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Die Affäre Ledoux: Autopsie eines Mythos PDF

151 Pages·1983·3.651 MB·German
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Bauwelt Fundamente 60 Herausgegeben von Ulrich Conrads unter Mitarbeit von Peter Neitzke Beirat: Gerd Albers Hansmartin Bruckmann Ludus Burckhardt Gerhard Fehl Herbert Hübner Julius Posener Thomas Sieverts Bemard Stoloff Die Mfäre Ledoux Autopsie eines Mythos Friedr. Vieweg & Sohn Braunschweig/Wie.,baden Titel der Originalausgabe: L 'affaire Claude-Nicolas Ledoux. Autopsie d 'un mythe. © Pierre Mardaga, editeur, Bruxelles-Liege·1977. Aus dem Französischen von Ulrich Raulff © Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig 1983 Umschlagentwurf: Helmut Lortz Die Bilder auf der ersten und der vierten Umschlagseite zeigen aus dem Komplex der Saline für Chaux (Arc-et-Senans) das Haus des Direktors sowie den Eingangspavillon (Fotos: Karlheinz SchmiedeI). Auch die Bilder 6 und 8 stammen von Karlheinz Schmiede\. Alle Rechte an der deutschen Ausgabe vorbehalten. ISBN-13: 978-3-528-08760-9 e-ISBN-13: 978-3-322-88857-0 001: 10.1007/978-3-322-88857-0 Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Erster Teil: "Claude-Nicolas Ledoux ... " I Der Architekt Claude-Nicolas Ledoux, 1736-17')2 .................... 13 2 Der Theoretiker Claude-N icolas Ledoux, 1793 -1806 .................. 23 3 Ledoux und seine Zeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 27 Zweiter Teil: " ... Utopischer Architekt?" 4 Das Salz in Frankreich - 1770 bis 1790 .............................. 37 5 Der erste Entwurf ................................................ 39 6 Der König, erstes Projekt und "Auftrag" ............................ 44 7 Das endgültige Projekt - Beschreibung der Saline ..................... 48 8 Ursprung und soziologische Bedeutung der Saline. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 63 Dritter Teil: " ... oder vielleicht ein Theoretiker mit Weitblick?" 9 Die Architektur in Hinsicht auf die Kunst, die Sitten und die Gesetzgebung .................................... 75 [0 Ledoux als Architekturtheoretikcr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. [04 [I Ledoux als Theoretiker des Städtebaus ............................... [15 Schluß: Wozu sich mit Lcdoux beschäftigen? .......................... 131 Chronologische übersicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. [33 Anmerkungen ....................................................... [52 Literatur über Ledoux ................................................ 155 Sonstige Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 156 5 Einleitung Von der starren Blume sprech' ich und nicht von den Häfen des Abenteuers und der Einsamkeit. Es starben nach und nach die Bäume um diese Blume ab, die sich an deren Fäulnis nährte. So kam es, daß das flache Land wie Fruchtfleisch wurde, daß Städte in die Höhe schossen. Robert Desnos ("von der Liebesblume und von zügellosen Pferden") Wenn man sich daranmacht, ein Lebenswerk zu untersuchen, liegt immer die Versu chung nahe, sich mit den Theorien, Forschungen und Unternehmen dessen zu identi fizieren, der dieses Werk hinterlassen hat. Dieser Hang äußert sich erst recht gegen über einer relativ so unbekannten oder verkannten Persönlichkeit, wie Ledoux es ist. Aber bringt man sich nicht ganz einfach um sein Quentchen kritischen Verstand, in dem man nur durchs Werk des anderen hindurch denkt? Nur zu leicht verliert man sich in puren Schmeicheleien und hängt auf diese Weise der Wahrheit einen neuen Schleier um. Von denen, die über Ledoux geschrieben haben, gaben manche dieser Neigung nach, während andere wirklich wissenschaftlich zu Werke gingen. Dennoch existiert nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung - und hier denke ich vor allem an die grund legende Arbeit W. Hermanns von 1960'" - keine theoretische Synthese, die alle Ein zelergebnisse umgreift, welche die Ledoux-Forschung seit mehr als vierzig Jahren, beginnend mit den Pionierarbeiten von Levallet-Haug, erarbeitet hat. So ist es das Hauptziel der vorliegenden Arbeit, C. N. Ledoux, die Person und ihr Werk, aus einer neuen Sicht heraus darzustellen. Daneben geht es um eine Neube stimmung seiner Hinterlassenschaft - denn es war die Nachwelt, der, wie wir sehen werden, seine ganze und fast zwanghafte Sorge galt. Wer also Ledoux' Werk entziffern will, wird in eine Art Zwiegespräch mit ihm treten müssen. Welcher Künstler hat nicht davon geträumt, daß seine Schöpfungen in irgendeiner Weise in den Lebensraum der Zivilisationen hinein wirken ? Ist es da nicht paradox, daß Vgl. Bibliografie im Anhang 7 ausgerechnet jene schöpferisch Tätigen, deren Werk dies Ziel auch erreicht, die Archi tekten nämlich, dem großen Publikum am wenigsten bekannt sind? Ebenso erstaunlich ist die Tatsache, daß viele der Architekten, die "bekannt" wurden, dies mehr ihren Theorien oder ihrer Originalität als ihren Bauwerken verdanken: Bei spiele sind Le Corbusier und Mansan. Zu dieser Feststellung scheint auch Ledoux gegen Ende seines Lebens gekommen zu sein, nachdem er 1789 bei seinem ersten Kontakt mit dem" Volk" eine üble Kränkung erfahren hatte. Zu jener Zeit war er damit beauftragt, Paris mit einem Ring von Zollge bäuden zu umgeben. Wie es seine Art war, führte er sie als echte kleine Monumental bauten aus - und erntete den Schimpf des Volkes, wie er aus dem berühmten Vers klingt: Le mur murant Paris rend Paris murmurant. ':. Dabei hatte Ledoux einmal mehr einen Auftrag zu nutzen verstanden, den seine Kol legen damals weit von sich gewiesen hätten; doch die Zeiten hatten sich geändert, und die Bewohner von Paris hatten andere Sorgen als die Höflinge und Handelsherren, die Ledoux bisher umschmeichelt hatte. Das Volk von Paris schreit Ledoux entgegen, daß seine Architektur es nicht interessiere, so schön und neu sie auch sein mag; sie verrate keinerlei Rücksicht auf die Bestrebungen des Volkes, im Gegenteil, sie stärke vielmehr den Anlaß zum Aufruhr, die Steuer, in einer Art Festschreibung. Da beschließt der aufgeklärte und berühmte Architekt, sich zum fortschrittsfreundlichen Architekten zu mausern, der sich für seine eigenen hellsichtigen Theorien aufgeopfert hat. Zu die ser Verwandlung wird er allerdings einige Spuren verwischen müssen - und hier be ginnt die "Affäre Ledoux". Ledoux beging einen Betrug. Einen genialen Betrug - indem er sich als "utopischen" Architekten ausgab, der während seiner gesamten Laufbahn von den "Realisten" sei nes Jahrhunderts bekämpft worden sei. Was die kommenden Generationen interessie ren würde, so hatte er begriffen, war das Stadtwesen im Rahmen jener ökonomischen Produktionsweise, die er im Entstehen sah. Er hatte das begriffen nach jenem Schock, den ihm die Ablehnung durch das Volk versetzte - ein Schock, der für ihn gewiß trau matischer war als die einen Monat später ausbrechende Revolution. Tatsache ist, daß Ledoux seit 1762, dem Jahr, in dem er seinen ersten Auftrag erhält, bis 1789 ein einflußreicher Architekt gewesen war, der bei Hofe gutes Ansehen genoß, sich Mitglied der Akademie nennen durfte und vor allem besser als andere sich bie tende Aufträge und Gelegenheiten zu nutzen verstand. Erst im nachhinein wird er die Theorie formulieren, die er langsam erarbeitet hatte, und beschließen, ihr sein ganzes vorangegangenes Werk anzupassen, wo möglich durch Korrektur, wo nötig durch Fälschung - und all das um seines letzten Werkes, seines posthumen Rufes willen. Denn bei dem, wie und als was er fortlebt, handelt es sich durchaus um so etwas wie ein letztes Werk: ein Werk, das in gewissem Maße den Umwälzungen einer-seiner-Zeit " Auf Deutsch etwa: "Der Wall um Paris weckt den Groll von Paris." 8 entspricht, welche das Ende eines Regimes erlebt und versucht, die Geschichte neu fortzuschreiben. Die Bauten Ledoux' sind also durchaus ausgereifte Projekte und keine von der Zensur verdorbenen Gebilde, wie er uns weismachen will. Das zeigt sich vor allem im Fall der Königlichen Saline von Arc-et-Senans, dem Hauptgegenstand der vorliegenden Un tersuchung: Wir werden sehen, daß die Saline, so wie sie heute noch besteht, die bauli che Verwirklichung eines vielleicht gestutzten, keinesfalls aber verstümmelten Willens ist und daß Ledoux erst viel später seine ideale Industriestadt entwirft und seinen bis herigen Bauten aufpfropft. Wir werden versuchen, das bauliche Werk Ledoux' zu werten und im Anschluß daran Begründung und Tragweite seiner Theorien in ihrem ökonomischen und sozialen Zu sammenhang zu begreifen. Und wir werden dabei entdecken, daß Ledoux - trotz sei ner" Verschleierungstaktik" - bereits beim Bau der Saline in Arc-et-Senans jene Theo rie des sozialen Städtebaus ausbrütet, die er erst gegen Ende seines Lebens konzipieren wird, als er die "Idealstadt Chaux" ersinnt. Wir werden also diesen erstaunlichen Mann auf diesem langen Weg begleiten - bis hin zu seiner Entdeckung der Rolle und Zukunft des Architekten als eines Mitproduzen ten des Alltags. In diesem Versuch zu einer Soziologie der Architektur haben wir uns auf den Ab schnitt im Werk Ledoux' beschränkt, der vom Bau der Saline in Arc-et-Senans bis zum Entwurf der Idealstadt Chaux reicht. Dieser Abschnitt gestattet uns einen neuen Blick auf ein Stück Architekturgeschichte, das nun seine bloß anekdotischen und stilge schichtlichen Dimensionen verlieren und Teil unseres kollektiven Gedächtnisses wer den kann. Denn aus der Geschichte erwachsen Politiken, und vielleicht zählt es zu den großarti gen Leistungen eines Ledoux, seine eigene Geschichte so formuliert zu haben, daß sie in eine bestimmte Vorstellung von Städtebau mündet, die seine Nachfolger und Schü ler als eine "Praxis" auffassen konnten, welche sich gefahrloser betreiben ließ als eine reine" Theorie". Die Ergebnisse der Untersuchung mögen manchen schockieren und manchen enttäu schen. Oft aber ist die Realität anregender als der Mythos - zumal wenn sie hinter blindem Schicksalswalten plötzlich einen leibhaftigen Menschen und dessen Los sichtbar werden läßt. 9 Erster Teil: "Claude-Nicolas Ledoux " Wieder und wieder, lies die Geschichte des Don Quichotte, er war ein freier Mann, keinem glich er je, und war doch ewig aller Bruder. Elie Faure, Livre moral 11 1 Porträt von C. N. Ledoux 12 1 Der Architekt Claude-Nicolas Ledoux, 1736-1792 über Kindheit und frühe Jugend Ledoux' wissen wir wenig. Wir wissen, daß er am 21. März 1736 in Dormans (Marne) als Sohn des Claude Ledoux und seiner Ehefrau Fran c;oise Dominot geboren wurde. Aus seinem Taufschein geht weiter hervor, daß Nico las Dumont sein Pate und Franc;:oise Piloy seine Patin bei der Taufe waren, die am 28. desselben Monats stattfand. über die Familie von Ledoux ist kaum mehr als das bekannt, was sich einer mit J. C. unterzeichneten und am 15. Dezember 1806 erschienenen Todesanzeige entnehmen läßt. Sie sagt uns, daß die Eltern von C. N. Ledoux wenig begüterte Leute waren; den noch schickten sie ihren Sohn zum Studi um nach Paris, wo er als Stipendiat ins College de Beauvais eintrat. Diese Vergünstigung ist nicht weiter verwunderlich, denn seit der Gründung der Anstalt durch Jean de Dormans im 14. Jahrhundert mußten satzungs gemäß die Kinder seiner Heimatgemeinde bei der Vergabe von Stipendien anderen vorgezogen werden. Ferner wissen wir, daß am College de Beauvais zwar ein ausgezeichneter Unterricht erteilt wurde, C. N. Ledoux jedoch keine bemerkenswerten schulischen Leistungen erbracht hat. Schon mit fünfzehn Jahren widmet er sich ganz der Kunst des Zeichnens, zu der er eine starke Neigung verspürte. Zu dieser Zeit verdient sich Ledoux sein Brot mit dem Stichel, indem er Schlachten szenen graviert. Ebenso lassen sich über Umstände und Verlauf seiner ersten Architekturstudien bei Jacques Fran<;:ois BlondeI, dann bei Louis Fran<;:ois Trouard, nur Vermutungen anstel len. Die genauen Daten dieser Bildungsjahre kennen wir nicht. Jedenfalls liegt seine Ausbildung zwischen 1751 und 1762, dem Jahr, in dem ihn seine ersten Pariser Arbei ten an die Offentlichkeit führen. Hingegen wissen wir über die Art des bei Blondel ge nossenen Unterrichts ziemlich gen au Bescheid und kennen auch dessen Theorien, die - wie wir noch sehen werden - Ledoux nachhaltig prägten. 13

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