NEISS DETERMINANTEN UND MATRIZEN DETERMINANTEN UND MATRIZEN VON DR. FRITZ NEISS PROFESSOR A.D. UNIVERSITĂT IN BERLIN DRITTE, VERBESSERTE AUFLAGE MIT 1 ABBILDUNG SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG GMBH 1948 Alle Rechte, insbesondere das der Ubersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. ISBN 978-3-642-53066-1 ISBN 978-3-642-53065-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-53065-4 Copyright 1941 and 1948 Springer-Verlag Berlin Heidelberg Originally published by Springer-Verlag OHG in Berlin, Gottingen and Heidelberg 1948 Nr. III 3043/48 - 3351/48 Vorwort zur ersten Auflage. Das vorliegende Buch ist aus Vorlesungen entstanden, die ich mehr fach als Einführung in die höhere Mathematik an den Universitäten Halle und Berlin gehalten habe. Es soll dazu beitragen, die Schwierigkeiten zu überwinden, die sich dem Studierenden beim übergang von der Schule zur Hochschule bieten. Diese ergeben sich z. T. daraus, daß der Lernende, von der Schule her an die Form des abfragenden Unterrichts gewöhnt, vielfach noch nicht die Reife für die Übermittelung des Stoffes durch akademische Vor lesungen besitzt. Denn hier bleibt die Kontrolle darüber, ob wirklich alles verstanden ist, der eigenen Initiative und Selbstkritik überlassen. Es ist daher anzustreben, den Studenten besonders im Anfang seines Studiums zur stärkeren aktiven Mitarbeit heranzuziehen. Diese soll außer im Lösen von Aufgaben gelegentlich auch in der Wiedergabe des in der Vorlesung gebrachten Stoffes sowie in Referaten einzelner Absc~nitte des Buches bestehen. Auf diese Weise tritt an die Stelle der Vorlesung teilweise eine geleitete Lektüre. An Vorkenntnissen wird so wenig wie möglich vorausgesetzt. Kom binatorik, binomischer Satz und andere Dinge, die noch in das Pensum der Schule gehören, werden daher entwickelt, jedoch in einer Form, die sich vom elementaren Unterricht loslöst und den Studierenden gleich zu Anfang mit Hilfsmitteln vertraut macht, die ihm neu, aber für strenge Durchführung mathematischer Beweise von grundlegender Bedeutung sind. Es ist dies in erster Linie der Induktionsschluß. Seine vielfache Ver wendung kann den Anfänger zunächst befremden; ebenso verhält es sich mit dem Aufbau der Determinantentheorie nach der WEIERSTRASS schen Definition. Trotzdem habe ich diese Darstellung gewählt. Denn erstens werden so die Beweise kurz und einfach, und die ganze Theorie gewinnt an Schönheit und Eleganz, zweitens soll neben der übermitte lung des Stoffes eine Einführung in mathematische Methoden und Ge dankengänge überhaupt erfolgen, wie sie im elementaren Unterricht nicht gegeben werden können. In der Behandlung der linearen Gleichungen bin ich einer Anregung des Herrn Prof. H. W. E. JUNG, Halle, gefolgt. Die Paragraphen 13, 14, 15 und 16 sind für die folgenden Kapitel nicht erforderlich und können übergangen werden. VI Vorwort. In den Anwendungen wird die Bedeutung der Determinanten und Matrizen für die analytische Geometrie gezeigt. Besonderer Wert ist darauf gelegt, die Grundlagen für das Rechnen mit Vektoren zu schaffen. Die Übungsaufgaben bieten keine besonderen Schwierigkeiten. Einige davon sind mir von Assistenten gegeben worden, sie stammen aus Vorlesungen, die früher an der Berliner Universität gehalten wurden. Besonderen Dank schulde ich dem Verlag, der trotz der schwie rigen Zeitlage das Erscheinen in so kurzer Zeit ermöglichte. Charlottenburg, Oktober 1941; NEISS. Vorwort zur zweiten Auflage. In der zweiten Auflage ist noch ein Kapitel über quadratische For men hinzugefügt worden. Es enthält die wichtigsten Sätze über die charakteristische Gleichung einer symmetrischen Matrix und die Haupt achsentransformation. Sonst sind keine wesentlichen Veränderungen vorgenommen worden. Charlottenburg, August 1943. NEISS. Vorwort zur dritten Auflage. In die vorliegende Bearbeitung habe ich, ohne den Umfang des Buches wesentlich zu vergrößern, einige Paragraphen neu aufgenommen, von denen ich glaube, daß ihre Kenntnis wertvoll und ihr Studium auch für den Anfänger nicht zu schwer ist. So bringt § 19 weitere Beispiele von besonderen Determinanten, die hauptsächlich als Übungs stoff gedacht sind. Weiter hinzugefügt sind Sätze über die charakteristische Gleichung, Orthogonalisierungs verfahren· mit Anwendungen auf Ungleichungen und anderes. Wer sich nur auf eine Auswahl der wichtigsten Definitionen und Sätze beschtänken will, kann die Paragraphen 14, 15, 16, 17, 26, 31 und 36 auslassen. Bei der Fertigstellung dieser Auflage hat mich Herr IVAN PAASCHE durch manchen wertvollen Hinweis unterstützt. Für seine Hilfe bei der Anfertigung des Manuskripts und bei der Durchsicht der Korrektur bogen möchte ich ihm auch an dieser Stelle meinen besonderen Dank aussprechen. Charlotten burg, Mai 1948. NEISS. Inhal tsverzeichnis. Seite Erstes Kapitel: Allgemeine Vorbemerkungen. § 1. Induktionsschluß . . . . . . . . . . . . . 1 § 2. Gebrauch des Summen- und Produktzeichens 2 § 3. Aufgaben . . . . . . . . . . • . . 3 § 4. Einiges übet: algebraische Gleichungen . . . 4 Zweites Kapitel: Kombinatorik. § 5. Permutationen 5 § 6. Kombinationen . 7 § 7. Binomischer Satz. 9 § 8. Gerade und ungerade Permutationen . 10 § 9. Aufgaben 12 Drittes Kapitel: Determinanten. § 10. Die Determinante nach LEIBNIZ 13 § 11. Die Determinante nach WEIERSTRASS 16 § 12. Einfache Sätze über Determinanten 22 § 13. Beispiele, Aufgaben, Anwendungen. . 26 § 14. Erweiterung der Weierstraßschen Definition. 32 § 15. Satz von LAPLACE . . . . . . . . . . 33 § 16. Verallgemeinertes Multiplikationstheorem 34 § 17. Satz von SYLVESTER . . . . . . . . . 36 § 18. Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . 37 § 19. Weitere Beispiele und Aufgaben über besondere Determinanten 38 Viertes Kapitel: Matrizen. § 20. Rechnen mit Matrizen 42 § 21. Cramersche Regel, inverse, transponierte, orthogonale, unitäre Matrizen 46 § 22. Aufgaben .................. . 53 § 23. Geometrische Anwendungen . . . . . . . . . . . 54 § 24. Transformation einer Matrix auf die Diagonalform . 64 § 25. Rang einer Matrix . . . . . . . . . . . . 68 § 26. Die charakteristische Gleichung einer Matrix . .' . 71 Fünftes Kapitel: Systeme linearer Gleichungen. § 27. Allgemeine Lösung eines Systems linearer Gleichungen. 74 § 28. Lineare Abhängigkeit . . . . . . . . . 80 § 29. Zusätze zur Lösung linearer Gleichungen 84 § 30. Geometrische Anwendungen ..... 86 Sechstes Kapitel: Orthogonalisierung. § 31. Orthogonalisierungsverfahren . . 93 § 32. Anwendungen auf Ungleichungen .......•.. 96 Siebentes Kapitel: Quadratische Formen. § 33. Die charakteristische Gleichung einer symmetri~chen Matrix 100 § 34. Hauptachsentransformation . . . . . 102 § 35. Trägheitsgesetz quadratischer Formen 105 § 36. Definite quadratische Formen. 107 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . HO Erstes Kapitel. Allgemeine Vorbemerkungen. § 1. Der Induktionsschluß. Für die Summe der n ersten ganzen Zahlen gilt folgende Formel: 1 + 2 + ... + n = n (n + 1) , 2 die dem Leser wahrscheinlich als Summe einer arithmetischen Reihe bekannt ist. Wir wollen die Formel nachprüfen, indem wir für n irgend welche ganzen Zahlen einsetzen; z. B. ist für n = 1,2,4 bzw. 1.. = 1 (1 2+ 1) ' I + 2 = 2 (2 2+ 1) ' 1 + 2 + 3 + 4 = 4 (4 2+ 1) usw. Derartige Proben kann man beliebig vermehren. Will man indessen aus solchen einzelnen Feststellungen folgern, daß diese Formel immer, d. h. für jedes richtig ist, so ist das ein Schluß vom Besonderen zum ]I Allgemeinen. Er wird Induktionsschluß genannt und ist als mathe matischer Beweis in dieser Form nicht zulässig. Der folgende Beweis dieser Formel soll den Leser mit einem sehr häufig angewandten Gedankengang vertraut machen, der Schluß der + vollständigen Induktion oder Schluß von n auf n I oder kurz Induktionsschluß genannt wird. Die Formel selbst, die gewöhnlich anders bewiesen wird, dient hier nur als Beispiel für dieses Beweisverfahren. Wir überzeugen uns durch Einsetzen zunächst von der Richtigkeit der Formel für n = 1. Dann nehmen wir an, die For11lel sei für alle n < r bewiesen, wo unter r eine beliebige feste, positive ganze Zahl zu ver stehen ist. Vielleicht erscheint es im ersten Augenblick widersinnig, das als richtig anzunehmen, was doch erst bewiesen werden soll. Das trifft aber nicht zu; denn die Annahme bezieht sich nur auf alle n < r, der Beweis soll :;tber die Gültigkeit der Formel für alle n erbringen. Wir zeigen jetzt: Wenn die Annahme erfüllt sein sollte, d. h. wenn die Formel für alle n < r richtig ist, dann ist sie auch für die folgende Zahl r + 1 richtig, oder anders ausgedrückt: Voraussetzung: 1 +2+ ... +n=n(n2+1) für n<r. + Behauptung: (n wird durch r 1 ersetzt) 1 + 2 + ... + r + r + 1 = (r+ 1)t+2). Neiß, Determinanten. 3. Auf!. 1 2 Allgemeine Vorbemerkungen. + + ... + Zum Beweis wird die Summe 1 2 r in die nach der Vor- ausse t zung z ula·s·s·lg e F orm r (r 2+ 1) gesc h n.e b en. D anac h Ia utet dI.e Be- hauptung: r (r + 1) + + 1 = (r + 1) (r + 2) 2 r 2' Das ist eine Identität, wie man durch Umformung leicht bestätigt. Damit ist der Beweis natürlich noch nicht fertig, es ist nur gezeigt: Wenn die Formel etwa für alle n < 17 richtig ist, dann ist sie es auch für n = 18. Die Beweisführung beruhte auf einer Annahme, deren Gültig keit zunächst noch offen ist und einstweilen nur für n = 1 feststeht. Daher gilt aber die Formel, wie eben gezeigt wurde, auch für n = 2, ebenso kommt man von n = 2 zu n = 3, und diese Schlußweise kann be liebig weit fortgesetzt werden. Der Induktionsschluß ist, wie man sieht, nur zu gebrauchen, wenn der zu beweisende Satz eine Aussage über eine ganze Zahl enthält. Es ist auch nicht immer gesagt, daß die Gültigkeit bei n = 1 a.nfängt, sie kann auch schon bei n = 0 oder erst an einer späteren Stelle einsetzen. § 2. Gebrauch des Summen- und Produktzeichens . .L; (großes griechisches Sigma) ist das Summenzeichen. Ist I(e) eine e, e Funktion von die nur für ganzzahlige erklärt zu sein braucht, und will man die Summe + + ... + 1(1) 1(2) I(n) bilden, so schreibt man dafür n .J;f(e), e=1 e e lies: "Summe von = 1 bis n"; d. h.: es werden für der Reihe nach die Zahlen 1, 2, bis n eingesetzt, und die so erhaltenen Werte I(e) werden addiert. Häufig tritt der Summationsbuchstabe als Index auf: n + + ... + .J;ae = a1 a2 an· ,Q=1 Auf die Bezeichnung dieser Zahl kommt es nicht an, daher ist: n n n-l .J;a. = .J;ae = .J;al+l' .=1 12=1 1.=0 e + e ist durch A. 1 ersetzt; wenn die Werte von 1 bis n durchläuft, geht A. von 0 bis n - 1. Die Regel für die Multiplikation zweier Summen nimmt jetzt fol gende Form an: n m n m .L; ae .J;bl. =.J; .J;ae b).. e=1 }.=1 (>=1 ).=1 § 3. Aufgaben. 3 Die rechte Seite ist eine Doppelsumme, denn (! und A durchlaufen unab hängig von einander die Werte von 1 bis n bzw. von 1 bis m. Natürlich müssen hier die beiden Summationsbuchstaben verschieden bezeichnet werden. II (großes griechisches Pi) ist das Zeichen für die Bildung eines Produktes. Es bedeutet n llj(e)=j(l)j(2) ... j(n) e=l das Produkt von n Faktoren j (e). § 3. Aufgaben. Folgende Formeln sind durch vollständige Induktion zu beweisen. Die linken Seiten sind bei Aufgabe 1 bis 7 auf zwei Arten geschrieben, um den Leser an den Gebrauch des Summenzeichens zu gewöhnen. n 1. .2;e2 = 12 + 22 + ... + n2 = n (n + 1)6(2n+ 1) 1'=0 n C .J.,le3 + 3+ ... + I)Y 2 . = p 2 n3 = (n 2+ /)~o " '\, 1 1 + 1 + .. , + 1 n - 1 3. LJ (o-l)e = r-:2 2-3 (n -1)n = -n- (>=2 - . n + 4. L,J, {! 1(e + 2) = 11: 3 + 21·4 + ... + n (n 1+ 2) = 4 (n3 +1 /2 1) (151 n+ 2) 1'=1 n 5" _+ ... + 1 =_1_ 1 1 . LJ e ({! + 1) (e + 2) 1 ·2·3 T1 2_·3·4 n (n + 1) (n + 2) (>=1 + n+ ( n 3)+ n> 1 4 (n 1) (n 2) ,,-1 6. L" J qf! = 1 + q + q2 + ... + qn-l = qq" _- 11 1'=0 n .L: e + + ... + 7 . 211-1 = 2.21 3.22 n 2n-1 = (n - 1) 2n e=? "n g 8. LJ2J = 2 --ny+.-2- /)=1 n (n x) x) sin ~ 1 cas (; 9. "cos (9 x) = . n>O LJ . x 1'=0 sm2 1*