonderte sie auf dem Vicus Lon gus, wo sie wohnte, einen kleinen Platz ab und errichtete dort in einem Heiligtum einen Altar, den sie der plebeischen Pudicitia weihte. U nter dem gleichen Ritus wie im patrizischen Kultraum wurde der Kult vollzogen, so daB nur eine Frau erlesener Schamhaftigkeit, die nur mit einem einzigen Mann verheiratet gewesen war, das Recht hatte zu opfern.1s Das war etwa im Jahre 296 v. Chr. Aus diesen Berichten darf die Folgerung gezogen werden, daB nur die univira zur Verehrung der Gottin 7 Ep. 199,21. 8 Hieronymus, Ep.123,7; Tertullian, De exhort. cast. 13. 9 Valerius Maximus, Fact. et diet. memor. 1,8,4. 10 Nach Otto den einmal Verheirateten; vgl. Otto, Art. Fortuna: PW VII, 20; G. Wissowa, Religion und Kultus der Romerl [1912] 258£. 11 107,24. 12 Komm. in Verg. Aen. IV, 19. 13 Wissowa, aO. 257£. 14 Ovid, Fast. 6,475; Tertullian, De monogamia 17. 15 Livius 10,28,3/9. 10 Bernhard Kotting zugelasssen wurde; ausgeschlossen war jede, die nicht mehr mit dem Mann in ehe licher Verbindung lebte, der sie als Jungfrau heimgefUhrt hatte, mochte sie die zweite Ehe eingegangen sein nach dem Tode ihres ersten Gatten oder nach erfolgter Scheidung. Fur Manner bestand eine ahnliche Verordnung nicht. Das Wissen von dieser Vorschrift fUr die Frauen hat sich lange erhalten bis in eine Zeit hinein, als die alte Sittenstrenge nicht mehr bestand und der Kult der Gottin kaum noch Bedeutung hatte.16 Diese altromischen Kultvorschriften sind zu trennen von den allgemeinen Enthaltsamkeits-und Keuschheitsgeboten, die auch in anderen Kulten fUr jeden galten, der sich den Gottern in Gebet und Opfern nahern wollte.J7 Die alte Ordnung des Ehe- und Familienlebens leuchtet hier auf mit der angstlichen Sorge urn die Reinerhaltung des Blutes der Familie und der Geschlechter, nach der jede Nichtachtung dieses alten Gesetzes auch mit kultischer Achtung geahndet wurde; auBerhalb des romischen Bezirkes sind ahnliche Bestimmungen unbekannt. 1m griechischen Raum ist wohl die geschlechtliche Enthaltsamkeit gefordert vor Ausubung eines Kultaktes, aber nur selten war durch die Kultsatzung die zweite Ehe untersagt, so z.B. in der Nahe von Aigai, wo ein sehr altes Schnitzbild der Got tin geweiht war; die Priesterin muBte von dem Antritt ihres Amtes an enthaltsam bleiben und durfte vorher nur einen Mann gehabt haben.18 In Athen fand an den Choen, dem zweiten Tag des Anthesterienfestes im Bukoleion, dem alten Amts lokal des Archon, die heilige Hochzeit zwischen seiner Gattin und Dionysos statt. Die Gattin, die Basilissa, muBte gemaB dieser alten Satzung, die auf einer Stele neben dem Altar eingraviert war, Jungfrau sein, wenn der Archon sie heiratete. Starb sie, so muBte er sein Amt niederlegen.19 Wir haben hier das Gegenstuck zur romischen Satzung, die fUr den Flamen Dialis und seine Gattin, die Flaminica, galt. Hier gab es nicht die Praxis des symbolischen Ehevollzuges, aber die Flaminica muBte mit ihrem Mann in erster Ehe leben. Sie war mit ihrem Gatten die Reprasen tation der alten Dberlieferung von der U ntrennbarkeit der feierlich geschlossenen Ehe; ihr Tod zwang den Mann zum Ausscheiden aus seinem Amt, wovon es aber spater wohl Ausnahmen gab.20 In den Kreis der Vestalinnen durften nur Jungfrauen aufgenommen werden, deren Eltern noch lebten; sie hatten den Titel patrimae et matrimae. 1m Hinblick auf die einmalige Ehe gibt Tacitus einen interessanten Bericht: "Der Kaiser Tiberius verfiigte, daB eine Jungfrau gewahlt werden solIe an Stelle der Occia, die 57 Jahre das Amt der Vorsteherin (Oberin) versehen hatte. Er dankte dem Fonteius 16 Livius, 10,23,10; Hieronymus, Adv. Jov. 1,49. 17 Fehrle, aO. 26ff. 18 Pausanias, Hell. perieg. 7,25,13. 19 L. Deubner, Attische Feste [1932] 100. 20 CIL C, 6662; Plutarch, Aetia rom. 50. R. Sohm - L. Wenger, Institutionen des romischen Rechtes [1923] 524.

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