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Der Ursprung des Staates: Eine Kritik der Überlagerungslehre PDF

101 Pages·1966·3.01 MB·German
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Demokratie und Frieden Band 3 Demokratie und Frieden Band 3 Veroffentlichungen des Forschungsinstituts fUr Politische Wissenschaft und Europiiische Fragen der Universitat zu Koln Herausgegeben von Prof. Dr. Ferdinand A. Hermens Hans Kammler Der Ursprung des Staates Eine Kritik der Ubedagerungslehre Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 1966 ISBN 978-3-663-19613-6 ISBN 978-3-663-19660-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-19660-0 Verlags-Nr. 053903 © 1966 by Springer Fachmedien Wiesbaden Urspriinglich erschienen bei Westdeutscher Verlag· Koln und Opladen 1966 Gesamtherstellung Druckerei Dr. Friedrich Middelhauve GmbH, Opladen Grafische Gestaltung Herbert W. Kapitzki, Stuttgart VORWORT Der Gegenstand der vorliegenden Untersuchung gehort einem Gebiet an, in dem sich die Arbeitsbereiche mehrerer wissenschaftlicher Disziplinen iiberschneiden. Zu ihnen zahlen neben der Politischen Wissenschaft die Soziologie, die Sozial psycho logie, die Ethnologie, die Anthropologie, die Archaologie sowie die histo rischen Wissenschaften, insbesondere soweit sie sich mit der Vor- und Friih geschichte der primaren Hochkulturen befassen. In einer Antwort auf die Frage nach den Bedingungen der Entstehung des Staates muBten die einschlagigen Er gebnisse dieser Wissenschaften beriicksichtigt werden. Es konnte scheinen, als hat ten die politischen Zustande der »Primitiven« von einst und jetzt oder die Vorgange am Euphrat und am Nil vor 5000 Jahren wenig Bedeutung fiir die Politische Wissenschaft unserer Tage, als konnte man sie der Forschungsarbeit der Ethnologen, Archaologen und Historiker iiberlassen. Aber diese Auffassung ware verfehlt. Nicht nur in der Geschichte, auch in unserem Fach ist jene »Erweiterung des Horizonts« vonnoten, von der Alexander Riistow sprach;'. Dies gilt vor allem dann, wenn man, wie es hier geschieht, die Politische Wissenschaft als eine theoretische Wissenschaft ansieht, eine Disziplin also, deren Ziel darin besteht, informative Satze von universeller Giiltigkeit zu formulieren und kritisch zu priifen. Wollte sie sich auf die Erforschung etwa von Regierungs systemen und politischen Parteien in der Industriegesellschaft des 20. Jahrhun derts beschranken - so verdienstvoll deren Untersuchung zw~ifellos ist -, dann konnte es ihr leicht entgehen, wenn sie statt allgemeingiiltiger Aussagen nur »Quasi-Gesetze«** gewonnen hatte, die nur in bestimmten Kulturen oder Zeit abschnitten gelten. Dariiber hinaus hat die Entstehung und Entfaltung des despotischen Staates im Orient bis in die politischen Systeme der abendlandischen Neuzeit hinein weiter gewirkt. Wie Karl A. Wittfogel gezeigt hat, stand der Hellenismus zugleich im Zeichen einer Hellenisierung des Orients und einer - institutionellen - Orientali sierung des Westens. So sind die politischen Strukturen Mesopotamiens und Agyptens Teil unserer kulturellen Erbschaft und in diesem Sinne auch unserer ,} Riistow, 1950: 23-24. ,},' Albert, 1965 a: 132. Vergangenheit geworden. Der Leitsatz, den RUstow seiner »Ortsbestimmung der Gegenwart« voranstellte, gilt unvermindert: »Denn ganz allein durch Auf kHirung der Vergangenheit laBt sich die Gegenwart begreifen.« (Goethe) An dieser Stelle mochte ich allen, die mich bei der DurchfUhrung dieser Studie unterstUtzt haben, herzlich danken. Diesen Dank schulde ich insbesondere Herrn Prof. Dr. Ferdinand A. Hermens, der durch sein Interesse, sein Verstandnis und seine Anregungen die Entstehung der Arbeit ermoglicht hat. Herr Prof. Dr. Alfred Hermann gab mir durch seine kritischen Hinweise wert volle AufschlUsse Uber Entwicklung und institutionelle Charakteristika des pra historischen und des archaischen iX.gypten. Herr Dr. Werner Kaltefleiter hat in mehreren Gesprachen insbesondere zur Gewinnung der methodischen Kon zeption der Untersuchung beigetragen. Herr Dr. Gerhard Bosinski las die zwei ersten Abschnitte des zweiten Teils im Manuskript und lenkte meine Aufmerk samkeit auf wesentliche Aspekte des Verhaltnisses von Vorgeschichtsforschung und Ethnologie. Fraulein Dipl.-Bibliothekarin Elisabeth de Koster war mir bei der Beschaffung eines groBen Teils der Literatur behilflich. Meiner Frau danke ich fUr die Erstellung des maschinenschriftlichen Textes der Arbeit und fUr vielfaltige Anregungen. Koln, im Juli 1966 Hans Kammler IN HALT Erster Teil: Die bisherigen Hypothesen und das Ziel der Untersuchung I. Abgrenzung des Problems. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 II. Die Entwicklung der Diskussion ............................... 9 III. Das Ziel der Untersuchung .................................... 12 Z weiter Teil: Die politische Form in den primitiven Gesellschaften I. Abgrenzung der Aussagenbereiche von Ethnologie und Priihistorik . .. 14 II. Charakteristik der primitiven und der Homkulturgesellschaften ..... 17 III. »Autonomer Verband« versus »Staat« 1. Der Geltungsbereich des Staatsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 18 2. Typen politischer Organisation bei rezenten Primitivgruppen ..... 19 a) Familie und Lokalgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 20 b) Segmentare Gesellsmaften ................................ 21 c) Gerontokratisme Systeme ................................ 24 d) Dorfrate und -versammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 25 e) Die BUnde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 26 f) Hauptlingstum .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 27 g) Despotie .............................................. 28 h) Fazit ................................................. 29 3. Die vorgeschichtliche Situation .............................. 30 4. Folgerungen ............................................. 30 IV. Exkurs: Dominanzphanomene in Tiergesellschaften ............... 31 Dritter Teil: Die Oberlagerungslehre I. Darstellung ................................................ 34 1. Die geographische Ausgangslage ............................. 34 2. Entstehung des Nomadentums ... . .. .. .. ...... . . .... . . . . ... .. 35 3. Entstehung des Bauerntums ................................. 35 4. Die Oberlagerung ......................................... 36 a) Oberlagerung von ]agern tiber Pflanzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 37 b) Oberschichtung von Rinderhirten tiber Pflanzer .............. 37 c) Oberschichtung von Rinderhirten tiber Bauern ............... 38 d) Oberschichtung von Equidenhirten tiber Bauern . . . . . . . . . . . . . .. 39 5. Entstehung der Herrschaft .................................. 39 6. Entstehung der Hochkultur ................................. 42 II. Kritische Wiirdigung 1. Interpretation der Kernaussage .............................. 43 2. Das Beweismaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 45 3. Der logische Charakter der beiden relevanten Propositionen ...... 45 4. Widerlegung beider Propositionen a) Endogene Entstehung von Herrschaftsstaaten ................ 46 b) Die Entstehung des Herrschaftsstaates in Mesopotamien und Agypten .............................................. 48 bi) Mesopotamien....................................... 51 b2) Agypten.... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 54 Vierter Teil: Ein neuer Ansatz I. Ausgangspunkte einer »endogenen« Erklarung .................. 60 II. Die Bedeutung der Familie ................................... 63 III. Institutionalisierung von Herrschaftsverhaltnissen als Teilaspekt der sozialen Differenzierung ..................................... 65 IV. Voraussetzungen der sozialen Differenzierung 1. Der anthropologische Aspekt ................................ 72 2. Der okologische Aspekt .................................... 73 V. Faktoren des Oberganges von der primitiven Demokratie zur archai- schen Despotie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 75 1. Der religiose Faktor: Magie und Charisma .................... 75 2. Der okonomische Faktor: die Wasserbaugesellschaft ............. 80 3. Der institutionelle Faktor: Wirkungen der politischen Form ...... 83 VI. Totale Herrschaft in der Friihgeschichte ......................... 87 Funfter T eil : Synthese ................................................... 89 Literaturverzeichnis 92 ERSTER TElL: DIE BISHERIGEN HYPOTHESEN UND DAS ZIEL DER UNTERSUCHUNG 1. Abgrenzung des Problems Die vorliegende Untersuchung befafh sich mit der sozialgeschichtlichen Hypo these, die unter dem Namen »Oberlagerungslehre« bekanntgeworden ist und deren erklarter Zweck darin besteht, die Entstehung der sozialen Klassen wie auch die des Staates zu erklaren. In der Vergangenheit hat es eine lange Reihe von Auseinandersetzungen mit die sen Problemen gegeben. Nur ein Teil der gebotenen Erklarungen kommt als Bei trag zur empirischen Wissenschaft in Betracht; viele gehoren in den Bereich der Theologie oder der Philosophie. In engem Zusammenhang damit steht, daB haufig Theorien iiber die Entstehung des Staates und der Klassen mit Versuchen ihrer Begriindung oder Rechtfertigung vermengt wurden. Zuweilen wurde statt dessen versucht, beide Erscheinungen als verwerflich und schadlich darzustellen und gerade aus den Umstanden ihrer Entstehung das Recht, ja die Pflicht zu ihrer »Abschaffung« herzuleiten. In jiingerer Zeit traf das u. a. fiir einige Ver fechter der Oberlagerungslehre zu. Dagegen beschrankt sich die folgende Arbeit auf die Oberpriifung und - soweit notig - Revision kognitiver Aussagen. Eine solche Kritik trifft die auf diesen aufgebauten normativen Satze mit; deren Diskussion liegt aber auBerhalb des Rahmens der Untersuchung. Innerhalb dieses Rahmens interessiert nur das Pro blem der historischen Genesis des Staates und der Klassen und insbesondere ein eventueller Zusamenhang zwischen beiden Vorgangen bei der Entstehung der Herrschaft. II. Die Entwicklung der Diskussion Spekulationen iiber den »Ursprung der Dinge« (Julius Lips) sind vermutlich so alt wie die Menschheit selbst, im gesellschaftlichen Bereich kaum weniger als in anderen. Aber erst bei einem Teil der spaten Vorsokratiker im 5. Jahrhundert v. Chr. finden wir yom my this chen Bericht abgehobene Ansatze einer kausal genetischen Staatstheorie. Die Sophisten und Sokrates selbst stellten sich die Fra ge, ob die Gesetze »von Natur aus« (physei) oder durch gewillkiirte Satzung (thesei) galten. Damit war freilich noch nicht nach dem Ursprung der Herrschaft, sondern nach dem der politischen Organisation iiberhaupt gefragt.

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