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Der Wasserhaushalt des Gesunden und Kranken Menschen PDF

342 Pages·1935·9.448 MB·German
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MONOGRAPHIEN AUS DEM GESAMTGEBIET DER PHYSIOLOGIE DER PFLANZEN UND DER TIERE HERAUSGEGEBEN VON M. GILDEMEISTER-LEIPZIG. R. GOLDSCHMIDT-BERLIN R. KUHN-HEIDELBERG· J. PARNAS-LEMBERG· W. RUHLAND-LEIPZIG K. THOMAS-LEIPZIG DREIUNDDREISSIGSTER BAND DER WASSERHAUSHALT DES GESUNDEN UND KRANKEN NIENSCHEN VON H. MARX SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG GMBH DER WASSERHAUSHALT DES GESUNDEN UND KRANKEN MENSCHEN VON DR. HELIl}\'1UT MARX PRIVA TDOZENT AN DER UNIVERSITAT BERLIN OBERARZT DER I. MEDIZINISCHEN KLINIK DER CHARITE BERLIN MIT 52 ABBILDUNGEN SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG GMBH ISBN 978-3-662-01921-4 ISBN 978-3-662-02216-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-022 16-0 ALLE RECHTE, INSBESONDERE DAS DER UBERSETZUNG IN FREMDE SPRACHEN, VORBEHALTEN. COPYRIGHT 1935 BY SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG URSPRVNGLICH ERSCHIENEN BEI JULIUS SPRINGER IN BERLIN 1935 Vorwort. Die physiologische und klinische Forschung der letzten Jahre hat unsere Kenntnisse vom Wasserhaushalt des menschlichen Organismus betrachtlich erweitert. Eine systematische Darstellung dieses Gebietes fehlte bislang in der Literatur, wenn wir auch aus fruheren J ahren einige vorzugliche Bearbeitungen besitzen, ich nenne die Handbuch-Beitrage von SIEBECK, NONNENBRlJCH und VEIL, die Monographien von LABBE, VIOLLE und VILLA. Diese Lucke mochte das vorliegende Buch ausfiillen. Die Ausdehnung des Stoffes und die enge Verbundenheit mit den Nachbargebieten machen dabei erhebliche Schwierigkeiten. rch suchte sie dadurch zu uberwinden, daB ich - trotz gewichtiger Bedenken gegen dieses Vo rgehen - zunachst die Rolle der einzelnen Organe im Wasserhaushalt und danach im 2. Teil des Buches die Koordination der verschiedenen V organge und die Regula tionen schilderte. Dabei habe ich mich bemuht, die Beobach tungen am Krankenbett in der gleichen Weise zu berucksichtigen wie die Ergebnisse der experimentellen Laboratoriumsforschung. Die Arbeit ist in der Klinik entstanden und mochte in erster Linie der Klinik dienen. rch habe vielfaltige Hilfe erfahren: den groBten Dank schulde ich meinem Lehrer, Professor SIEBECK, dessen Anregung und Kritik auch dieses Buch seine. Entstehung und seine Form ver dankt. Eine Reihe von Mitarbeitern hat mir in Bonn, Heidelberg und Berlin treu geholfen, so W. BENTZ, W. BURR, R. DENZLER, K. HEFKE, G. KRAUSE, K. SCHNEIDER, K. WEBER, S. WEINBERG. Besonders danke ich Schwester PAULA BENZ fur ihre unermudliche Hilfe im Laboratorium. Durch das Entgegenkommen der MAYO Foundation und der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft konnte ich in den Jahren 1929 und 1930 an der MAYO-Klinik, Rochester Minnesota, arbeiten. Hier hat mich L. G. ROWNTREE weitgehend gefordert, in guter Kameradschaft halfen mir auBerdem C. GREENE, J. CALD WELL, M. CARROLL und J. TUCKER. Berlin, im Marz 1935. HELLMUT MARX. Inbaltsverzeicbnis. Seite I. Das Wasser, seine Eigenschaften und seine Be deutung fur den Organismus I II. Die Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Der Wasserversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 III. Die Rolle der einzelnen Organe im Wasserhaus- halt ................ . 35 a) Die MundhOhle und der Magendarmkanal 35 b) Leber .... . 52 c) Milz ..... . 61 d) Reticuloendothel 62 e) Muskulatur . . 64 f) Blut ..... . 71 I. Plasmamenge 82 2. Die EiweiBkorper 106 3. Die Salze 117 g) Kreislauf l.j.fe..·I:~,) . 141 h) Niere ..... . 151 i) Haut .... . 165 IV. Odem ..... . 178 V. Energieha ushal t 199 VI. Die Regulationen 221 a) Innere Sekretion 221 1. Insulin. . .. 222 Diabetes mellitus 226 2. Nebennieren 229 3. Schilddriise 231 4. Keimdriisen 235 b) Hypophysen-Zwischenhirnsystem 240 c) Cerebrale Regulation. 285 VII. Der Durst . . . 303 Literaturverzeichnis . 3Il Sachverzeichnis ... 333 I. Das Wasser, seine Eigenschaften und seine Bedeutung fur den Organismus. Das Wasser ist fUr die Entstehung und Entwicklung des organi schen Lebens auf der Erde unersetzbar. Deshalb hat dieses Element von fruh an das Denken der Menschen beschiiftigt; es hat in den Cosmogonien des Altertums seit THALES VON MrLET eine wichtige Rolle gespielt und ist von jeher der Gegenstand zahlreicher mythischer und symbolischer Vorstellungen des Menschen gewesen. Wasser schafft einmal die auBeren Bedingungen fUr das Leben von Pflanze, Tier und Mensch. Es laBt aus Wusten fruchtbares Land entstehen, es beherrscht das Klima; FlUsse und Meer, Wolken und Regen formen die Gestalt des Lebens auf der Erde. Daruber hinaus ist das Wasser der Hauptbestandteil des Protoplasma. Es gibt die auBeren Bedingungen und schafft ebenso das "Milieu interieur" des Organismus. Ein Strom von Wasser flieBt unablassig durch den Korper hindurch. AIle chemischen Reaktionen gehen hier in waBriger Losung vor sich. Die kolloidalen Systeme des Korpers enthalten in einer oder mehreren Phasen als Hauptbestandteil das Wasser; die physikalischen Vorgange im Organismus sind zum groBen Teil durch die Eigenschaften des Wassers gekennzeichnet. Es sind eine Reihe bestimmter physikalischer und chemischer Eigentumlichkeiten, die das Wasser zu der vorherrschenden Rolle in den - Lebensvorgangen befahigen. Zuerst sind hier Eigen schaften thermischer Art zu nennen: so hat das Wasser eine be sonders hohe spezijische W itrme, d. h. es vermag groBe Mengen von Warme zu binden, ohne dabei seine eigene Temperatur stark zu verandern (Wasser 1000, Alkohol 500, Eisen 100). Diese Eigen schaft jst einer der Grunde zunachst fur die relative Konstanz der Temperatur der Meere und Seen; dadurch werden die scharfen Klimaschwankungen von Sommer und Winter gemildert, was dazu beitragt, die Erde bewohnbar zu machen. Die hohe spezifische Warme bewirkt weiter direkt und indirekt die Stromung der Meere, die Entstehung und Bewegung von Winden und W oIken. Fur den Organismus des Menschen ist diese Eigenschaft des Marx, 'Vasserhaushalt. 1 2 Das Wasser, seine Eigenschaften und Bedeutung fur den Organismus. Wassers deshalb bedeutungsvoll, well dadurch die Konstant erhaltung der Korpertemperatur ermoglicht wird. Damit ist wiederum eine wichtige Vorbedingung fUr die Konstanz der Ablaufe zahlreicher Reaktionen gegeben. Die Warme, die der lebende und sich bewegende Mensch produziert, fUhrt infolge der hohen Warme kapazitat der waBrigen Elemente des Korpers nur zu einer geringen Erhohung der Korpertemperatur, deren Regulation auf diese Weise erleichtert wird. HENDERSON hat berechnet, daB die Warmemenge, die ein erwachsener Mensch im Laufe von 24 Stunden produziert, zu einer Temperaturerhohung um 320 fiihren miiBte, ein Fehlen der nervosen und chemischen Regulationsmechanismen vorausgesetzt. Hatte das Wasser eine Warmekapazitat, wie sie die meisten iibrigen Substanzen besitzen, so wfude diese Erhohung unter den gleichen Verhaltnissen 100-1500 betragen und somit sehr viel hohere Anspriiche an die Regulationen stellen. Weiterhin ist die latente Warme des Wassers auBerordentlich hoch; die latente Warme des Schmelzens zunachst, d. h. die GroBe der Warmemenge, die notwendig ist, um dne Substanz aus dem festen in den fliissigen Zustand zu bringen, betragt beim Wasser 80, d. h. die gleiche Warmemenge, die 1 g Eiswasser schmilzt, kann 1 g Wasser von 00 auf 800 erwarmen. Diese Eigen schaft ist eine weitere Vorbedingung fUr den Ausgleich von Meer und Lufttemperatur und somit fUr die Milderung der klimatischen Gegensatze. Die latente Warme des Verdampfens ist fUr das Wasser bei weitem hoher gelegen, als wir sie bei anderen Losungen oder Substanzen kennen.Das auBert sich fUr die Vorgange im Organis mus unter anderem darin, daB die Verdampfung von kleinen Wassermengen etwa von der Haut aus geniigt, relativ sehr groBe Warmemengen zu eliminieren. Die Warmeleitfahigkeit des Wassers ist zwar wesentlich geringer als z. B. bei den Metallen, sie tiber trifft jedoch die aller anderen Fliissigkeiten betrachtlich (Eisen 0,16, Wasser 0,00125, Benzol 0,00033). Neben diesen physikalischen sind es noch eine Reihe physiko chemischer Eigenschaften, die die Wirkungsart und -groBe des Wassers im Organismus bestimmen. Es ist zunachst ein Losungsmittel von besonderen Eigenschaften (Corpora non agunt, nisi fluidal. Die feste Kuppelung des Wasser stoffes und des Sauerstoffes im Molekiil des Wassers bewirkt eine weitgehende Indifferenz der Losung, so daB infolgedessen ein groBer Tell der gelOsten Substanzen den Korper unverandert passieren Physik und Chemie des Wassers. 3 kann. Auch die dadurch bedingte Tragheit der Reaktionsfahigkeit des Wassers ist fUr den Ablauf zahlreicher biologischer Reaktionen bedeutungsvoll. Dabei kann keine andere Flussigkeit eine derart groBe und mannigfaltige Reihe von Substanzen in Losung halten. Hierzu ist das Wasser besonders durch seine hohe Dielektrizitats konstante befahigt, d. h. durch seine Fahigkeit, die entgegen gesetzt gerichteten elektrischen Teilchen einer Losung mit einem polarisierten Mantel zu umgeben und zu isolieren. So kommt es, daB die elektrolytische Dissoziation im Wasser groBer ist, als in irgendeinem anderen Losungsmittel, oder anders ausgedruckt, daB das Wasser ein besonders hohes Ionisationsvermogen besitzt. Dies ist ffir den Ablauf zahlreicher chemischer und physiko chemischer Prozesse, insbesonders auch fur die Vorgange in den Kolloiden und Membranen des Organismus von besonderer Be deutung. Das Wasser, das in der eben geschilderten Weise an die Ionen gebunden ist, bezeichnen wir als das "Hydratations" Wasser. Hiervon ist eine andere Art der Wasserbindung scharf zu unterscheiden, wie sie in den kolloidalen Systemen des Korpers gegeben ist: das an die Kolloide des Organismus gebundene Wasser wird als "Quellungswasser" bezeichnet. Wir kommen auf diese V organge noch zuruck. Wasser gehort weiterhin zu den dichtesten Korpern der Materie (in 1 Liter 55 Mol.) und wird darin nur von den geschmolzenen Metallen ubertroffen. SchlieBlich ist noch die hoke Obertlachen spannung des Wassers zu nennen, die nur vom Quecksilber uber troffen wird (Quecksilber 436, Wasser 75, Glycerin 60, Athyl alkohol 22), Sie bestimnit die BewegungsgroBe und Bewegungs fahigkeit der Korperflussigkeiten in den capillaren Raumen des Organismus, den GefaBcapillaren, Lymphraumen und Gewebs zellen und ist weiterhin von groBter Bedeutung ffir die Vorgange der Adsorption, die sich in den kolloidalen Systemen abspielen. Dieser kurze Dberblick uber die physikalischen Eigenschaften des Wassers zeigt, wieweit Organismus und Umgebung aneinander angepaBt sind, wie gerade das Wasser die Bedingung dessen erfUllt, was HENDERSON als "fitness of the environment" bezeichnet hat. Aus einigen der genannten physikalischen Eigenschaften des Wassers, insbesonders aus dem hohen Gefrierpunkt und Siedepunkt und dergroBen Oberflachenspannung, laBt sich ableiten, daB das Wasser chemisch nicht als eine einheitliche einfache Verbindung von 2 Wasserstoffatomen mit einem Sauerstoffatom angesehen 1* 4 Das Wasser, seine Eigenschaften und Bedeutung fiir den Organismus. werden kann. Wir nehmen heute vielmehr an, daB fliissiges Wasser ein Dihydrol (H20)2 darstellt oder eine Mischung aus Trihydrolen und Dihydrolen, wahrend das Eis wohl ein Trihydrol (H 0)3 und 2 Wasserdampf ein Monohydrol (H 0) ist. Es besteht die M6glichkeit, 2 daB auch unter den Bedingungen des Organismus, zumal bei dem Zusammentreffen von Wasser mit Salzen, eine Umstellung in der physiko -chemischen Struktur - etwa die Umwandlung von Trihydrolen zu Dihydrolen - stattfinden kann. Was derartige Vorgange fiir die biologischen Prozesse bedeuten k6nnen, wissen wir noch nicht. Neue und iiberraschende Einblicke in die Zusammensetzung des Wassers hat die moderne Atomphysik gebracht: Nachdem sich schon friiher bei Messungen der Dichte des Wassers gewisse Unstimmigkeiten ergeben hatten, entdeckte UREY 1932 bei spektralanalytischen Untersuchungen die Existenz eines neuen Wasserstoffmolekiils. Dieser neue isotope Wasserstoff (H2) hat die doppelte Kernmasse wie der einfache Wasserstoff (HI). Damit stand zugleich fest, daB es neben dem einfachen Wasser (Hl)20 eine neue "schwere" Wasserart (H2)20 geben miisse; durch fraktionierte Destillation und mit Hilfe der Elektrolyse gelang es dann, dieses "schwere" Wasser in reiner Form zu erhalten. Sein Gefrierpunkt liegt bei +3,8°, sein Siedepunkt bei 101,42°. Seine Dichte betragt I,ll. Daraus lieB sich der Gehalt von schwerem Wasser in Losungen und Wassergemischen leicht errechnen, es ergab sich dann auch, daB gewohnliches Leitungswasser stets eine kleine Menge "schweres" Wasser im Verhaltnis 1: 5000 enthalt. Die Bedeutung dieser neuen Wasserart fiir die Lebensvorgange ist noch wenig erforschti. Reines schweres Wasser wirkt giftig: Fermentprozesse verlaufen darin langsamer, Hefe stirbt ab, Samen keimen nicht, Kleintiere wie Kaulquappen und Paramaecien gehen rasch zugrunde. Wahrend die Pflanzenwurzeln beide Wasserarten gleichmaBig aufnehmen, scheint die Pflanze zum Aufbau ihres organischen Materiales das schwere Wasser zu bevorzugen. Uber die Wirkung auf den Menschen ist bislang niehts bekannt geworden. Mause waren nach der Trankung mit schwerem Wasser sem unruhig und wurden um so durstiger, je mehr sie tranken 2. Wir sprechen vom Wasserhaushalt des Organimus und definieren dies mit SIEBECK dahin, daB wir darunter zunachst die Ordnung verstehen, wodurch bei dauerndem Wasserwechsel Bestand und Verteilung des Wassers im K6rper aufrechterhalten bleiben. Diese Ordnung greift weit tiber die Organe der Aufnahme und Aus scheidung des Wassers hinaus. Da jede Zelle des K6rpers mit Wasser gefiillt und von Wasser umspiilt ist, greifen die V organge des Wasserhaushaltes auch in eine groBe Reihe von Funktionen 1 Vgl. BRANDT: Klin. Wschr. 1934 J, 1009_ 2 LEWIS: Science (N. Y.) 79, 151 (1934). Wasserbestand. 5 Tabelle 1. 97 94 "" 4. 92 " 5. 85 " ,,9. 74 Neugeborener. 66-74 Erwachsener . 58-67

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