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Deutschland und die Osterweiterung der Europäischen Union PDF

361 Pages·2011·1.738 MB·German
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Martin Jerˇábek Deutschland und die Osterweiterung der Europäischen Union Martin Jerˇábek Deutschland und die Osterweiterung der Europäischen Union Mit einem Vorwort von Günter Verheugen Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. Gedruckt mit finanzieller Unterstützung des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, Prof. Dr. Dieter Spethmann und Nadace Sophia, Brno. Gutachter: Prof. Dr. Frank Deppe JUDr. Vladimír Handl, CSc. Empfohlene Zitierweise: „Jerabek, Martin: Deutschland und die Osterweiterung der Europäischen Union“ 1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Dorothee Koch | Priska Schorlemmer VS Verlag für Sozialwissenschaften ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werkeinschließlichallerseiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohneZustimmungdes Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesond ere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche- rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: STRAUSS GMBH, Mörlenbach Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-16761-9 Vorwort von Günter Verheugen Vier Jahre nach den Beitritten von acht mittel- und osteuropäischen Staaten und wenig mehr als ein Jahr nach den Beitritten von Rumänien und Bulgarien zur Europäischen Union liegt bereits eine umfangreiche wissenschaftliche Lite- ratur zu dieser größten und politisch bedeutendsten Erweiterung der EU vor. Martin Je(cid:2)ábek behandelt das Thema aus der Perspektive der Bundesrepublik Deutschland, dem Land, das für die meisten neuen Mitglieder die Schlüsselrolle in dem gesamten Prozess innehatte. Der Autor beschreibt kenntnisreich und präzise die politische Ausgangslage in Deutschland nach der Vereinigung. Er analysiert die Diskussions- und Entscheidungsprozesse, und er arbeitet an aus- gewählten Fallstudien heraus, wo Deutschland in der Erweiterungspolitik eige- ne Interessen hatte und mit wechselndem Erfolg vertreten hat. Ich kann dem wichtigsten Befund Je(cid:2)ábeks nur zustimmen. Deutschland wollte die Osterweiterung, und zwar parteiübergreifend. Es bestand ein breiter politischer Konsens darüber, dass eine zügige Erweiterung im strategischen In- teresse Deutschlands lag. Mit der Einbeziehung in die europäische Integration konnten die gewaltigen Reformen in Mittel und Osteuropa stabilisiert, ja sogar unumkehrbar gemacht werden. Im Gegensatz zur breiten öffentlichen Mei- nung war den politischen Entscheidungsträgern in Deutschland auch immer klar, dass das Land von der Erweiterung auch große ökonomische Vorteile er- warten konnte. Über Einzelheiten gab es durchaus innenpolitische Kontrover- sen, wobei der Autor zwei besonders kontroverse Themen nicht erwähnt, die sein eigenes Heimatland, die Tschechische Republik, betreffen: die Frage des Weiterbaus des Kernkraftwerks Temelin und die Frage der so genannten Be- nesch-Dekrete. Beide Fragen konnten aber in der EU als deutsch- österreichisch-tschechisches Problem isoliert werden und reichten in der Tat in der Bedeutung nicht an die großen Fragen wie institutionelle Reform, Finanzie- rung, Agrarpolitik und Arbeitnehmerfreizügigkeit heran. Im Rückblick ist bei allen Vorbehalten, die es in Teilen der europäischen Öffentlichkeit noch geben mag, schon heute unbestreitbar, dass diese Erweite- rung zu den historischen Großtaten im Gesamtprozess der europäischen Integ- ration gehört. Die versprochenen politischen und wirtschaftlichen Vorteile sind eingetreten, die von vielen befürchteten Nachteile sind ausgeblieben. Die EU 5 erweist sich auch mit 27 Mitgliedern als konsensfähig, die vergrößerten Institu- tionen funktionieren weiter und es ist auch nicht zur massenhaften Invasion von Billigarbeitern gekommen. Erweiterung der Europäischen Union nach Osten und Südosten ist ein po- litisches Vorhaben, das vor allen Dingen einen festen politischen Willen und eine klare strategische Linie braucht. Mit anderen Worten: es ist ein Problem der politischen Führungs- und Gestaltungskraft. Das lässt sich sehr leicht de- monstrieren anhand der Ereignisse des entscheidenden Jahres 2002. Das war das Jahr, an dessen Ende die Verhandlungen mit zehn Staaten abgeschlossen werden sollten und ja auch tatsächlich abgeschlossen wurden. In der Mitte die- ses Jahres türmte sich ein ganzes Gebirge von Problemen auf: die institutionel- len Reformen waren wegen des gescheiterten Referendums in Irland noch nicht unter Dach und Fach. Wichtige Länder wollten die Agrarverhandlungen mit einer substantiellen Senkung der Agrarausgaben verbinden. Die finanzielle Lage in den alten Mitgliedstaaten war angespannt, d.h. der in Berlin vorgesehe- ne Kostenrahmen war plötzlich umstritten. Die Zypernfrage war nicht gelöst und wurde es auch nicht. Mit den meisten Beitrittskandidaten gab es noch mindestens ein schwerwiegendes Hindernis auszuräumen, mit einigen sogar mehrere. Mir war damals völlig klar, dass es kein Halten mehr geben würde, wenn der Zeitplan einmal ins Rutschen geraten sollte. In dieser Lage war es in der Tat Deutschland, das sein ganzes Gewicht in die Waagschale warf, um einen erfolgreichen Verhandlungsabschluss zu errei- chen. Man muss der Wahrheit die Ehre geben: das haben andere auch getan. Aber wenn Deutschland nicht bereit gewesen wäre, bei der Wahrnehmung sei- ner eigenen Interessen auf die anderen zuzugehen und Kompromisse einzuge- hen, wäre das Ziel verfehlt worden. Der Autor befasst sich nicht spezifisch mit dem deutsch-tschechischen Verhältnis. Darum sei hier doch angemerkt, dass der Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union auch eine qualitative Veränderung in den bis dahin eher schwierigen Beziehungen zwischen den beiden Nachbarn gebracht hat. Auch zwischen diesen beiden Völkern gibt es heute keine nennenswerten Probleme mehr. Die Dämonen der Vergangenheit sind gebannt. Wenn ich wissenschaftliche Analysen politischer Vorgänge lese, die ich selber miterlebt habe, bin ich immer wieder erstaunt, wie viel man zum Zeit- punkt der Ereignisse überhaupt nicht oder nur teilweise wahrnimmt. Manches 6 wird eerst in der GGesamtschau und im Rücckblick wirkliich sichtbar. Martin Je(cid:2)ábeks Arbeit istt ein wichtigeer und verdienstvoller Beeitrag zu eineem der spanneendsten Ereiggnisse der eurropäischen Geeschichte seit dem Zweitenn Welt- krieg. Günter VVerheugen KKommissar für diie Erweiterung dder Europäischeen Union (19999–2004) Brrüssel, im Aprril 2008 7 Danksagung Die Entscheidung, über die deutsche Europapolitik in Bezug auf die Osterwei- terung der Europäischen Union zu schreiben, wurzelte in meinem tiefen Inte- resse an Deutschland und Zentraleuropa. Seit meinem Bakkalaureats- und Ma- gisterstudium am Institut für internationale Studien der Karlsuniversität Prag widmete ich mich der neueren Geschichte und der Politik der deutschsprachi- gen Länder. In diesem Zeitabschnitt wurde mein Studium vom Institutsgrün- der Prof. PhDr. Jan K(cid:2)en, DrSc. und seinem Nachfolger Prof. PhDr. Ji(cid:2)í Pešek, CSc. begleitet. Dank der aktiven internationalen Zusammenarbeit des Instituts und der Fakultät für Sozialwissenschaften mit den Partneruniversitäten bekam ich die Möglichkeit, sowohl Vorlesungen deutscher Gastdozenten zu besuchen als auch Semesterstudienaufenthalte an der Universität Konstanz und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf zu absolvieren. Ich bedanke mich bei Prof. PhDr. Jaroslav Ku(cid:3)era, CSc. und PhDr. Miroslav Kunštát, Ph. D., die mich mit der Geschichte und den Grundlagen des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, Österreichs und der Schweiz vertraut gemacht haben. Im Rahmen meines Diplomstudiums der Politikwissenschaft, der neueren Geschichte und der Rechtswissenschaften an der Philipps-Universität Marburg spezialisierte ich mich auf die internationale Politik. Dort im Europäischen Dokumentationszentrum der Philipps-Universität Marburg habe ich im Winter 2001 die erste Literatur und Quellen zum Thema der Osterweiterung erschlos- sen. Für die fachliche Unterstützung, Hilfe und notwendige Ermutigung beim Studium möchte ich mich bei den Professoren Frank Deppe und Reinhard Kühnl herzlich bedanken. Bei den Forschungen zur deutschen Außenpolitik wurde ich auch von Professor Wilfried von Bredow unterstützt. Dankbar bin ich weiterhin der Robert-Bosch-Stiftung und dem NATO Science Fellowships Pro- gramme. Diese Institutionen haben es mir ermöglicht, den langfristigen Aufent- halt in Marburg zu finanzieren. Die in Marburg anhand der Literaturrecherchen entwickelten Hypothesen führten jedoch zu weiteren Fragen bezüglich der deutschen Erweiterungspolitik, besonders in der Zeit, als die Beitrittsverhand- lungen der Europäischen Union mit den Ländern Mittel- und Osteuropas in Kopenhagen 2002 gipfelten. 8 Während des vom Deutschen Bundestag organisierten Internationalen Par- laments-Praktikums (IPP) in Berlin konnte ich die deutsche Europapolitik aus unmittelbarer Nähe betrachten. Dank der Freundlichkeit und der Hilfsbereit- schaft der Abgeordneten Günter Gloser und Michael Roth führte ich vom März bis Juli 2003 Interviews zu meinem Forschungsvorhaben. Da an dieser Stelle der Dank nicht an alle 36 interviewten Entscheidungsträger, Diplomaten und Fachleute ausgesprochen werden kann, möchte ich nur einige Personen nennen, die sich die Zeit genommen haben, mir die Umstände der deutschen europapolitischen Strategie persönlich zu erläutern. Ein besonderer Dank ge- bührt Peter Altmaier MdB, Petra Erler, Mitglied im Kabinett Günter Verheu- gen, Günter Gloser MdB, Botschafter Christoph Jessen, Dr. Barbara Lippert, Dr. Hans Modrow MdEP, Prof. Dr. Thomas Risse und Dr. Wolfgang Schäuble MdB. Die Grundlagen meiner wissenschaftlichen Studie wurden im Herbst 2006 als Dissertation an der Karlsuniversität verteidigt. Meinem Doktorvater, Prof. PhDr. Jan K(cid:2)en, DrSc., danke ich für die ständige Unterstützung, aufmuntern- den Worte und die Bereitschaft, mich immer wieder aus Neue zu ermutigen. Gleichfalls gilt mein Dank JUDr. Vladimír Handl, CSc. für wertvolle Anregun- gen zum Thema der deutschen Europapolitik. Die endgültige Fassung, die in der Buchform jetzt vorliegt, entstand Dank der Förderung des Post-Doc- Programms der Westböhmischen Universität in Pilsen. Dort am Lehrstuhl für Politikwissenschaft und internationale Beziehungen der Philosophischen Fakul- tät setzte ich im Jahre 2008 meine Forschungen erfolgreich fort. Mein Dank gilt EU-Kommissar Günter Verheugen dafür, dass er sich die Zeit genommen hat, sich gründlich mit meiner wissenschaftlichen Studie zu beschäftigen und das Vorwort zu verfassen. Nicht zuletzt bedanke ich mich bei Pirmin Hauck, M. A. für die Besorgung der Endkorrektur in Grammatik und für die Endunterstützung bei inhaltlichen Fragen. Für die Hilfe beim Korrekturlesen danke ich auch Stefanie Plötz-Dach und Dipl.-Sozialwiss. Sonja Schmid. Schließlich danke ich dem Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, der Stiftung Nadace Sophia Brno und Prof. Dr. Dieter Spethmann, ohne deren Unterstützung das Buch nicht herausgebracht werden konnte. Ho(cid:2)ovice, im September 2010 Martin Je(cid:2)ábek 9 Inhaltsverzeichnis Vorwort von Günter Verheugen ..................................................................... 5 Danksagung ......................................................................................................... 8 1. Einleitung ................................................................................................... 17 I. Theoretische, methodologische und historische Grundlagen ........................................................................................... 25 2. Zur Theorie und Methode ..................................................................... 27 2.1 Die Osterweiterung aus theoretischer Perspektive ................................ 27 2.1.1 Der Realismus ................................................................................. 28 2.1.2 Der Liberalismus ............................................................................. 29 2.1.3 Der soziologische Institutionalismus .......................................... 31 2.1.4 Die Europäische Union als „liberale Gemeinschaft“ ............... 33 2.2 Die methodologische Behandlung der deutschen Erweiterungspolitik ..................................................................................... 35 2.2.1 Forschungsziele der vorliegenden Studie.................................... 35 2.2.2 Analyseebenen und die Quellenlage ............................................ 37 2.2.3 Interviews als Forschungsmethode ............................................. 39 2.3 Literaturkritik ............................................................................................... 42 3. Ein „europäisches Deutschland“ oder ein „deutsches Europa“? ..................................................................................................... 45 3.1 Theorien ........................................................................................................ 45 3.1.1 Der Realismus (cid:2) die deutsche Macht in Europa ....................... 45 3.1.2 Der Liberalismus (cid:2) deutsche Wirtschaftsinteressen in Europa .............................................................................................. 51 3.1.3 Der soziologische Institutionalismus (cid:2) der Einfluss von Institutionen und die deutsche „europäisierte“ Identität ......... 53 11

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