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Der Wiener Kreis: Der Ursprung des Neopositivismus Ein Kapitel der jüngsten Philosophiegeschichte PDF

210 Pages·1968·11.332 MB·German
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Der Wiener Kreis Der Ursprung des Neopositivismus Ein Kapitel der jiingsten Philosophiegeschichte Von Victor Kraft em. o. Universitatsprofessor wirkl. Mitglied der 6sterr. Akademie der Wissenschaften Z wei t e, erweiterte und verbesserte Auflage 1968 Springer-Verlag Wien· New York ISBN-13: 978-3-211-80873-3 e-ISBN-13: 978-3-7091-8199-7 001: 10.1007/978-3-7091-8199-7 AHe Rechte vorbehalten Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Springer-Verlages iibersetzt oder in irgendeiner Form vervielfiUtigt werden © 1968 by Springer-Verlag/Wien Library of Congress Catalog Card Number 67-30425 Titel-Nr. 8440 Vorworl zur zweiten Auflage Seit dem Erscheinen der ersten Auflage dieses Buches sind anderthalb J ahrzehnte vergangen, in denen die Arbeit des Wiener Kreises im Ausland weitergefiihrt worden ist. In den beiden Ver6ffentlichungen iiber den Wiener Kreis, die seither erschienen sind: J. J0rgensen, "The Develop ment of Logical Empiricism", 1951 (International Ency clopedia of Unified Science. Vol. II, Nr.7) und A. Ayer, "The Vienna Circle", 1956 (The Revolution in Philosophy. By A. J. Ayer et al.) ist diese Weiterentwickillng noch nicht vorgefiihrt. Nur Feigl hat iiber sie in der Abhandlung "Some Major Issues and Developments in the Philosophy of Science of Logical Empiricism" (Minnesota Studies in the Philosophy of Science. Vol. I) teilweise dariiber berichtet. Es ist mir deshalb erforderlich erschienen, in einem Anhang die spatere Entwicklung kurz darzustellen. Wenn ich im Vorwort zur ersten Auflage gesagt habe, daB manche allzu groBe Vereinfachungen und Radikalismen aus einem ersten Ansatz zu verstehen sind, iiber die man hinausgekommen ware, wenn man hatte weiterarbeiten k6nnen, so ist das tatsachlich eingetreten. Es sind seither groBe Fortschritte gemacht worden, und es haben wesentliche Wandlungen stattgefunden. Ich kann nur einen nberblick iiber sie geben. Eine ausfiihrliche Darstellung wiirde einen neuen Band erfordern, den ich nicht mehr schreiben kann. Bei der nbersicht iiber den Stand des Neo-Empirismus in den verschiedenen Landern bin ich den Professoren Feigl, Feyerabend, J0rgensen, Juhos, Mulder, Popper, Rougier, Wright zu Dank verpflichtet. Da die beiden aus der ersten Auflage iibernommenen Hauptabschnitte photomechanisch nachgedruckt wurden, IV Vorwort. konnten darin keine Verbesserungen und Erganzungen ange bracht werden; diese erscheinen daher getrennt in einem Nachtrag auf S. 198ff. Wien, im Dezember 1967. V. Kraft Vorwort zur ersten Aufiage Der Wiener Kreis war (zusammen mit der Gesellschaft fur empirische Philosophie in Berlin) der Ausgangspunkt fur eine internationale philosophische Bewegung, die eine Erneuerung und Reform des Positivismus und Empirismus gebracht hat. Der Neopositivismus steht heute im Vorder grund der Philosophie, namentlich in den angelsachsischen und skandinavischen Landern. Er ist wohl die wichtigste ernstzunehmende Erscheinung in der Philosophie der Zwi schenzeit zwischen den beiden Weltkriegen. Aber gerade im deutschen Kulturgebiet hat die Leistung des Wiener Kreises nur Ablehnung erfahren - soweit sie uberhaupt zur Kennt nis genommen worden ist. Und diese Kenntnis war und ist sehr unzulanglich. Sie erstreckt sich nur auf die Anfange. Es ist bezeichnend dafiir, daB Gerh. Lehmann in seiner Geschichte der "Deutschen Philosophie der Gegenwart", die erst 1943 erschienen ist, nur Carnap behandelt und von diesem wohl die ersten Schriften einzeln aufzahlt, seine Dis sertation, eine Abhandlung uber "Eigentliche und uneigent liche Begriffe" von 1927, den "logischen Aufbau der Welt" und die "Scheinprobleme" von 1928 und den "GrundriB der Logistik" von 1929, aber keine seiner so wichtigen spateren Schriften mehr. Dabei werden auch die von ihm heran gezogenen Arbeiten falsch beurteilt, weil er das Wesentliche verkennt. Auch Del Negro, dessen "Geschichte der deut schen Philosophie der Gegenwart" nur um ein Jahr friiher veroffentlicht ist, bezeichnet noch als "Das Hauptwerk der Richtung Carnap ,Der logische Aufbau der Welt"'. Die vielen wichtigen Schriften, die darnach erschienen sind, die Abhandlungen in den 8 Banden der "Erkenntnis", Carna ps "Logische Syntax der Sprache", Schlicks "Gesammelte Aufsatze", in denen die Entwicklung und die Fortschritte Vorwort. v des Wiener Kreises niedergelegt sind, haben nicht mehr Beachtung gefunden. Sie und die ganze Bewegung sind dann von der nationalsozialistischen Geistesrichtung bei seitegeschoben und unterdrlickt worden. Auch in der neuen, sonst guten Ubersicht der "europaischen Philosophie der Gegenwart" (1947) von Bochenski, ist der Neopositivis mus und der Wiener Kreis wohl weitaus besser als in den vorhin genannten Referaten, aber doch nicht ganz zutref fend und nur ganz kurz dargesteHt. Es sind vor aHem auBerdeutsche DarsteHungen, die sich mit dem Wiener Kreis eingehender beschaftigen. Da ist in erster Linie die groBe, sehr sachkundige Monographie von J. R. Weinberg "An Examination of Logical Positivism", London, 1936, die aber doch hauptsachlich auf das frlihere, von Wittgenstein abhangige Stadium eingeht. Eine ein gehende Berlicksichtigung hat ferner der Wiener Kreis in der vorzliglichen DarsteHung des Neopositivismus von G. H. v. Wright "Den logiska Empirismen", Helsingfors, 1943, gefunden; aber wegen ihrer schwedischen Sprache bleibt sie wohl der AHgemeinheit schwer zuganglich. Die librigen auBerdeutschen DarsteHungen stammen teils aus der ersten Zeit des Wiener Kreises, wie die ausgezeichnete kritische Schrift von Kaila "Der logische Neupositivismus", die bereits 1930 erschienen ist, und das damals getreue, aber seither natlirlich weit liberholte Referat von Petzall "Der logische Positivismus" von 1931 und seine Kritik der ProtokoHsatze "Zum Methodenproblem der Erkenntnis forschung" von 1935. Teils sind es ganz kurze Ubersichten wie die von Vouillemin "La logique de la science et l'ecole de Vienne" 1935 und von C. W. Morris "Logical Positivism, Pragmatism and Scientific Empiricism" 1937. (Die Abhandlung von Blumberg und Feigl ist mir leider, trotz meiner Bemlihungen, unzuganglich geblieben.) Deshalb habe ich es fUr angezeigt gehalten, die philo sophische Leistung des Wiener Kreises, seine Probleme und Ergebnisse, zusammenfassend darzusteHen; nicht nur damit sie nicht in die Vergessenheit versinkt, sondern vor aHem, damit die Grundgedanken dieser Bewegung der deutschen VI Vorwort. Philosophie unserer Zeit, die sie nur unzureichend kennt, vorgelegt werden. Der Wiener Kreis gehort der Vergangenheit an - wenig stens in Wien. Seine Arbeit, an der ich selbst teilgenommen habe, ist zu Ende. Darum geht meine Darstellung nur bis zu seiner Diaspora 1938. Es ware auch nicht moglich ge wesen, bei der Abschniirung vom Ausland durch den Zwei ten Weltkrieg die auswartige Literatur, die seither von seiten frftherer Teilnehmer des Wiener Kreises oder in bezug auf diesen erschienen ist, hinreichend zur Kenntnis zu bekommen. Sie konnte darum auch, mit Ausnahme von Carnaps neuen Werken, nicht mehr herangezogen werden. Die Arbeit des Wiener Kreises ist nicht abgeschlossen, sondern mitten darin abgebrochen worden - das darf man fiir seine Beurteilung nicht auBer acht lassen. Manche allzu groBe Vereinfachung, mancher Radikalismus erklart sich wohl als ein erster Ansatz. Wie sich die Ansichten im Wiener Kreis mehrfach gewandelt haben, wie Carnap spater iiber die Einseitigkeit der bloB syntaktischen Be trachtung hinausgekommen ist, so ware man wohl auch im Wiener Kreis noch zu ausgereifteren Losungen gekom men, wenn man hatte weiter arbeiten konnen. Wenn man krasse Formulierungen und Konsequenzen herausheben wollte, konnte man seine Ergebnisse auch in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen, als es im folgenden ge schieht. Aber man wiirde seiner Leistung damit Unrecht tun. Ihre groBe positive Bedeutung ist unzweifelhaft. Ich mochte keineswegs die Ansichten des Wiener Kreises in allem vertreten; ich habe auch an einigen wichtigen Punkten eine Kritik angeschlossen. Aber der Wiener Kreis war in einer Weise bemiiht, das Grundsatzliche der Erkenntnis eindringend und umfassend klarzustellen und er hat ein MaB von Klarheit und logischer Scharfe bewiesen, wie sie in der deutschen Philosophie der letzten Generation nicht zu finden ist. Auch derjenige, der auf einem anderen Stand punkt steht als dem des Wiener Kreises, kann jedenfalls vieles daraus lernen. Wien, im Marz 1950. V. Kraft Inhaltsverzeichnis Seite Erster Abschnitt: Die Geschichte des Wiener Kreises .. 1 Zweiter Abschnitt: Die Arbei t des Wiener Kreises ..... 11 A. Der Logismus ...................................... 12 I. Logik und Mathematik .......................... 12 II. Logische Analyse der Sprache ................... , 21 1. Semantische Analyse ......................... 26 a) Sinn, Sinnlosigkeit und Metaphysik ......... 26 b) Inhalt und Struktur ....................... 38 2. Syntaktische Analyse ......................... 44 a) Syntax und Logik ........................ , 44 b) Quasi-syntaktische Satze ................... 58 B. Der Empirismus .................................... 77 1. Das Konstitutions-System der empirischen Begriffe. 77 II. Die Verifikations-Grundlagen der empirischen Aussagen 105 1. Die verifizierenden Aussagen .................. 105 2. Die Verifikation allgemeiner Aussagen .......... 121 3. Wahrheit und Bewahrung ..................... 130 4. Wahrscheinlichkeit ........................... 137 a) Erkenntnistheoretische (Aussagen-)Wahrschein- lichkeit ................................... 137 b) Wahrscheinlichkeitsrechnung ................ 138 III. Der Bereich des Erkennbaren .................... 147 1. Einheitswissenschaft und Universalsprache ...... 147 2. Der Physikalismus ........................... 149 3. Realitat ..................................... 162 4. Werle ....................................... 167 5. Philosophie .................................. 171 Anhang: Die Weiterwirkung des Wiener Kreises ...... 177 I. Ausbreitung .................................... 177 II. Fortbildung .................................... 182 1. Analytisch-synthetisch ........................ 183 2. Sinn ........................................ 184 3. Wahrscheinlichkeit und Induktion ............. 187 4. Physikalismus ................................ 192 VIII Inhaltsverzeichnis. 5. Realismus •.................................. 193 6. Modifikation des Empirismus .................. 194 7. Formalwissenschaft ........................... 196 Resume ............................................ 196 Verb esse rung en und Erganzungen .................... 198 Namenverzeichnis •....•............................... 200 Erster Abschnitt Die Gescbichte des Wiener Kreises 1 Seit 1895 gab as an der Wiener Universitat eine Lehr kanzel fiir Philosophie del' induktiven Wissenschaften, die fiir Ern s t Mac h errichtet worden war, del' sie bis 1901 innehatte. Nach ihm. wurde sie von L. Bol tzmann uOOr nommen (von 1902 bis 1906). Spiiter ermelt sie del' originelle Ado If S t ij h r. Es gab damit in Wien erne Iangjiihrige Tradition einer empiristischen Philosophie, die sich vor nehmlich mit den Naturwissenschaften beschaftigte. Schon friiher waren durch F l' a n z B l' en tan 0 in gewisser Hin sicht empiristische Tendenzen zur Geltung gekommen. The 0 d 0 r G 0 m per z und J 0 d I hatten eine antimeta physische PhilosophW veriJreten. 1922 WIUIl'de Mol' it z S chI i c k auf den LehrstuhI fiir P.hilosopme dar induktiven Wissenschaften bemen. Er war, nicht uniihnlich seinen V orgiingern, von der Physik her zur Philosophie gekommen. Seine Dissertation hatte er bei P I an c k iiber die Reflexion des Lichtes in einer inhomogenen Schlcht gemacht, un.d in seiner Schrift "Raum und Zeit in del' gegenwiirtigen Physik", 1917, hat er ais erster d'ie Relativitiitstheorie philo- sophisch ausgewertet. Mit fiihrenden Miinnern del' exakten Wissenschaften, Planck, Einstein, Hilbert, stand er in persOnlichem Verkehr. Abel' gegeniiOOr seinen Vor giingern, nicht bloB B 0 I t z man n, sondarn auch Mac h, hatte er die eingehende Kenntnis del' Philosophie voraus. Um S chI i c k bildete sich in Wien bald ein Kreis, nicht nul' von Schiilern, sondern auch von philosophisch inter essierten Gelehrten. Es waren die fori;geschrlttensten seiner Schiiler - unter ihnen hatte Fr. Waismann cine beson <lere Stellung -, abel' auch fertige Doktoren wie O. N e u- Dazu: Wissenschaftliche Weltauffassung. Del' Wiener 1 Kreis. Wien 1929. Kraft, Der Wiener Kreis, 2. Auf!. 1 Die Gesehiehte des Wliener KreiBe6. rath, E. Zilsel, H. Feigl, B. v. Juhos, H. Neider, dann einige seiner engeren und weiteren Kollegen, die Do zenten R. Car nap, V. Kraft, F. Kaufmann, und nieht nur "reine" ~08Ophen, sondern 8.lUch philosophiseh inter e8sierte Mathematiker: Professor H. H a h n u:pd die Dozenten Menger, Radakovic und Godel. Diese Zusammen setzung braehte ein Niveau mit sich, das ungewohnlieh hooh war. Der mathematische Einschlag - auch Carnap, Waismann, Zilsel, Neurath, Ka'llfmann waren mathematisch gesehult - verstarkte die Tendenz zu logi scher Strenge und Sauberkeit. In kiirzeren Referaten und 18ngeren Diskussionen lWurden logische und erkenntnistheo retische Fragen erortert, wobei vermoge der Vorbildung und der selbstandigen Gedarukenarbeit der fiihrenden Teil nehmer vornehmlich S e hI i c k, Car nap, N e u rat h, 1 - erne Waismann, Hahn, Zilsel - FiiUe von Ergeb nissen erzielt wurden. Es war eine gemeinsam aufbauende Denkarbeit, nicht die Ubernahme der Thesen eines Lehrers. S chI i c k gab durchaus nicht allein den Ton an. Hochst einfiu13reiche Anregungen gingen von Wit t g ens t e i n aus, obwohl er selbet niemals anw6send war. Sie wurden von S chI i e k und W a ism ann iibermittelt, die mit ibm, der damals in Wien war, in personlichem Verkehr standen. Sie reichten somit iiber seinenTraetatus logico-philosophieu8 weit hinaus Aus dieser Zusammenarbeit ergab sieh ein 2. 80 rascher Fortsehritt wie er sonst nur in Spezialwissenschaften sich einstellt. DaB eine 8OIeoo Entlwicklung mehrfache Wand lungen zur Folge hatte und daB manche anfiingliche all~u vereinfaehte Auffassung friihe'r oder spater iiberholt wurde, ist dabei nJUr natiirlieh. Eine Bibliographie der Teilnehmer in ..W issenschaftl. 1 Weltauffassung." 1929; ferner in "Erkenntn'is", Bd. I, S. 315 f., aueh in "Einheitswissensehaft", H.!, S. 30; H.3, S. 21, 22- S. z. B. die ausdriickliehe Feststellung S c h Ii c k s in J der Abhandlung "Meaning and Verification" (Gesammelte Abhandlungen, S.34(0), daB er seine Bestimmung des Sinnes Unterredungen mit Wi ttgenstein verdankt, die seine eigenen Ansehauungen in dieser Sache stark beeinfiuBt haben. "leh kann schwerlieh meine Verpfiichtung gegeniiber diesem Philosophe n iiberlreiben."

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