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Die Aussichten des Christentums PDF

142 Pages·1925·5.837 MB·German
by  ShawBernard
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- - -„ 'DIE AUSSICHTEN DES CHRISTENTUMS von BERNARD SHAW ... ... ... ... .~..,,,,,,, ··~ ~ ~ ~ """"""- „~~„!:~·.!:~·"}!:~·.!:~ S.FISCHER .VERLAG BERLIN DIE AUSSICHTEN DES CHRISTENTUMS von BERNARDSHAW 1 9 2 5 S. FISCHER· VERLAG· BERLIN DIESE UNTERSUCHUNG SHAWS IST ALS EINLEITUNG ZU SEINEM MÄRCHENSPIEL „ANDROKLUS UND DER LÖWE" GESCHRIEBEN * ERSTE BIS FÜNFTE AUFLAGE ALLE REC.HTE VORBEHALTEN DIE AUSSICH'IEN DES CHRIS'IEN'IUMS W arum nicht mit dem. Christent.um einen. Ver such machen? Die Frage erscheint hoffnungs los nach zweitausend Jahren entschlossener-Anhänger schaft an den alten Ruf: „Nicht diesen, sondern Barabbas." Und doch beginnt es den Eindruclc zu machen, als ob Barabbas ein Fehlschlag war, trotz seiner starken rechten Hand, seinen Siegen, seinen Kaiserreichen, seinen Millionen,' seinen Sittengesetzen, Kirchen und politischen Verfassungen. „Dieser Mann'' ist noch kein Fehlschlag gewesen, denn kein Mensch war jemals verständig genug, seinen Weg zu versuchen. Aber er hat einen seltsamen Triumph erlebt, Barabbas hat seinen Namen gestohlen und s~in Kreuz als Panier genommen. Darin liegt eine Art Kompliment; Es liegt auch eine Art Loyalität darin, wie die des Straßen räubers, der jedes Gesetz bricht und dennoch behaup tet, ein patriotischer Untertan des Königs zu sein, der die Gesetze macht. Wir haben immer das sonderbare Gefühl gehabt, daß, obwohl wir Christus an ein Stück Holz gekreuzigt haben, er irgendwie fertigbrachte, es am rechten Ende zu fassen, und daß wir, wenn wir bessere Menschen wären, seinen Plan probieren würden. Es hat ein oder zwei groteske Versuche dieser Art gegeben seitens unzulänglicher Menschen, wie das Königreich Gottes in Müns!er, das mit einer Kreuzigung endete, .die so viel furchtbarer war als jene ::mf Golgatha, daß der Bischof, der die Rolle des Hannas übernahm, heim ging und vor Entsetzen starb. Aber ernstzunehmende Menschen haben nie„ mals solche Versuche gemacht. Die kapitalkräftige, solide, leistungsfähige Welt ist seit der Kreuzigung dauernd antichristlich und barabbassisch gewesen, und nie· seither wurde die eigentliche Lehre Jesu in politische oder allgemein sozfale Praxis umgesetzt, Ich bin nicht mehr Christ, als Pilatus es war, oder als du, lieber Leser, und doch ziehe ich, ebenso· wie Pilatus, Jesus dem Hannas und dem Kaiphas bei weitem 9 vor und gebe gern zu, daß, nachdem ich Welt und m:enschliche Natur seit bald sechzig Jahren bet:cachtet habe, ich keinen Weg aus deni Elend sehe außer dem Weg' den Christi Willen gefunden habenwürde,wenn er die Aufgabe eines modern praktischen Staatsmanne& auf sich genommen hätte. . Ich bitte, nicht schon jetzt zu Beginn die Geduld mit mir, zu verlieren und das Buch zu schließen. Ich versichere, daß ich ein so skeptischer, wissenschaftlicher ünd moderner. Denker binJ wie man ihn nur irgend wo. finden· könnte. Ich gebe zu, daß ich sehr viel mehr über Wirtschaft und Politik weiß als Jesus und vieles kann, was er. nicht konnte. Ich bin,_ vom Stand_. punkt der Barabbassianer„ ein Mensch von viel besse rem Charakter und besserer Position und mit größerem praktischen Sinn. Ich habe keine Sympathie für Vaga bunden und Redner,. die die Gesellschaft zu reformieren versuchen, indem sie die Menschen ihrer regelmäßigen produktiven Arbeit entziehen, um auch aus ihnen Vagabunden und· Redner zu machen; und wenn ich Pilatus gewesen wäre, würde ich ebenso deutlich wie er die Notwendigkeit erkannt haben, Angriffe auf die bestehende Gesellschaftsordnung zu unterdrücken, so verderbt die Ordnung auch sein mochte, Angriffe durch Leute, die nichts von. Regierung verstanden und nicht die Macht hatten, eine politische Maschinerie zu bauen, umihre Ansichten durchzuführen„ weil sie nur aus dem sehr gefährlichen Irrtum heraus handelten, daß das Ende der Welt nahe seL Ich verteidige Christen wie Savonarola und Johann von Leyden nicht; sie bohrten das Schiff an, bevor sie ein Floß zu bauen gelernt hatten; und man mußte sie über Bord werfen„ um die Besatzung zu retten. Ich sage dies„ um mich bei der gutbürgerlichen Gesellschaft zu qualifizieren; aber ich muß doch betonen, daß, wenn Jesus die prak~ tischen Probleme, die sich aus einer kommunistischen Verfassung, aus dem Anerkenntnis, Verbrechen i;ache und straflos bewältigen zu müssen und aus der Über- IO

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