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Der theoretische Unterbau der Wirtschaftspolitik PDF

38 Pages·1957·1.436 MB·German
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ARBEITSGEMEINSCHAFT FüR FORSCHUNG DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN NATURWISSENSCHAFTEN 63. Sitzung am 4. Juli 1956 in Düsseldorf ARBEITSGEMEINSCHAFT FüR FORSCHUNG DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN HEFT 63 Oskar Morgenstern Der theoretische Unterbau der Wirtschaftspolitik Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH ISBN 978-3-322-98073-1 ISBN 978-3-322-98712-9 (eBook) DOI 10.1 007/978-3-322-98712-9 © 1 9 5 7 Springer Fachmedien Wiesbaden Urspriinglich erschienen bei Westdeutscher Verlag, KOln und Opladen 1957. Der theoretische Unterbau der Wirtschaftspolitik Professor Dr. Oskar Morgenstern, Princeton (USA) Es ist mir eine Ehre, hier vor der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes N ordrhein-\1Vestfalen sprechen zu dürfen, von der ich bereits so viel Rühmliches gehört habe und deren Publikationen ich wiederholt mit großem Interesse studiert habe. Die Reichweite der Gegenstände, die Sie der Betrach tung unterziehen, ist äußerst imponierend. Ich weiß daher nicht, ob ich in dem, was ich sagen will, irgend etwas bringe, was Ihnen neu ist. Ich will gar nicht behaupten, daß es überhaupt neu ist; ich will lediglich sagen, daß ich mich mit Dingen beschäftigen will, die meines Erachtens nach in der gegen wärtigen Lage der Wissenschaft Beachtung finden sollten und die auf die Fragen der Wirtschaftspolitik ein schärferes Licht werfen könnten. Wenn ich im folgenden nicht von deutschen Beiträgen spreche, die auf diesem wich tigen Gebiete gemacht worden sind, so ist das lediglich als eine Maßnahme der Zeitersparnis gedacht und nicht, um irgendwie anzudeuten, daß es nicht viele wichtige deutsche Beiträge gäbe. Sie sind Ihnen aber vielleicht besser bekannt als mir, und ich glaube, daß es vorzuziehen ist, wenn ich von Dingen spreche, mit denen ich unmittelbarer vertraut bin und die mir näherliegen. Ich möchte damit beginnen, daß ich glaube, daß die Nationalökonomie anfängt, heute aus einer Art dogmatischen Schlafes zu erwachen. Es ändert sich vieles in der ökonomie, und das Bewußtsein dieser Änderung verbreitet sich allmählich und macht sich geltend. Man beginnt neue, höhere Anspruche an ökonomisch.e Erkenntnisse zu stellen. Insbesondere ist der Punkt erreicht, wo man sich zumindest die Frage vorlegt, ob nicht numerische Auswertungen der Theorien möglich sind. Das ist ein Standpunkt, der bisher nicht sehr, wenn überhaupt, vertreten wurde. Man betrieb einerseits Theorie und be schäftigte sich anderseits mit Dat ensamml ung. Durch Vergleich der Daten mit den theor·etischen Ableitungen glaubte man (wenn man sehr fortgeschritten war) weiterkommen zu können. Nun jedoch möchte man wirklich berechnen und legt sich sogar die Frage vor, ob es nicht möglich sei, auch in der 6 Oskar Morgenstern Okonomie Experimente zu machen. Anders ausgedrückt: werden nicht in der Wirtschaft ohnehin fortgesetzt Experimente gemacht und sollte man sich da her das wirtschaftliche Geschehen nicht in einem neuen Lichte anschauen? Es wäre sicherlich interessant und methodologisch bedeutsam, wenn der Glaube, die Okonomie gehöre zu den Wissenschaften, in ,denen man keine Experi mente machen kann, fallen gelassen werden muß. Ich bin davon überzeugt, daß dieser Punkt erreicht ist. In der Tat gibt es heute bereits in der Wirt schaftswissenschaft kontrollierte Experimente, die sich natürlich - wie es auch sein sollte - auf ein enges, jedoch wichtiges Gebiet erstrecken. Sie haben es mit der Frage zu tun, ob der Nutzen "meßbar" ist, d. h. ob man ihn bis auf eine 1,in·eare Transformation numerisch machen kann. Zur Entscheidung dieses Problems haben Experimente beigetragen, die sowohl Geld gekostet haben, als auch Methoden erforderten, die sich mit den in den Naturwissen schaften angewandten Verfahren durchaus vergleichen lassen 1. Ferner beginnen sich in der theoretischen Okonomie neue Begriffssysteme zu entwickeln, die der Problemlage der Wirtschaftstheorie besser entspre chen als die bisher verwendeten Vorstellungen. Darauf wird später zurück :wkommen sein. Bisher stand man unter dem gewaltigen Eindruck der Fort schritte der Naturwissenschaften (mehr spezifisch: der klassischen Mechanik) und hat vorwieg,end Begriffe benützt, die von dort herrühren; so z. B. die Idee des Gleichgewichtes von Kräfteverteilungen. Man hat sich zu über zeug,en versucht, daß in den Sozialwissenschaften dieselbe Art von Lösungen gefunden werden könnte wie in den Naturwissenschaften: Lösungen, charak terisiert durch einzelne Zahlen und Mengen von solchen Zahlen, was irgend wie eindeutigen Lösungen entspricht. Selbst wenn man in Anbetracht von psychologischen Elementen in der Wirtschaft einer mathematischen Formu lierung abhold war, benützte man dennoch die naturwissenschaftlichen Denkformen, um von "Lösungen" zu sprechen. Heute ist das anders. Seit die Theorie der Spiele der Strategie vorliegt, die von J. von Neumann aufgestellt wurde, erkennt man, daß ganz andere Vorstellungen nötig sind, um ,der Phänomene Herr zu werden. Der Bruch in der Denkweise geht tief; es liegt eine begrifflich neue Situation vor. Dies drückt sich klar darin aus, daß die Struktur der neuen Theorie eine Wendung in der Mathematik verlangt, mittels derer sie formuliert werden muß. Es zeigt sich, daß es nicht adäquat ,ist, vornehmlich die Mathematik zur Be- 1 Vgl. meine Abhandlung: Experiment und Berechnung großen Umfanges in der Wirt schaftswissenschaft. Weltwirtschaftliches Archiv, Bd. 76, No. 2 (1956), S. 179-239, sowie das von mir herausgegebene Werk: Economic Activity Analysis, New York, 1954. Der theoretische Unterbau der Wirtschaftspolitik 7 handlung wirtschaftlicher Prübleme zu verwenden, die in den Naturwissen schaften sO' grüß artige Dienste geleistet hat, nämlich die Analysis. Es stellt sich statt dessen heraus, daß man vielmehr zu Problemen gedrängt wird, di,e im wesentlichen kümbinatorischer Art sind. Das ist z. T. wiederum ein Aus druck dafür, daß man bis heute noch kein spezifisches, mathematisches Kalkül gefunden hat, das dem empirisch gegebenen Gegenstand ebensO' an gepaßt ist wie die Differentialrechnung der klassischen Mechanik. Dies zeigt übrigens, was man für grüße Aufgaben zu lösen haben wird! Vielleicht darf man sagen, daß hier etwas vürliegt, was weit über den Bereich der ökünümie hinausgeht. Auch in anderen Wissenschaften wird man immer mehr auf das Diskrete gedrängt, auf kombinatorische Elemente, hinweg vün dem Künti nuierlichen. Man braucht in der Physik nur an die Quantenmechanik zu denken. SO' viel als einleitende Bemerkungen. Ich habe nun vür, etwas spezifischer über den theür,etischen Unterbau der Wirtschaftspülitik zu sprechen. Wirt schaftspolitik ist eine Fülle vün verschiedenen und sich häuf~g kreuzenden Maßnahmen, ,deren Zweck es ist, eine Wühlfahrtssteigerung für die Gesamt heit oder zumindest für eine pülitischartikulierte Gruppe zu erreichen. Einen Punkt möchte ich vün vornherein klarmachen, ein Punkt, der in der deut sch,en Literatur sehr hetont würden ist und hier im wesentlichen auf Max Weber zurückgeht: ich bekenne mich zu ,dem Prinzip der absoluten Freiheit vün Werturteilen. In anderen Worten, ich bin davün üherzeugt, daß es nicht möglich ist, Werturteile aus wissenschaftlichen Erkenntnissen logisch herzu leiten. Die Werturteils freiheit ist heute kein wissenschaftliches Prüblem mehr. Man hat sich überzeugt, daß es lügrisch unmöglich ist, aus einem Seinssatz einen Sollsatz zu gewinnen. Erkenntnisse gehören ,der Seinsebene an, püli tische Ziele stammen aus dem Bereich des Nürmativen. Ob wühl es ver wickelte Beziehungen zwischen bei den gibt, viele davon psychülogischer Natur, gilt, was ich eben über die Unmöglichkeit der lügischenAbleitung ge sagt habe. Wenn man ein künkretes wirtschaftspülitisches Prüblem vür sich hat, ist es immer nütwendig, daß man sich zunächst die Frage vürlegt: Ist das Prü blem überhaupt lösbar? Dies ist wiederum keine eindeutige Angelegenheit. Sie ist in Diskussiünen wirtschaftspülitischer Fragen praktisch nicht behandelt würden. üb ein Prüblem lösbar ist oder nicht, hängt unter anderem davün ab, was man als Instrument zur Lösung zuläßt. Es gibt im allgemeinen schlechterdings keine Antwürt ja üder nein, sündern es geht zuerst um die Frage: Welche Mittel läßt man zu, um zur Lösung zu kümmen? Oft stehen 8 Oskar Morgenstern verschiedene Mittel zur Verfügung, und je nachdem, welche zugelassen und welche verboten sind, können sich ganz verschiedene Antworten ergeben. In der Diskussion ist das häufig völlig verwischt. Ein Beispiel wird die Sache klarmachen: Man weiß, daß Columbus ein Ei balanciert hat, was bei der Tafelrunde niemandem gelungen war. Aber wie hat er ·die Lösullg zustande gebracht? Er hat die Schale des Eies leicht eingedrückt und es stand daher auf seiner Spitze. Columbus hat das vorgelegte Problem natürlich gar nicht ge löst, sondern er hat es in ein anderes, leichteres umgewandelt, indem er den Bereich der zugelassenen Mittel erweitert hatte: er hat die Eindrückung der Schale einbezogen. Oder nehmen Sie Alex.ander den Großen, der den 'gor dischen Knoten "gelöst" hat. Hat er ihn gelöst? Nein! Er hat ihn mit dem Schwerte durchgehauen. Jedoch wird er heute noch wegen der "Lösung" des gordischen Knotens gepriesen. Die Mathematiker wissen, daß es unmöglich ist, ,die Qua:drierung des Kreises durchzuführen, wenn man auf Zirkel und Lineal beschränkt ist. Das wurde erst von LiouviIle im 19. Jahrhundert be wiesen. Aber wenn man mehr Instrumente zuläßt, gelingt die Operation. Genauso Liegt es in der ökonomie. Nehmen wir das Problem der Arbeits losigkeit. Kann man 'es lösen oder nicht? Um darauf eine v,ernünftige Ant wort geben zu können, muß man angeben, ob man z. B. die Löhne senken darf oder ob dies absolut tabu ist. Es ist möglich, daß im ersteren Falle eine Absorbierung ,der Arbeitslosen möglich ,ist, im zweiten jedoch nur, falls ganz andere Mittel (z. B. staatliche Hilfsarbeiten) durchgeführt werden. Man könnte die Arbeitslosen auch ins Militär stecken; das wäre wieder eine andere Methode. Was also eine "Lösung" ,ist, steht gar nicht von vornherein fest. Manche werden wir ,als offensichtlich absurd ,ablehnen, aber bei weniger trivialen Fällen ist die La:ge sehr verwickelt. Im allgemeinen ist ,die Politik sehr vage darüber, was erlaubt und was verboten ist. Daher ist es selten klar, was als Lösung a:kzeptiert wird. Die zunehmende Verbreitung [statistisch-mathematischer Methoden in der Analyse wirtschaftlicher Probleme hat nun unter anderem zur FoLge, ,daß man quasi automatisch dazu gedrängt wird, die Probleme genauer ,zu um schreiben. Da ferner jedes mathematische Modell zuerst einmal aUe Varia:blen, auf die man eventuell einen Einfluß ausüben muß, sammelt, so wird auch etwas besser beschrieben, was als Mittel anzusehen ist. Dieser Pro zeß ist natürlich langwierig; aber er hat nun einmal begonnen, und exakte Methoden lassen sich kaum jemals wieder abschütteln. Konkret gesprochen: Man kann ein Modell nur benützen, wenn die Regierung und die Politiker sich darauf ,drängen lassen ,anzugeben, was die "objektive Funktion" ist, Der theoretische Unterbau der Wirtschaftspolitik 9 d. h.die Funktion zu formulieren geneigt sind, die entweder maximisiert oder minimisiert werden soll. Es ist also nötig, die Regierung oder das Parla ment dahin zu bringen, daß sie auch quantitative Angaben darüber machen, was als eine Lösung anzusehen ist. Um auf die Arbeitslosen zurückzukom men: ist das Ziel, ihre Zahl um 50 Prozent, oder 60 Prozent ... oder 100 Pro zent zu s,enken? In jedem Falle liegt ein etwas anderes Problem vor (bei gleichbleibenden Mitteln) und im letzten wahrscheinlich ein unlösbares, sogar ein unsinniges. Gewöhnlich wird das wirtschaftspolitische Ziel so dargestellt, daß ein Dutzend Interpretationen möglich sind und ebenso Dutzende von Möglichkeiten dessen, was als Lösung angesehen werden kann. Eine weitere Schwierigkeit liegt ,darin, daß es oft keine scharfen Zeit unterteilungen :gibt zwischen dem Punkt, wo die Politik eingesetzt wird und wo sie aufhört. WirtschaftspoIitik ist ein kontinuierlicher Prozeß. Manche Maßnahmen haben vor 10 Jahren begonnen, ander,e vor 9, 8 usw. Es liegt ein s,ehr komplexer Strom von Ereignissen vor, in den von verschiedenen Punkten aus eingegriffen wurde. Ferner wirken sich die Eingriffe nicht so fort aus; manche brauchen Monate, Jahre, ja sogar Jahrzehnte, bis sie ihre vollen Wirkungen erzielt haben. Wenn man daher beschreiben will, was tatsächlich die Daten sind, wie weit die früher gesetzten wirtschaftspoliti schen Maßnahmen sich bereits ausgewirkt haben, was noch von ihnen zu er warten ist, so hat man eine Idee von der komplizierten SitJuation in die ein neuer wirtschaftspolitischer Eingriff eingefügt werden soll. Und er soll optimal sein! Jede wirtschaftspolitische Maßnahme ist eingebettet in andere, die von verschiedenem Umfang und von verschiedener Ti,efenwirkung sind. Mehr spezifi'Sch: Man denke an die Konjunkturpolitik. Das Konjunktur phänomen ist nur eine Superposition über .andere wirtschaftliche Phänomene, auf die sich auch Maßnahmen erstrecken. Die Daten, .die für die Konjunktur politik in Betracht kommen, sind alUS dem Gesamtphänomen herausgeschält und isoliert worden. Das geschieht durch Zeitreihenz1erlegungen derart, daß nur der Zyklus übrig bleibt, den man angreifen und beseitigen möchte. Endet man nun dafür geeignete Maßnahmen, so muß man das ganze Bhänomen wieder zusammensetzen, was sicherlich schwierig ist. Außerdem ist mir nicht klar, daß es bewußt und eindeutig gemacht wi1"d - weder von den ökonomen noch von den Politikern. Schließlich hat man Diagnosen zu machen, d. h. man muß feststellen, wo man im Konjunkturzyklus ist. Damit haben wir das diffizile Problem der Prognose berührt. Die Schwierigkeiten sind hier ähnlich denen der Wett,erprognose, und ich möchte sie an Hand der Methoden der letzteren beleuchten. Man unterscheidet 10 Oskar Morgenstern eine Grüß wetter- und eine Kleinwetterlage, und man versucht kurzfristige und langfristige Wettervüraussagen zu machen. Man hat grundsätzlich zwei Methüden zur Verfügung. Erstens: Man beschaffe sich eine leistungs fähige elektrünische Rechenmaschine und lege ihr die heutige Wetterkarte vor. Dann beauftrage man sie, unter allen ihr vürher gegebenen Wetter karten diejenige zu ermitteln, die mit der heutigen identisch ist, üder ihr wen~gstens in einem bestimmten Sinne am ähnlichsten ist. Darauf süll die Maschine uns die Wetterkarte vürlegen, die das Wetter des seiner Zeit fülgen den Tages beschreibt. Diese Wetterkarte benütze man südann als Vüraussage für mürg,en. Zweitens: Man kümmere sich gar nicht um das frühere Wetter, sündern beschränke sich auf die Daten vün heute. Dann berechne man mit Hilfe einer leistungsfähigen Theorie (der H ydrümechanik) das Wetter vün mürgen. Beide Verfahren sind im Prinzip unanfechtbar, und es fragt sich nur, üb man die eine üder die andere, oder sügar beide, beherrscht. Die erste Methode ist heute nicht anwendbar, da man nicht über die Daten verfügt; d. h. man hat keine genügend detaillierten Wetterkarten, die für lang,e Perioden zurückreichen. Ferner besitzt man noch nicht die Maschine, die nötig wär,e; aber ich glaube, daß hier die geringere Schwierigkeit vorliegt: Eine Maschine, deren Charakteristiken man angeben kann, läß t sich gewöhn lich auch bauen. Die zweite Methode, die den Theoretiker eher befriedigen würde, scheitert daran, daß die Theorie noch nicht weit genug entwickelt ist und, falls sie es wäre, man selbst bei der heutigen Technologie des elektroni schen Rechnens gewöhnlich mehr Zeit für die Lösung der Gleichungen brauchte, als das Wetter benötigt, um sich zu verändern und dal.er die zeit gerecht,e Voraussage unmöglich macht. Die größeren Schwierigkeiten liegen j'edoch in der Unvüllkümmenheit der Theorie. Man beachte hier, daß man es mit zwei Komponenten :ou tun hat: die Berechenbarkeit des Phänomens und die Geschwindigkeit der Veränderung, auf deren Voraussage es an kommt. Nun ist es klar, daß es in derOkonümie genau So' liegt. Das erste Verfahren ist auch denkbar, begegnet aber (abgesehen davon, daß wir nicht genügend Daten haben) der Schwierigkeit, daß das Phänomen nicht statiünär ist wegen des technischen und ürganisatorischen Fürtschrittes, wügegen die grundlegen den Klirnaänderung,enzu langsam sind, um für die W,ettervoraussage eine Rolle :ou spielen. Das zweite Verfahren scheitert an der Mangelhaftigkeit der Theürie, die die gewünschte Präzision noch lange nicht zuläßt. Selbst bei bescheidenen Anfürderungen bleiben gewisse Prübleme zurück, die alles in ein anderes Licht setzen. Auf diese möchte ich nun kurz eingehen. Der theoretische Unterbau der Wirtschaftspolitik 11 Nehmen wir daher an, daß die Theorie vollständig wäre und Voraus berechnungen möglich seien. Nehmen wir ferner an, daß wir außerdem wüßten, was für wirtschaftspolitische Maßnahmen zu setzen seien, um un erwünschte, erwartete Ereignisse, wie z. B. eine Konjunkturahschwächun.g, zu verhindern. Der wesentliche Pl\lllkt ist, daß -alle Wirtschaftspolitik de facto Politik ist: m. a. W . .die Anwendung einer Theorie auf eine gegebene Lage muß durch einen politischen Prozeß hindurch. Die Politik hat ihre eigene Mechanik, und diese bestimmt die Möglichkeit und das Tempo der wirt schaftspolitischen Maßnahmen. Betrachten wir lediglich das Tempo. Unsere erwartete und vorausgesagte Katastrophe kann sich viel schneller entwickeln als die Geschwindigkeit, mit der die Politik ,die Gegenmaß nahmen durchsetzen kann. In den Vereinignen Staten z. B. muß entspre chende Gesetzgebung durch das Repräsentantenhaus und den Senat gehen, vorher sind "Hearings" abzuhalten etc., kurz in der Zwischenzeit hat sich oft -die Lage so grun.dlegend verändert, daß die neuen Gesetze oft nicht mehr von Interesse sind oder völlig falsch geworden sind. Wenn bedeutende Veränderungen in der Wirtschaft vor sich gehen, geschehen sie 'Fiewöhnlich rasch, und ihre Wirkungen kumulieren. Daraus erklärt sich zum Teil, warum auch gute Wirtschaftspolitik meist immer nachhinkt. Die Sache ist jedoch noch komplizierter. Es gibt, abgesehen vom Kon junkturpolitischen, Probleme, mit denen sich ein Land ausemandersetzen muß, selbst wenn es keine Konjunkturveränderungen gäbe, weil wir z. B. eine Stabilisierung erzielt hätten. Nehmen wir an, die Bevölkerung nehme zu, das Land wachse. Man muß also in bezug auf all dieses Maßnahmen treffen, die die Wirtschaft beeinflussen. Straß-en müssen g.ebaut werden, Schulen, Häuser, Spitäler, Kraftwerke usw. müssen errichtet werden. Diese öffentlichen Investitionen sollten so gemacht werden, daß sie die angenom mene stabile Konjunktur nicht stören: ein ungelöstes Problem. Wenn die Konjunktur nicht stabil, sondern z. B. im Aufsteigen begriffen ist, dann sollen die Investitionen in die Phasen verlagert werden, wo sie einen er wünschten, d. h. antreibenden Effekt haben. Das ist eine vernünftige, alte Idee, -die dazu g-eführt hat, daß man in längeren Perioden als einem Jahre denkt, statt dessen über einen ganz-en Zyklus maximisieren möchte. Selbst ein Unternehmer kann über längere Perioden als ,ein Jahr rechnen. Die Idee ist ansprechend, aber für die Wirtschaft kaum aufrechtzuerhalten, dadas politische Element in der Durchführung vernachlässigt wird. Falls eine stabile Periode gegeben ,ist, oder mehr noch, falls sich die Wirtschaft in Expansion befindet, ist es sehr schwer"die grundlegenden Investitionen auf-

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