Fritz Böhle . Sabine Pfeiffer . Nese Sevsay-Tegethoff (Hrsg.) Die Bewältigung des unplanbaren Fritz Böhle . Sabine Pfeiffer Nese Sevsay-Tegethoff (H rsg.) Die Bewä Itigu ng des Unplanbaren I VS VERLAG FÜR SOZIALWISSENSCHAFTEN - + 11 = VI VI.U.O FO. SOZI"LWISSENSCHAFTEN VS verlag für Sozialwissenschaften Entstanden mit Beginn des Jahres 2004 aus den beiden Häusern Leske+Budrich und Westdeutscher Verlag. Die breite Basis für sozialwissenschaftliches Publizieren Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar. Gedruckt mit freundlicher Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). 1. Auflage Oktober 2004 Alle Rechte vorbehalten © VS verlag für sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2004 Lektorat: Frank Engelhardt / Bettina Enders Der VS verlag für Sozialwissenschaften ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspei cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk bereChtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier ISBN-13: 978-3-531-14312-5 e-ISBN-13: 978-3-322-80597-3 DOI: 10.1007/978-3-322-80597-3 Inhalt Vorbemerkung 7 Teil A: Problemstellung und konzeptuelle Grundlagen I Die Bewältigung des Unplanbaren als neue Herausforderung in der Arbeitswelt - Die Unplanbarkeit betrieblicher Prozesse und erfahrungs geleitetes Arbeiten 12 Fritz Bähle II Erfahrungsgeleitetes Handeln lernen - Prinzipien erfahrungsgeleiteten Lernens 55 Hans G. Bauer, Claudia Munz Teil B: Fachübergreifendes erfahrungsgeleitetes Arbeiten und Lernen Kooperationskompetenz - Neue Anforderungen an Ingenieure I Erfahrungsgeleitete kooperative Arbeit 78 Stephanie Porschen, Annegret Bolte II Erfahrungsgeleitetes Lernen für Kooperation 99 Claudia Munz, Hans G. Bauer, RolfLang-Koersgen Organisationskompetenz - Eine neue Anforderung (auch) an Facharbeiter I Erfahrungsgeleitetes Organisieren und Reorganisieren 130 Jürgen Strauß, Wilfried Kruse II Erfahrungsgeleitetes Lernen für die Beteiligung an Reorganisation 164 Jürgen Strauß, Wilfried Kruse Prozesskompetenz bei verteilter Arbeit - Eine neue Anforderung an Ingenieure I Erfahrungsgeleitetes Arbeiten bei verteilter Arbeit 180 Pamela Meil, Eckhard Heidling, Helmuth Rose II Erfahrungsgeleitetes Lernen für verteilte Arbeit 199 Eckhard Heidling, Pamela Meil, Helmuth Rose 6 Inhalt Tele-Service - Vom erfahrungsgeleiteten Servicetechniker zum erfahrungsorientierten Innovationsmanager I Erfahrungsgeleitetes Arbeiten im (Tele-)Service 214 Sabine Pfeiffer II Erfahrung lernen - Gestaltungsperspektiven (nicht nur) für (Tele-) Service 245 Sabine Pfeiffer, Eric Treske Teil C: Erfahrungsgeleitetes Arbeiten und Lernen in der Kompetenz-und Weiterbildungs diskussion I Ein anderer Blick auf Kompetenzen 267 Ne§e Sevsay-Tegethoff II Neue Perspektiven für das Lernen im Prozess der Arbeit 287 Ne§e Sevsay-Tegethoff III Kommentare aus der Praxis Ein neues Leitbild für Facharbeit 315 Eva Kuda Vier unbewältigte Probleme bei der Planung des Unplanbaren 319 John Erpenbeck Ein neues Leitbild für Weiterbildung 322 Johannes Sauer Erweitertes Verständnis von Arbeit und Lernen 324 Karl-Heinz Müller Anhang Literatur 328 Zum Projekt NAKIF 347 Zu den Autoren 349 Vorbemerkung Die Arbeitswelt ist im Umbruch. Mittlerweile ist diese Feststellung all gemein bekamit und scheint eher die Normalität als das Außergewöhn liche zu beschreiben. Die Diagnosen und Prognosen sind vielfältig. In einem scheint jedoch Einigkeit zu bestehen: Neben Fachwissen werden zunehmend fachübergreifende Kompetenzen wichtig. So werden über das technische Know-how hinaus Kooperation und Kommunikation, die bisher in technischen Berufen kaum gefragt schienen, immer bedeutsa mer. Doch was dies konkret beinhaltet, ist bislang noch wenig bekannt. Begriffe wie "soft skills" suggerieren Klarheit, wo Klärung erst noch geleistet werden müsste. Heute wird von Fachkräften mehr verlangt, als für die eigene Tätig keit Verantwortung zu übernehmen. Die Verantwortung für betriebliche Prozesse über den eigenen Arbeitsbereich hinaus beinhaltet auch eine Beteiligung an der Planung, aber nicht nur dies: Wesentlich wird nun auch die Verantwortung für den reibungslosen Ablauf der Prozesse. Dies wäre, wenn alles so abliefe wie geplant und sich in Unternehmen alles planen ließe, vergleichsweise einfach zu bewältigen. Doch dem ist nicht so. Die Hoffnung, das Unplanbare zunehmend in Planbares zu transformieren, geht nicht in Erfüllung. Je mehr die Planung fortschrei tet, umso deutlicher wird: Es bleibt nicht nur ein Rest von Unplanbarem, sondern das Unplanbare entsteht auch immer wieder in neuer Weise. Mit der Flexibilisierung und Dynamisierung von Unternehmen nimmt es eher zu als ab. Doch gerade hierauf sind Unternehmen und technische Fachkräfte kaum vorbereitet. Ihr einziges Rezept, mit dem Unplanbaren zurechtzukommen, ist häufig dessen Transformation in Planbares, oder - im Falle der unmittelbaren Konfrontation mit dem Unplanbaren - die sem systematisch zu begegnen, um es (wieder) unter Kontrolle zu be kommen. Jeder weiß, dass dies nicht immer gelingt. Mit der hier vorgelegten Untersuchung wird diese Strategie und Sichtweise grundlegend korrigiert. Sie zeigt, dass in ,modemen' Unter nehmen - das Unplanbare in betrieblichen Prozessen eine Normalität ist, die es nicht zu verdrängen gilt, sondern der offensiv zu begegnen ist; 8 Die Bewältigung des Unplanbaren - zur Bewältigung des Unplanbaren ein planmäßig-rationales Handeln nicht ausreicht, sondern ein erfahrungsgeleitet-subjektivierendes Han deln notwendig wird; - die hierfür erforderlichen Kompetenzen durch ein erfahrungsgeleite- tes Lernen erworben werden können und müssen. Dieses Buch enthält neue Erkenntnisse zum professionellen Handeln und zu professioneller Kompetenz. Darüber hinaus zeigt es neue, in der Praxis erprobte Wege zum Lernen im Prozess der Arbeit. Die Resultate, Gestaltungsansätze und Überlegungen, die im Folgenden vorgestellt werden, beruhen auf Arbeiten im Rahmen des Forschungs vorhabens "Neue Anforderungen an Kompetenzen erfahrungsgeleiteten Arbeitens und selbstgesteuerten Lernens bei industriellen Fachkräften" (NAKlF). An ihm beteiligt waren vier wissenschaftliche Einrichtungen und zwölf Unternehmen unterschiedlicher Branchen. Das Vorhaben wur de aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ge fördert (Ausführlicheres zu den am Forschungsvorhaben beteiligten In stituten und Unternehmen im Anhang, S. 347). Die Frage- und Problem stellungen ergaben sich aus Voruntersuchungen in Unternehmen und aus einem Dialog zwischen Wissenschaftlern und Vertretern von Unterneh mern sowie Verbänden (vgl. Lutz u.a. 2000). Die Zusammenarbeit zwi schen Wissenschaft und Praxis bei der Durchführung der Untersuchungen bot die Gelegenheit, im Forschungsprojekt selbst die praktische Relevanz der wissenschaftlichen Konzepte und Ergebnisse zu überprüfen. Die hier vorgelegten Ergebnisse sind damit in doppelter Weise empirisch fundiert: Sie beruhen auf wissenschaftlichen empirischen Untersuchungen und wurden von den ,Betroffenen' selbst bestätigt. Die konzeptuellen Grundlagen entstanden aus der Zusammen- und Weiterführung unterschiedlicher Forschungsansätze und Ergebnisse zu neuen Entwicklungen im Arbeitsbereich. Zu nennen sind hier insbeson dere: die Arbeiten des Instituts für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V. (ISF München) und der Universität Augsburg zur Erweiterung des Ver ständnisses von Arbeit durch das Konzept des erfahrungsgeleitet subjektivierenden Arbeitshandelns; zu Auswirkungen der Informatisie rung; zu verteilter Arbeit; zu neuen Anforderungen an Kooperation; - die Arbeiten der Sozialforschungsstelle Dortmund (sfs) zu einem an beruflicher Autonomie orientierten Konzept von Arbeitsprozesswis sen, erfahrungsorientiertem Arbeiten und dessen fachübergreifender Bedeutung; Vorbemerkung 9 - die Arbeiten der Gesellschaft für Ausbildungsforschung und Berufs entwicklung München (GAB) zu künstlerischem Handeln und erfah rungsgeleitetem Lernen. In einer übergreifenden Perspektive stehen die Untersuchungen in Zu sammenhang mit Arbeiten im Sonderforschungsbereich 536 der Univer sität München (Beck, Bonß 2001; Beck, Lau 2004; Böhle u.a. 2002). Zur Gliederung: Teil A liefert einen Überblick über die konzeptuellen Grundlagen und die untersuchten Entwicklungen. Diese Darstellung gliedert sich in zwei Kapitel. Kapitel I befasst sich mit Merkmalen und Erscheinungsformen des Unplanbaren in Unternehmen und umreißt eine neue Perspektive in der Auseinandersetzung hiermit, Kapitel 11 stellt grundlegende Prinzipien erfahrungsgeleiteten Lernens dar. Diese Unterteilung - I. Merkmale und Erscheinungsformen des Unplanbaren; 11. Gestaltungsansätze und Formen des Lernens - prägt den Aufbau des gesamten Buches und findet sich in allen folgenden Teilen wieder. In Teil B werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchungen dargestellt. Die Darstellung gliedert sich in vier Abschnitte. Sie zeigen jeweils ein neues Zusammenspiel von Plan- und Unplanbarem in mo demen Unternehmen auf und bestimmen neue fachübergreifende An forderungen an industrielle Fachkräfte. Diese Abschnitte befassen sich im Einzelnen mit den Bereichen Kooperationskompetenz, Organisa tionskompetenz, Prozesskompetenz und (Tele-)Servicekompetenz. Auch sie sind wieder jeweils in zwei Kapitel untergliedert, wobei Kapitel I sich mit Erscheinungsformen des Unplanbaren und den Merkmalen des fachübergreifenden erfahrungsgeleiteten Arbeitens befasst. Auf dieser Grundlage werden dann in Kapitel 11 jeweils neue Ansätze erfahrungs geleiteten Lernens zur Heranbildung der für die Bewältigung des Un planbaren notwendigen Kompetenzen dargestellt. Die Ergebnisse der hier vorgelegten Untersuchungen tragen in mehr facher Weise zu aktuellen Diskussionen über neue Anforderungen an Arbeitskräfte und neue Formen des Lernens bei und führen diese weiter. Dieses Thema steht im Zentrum von Teil C. Im Besonderen betrifft dies die Diskussion zur Erweiterung des Begriffs der Qualifikation durch das Konzept der Kompetenzen (I) sowie die Diskussion zum informellen und selbstorganisierten Lernen außerhalb von und in Ergänzung zu institutionalisierten Bildungsprozessen (11). 10 Die Bewältigung des Unplanbaren Wir danken an dieser Stelle allen, die zum Gelingen des Forschungs vorhabens NAKIF beigetragen haben. Im Besonderen gilt dieser Dank den Mitarbeitern der beteiligten Unternehmen (vgl. Anhang), den Ver tretern des Projektträgers Produktion und Fertigungstechnologien Karls ruhe - insbesondere Herrn H. Mense und Frau C. Peters - für die koope rative Unterstützung des Forschungsvorhabens, Herrn K. H. Müller (ZVEI), Frau E. Kuda (IG Metall), Herrn Prof. Dr. H. Stahl und Herrn Prof. Dr. B. Egerer (FH Nürnberg) und schließlich Herrn Dr. C. Prechtl (VBM) und Herrn D. Kolibius (Conventum Schwaben) für die Beratung beim Zustandekommen und der Durchführung von NAKIF, Frau Karla Kempgens für die kreative grafische Umsetzung unserer Ergebnisse so wie Herrn Frank Seiß für die fachkundige und kooperative redaktionelle Betreuung dieses Bandes. Augsburg, München im Frühjahr 2004 Fritz Bähle Sabine Pfeiffer Ne§e Sevsay-Tegethoff TeilA Problemstellung und konzeptuelle Grundlagen