Deutschland in den neunziger Jahren Werner Süß (Hrsg.) Deutschland in den neunziger Jahren Politik und Gesellschaft zwischen Wiedervereinigung und Globalisierung Leske + B udrich, Opladen 2002 Gedruckt auf säurefreiem und altersbeständigem Papier. Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich ISBN 978-3-8100-3226-3 ISBN 978-3-322-93248-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-93248-8 © 2002 Leske + Budrich, Opladen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und straf bar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspei cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Leske + Budrich Inhalt Werner Süß Politik und Gesellschaft zwischen Vereinigung und Globalisierung. Zur Einführung ............... ..... ............ .... ....... ..... ......... ..... ........ .... ... ....... ... ... ..... ..... ..... .... 7 Erster Teil: Die Überwindung der Zweiteilung Horst Teltschik Der deutsche Vereinigungsprozess im internationalen Kräftefeld .............................. 15 WernerSüß Der deutsche Vereinigungsprozess 1989/90. Politische Strategie zwischen Euphorie und Bürokratie ............................................. 29 Zweiter Teil: Machtpolitische und strategische Grundlegungen. Die Entwicklung der Parteien und des Parteiensystems Heinrich Oberreuter Regierung und Opposition in den neunziger Jahren .................................................... 53 Markus lox/losef Schmid Zurück zum Kanzlerwahlverein? Die CDU in den neunziger Jahren ......................... 71 Sieg/ried Heimann Die SPD in den neunziger Jahren ............................................................................... 83 Ulrich von AlemannlChristoph Strünck Die neue Koalitionsrepublik. FDP. Bündnis90/Die Grünen und die PDS im vereinigten Parteiensystem ................ 105 Dritter Teil: Innenpolitik und institutioneller Wandel. Erosion der Konsensgesellschaft? Wilfried Röhrich Die politische Klasse im Blickpunkt der Kritik .......................................................... 125 Sieg/ried MielkelChristian Bräuer Vom kooperativen zum kompetitiven Föderalismus .................................................. 141 6 Inhalt Inge Maria Burgmer Die Zukunft der Verbände. Herausforderungen und Perspektiven der etablierten Wirtschaftsverbände ................ 161 RolfG. Heinze Politik und Zivilgesellschaft. Regierungspolitik der rot-grünen Koalition ................. 175 Vierter Teil: Zwischen Vereinigung und Globalisierung. Herausforderungen an den deutschen Kapitalismus Wolfgang Templin Ein Staat - zwei Gesellschaften? Deutsch-deutsche Klüfte im zweiten Vereinigungsjahrzehnt ..................................... 191 Roland Czada Zwischen Stagnation und Umbruch. Die politisch-ökonomische Entwicklung nach 1989 ................................................... 203 Stefan Hradil Zur Sozialstrukturentwicklung der neunziger Jahre .................................................... 227 Ursula Münch Ansätze zur Reform der sozialen Sicherheitssysteme. Reform zwischen Halbherzigkeit und politischer Blockade ....................................... 251 Frank Nullmeier Auf dem Weg zu Wohlfahrtsmärkten? ....................................................................... 269 Fünfter Teil: Die Bundesrepublik Deutschland in der internationalen Politik Christian Hacke Deutschlands neue Rolle in der Weltpolitik ................................................................ 285 Rudolf Hrbek Deutschland und der Fortgang des europäischen Integrationsprozesses ..................... 299 Heike Därrenbächer Die Bundesrepublik im Prozess der Annäherung an Mittel- und Osteuropa .............. 317 Franz Lothar Altmann Zwischen Annäherung und Ausgrenzung. Deutschlands Rolle in der europäischen Balkanpolitik ............................................... 337 Klaus Segbers Gullivers Bindungen. Außenpolitiken der Bundesrepublik Deutschland in den neunziger Jahren: Die innere Dimension ........................................................... 349 Sechster Teil: Standortbestimmung Heinrich August Winkler Späte Ankunft im Westen ............................................................................................. 365 Verzeichnis der Autorinnen und Autoren ................................................................ 371 WernerSüß Politik und Gesellschaft zwischen Wiedervereinigung und Globalisierung. Zur Einführung Es war seltsam ruhig im Deutschland der neunziger Jahre. Dies überrascht, denn zwei fellos war das Jahrzehnt von tiefgreifenden Zäsuren geprägt, von einer zumindest "ka tegorialen Unruhe", die anhält und deren Wirkungen nach wie vor wenig kalkulierbar scheinen. Zwei zutiefst gegensätzliche Entwicklungen steckten das Feld für das politi sche und gesellschaftliche Szenario in Europa und insbesondere auch im Deutschland dieses letzten Jahrzehnts des Jahrhunderts ab. Zum einen die Auflösung des sowjeti schen Imperiums sowie die damit einhergehende Rückkehr des Nationalstaates, ein schließlich des deutschen, in Europa. Das Ende des Ost-West-Konflikts und die Wieder kehr einer Vielfalt souveräner Staaten markieren eine Umruchsituation von historischer Tragweite. Die Machtbalance hat sich weltweit verändert. Das asiatische, insbesondere auch das vorderasiatische, sowie das europäische Umfeld unterlagen einem radikalen Wandel. Die Bundesrepublik des geeinten Deutschland war abrupt als ein mächtiges Ge bilde in eine europäische Mittellage, umgeben von einer Vielzahl neuer Partner und ebenso neuartigen Problemlagen, zurückgekehrt. Aber die neunziger Jahre waren zu gleich durch die enorme Entwicklungsdynamik einer fortschreitenden Internationalisie rung geprägt. Mit der Währungs- und Wirtschaftsunion sowie der Verabredung einer politischen Union nahm das Einflussgewicht der europäischen supranationalen Institu tionen noch einmal sprunghaft zu. Die Rückkehr des Nationalstaates ging mit einer wei teren Einhegung seines Handlungsspielraumes konform. Während dessen begannen die Effekte der Globalisierung die institutionellen Arrangements der Nationalstaaten wie auch der supranationalen Ebene gleichermaßen zu unterlaufen, indem sie die Marktkräfte unter einen bis daher ungekannten Anpassungsdruck setzten. Die starken Internationalisierungsimpulse der neunziger Jahre trafen die Bundes republik gut vorbereitet. Der deutsche Einigungsprozess war ohne Abstriche an die po litische Grundorientierung der Verwestlichung wie an dem Selbstverständnis eines in ternational verflochtenen Handelsstaates verlaufen. In beiden Punkten sah sich die Bun desrepublik des vereinten Deutschland in der vollen Kontinuität des ihr vorausgehenden Teilstaates der westlichen Republik, zumal der Osten Deutschlands hier ohne Erfahrung dastand und keine eigene Stimme erhob. Erfahrungsgehalt, Wertmuster und politische Orientierung der alten Bundesrepublik wurden federführend und prägten die Szenerie der neunziger Jahre. Dies gilt insbesondere für die Vertiefung der westeuropäischen In tegration, die nahtlos an die während der achtziger Jahre stimulierten Entwicklungen anknüpfte. Das europäische Projekt war während der siebziger Jahre ins Stocken gera- 8 WernerSüß ten, von nationalen Egoismen gekennzeichnet und insbesondere in der Bundesrepublik von der entspannungspolitischen Offensive der Ostpolitik überlagert. Die neue Ostpoli tik hatte noch einmal die deutsche Frage thematisiert, um sie weitgehend zugunsten der Akzeptanz des Status quo zu neutralisieren. Vergleichsweise drängender stellten sich die kumulativ anwachsenden Krisensymptome in Westeuropa dar. Die Krisendiagnostik der Zeit sagte für Europa einen Sturz in die Zweitklassigkeit voraus, eine Diagnose, auf die die Staats- und Regierungschefs der EG auf ihrem Stuttgarter Gipfel von 1983 die Antwort einer umfassenden integrationspolitischen Offensive gaben. (vgl. Krull 1991) Zügig wurden institutionelle Reformen sowie die Vertiefung der ökonomisch-technischen Integration als Kernanliegen der integrationspolitischen Offensive (SüßIBecher 1993) vor angetrieben. Der Integrationsschub war zweifellos von dem modernisierungspolitischen Impetus der europäischen Mitgliedstaaten getragen. Es ging um Anschlussgewinnung an die technischen Innovationen des pazifisch-asiatischen Raumes, um den Umbau der eu ropäischen Industriegesellschaften zu dienstleistungsbasierten Ökonomien. Im Nachgang zu den integrationspolitischen Weichenstellungen zwischen 1983 und 1987 schlug die gerade auch in der Bundesrepublik zu registrierende euroskeptische Haltung zum Ende der achtziger Jahre in das Gegenteil eines regelrechten Aufbruchs nach Westeuropa um. Die "Europäisierung Europas" (Haungs 1989) und die politische Identitätsbestimmung seiner Mitglieder aus der supranationalen Perspektive bestimmten die Themenkonjunktur. Die politische Wissenschaft in der Bundesrepublik ließ sich zu einem anhaltenden Definitionswettbewerb um das postnationale europäische Macht und Institutionengetlecht motivieren. (Kreile 1992; Wildenmann 1991) Der Diskurs lag jenseits der deutschen Frage. Die supranational-westeuropäische Einhegung der Deut schen schien eher ein säkulares Ereignis, denn Folge seiner Grundlegung durch die Adenauersche Politik der Westorientierung. In der Tat war im Übergang zu den neun ziger Jahren die Westorientierung unstrittig. Es scheint wenig übertrieben, für die Bun desrepublik von einer regelrechten geschichtlichen Aufbruchstimmung nach Westeuro pa zu sprechen, zumal die europäische Perspektive nachhaltige Entlastungen bezüglich der politischen Identitätsfindung der Bundesdeutschen zu versprechen schien, wie dies die Habermas'schen Sprachregelungen nahe legten. (vgl. Habermas 1990) Um so unvorbereiteter trafen die Entwicklungen in Ost- und Mittelosteuropa Politik und Gesellschaft in Deutschland. Als Drehscheibe im Ost-West-Verhältnis und an der Nahtstelle der sich gegenüberstehenden Blöcke wurde Deutschland neben den sowjeti schen Teilrepubliken und dem Balkan zu einer der zentralen Bühnen des historischen Wandels. Ohne einen langen Vorlauf wie in den mittelosteuropäischen Staaten brach die DDR abrupt wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Im Westen der Bundesrepublik wirkte die Rückkehr der deutschen Frage bei vielen wie eine "Anmutung des Nationa len" (Fenner 1991: 307ff.). Große Teile der Opposition um Oskar Lafontaine und Egon Bahr setzten, wie auch die letzte SED-geführte DDR-Regierung unter Hans Modrow, auf eine Verlängerung der Zweistaatlichkeit Deutschlands im Rahmen einer erst noch zu definierenden neuen europäischen Ordnung. Die Bundesregierung unter Helmut Kohl vermied diesen Preis einer umfassenden Neudefinition Europas zur Lösung der deutschen Frage. Sie setzte im Gegenteil im Namen der Wiedervereinigung auf eine Vertiefung des westeuropäischen Arrangements. Die Politik der Verwestlichung wur de so endgültig aus ihren Begründungszusammenhängen des postfaschistischen Deutschland und der Zeit des Kalten Krieges herausgelöst. Zu Recht plädiert Heinrich August Winkler daher für einen Begriffswechsel von der "postnationalen Bundesre publik" zum "postklassischen Nationalstaat" des vereinten Deutschland. (Winkler in diesem Band) Politik und Gesellschaft zwischen Vereinigung und Globalisierung 9 Die Modalitäten des Vereinigungsprozesses nach Art. 23 GG sowie entsprechend der Bestimmungen der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion haben das Experiment einer faktischen Neukonstitution der Bundesrepublik verhindern und die staatsrechtliche Identität zwischen dem westlichen Teilstaat und der wiedervereinigten Bundesrepublik sicherstellen können. Die Herstellung der inneren Einheit wurde zum Programm für das Jahrzehnt der neunziger Jahre. Es stand von vornherein unter extremen Belastungen. Wie schwer es fiel, der Vereinigungsrealität Rechnung zu tragen, zeigte exemplarisch die noch im Verlauf des Jahres 1990 aufbrechende Hauptstadtkontroverse auf. Unver söhnlich standen sich Befürworter einer Hauptstadt Berlin und Verteidiger des Proviso riums Bonn gegenüber. Galt den einen die Rückverlagerung der Hauptstadtfunktion nach Berlin als "Vollendung der Einheit", so überzogen Gegner einer derartigen Lösung die erneute "Hauptstadtsuche" der Deutschen mit einer den Vereinigungsprozess erheb lich belastenden Ost-West-Debatte, so als habe es gegolten, die Hauptstadt in ein be fremdetes Gebiet zu verlegen. Bonn wurde zum Inbegriff der Erfolgsstory und der post nationalen Gesinnungslage des westlichen Teilstaates der Bundesrepublik, Berlin zum Symbolort einer preußisch-deutschen Unheilsgeschichte, östlicher Befindlichkeiten und der Machtverlagerung in den Osten stilisiert. (vgl. Süß 1999) Indessen ging es auf kei nem zweiten Feld so unverhohlen zur Sache wie auf dem der Hauptstadtfrage. Der nach der Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands einsetzende Prozess der Wieder vereinigung war in einem breiten Konsens fundiert. Unterhalb der Konsensdecke aber zeigte sich, wie sehr das vor den neunziger Jahren liegende Projekt der Herstellung der inneren Einheit Deutschlands das Arrangement zwischen zutiefst ungleichen Partnern erforderte. Die Gesellschaft der ehemaligen DDR war einem radikalen Systemwandel auszusetzen, der gleichermaßen die Beseitigung der Herrschaftsstrukturen des SED Regimes beinhaltete wie er die ihm zugrunde liegenden Ideologie- und Wertmuster und nicht zuletzt die mit beidem eng verbundene Organisation des Alltags vieler Bürger er fasste, während der Westen der Bundesrepublik von den welthistorischen Ereignissen kaum berührt schien. Die notwendigen Anpassungsleistungen waren von vornherein einseitig verteilt. Vor allem hatte die SED eine völlig marode Ökonomie mit ebenso maroden Infrastrukturen, Gebäudebeständen, technischen Ausstattungen etc. hinterlas sen. Das Beitrittsgebiet wies einen Entwicklungsrückstand von mehreren Jahrzehnten auf und bedurfte einer grundlegenden Sanierung. Von der Ausgangslage her war die Bundesrepublik des geeinten Deutschland in der Tat nur staatsrechtlich mit sich iden tisch, ökonomisch wie sozial und soziokulturell war es ein tief gespaltenes Land. Erforderlich wurden umfassende Transferleistungen zur Angleichung des Rechts wesens, der gesellschaftlichen Teilsysteme, der institutionell-administrativen Strukturen und des politischen Systems sowie zur Modernisierung der überalteten Wohn-, Wirt schafts- und Infrastrukturen. Die "Verwestlichung des Ostens" kam in den neuen Bun desländern einer "Umwertung der Werte" gleich, während der Wohlfahrtskapitalismus des Westens die Basis für Finanztransfers in einem gigantischen Ausmaß abgab. Die fi nanz-, wirtschafts- und sozialpolitischen Instrumentenhaushalte unterlagen eklatanten Belastungen und führten zu Begrenzungen der politischen Handlungskorridore. Die Bundesrepublik war nicht nur größer geworden, sondern auch problembeladener. Der Zuwachs von 17 Mio. Menschen sowie von den neuen Bundesländern erbrachte Ände rungen im Wertehaushalt, in der Zusammensetzung der Wählerschaften und der Partei lenandschaft, im föderativen Machtgefüge, in den Subsystemen der Verhandlungsde mokratie und nicht zuletzt auch in den geopolitischen Strukturen des zusammenwach senden Deutschland. War man unter diesen Voraussetzungen nicht unversehens in einer anderen Republik angekommen? Die Frageperspektive stand im Zentrum der seit Mitte 10 Werner Süß der neunziger Jahre aufbrechenden Debatten um den "Standort Deutschland" wie um die "Berliner Republik". (Gross 1995) In beiden Debatten ging es im Kern um die Frage nach der Kontinuität des sozialstaatlichen Kapitalismus wie der Stabilitäts- und Kon sensgesellschaft der Bundesrepublik. Die Fragen waren stark von den internationalen Kontextbedingungen, in denen sich der innerdeutsche Einigungsprozess vollzog, moti viert. War die Bundesrepublik in der Lage, den während der achtziger Jahre eingeschla genen Weg der Modernisierung und notwendiger ordnungspolitischer Reformen zur Bewältigung der Globalisierungsherausforderungen und der Vertiefung der europäi schen Integrationsprozesse weiter zu verfolgen? In der Tat waren schon die achtziger Jahre ein "Jahrzehnt des Marktes" und der "Umbrüche der Industriegesellschaft" (Cre merlKlein 1990); Deregulierung, Privatisierung, Vermarktlichung sozialstaatlicher Ein richtungen und vor allem ,,Flexibilisierung der Arbeitsgesellschaft" waren seine Zu schreibungen (RüblNullmeier 1991: 122). Die Politik suchte nach Wegen neokorporati ver Regulierung dieser Umbrüche, die mit der hochgradig verflochtenen Verhandlungs demokratie der Bundesrepublik verträglich waren. Der Problemhaushalt des deutschen Einigungsprozesses gab dagegen wenig Raum für tiefgreifende Reformen. Die Bundes republik geriet in das Spannungsfeld zwischen Wiedervereinigung und Globalisierung. Ausgehend von den Herausforderungen der Wiedervereinigung und der veränderten internationalen Kontexte analysieren die Beiträge des vorliegenden Bandes die Ent wicklung von Politik und Gesellschaft des vereinten Deutschland in seinem ersten Jahr zehnt. Entworfen wird ein politikwissenschaftliches Portrait der Bundesrepublik der neunziger Jahre. Das Jahrzehnt wird mit dem ,,Paukenschlag" des Mauerfalls eingeleitet. Der Fall der Mauer war weder voraussetzungslos, noch waren seine Folgen zwingend. Horst Teltschik und Werner Süß analysieren die Dynamik des Geschehens im Schnittfeld sei ner strukturellen Determinanten und der Handlungsoptionen wie dem Handeln der Ak teure. Es wird dann entlang der Entwicklung der Parteien und des Parteiensystems nach den strategischen Orientierungen der Politik und der Entwicklung des koalitionspo litischen Rahmens gefragt. Heinrich Oberreuther, Markus Jox/Josef Schmid, Siegfried Heimann und Ulrich von AlemannlChristoph Strünck analysieren die Entwicklung der Parteien im Wechselspiel von Regierung und Opposition. Die Beiträge des dritten Teils nehmen dezidiert zu der vielfach aufgeworfenen Frage nach der Weitergeltung der die bundesdeutsche Verhandlungsdemokratie charakterisierenden "Konsensgesellschaft" Stellung. Wilfried Röhrich, Siegfried Mielke/Christian Bräuer und Inge Maria Burgmer geben Antworten entlang zentraler Kontroversen der neunziger Jahre zum Zustand der "politischen Klasse", zur Entwicklung des Föderalismus und zur Zukunft der Verbände. Rolf G. Heinze analysiert neue Herausforderungen an die Regierungspolitik, wie sie zum Ende des Jahrzehnts unübersehbar wurden. Der vierte Teil fokussiert auf die öko nomisch-soziale wie die sozialstaatliche Entwicklung der Bundesrepublik im Span nungsfeld von Vereinigung und Globalisierung. Zunächst zieht Wolfgang Templin eine Bilanz des Wiedervereinigungsprozesses. Roland Czada analysiert dann die Verände rungen in der politischen Ökonomie Deutschlands, während Stefan Hradil den sozial strukturellen Verhältnissen unter dem Schwerpunkt der jeweiligen Entwicklungen im Osten und im Westen Deutschlands nachgeht. Wie sich die sozialen Leistungssysteme in den neunziger Jahren entwickelten, ist Thema der Analysen von Ursula Münch und Frank Nullmeier. Den Analysen zur Innenpolitik und zur gesellschaftlichen Entwick lung folgen im fünften Teil Beiträge zur V~ränderung des internationalen politischen Kontextes und zur Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland. Christian Hacke ar beitet in seinem Beitrag Deutschlands neue Rolle in der internationalen Politik heraus. Politik und Gesellschaft zwischen Vereinigung und Globalisierung 11 Rudolf Hrbek analysiert die Rolle der Bundesrepublik im Prozess der Vertiefung und Erweiterung der europäischen Integration. Heike Dörrenbecher und Franz Lothar Alt mann thematisieren die deutsche Außenpolitik gegenüber Mittel- und Osteuropa sowie gegenüber dem Balkan, während Klaus Segbers auf fundamentale Änderungen des Ko ordinatensystems der internationalen Beziehungen hinweist. Der vorliegende Band wird mit einem Plädoyer von Heinrich August Winkler für eine "kritische Aneignung" der widerspruchsvollen Geschichte der Deutschen abgeschlossen. Winklers Ausführungen sind durchaus als eine Standortbestimmung des vereinten Deutschland nach innen wie nach außen zu lesen. Für die Fertigstellung des Buches danke ich den studentischen Mitarbeitern Claus Heimes, Christian Mahnke und Katj a Möller. Berlin, September 2001 Literatur Cremer, WilVKlein, Ansgar (Hrsg.) (1990): Umbrüche in der Industriegeselleschaft. Herausforderun gen für die politische Bildung. Opladen: Leske + Budrich. Fenner, Christian (1991): Das Ende des Provisoriums Bundesrepublik. Reaktionen einer postnationalen Gesellschaft auf die Anmutung des Nationalen. In: Süß, Wemer (Hrsg.): Die Bundesrepublik in den achtziger Jahren. Innenpolitik, politische Kultur, Außenpolitik. Opladen: Leske + Budrich. Gross, Johannes (1995): Begründung der Berliner Republik. Deutschland am Ende des 20. Jahrhun- derts. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt. Habermas, Jürgen (1990): Der DM-Nationalismus. In: Die Zeit vom 30. März. Haungs, Peter (Hrsg.) (1989): Europäisierung Europas? . Baden-Baden: Nomos. Kreile, Michael (Hrsg.) (1992): Die Integration Europas. Opladen: Westdeutscher Verlag (PVS Son derheft Nr. 23). Krull, Daniel (1991): Die Europäische Gemeinschaft in den 80er Jahren. In: Süß, Wemer (Hrsg.): Die Bundesrepublik in den achtziger Jahren. Innenpolitik, politische Kultur, Außenpolitik. Opladen: Leske + Budrich. Rüb, Friedbert R.lNullmeier, Frank (1991): Die Flexibilisierung der Arbeitsgesellschaft. Auf dem Weg in eine Gesellschaft flexibler Sozialstrukturen? In: Süß, Wemer (Hrsg.): Die Bundesrepublik in den achtziger Jahren. Innenpolitik, politische Kultur, Außenpolitik. Opladen: Leske + Budrich. Süß, Wemer (1999): Die Bundesrepublik und das Politikum der Hauptstadtfrage. Berlin - zwischen östlicher Lage und nationalem Symbol. In: Süß, WemerlRytlewski, Ralf (Hrsg.): Berlin. Die Hauptstadt. Vergangenheit und Zukunft einer europäischen Metropole. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung. Süß, WemerlBecher, Gerhard (Hrsg.) (1993): Politik und Technologieentwicklung in Europa. Analysen ökonomisch-technischer und politischer Vermittlungen im Prozess der europäischen Integration. Berlin: Duncker & Humblot. Wildenmann, Rudolf (Hrsg.) (1991): Staatswerdung Europas? Optionen für eine Europäische Union. Baden-Baden: Nomos.
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