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Der Text und seine Verknüpfungen: Studien zur psychoanalytischen Methode PDF

276 Pages·1991·11.188 MB·German
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Monographien der Breuninger-Stiftung Stuttgart Herausgegeben von Horst Kachele H. Argelander DerText und seine Verknlipfungen Studien zur psychoanalytischen Methode Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York London Paris Tokyo Hong Kong Barcelona Budapest Reihenherausgeber Prof. Dr. med. Horst Kachele Abteilung Psychotherapie der Universitat Ulm Am HochstraB 8, W-7900 Ulm, BRD Autor Prof. Dr. med. Hermann Argelander Brlider-Grimm-StraBe 4, W-6236 Eschborn, BRD ISBN-13: 978-3-540-53159-3 e-ISBN-13: 978-3-642-76078-5 DOl: 10.1007/978-3-642-76078-5 CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Argelander, Hermann: Der Text und seine Verkniipfungen: Studien zur psychoanalytischen Methode / H. Argelander. - Berlin; Heidelberg; New York; London; Paris; Tokyo; Hong Kong; Barcelona; Budapest: Springer, 1991 (Monographien der Breuninger-Stiftung Stuttgart) NE:GT Dieses Werk ist urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbesondere die der Ubersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabelien, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfaltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungs anlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfaltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfali nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechts gesetzes der Bundesrepublik Deutschland yom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulassig. Sie ist grundsatzlich vergiitungspflichtig. Zuwider handlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1991 19/3130-543210-Gedruckt auf saurefreiem Papier Vorwort Dieses Buch sollte ein gewisser AbschluB meiner Beschaftigung mit TextverknUpfungen sein. Die Vor-und Nebenarbeiten sind im Inhalts verzeichnis festgehalten. Stattdessen zeichnen sich im Umgang mit diesem Thema immer neue Entwicklungen ab, so daB ein Ende noch nicht abzusehen ist. Allerdings hatte diese Entwicklung fUr mich die unangenehme Konsequenz, daB neue Erkenntnisse Korrekturen an bereits fertiggestellten Texten und Mustern erforderlich machten. Der Leser mage mir verzeihen, wenn er trotz meiner BemUhungen noch Fehler entdeckt oder VerknUpfungsstrukturen nicht ganz auf den letzten Stand gebracht wurden. Mein Interesse an diesem Thema stammt aus der psychoanalytischen Praxis und verfolgt die Tendenz, die besondere Eigenart der psycho analytischen Methode naher zu erforschen. 1m Umgang mit Texten stoBen wir naturgemaB immer wieder auf das groBe Problem "Spra che", das in der Psychoanalyse eine zentrale Rolle spielt, auch wenn Psychoanalytiker keine Sprachwissenschaftler im eigentlichen Sinne sind. Deshalb sind auch andere Zugange zum Thema "TextverknUp fung" denkbar und erfolgversprechend. Ich wUrde mich freuen, wenn meine psychoanalytische Beschaftigung mit den TextverknUpfungen andere anregen kann, sich mit diesem interessanten Gebiet naher zu beschaftigen. Mein Dank gilt allen Mitarbeitern, die verschiedene Strecken dieser Arbeit begleitet haben. Besonders danke ich Herrn Mathias Kettner, weil ich ihm nach Fertigstellung des Manuskriptes viele kritische Anregungen verdanke. Eschborn, im April 1991 H. Argelander Inhaltsverzeichnis Einleitung ............................................ . Teilt: Grundlagen Die Textverkniipfungsstruktur 7 Auf10sung der Widerspriiche ............................. 24 Die Verkniipfungsstruktur psychoanalytischer Texte ......... 48 Freud analysiert Doras Traum .......................... 51 Der Flieger .......................................... 62 Unerwartete Foigerungen ................................ 70 Erklarungen ........................................... 76 Deutung............................................... 80 Aktualisierende und verallgemeinemde Erklarungen ......... 87 Untersuchung von Widerspriichen in Verkniipfungspassagen .. 92 Die Textverkniipfungsstruktur von Deutungen .............. 100 Zusammenhangsfolgerungen im zyklischen Denken .......... 109 Themen ............................................... 122 Verkniipfungen geben dem Text einen Sinn ................. 133 Thematisierung der Szene im Text ......................... 142 "Sinn" und "Zweck" ..................................... 163 Teil 2: Die Textverkniipfungsmethode und ihre Anwendungen in der Psychoanalyse Psychoanalytische Falldarstellungen ....................... 179 Falldarstellungen zur Erorterung einer theoretischen Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 200 Eine psychoanalytische Beratung unter Supervision .......... 208 MeinungsauBerungen und Psychopathologie ................ 224 MeinungsauBerungen bei Kindem ......................... 250 Zusammenfassung und Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 266 Literaturverzeichnis ..................................... 273 Sachverzeichnis ......................................... 275 Einleitung Bei unseren Studien an Protokolltexten psychoanalytischer Beratungen <Argelander 1982b) kamen wir zu der Erkenntnis, daB eine Deutung eine Zusammenhangslucke schlieSt und auf diese Weise etwas Neues thematisiert, was inhaltlich in einem Text nicht vorgegeben ist. (S. 21> Die Deutungs bedurftigkeit eines Textes wird also durch Zusammenhangslucken angezeigt. Deshalb lag es nahe, sich mit diesem Problem der "Bruche" oder "Lucken", wie wir sie damals nann ten, naher zu beschaftigen. Wir begannen die Text verknupfungen zu formalisieren, um ihren Gehalt an "Lucken" und "Bruchen" sichtbar zu machen. Zur Grundlage der Verknupfungen wurden die Aussagen, oder anders und einfacher ausgedruckt, die Satze eines Textes gemacht, weil wir davon ausgingen, daB ein Sachverhalt, sprachlogisch als Grund einheit verstanden, durch eine weitere Aussage im Sinne der Thematisie rung seiner Bedeutung ausgefuhrt wird (S. 41 ff.). Das Ergebnis dieser Arbeit war die Kennzeichnung von Textpassagen nach ihren Verknupfungen. In der vorliegenden Arbeit werden die "Lucken" und "Bruche" nur noch dem Prinzip des Widerspruchs unterworfen. Widerspruche sind die Textstellen, die durch eine "widersprechende Verknupfung" ErkUirungen herausfordern, um den Sinn des Textes eindeutig zu machen. Das Verstandnis des Sinnes wird also an die Eindeutigkeit der Verknupfun gen gebunden und damit zum zentralen Thema dieserArbeit. Diese Feststel lung schlieSt keineswegs Texte aus, die von der Vieldeutigkeit leben, wle ich 1m Verlauf der Arbeit zeigen werde, denn hinter der Vieldeutigkeit verbergen sich Sinnvariationen, die wiederum durch Verknupfungsanderungen erkennbar gemacht werden konnen. In Abgrenzung von der "'II iderspruchslogik" , nach der ein Widerspruch dort vorliegt, wo 2 Satze, die sich zueinander wie Behauptung und Verneinung verhalten , mit dem Anspruch auf Wahrheit auftreten (Krings et al. 1974), sind Widerspruche im Sinne dieser Arbeit Ausfuhrungen eines Sachverhal tes, die gegenuber dem "Erwartungshorizont" oder dem "Normalitatsstan- 2 dard", der mit dem Sachverhalt verbunden ist, unerwartet und unverstand- 11ch sind. Das Kittel, mit dem diese Widerspriiche erkennbar werden, ist das Einsetzen der obwohl- bzw. der trotzdem-Verkniipfung. Erklarungen konnen tatsach11ch solche Widerspriiche auflosen, aber nur unter Beachtung bestimmter GesetzmiiBigkeiten, die in der vorliegenden Arbeit Schritt fiir Schritt erarbeitet werden, so daB der Leser diese Entwicklung mitverfol gen kann. Mit zunehmender Erfahrung und der Einfiihrung einer genaueren Kodifizie rung der Textverkniipfungen nahm mein Interesse zu, die Gesamtstruktur der Verkniipfungen eines Textes zu erforschen. Bei diesen zeitraubenden Versu chen zeigte sich namlich, daB es Textstellen gab, die nicht mit den unmit tel bar vorausgehenden Aussagen zu verkniipfen waren, sondern nur mit weiter zuriickliegenden. Die Verkniipfungsstruktur eines Textes ist also nicht eine fortlaufende lineare Verkniipfungskette, sondern diese wird an bestimmten Stellen unterbrochen, an denen sich neue Verkniipfungspassagen ausbilden. Die Textverkniipfungsstruktur weist demnach ein Muster auf, das durch die sogenannten "Knoten" gekennzeichnet ist. Mit dieser Entdeckung erhielt das formale Bild der Verkniipfungsstruktur eine eigene Bedeutung. Texte haben ein Strukturgeriist, dessen Organisation und Aufbau Aussagen iiber den Text zulal3t. Die Kennzeichnung der Unterschiede, die in solchen verschiedenartigen Mustern zum Ausdruck kommen, verweist auf einen Unter schied im Denken hinsichtlich "Ii nearer" und "zyklischer" Denkablaufe. Die Textverkniipfungsstruktur laBt deshalb auf einen Blick erkennen, welche Denkformen den Text bestimmen, bzw. in welchem AusmaB sie sich jeweils in einem Text vermischen. Die Besonderhei t des "zyklischen" Denkens eines Psychoanalytikers ist durch "Folgerungsverkniipfungen" mit friiheren Textinhalten gekennzeichnet. Diese Besonderheit analytischen Denkens kann man zu einem Kriterium machen, an dem man die Arbeitsweise eines Analytikers erkennt. Es liegt nahe, daB sich bei solchen Versuchen, Besonderheiten der Ver kniipfungssstruktur begrifflich zu formulieren, die Ebenen des reinen Beschreibens 'mit den en des Erklarens vermischen. leh habe mich deshalb dazu entschlossen, erst im letzten Teil der Arbeit die psychoanalytisch methodische Seite der Verkniipfungen in ihrer Anwendung darzustellen, nachdem ich die Methode und die Schritte ihrer Entwicklung beschrieben, 3 ihre Grundlagen soweit mir moglieh erforseht und ErkUi.rungen fiir ihre Besonderheiten gefunden habe. Um diese Besonderheiten psyehoanalytiseher Protokolltexte in ihrer eigenen Bedeutung wurdigen zu konnen, ist es un vermeidlieh, aueh andere Textformen wie Saehkommentare, episehe oder lyrisehe zum Vergleieh heranzuziehen. Fur praktizierende Psyehoanalytiker ist dieser Sehritt in die formalen Hintergrunde ihres Denkens ungewohnt und fast nieht zumutbar. Die Arbeit reehtfertigt sieh aber dureh viele neue Denkansatze, bei denen es sieh lohnen konnte, sie aueh aus anderen wissensehaftliehen Perspektiven wei ter zu verfolgen. 'He die Auswahl der Begriffliehkeiten zeigt, bin ieh in vielen Fragen dureh die uberlegungen eines Psyehoanalytikers vorbelastet. Deshalb habe ieh aueh, um meine Kompetenz nieht zu ubersehreiten, darauf verziehtet, Fragen der Verkniipfungslogik oder des Sinnes naeh ihrer hi storisehen oder erkenntnistheoretisehen Dimension ein Stuck weit aufzu arbeiten. leh habe mich bemuht, in allen diesen Fragestellungen nur so weit zu gehen, wie es die unmittelbare Besehaftigung mit den Verkniip fungen an vorgegebenen Texten erlaubt. Der Ausgangspunkt meiner Arbeit ist zusammengefagt die Besehaftigung mit Sinn und Bedeutung als dem zentralen Element der psyehaanalytisehen For sehung. Der Untersuehungsgegenstand sind aussehlieglieh Texte, in erster Linie Protokolltexte psyehoanalytiseher Behandlungen. Die Methode be sehrankt sieh allein auf die Verknupfungen van Satzen. Nur diese Verkniip fungen werden naeh semantisehen Gesiehtspunkten herausgearbeitet und damit in syntaktisehe Zusammenhange gebraeht. Auf diese Weise wird aus dem komplizierten Textgebilde allein dureh die Darstellung der Verknupfungsformen ein Verkniipfungsmuster erstellt, das festlegt, wie der Sinn des Textes zu verstehen ist. Variationen des Ver knupfungsmusters fuhren zu Sinnvariationen, und deshalb lagt sieh an die sen versehiedenen Versionen zeigen, dag der Sinn eines Textes mehr oder weniger vielsehiehtig angelegt ist, wobei der Grad der Vielsehichtigkeit nur abhangig ist van der Variabilitat seiner Verkniipfungen. Der Zugang zum unbewugten Sinn des Textes fiihrt uber die Auflosung der im Text vor handenen Widerspriiehe. Mit dieser Hypothese wird versueht, eine Abgren zung des bewugt-manifesten Sinnes vom unbewuSt-latenten vorzunehmen, um in den zentralen Arbeitsbereieh des Psyehoanalytikers zu gelangen. Teil1: Grundlagen Die Textverkniipfungsstruktur Die Verknupfungsstruktur eines Textes ist die kodifizierte Darstellung der in einem zur Untersuchung festgelegten Textkorpus vorhandenen Verknup fungsformen. Wie ein Netz halten die Verknupfungen einen Text zusammen und geben ihm auf diese Weise eine Struktur, in die die Inhalte einge bettet sind oder durch die sie ihren Ausdruck erhalten. Der Aufbau dieser Struktur basiert auf dem Prinzip der 2usammenhangsbildung, wie sie in der Sprache wirksam wird. Fur einen Psychoanalytiker ist die Aussagenverknupfung von besonderem Interesse, weil die Beschaftigung mit dem Sinn oder genauer mit dem un bewuSten Sinn eines Textes an dieses Prinzip der 2usammenhangsbildung gebunden ist und das 2iel der psychoanalytischen Methode darin besteht, den unbewuSten Sinn zur Sprache zu bringen, um Einsichten zu vermitteln. In einer Arbeit (Argelander 1987) habe ich versucht, die Bedeutung der Verknupfungsform fur die Sinnfrage an einem Goethetext anschaulich zu machen. Die Sprache ist das Medium, mit dessen Hilfe es moglich ist, sieh an den oft dramatisehen Vorgangen im Leben eines Mensehen zu beteiligen, die dureh das psychoanalytische Setting in einen Vorstellungsraum gebannt werden, an dem man nur mittels Sprache teUnehmen kann. Deshalb beklagen viele Untersucher, daS Gedaehtnisprotokolle oder transskribierte Tonband aufnahmen nur ein einseitiges oder unzulangliches BUd dieser Vorgange vermitteln und suchen deshalb nach vollkommeneren Untersuchungsmethoden. Sie ubersehen dabei, daS Sprache ein kompliziertes eigenes Medium dar stellt, das in der Lage zu sein seheint, eine bisher nieht bekannte Fulle von Vorgangen der verschiedensten Art dureh sich selbst zu reprasentie~ reno Empirisehe Untersuchungen (Gutwinski-Jeggle 1987) weisen in diese Richtung.

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