Das Patriarchat wankt stärker als das auf den ersten Blick sichtbar ist. Es überrascht, daß den Selbstreflexionen der Frauen bisher von Männern so gut wie nichts Entsprechendes zur Seite gestellt worden ist. Ich vermute, daß dahinter mehrere männliche Ängste stecken. Offener Anti-Feminismus wäre zu gefährlich. Wer möchte sich schon zum reaktionären und chauvinistischen Buhmann der Frauenbewegung machen? Die Alternative wäre die selbstkritische Auseinandersetzung mit der eigenen Männlichkeit mit dem Ziel der eigenen Befreiung aus jahrtausendealten Rollenzwängen. Es scheint aber so zu sein, daß sich viele Männer vor dieser Auseinandersetzung fürchten. Die wenigen Männergruppen, die existieren, sind oftmals nur als notvolle Reaktion der Männer auf ihre Verunsicherung durch sich emanzipierende Partnerinnen entstanden. Theologisch-geistliches Nachdenken über das Mann-Sein hat bisher, soweit mir bekannt ist, erst recht kaum stattgefunden. Wenn aber eine spezifisch weibliche Spiritualität legitim ist und von vielen Christinnen entwickelt und erprobt wird, dann ist es nicht nur erlaubt, sondern schließlich auch notwendig, daß sich analog dazu männliche Christen persönlich und geistlich Rechenschaft geben über die Bedeutung ihrer Geschlechterrolle.