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Die Bedeutung und Funktion des Glaubens im Alter PDF

297 Pages·2012·1.87 MB·German
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Die Bedeutung und Funktion des Glaubens im Alter vorgelegt von Annette M. Lamprecht aus Hannover Von der Fakultät VII – Architektur – Umwelt – Gesellschaft der Technischen Universität Berlin zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Philosophie - Dr. phil. – genehmigte Dissertation Vorsitzender: Prof. Dr. R. Schäfer Berichter: Prof. Dr. D. Görlitz Berichter: Prof. Dr. H. Legewie (Fak. VIII) Berichterin: Prof. Dr. E. Jaeggi Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 05.09.2002 Berlin 2003 D 83 Danksagung Danken möchte ich meinen Eltern, die mir zuerst vom Glauben erzählt haben. Und ich möchte meinen Interviewpartnern meinen Dank bezeugen, dass sie sich bereitwillig für das Interview zur Verfügung stellten. Von ihrer Art, den Glau- ben ins Leben umzusetzen, habe ich viel gelernt. Mein besonderer Dank gilt der Betreuerin meiner Arbeit, Professorin Dr. E. Jaeggi. Ohne ihre Ermutigung und Unterstützung wäre diese Arbeit nicht voll- endet worden. Ich danke Dr. Michael Utsch für seine religionspsychologische und Pastor Klaus Brix für seine theologische Beratung für diese Arbeit. Bezüglich des Manuskriptes bin ich Frau Astrid Guttzeit für die jahrelange Aus- übung der Schreibarbeiten und Frau Bärbel Sieling für die zügige Fertigstellung zu Dank verpflichtet. Meiner Freundin Marita Ffr. v. Wilmowsky bin ich dankbar für ihre textkriti- schen Anmerkungen. Mein herzlichster Dank gilt meinem Ehemann Friedhelm für seine jahrelange Geduld und großzügige Unterstützung. Und auch meinen Brüdern, Pfarrer Wolfgang Roth, Dr. Kornelius Roth und ins- besondere Dr. Hans Roth bin ich dankbar für den Freiraum, den sie mir für mei- ne Arbeit ermöglichten. Ich habe es sehr geschätzt, dass sie gemeinsam mit ih- ren Kindern die Betreuung unserer Mutter in der Zeit ihrer Krankheit übernah- men. INHALTSVERZEICHNIS Seite 1. Einleitung 1 2. Kurzer Abriss der Religionspsychologie 2 2.1 Die historische Perspektive 2 2.2 Die zeitgenössische Perspektive 10 3. Komprimierte Beschreibung des biblischen Menschen- und 16 Gottesbildes als Standortbestimmung 4. Die Glaubenserfahrung im christlichen Kontext 18 4.1 Die Bekehrung als Sonderfall der Glaubenserfahrung 19 4.2 Glaube und Lebensgeschichte 22 4.3 Glaube als Hilfe im Prozess der Bewältigung von Problemen 25 4.3.1 Die Ergebnisse von Antonovsky 25 4.3.2 Die Ergebnisse der Studie von Stierlin und Grossarth-Maticek 28 4.3.3 Pargament und seine umfangreiche Forschung über religiöse Be- 29 wältigungsmechanismen 5. Die Lebensphase des Alters 44 5.1 Theorien über den Altersprozess 44 5.2 Kognitive Alterstheorie 44 5.3 Sozialpsychologische Alterstheorien 46 5.3.1 Aktivitätstheorie 46 5.3.2 Disengagement Theorie 46 5.4 Entwicklungspsychologische Perspektiven 46 6. Glaube und Alter 52 6.1 Stressbewältigung im Alter 52 6.1.2 Christlicher Glaube und Stressbewältigung im Alter 57 6.2 Lebensphase des Alters in biblischer Sicht 59 6.2.1 Leiderfahrung im biblischen Sinn als Zugewinn 61 6.2.2 Die biblische Stellungnahme zur Endlichkeit des Daseins, zum Tod 61 und zur Ewigkeit 7. Glaube und Alter in der psychologischen und 63 theologischen Forschung 7.1 Allgemeine Untersuchungen im psychologischen Bereich 63 7.2 Phänomenologische oder qualitative Studien zum Glaubensleben 66 von alten Menschen 7.2.1 Die Untersuchung von Th. Thun 66 7.2.2 Die Untersuchung von K. H. Bierlein 68 7.2.3 Einige Ausführungen zur biographischen Exploration 84 8. Die eigene Untersuchung – Fragestellung und Methodik 85 8.1 Der Gegenstand der eigenen Untersuchung 85 8.2 Materialgewinnung durch die Methode des halbstrukturierten In- 86 terviews Seite 8.3 Materialauswertung durch die Methode der qualitativen Inhaltsana- 86 lyse 8.4 Auswahl der Stichprobe 89 8.5 Methodik des Interviews 91 8.5.1 Die Interviewdurchführung 91 8.5.2 Der Gesprächsleitfaden 92 8.5.3 Transkriptionsregeln und Validierung 93 9. Kurzbiografien der Interviewpartner 94 10. Ergebnisse der Auswertung des Textmaterials 120 10.1 Die Entstehung der einzelnen Kategorien 120 10.2 Die Auswertung des Textes im Einzelnen 122 10.3 Das Kategorienmodell 122 10.4 Prozesshaftigkeit des Modells 125 10.5 Beschreibung der einzelnen Kategorien 128 10.5.1 Kategorie 1 als Kernkategorie: Die Bedeutung und Funktion des 129 inneren Glaubensvollzuges für den Einzelnen 10.5.1.1 Unterkategorie: Die Bedeutung des Gebetes für den inneren Voll- 131 zug und seine Funktion für das Leben des Einzelnen 10.5.1.2 Aneignung von Gottes Wort für die persönliche Situation durch 140 einen inneren Glaubensvollzug 10.5.1.3 Innerer Vollzug als Gefühl von Reue gegenüber Gott und Annah- 143 me von Vergebung 10.5.1.4 Innerer Glaubensvollzug ausgelöst durch Vorbilder 146 10.5.1.5 Innerer Glaubensvollzug als Entscheidungsprozess 149 10.5.2 Kategorie 2 als Hauptkategorie: Beschreibung der Gottesbeziehung 152 in der gegenwärtigen Situation der Interviewpartner 10.5.2.1 Bestimmung der Gottesbeziehung durch biblischen Parameter 155 10.5.2.2 Die Beziehung zu Jesus Christus und seine Bedeutung für den Ein- 162 zelnen 10.5.2.3 Die Beziehung zum Heiligen Geist und ihre Bedeutung für den 169 Einzelnen 10.5.3 Kategorie 3: Art und Weise wie Glaube nach außen gelebt wird 171 10.5.4 Kategorie 4: Beschreibung der Grenzerfahrung als erfahrene Hilfe 182 in Lebenskrisen und Beantwortung der Frage nach der Quelle der Kraft für die Lebensbewältigung 10.5.4.1 Krisensituationen, die in den Interviews Erwähnung finden 182 10.5.4.2 Verschiedene Arten der Krisenbewältigung 182 10.5.4.3 Beantwortung der Schlüsselfrage nach der Quelle von Kraft, das 193 Leben durchzustehen 10.5.5 Kategorie 5: Äußere Berührung mit Glaubensfragen und die innere 196 Reaktion darauf 10.5.6 Kategorie 6: Empfehlungen für junge Menschen 205 10.5.7 Kategorie 7: Die Bedeutung der Bibel für den Glauben des Einzel- 210 nen 10.5.8 Kategorie 8: Die Bedeutung der Zukunftsvorstellungen für den 215 Einzelnen 11. Diskussion 222 11.1 Zusammenfassung der dargestellten Ergebnisse 222 11.2 Literatureinbettung der Ergebnisse 224 11.2.1 Die therapeutische Beziehung in der Psychoanalyse und in der 225 klientenzentrierten Gesprächspsychotherapie nach Rogers 11.2.2 Ressourcenvergleich 229 11.3 Weitere Aspekte der Glaubensentwickung im Alter im Vergleich 230 zu anderen qualitativen Studien 11.4 Umgang mit Lebenskrisen, kritischen Lebensereignissen – Stress- 235 bewältigung 11.5 Begrenzung der Studie und Anregung für künftige Forschungsan- 238 sätze 12. Zusammenfassung 240 13 Literaturverzeichnis 243 14. Anhang 252 Beispiel: Interview Nr. 7 von Herrn Steinberg 1 1. EINLEITUNG Mein ganzes Leben hindurch hatte ich Begegnungen mit alten und sehr alten Menschen, die mich beeindruckten durch ihre Lebensbejahung und Vitalität. Als ich selbst älter wurde, be- gann mich eine allgemeinere Fragestellung für eine Feldstudie zu interessieren: Gibt es Fakto- ren, die die unterschiedliche Grundhaltung alter Menschen erklären? Gibt es vielleicht eine Antwort auf die Frage, warum manche Menschen eine positive Grundhaltung zum Leben und zum Alter zeigen und andere nicht? Die methodischen Probleme erschienen mir unüberwind- lich. In dieser Zeit änderte sich mein eigener Standpunkt. Durch eine persönliche Krise, in der der Schritt von Mutter zu Großmutter bewältigt werden musste, gab es eine innere Hinwen- dung zum Glauben. Für mich ist der christliche Glaube heute das Fundament meines Lebens. Im Rahmen der Altersforschung fehlt es an „ressourcenorientierten“, qualitativen Studien zur Erforschung der christlichen Glaubenseinstellung. So entstand das Bedürfnis, eine qualitative biografische Untersuchung an einer homogenen Gruppe von alten Menschen durchzuführen, nämlich an gläubigen alten Menschen, die eine christliche Grundüberzeugung haben, mit der folgenden allgemeinen Fragestellung: Gibt es eine positive Grundhaltung zum Leben im Alter? Welche Bedeutung und Funktion kommen dabei dem Glauben und der religiösen Grundüberzeugung zu? Im engeren Sinne sollen Fragen beantwortet werden wie: • Wie ist es zu der Glaubensentwicklung gekommen? • Auf welche Art und Weise werden gläubige Menschen alt? • Welche Ressourcen können sie durch ihren Glauben entdecken? • Welchen Schwierigkeiten begegnen sie? • Wo liegt die individuelle Spannbreite und wo liegen die individuellen Unterschiede in Bezug auf den Glauben des Einzelnen? • Gibt es Gemeinsamkeiten oder Unterschiede bei mehreren Befragten? • Können Konstrukte als Bausteine für eine eventuelle Theorie zur Frage der religiösen Bewältigungsmechanismen herausanalysiert werden? 2 2. KURZER ABRISS DER RELIGIONSPSYCHOLOGIE Da es sich im Folgenden um eine qualitative Studie im Bereich der Religionspsychologie handelt, soll ein kurzer historischer Abriss der Religionspsychologie vorausgehen, der dann in der Beschreibung der unterschiedlichen zeitgenössischen Strömungen endet. 2.1 Die historische Perspektive Das Ziel der Religionspsychologie ist es, das Phänomen von Glauben, Religiosität oder geleb- ter Religion mit wissenschaftlichen Methoden im Bereich der Psychologie zu erforschen. Da- bei kommen je nach psychologischer Schule unterschiedliche Methoden zur Anwendung, die auch unterschiedliche Definitionen von Religiosität beinhalten. In der Geschichte der Religionspsychologie war E.D. Starbuck (1899) einer der ersten Pionie- re, der das religiöse Erleben am Ende des 19. Jahrhunderts im Allgemeinen und die religiöse Erfahrung (wie beispielsweise das Erlebnis der Bekehrung) im Besonderen zu ermitteln such- te, und dabei auf Gesetzmäßigkeiten stieß. Er beschrieb zwei Typen der religiösen Erfahrung: 1. Der Typ der krisenlosen Entwicklung bis zur Reife und, 2. der Typ der Reifung durch Kri- sen (Starbuck, 1899, S. 409). Seine Methode bestand in Fragebogenerhebungen an 192 Perso- nen, die er inhaltlich und statistisch analysierte. Er kam aus der Schule von St. Hall, aus der auch J. H. Leuba hervorging. Anders arbeitete sein Nachfolger, W. James (1902), der den Sinn und die Bedeutung der reli- giösen Erfahrung im Leben des Einzelnen („persönliche Religion“) erforschen wollte und das Werk „Die Vielfalt der religiösen Erfahrung“ verfasste, das zum Klassiker in der Religions- psychologie wurde und erst kürzlich (1997) wieder neu aufgelegt wurde. Seine Methode be- stand in der Untersuchung religiöser Menschen von hohem Ausprägungsgrad, deren religiöse Erfahrung er aus literarischen Selbstzeugnissen analysierte (James 1997). Bereiche der per- sönlichen Religion sind für ihn: die inneren Stimmungen des Menschen, das Gewissen, das menschliche Gefühl von Verlassenheit und von Unvollkommenheit. Unter „Religion“ versteht James die Gefühle, Handlungen und Erfahrungen der einzelnen Menschen, sofern sie sich in Beziehung zu irgendeiner göttlichen Macht wissen (James 1997, S. 64). In der Auslegung seiner Ergebnisse schwankt er zwischen Deskription und Deutung. In der Deutung versucht er, eine Bewertung der tatsächlichen Bedeutungen der verschiedenartigen religiösen Erfahrungen zu gewinnen, indem er den Gesichtspunkt der „Fruchtbarkeit einer 3 religiösen Erfahrung für individuelle Leben“ einbringt. Als Sammelnamen für die „reifen Charakterfrüchte“ der Religion arbeitet er den Begriff der „Heiligkeit“ heraus. Heilig ist ein Charakter seiner Meinung nach, für den „spirituelle Gefühle das Zentrum seiner persönlichen Energie darstellen“ (ebd. S. 283). Seine Beschreibungen der religiösen Erfahrung haben eine wichtige Stellung und sind von Präzision geprägt. Einige Grundzüge seien genannt (ebd. S. 283/ 4): 1. Das Gefühl, in einem größeren Lebenszusammenhang zu existieren, der über die selbst- süchtigen kleinen Interessen dieser Welt hinausreicht: und die nicht nur verstandesmäßi- ge, sondern gewissermaßen fühlbare Überzeugung von der Existenz einer vollkommenen Macht (christlich als Gott personifiziert). 2. Das Empfinden, dass diese vollkommene Macht unserem eigenen Dasein freundschaftlich verbunden und der Mensch bereit ist, sich ihrer Lenkung zu unterwerfen. 3. Auf der Empfindungsebene eine gewaltige Begeisterung und ein Gefühl von Freiheit, da die beschränkenden Grenzen des Ichs aufgehoben sind. Dabei verlagert sich das Gefühls- zentrum zu Empfindungen von Liebe und Harmonie. Diese grundlegenden inneren Bedingungen haben laut James charakteristische praktische Folgen (ebd.): • Eine Selbstaufgabe, die fast in Selbstaufopferung übergehen kann. • Eine gewonnene Seelenstärke, die sich über persönliche Motive und Hemmungen hinwegsetzen kann. • Die Verlagerung des Gefühlszentrums bewirkt eine zunehmende Reinigung – d. h. Reinheit. • Die Nächstenliebe entwickelt sich mehr und mehr. In Bezug auf den Realitätswert der religiösen Erfahrung erklärt James in seinem Kapitel über die Wirklichkeit des Unsichtbaren, dass die religiöse Erfahrung als fühlbare Überzeugungs- kraft beinahe die „Intensität einer Halluzination“ habe. Wenn man diese Gefühle habe, könne „man sie wahrscheinlich nur als echte Wahrheitserkenntnisse, als Offenbarungen einer Art von Realität betrachten, die kein Gegenargument entkräften könne“. Diese Erfahrungen ste- hen seiner Meinung nach im Widerspruch zum Rationalismus, der nur bestimmte Tatsachen 4 der sinnlichen Wahrnehmung zulässt (James 1997, S. 104-105). Das Göttliche bezieht sich bei ihm nicht ausschließlich auf den Gott des Christentums. Er selbst steht als wissenschaftli- cher Betrachter außerhalb und versucht, die dargestellten Phänomene zu beschreiben und zu bewerten. Seine Bewertung der Bekehrung soll im nächsten Abschnitt besprochen werden. James entwickelte eine dynamische Psychologie des Glaubens, die auch heute nichts an Ak- tualität eingebüßt hat (Müller-Pozzi, 1979). In Europa wurde Anfang der 20er Jahre die „Dorpater Schule“ der Religionspsychologie ge- gründet, von einer Gruppe internationaler Forscher, die die Methode der „systematisch expe- rimentellen Introspektion“ auf religiöse Erfahrungen anwandten (Wulff, 1991). Die Ursprünge dieser Methode gingen auf die Würzburger Schule von Oswald Külpe zurück, der systemati- sche Selbstbeobachtung als Methode einsetzte, um menschliches Bewusstsein zu erforschen. Karl Girgensohn (1921) war als Theologe und Schüler von Külpe Begründer der „Dorpater Schule“. Sein Buch über den seelischen Aufbau des religiösen Erlebens wurde zu einem Standardwerk. Seine Methode der experimentellen Introspektion enthält Folgendes: • Vorlegen von religiösen Texten mit nachfolgendem Protokollieren des Erlebten. • Kleine Denkaufgaben in religiöser Begrifflichkeit mit nachfolgendem Protokollieren • Stiftung von Assoziationen • Protokollieren spontaner Erlebnisse Er arbeitete mit 14 Versuchspersonen und führte mit jeder 30 Sitzungen durch. Diese Metho- de lieferte Möglichkeiten, Reaktionen durch zeitliche Festlegung und Stimulus-Kontrolle zu vergleichen. Die Ergebnisse, die aus Exzerpten der detaillierten Protokolle bestanden, kristallisierten sich um drei strukturale Elemente: 1. Gefühle im weiteren Sinne, angenehme und unangenehme Sensationen, Intuitionen und Ich-Funktionen. 2. Vorstellungen 3. Willensprozesse, die sich auf bestimmte Verhaltensweisen beziehen W. Gruehn (1926) verfasste als Schüler von Girgensohn ebenfalls ein Werk über „Religions- psychologie“, in dem er die Realität der Gegenwartsfrömmigkeit als religiöses Grunderlebnis 5 empirisch untersuchte. Er stützte sich auf die experimentellen Erfahrungen Girgensohns und auf die neueren Arbeiten der Würzburger Schule. In Anlehnung an Girgensohns Feststellung, dass das religiöse Erleben in einem synthetischen Akt besteht, in dem der Gedanke und die Ichfunktion zu einer Einheit verschmelzen, unterscheidet Gruehn: 1. Die religiöse Ichfunktion Hierunter versteht Gruehn einen persönlichen Akt, in dem die Funktionen des Ichs, wie das Wollen, das Denken oder Vorstellen in Berührung treten mit dem Gegenstand des religiösen Erlebens (Gruehn 1926, S. 43). Er charakterisiert die religiöse Ichfunk- tion als: eine Form „innerster Hingabe“ oder als „Hingabe des ganzen Ich“, in der eine (cid:0) Verschmelzung zwischen Ich und Gegenstand hervorgerufen wird eine Art des „Sich-zu-eigen-machens“ von religiösen Inhalten (cid:0) ein Zurücktreten des Ich, in dem der religiöse Inhalt ganz in den Vordergrund (cid:0) des Erlebens tritt und das ganze Ich erfasst wird als Ergriffensein ein Aufdrängen von religiöse Inhalten, die das Ich „überwältigen und von ihm (cid:0) Besitz ergreifen“ eine innere lockere Kontaktnahme von religiösen Inhalten und Ich (cid:0) ein Näherkommen zu Gott im allgemeinen Sinne (ebd. S. 47) (cid:0) Gemeinsam ist diesen oben geschilderten Formen laut Gruehn ein „schöpferisches Er- lebnis, durch das lebendige innerliche Beziehung zwischen Ich und [dem religiösen] Gegenstand hergestellt wird, . . . ein lebendiger, seelischer Kontakt“ (ebd. S. 48). Dieses Erlebnis einer Vorstellung, Wiederherstellung oder Erneuerung einer Bezie- hung zwischen Ich und religiösem Gegenstand ist für ihn das grundlegende Moment der religiösen Ichfunktion. Es erscheint wie ein „Aneignungsakt“, eine „Funktion, durch die der Gegenstand der Einwirkung [religiöser Inhalte] innerstes Eigentum des Erlebenden wird“ (ebd.). In diesem Sinne ist das religiöse Grunderlebnis für Gruehn immer mit einer „Neuschöp- fung“ einer innerlichen Wirklichkeit verbunden. Das, was das Individuum sich ange- eignet hat, ist für ihn von „entscheidendem Wert für sein Ich“. Es hat für den Einzel- nen einen ethischen Charakter, es „bindet und verpflichtet zugleich“ und ist rich- tungsweisend für die Zukunft.

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giösen Erfahrung im Leben des Einzelnen („persönliche Religion“) erforschen wollte und das. Werk „Die . Religiosität beruht auf dem Sinn, den die Gegenstände für die erlebende Seele haben und ist nicht er den Physiker Stephen Hawkins, der, nachdem er von der Diagnose eines progressiven.
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