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Der Ritter von Alexandria PDF

326 Pages·1994·1.18 MB·German
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Wolfgang Hohlbein Der Ritter von Alexandria Ein Abenteuer aus der Zeit der Kreuzzüge JUGENDBUCH Bastei-Lübbe BASTEI-LÜBBE-TASCHENBUCH Band 18606 © Copyright 1994 by Autor und Bastei-Verlag Gustav H. Lübbe GmbH & Co., Bergisch Gladbach All rights reserved Titelbild: Mark Harrison Mit Illustrationen von Christian Turk und Fabian Fröhlich Lektorat: Reinhard Rohn Umschlaggestaltung: Quadro Grafik, Bensberg Satz: KCS GmbH, Buchholz/Hamburg Druck und Verarbeitung: Ebner Ulm ISBN 3-404-18606-0 Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Erste Auflage: Oktober 1994 2 ERSTES KAPITEL »Robin — wie!« fragte Kevin. »Robin Hood«, antwortete Susan — zum mittlerweile dritten Mal, denn ebensooft hatte Kevin seine Frage gestellt. Im Gegensatz zu Kevin klang sie jedoch weniger erstaunt als vielmehr amüsiert. Sie nickte, um ihre Worte noch einmal zu bekräftigen, und trank zugleich einen Schluck Wasser. Kevin sah es mit wenig Begeisterung. Seit sie den Wald verlassen hatten, hatte sie sehr viel getrunken, und ihr Wasservorrat begann immer kleiner zu werden. Aber der Junge war noch immer viel zu verblüfft über das, was ihm Susan gerade erzählt hatte, um eine entsprechende Bemerkung zu machen. Außerdem würden sie sicher schon bald wieder auf einen Fluß oder eine Quelle stoßen. Sie waren zwar im Land der Wüsten und der brennenden Sonne, aber trotzdem in der Nähe gleich mehrerer Städte. »Ich weiß es von dem Händler, der uns die Kleider und die Karte verkauft hat«, fuhr Susan fort. »Er hat es von einem Seemann gehört, der direkt aus Britannien gekommen ist. Dein Bruder ist mittlerweile zu einer lebenden Legende geworden. Wenn es stimmt, was der 3 Mann erzählt, dann müssen er und die Rebellen von Sherwood Forest dem Sheriff von Nottingham das Leben wohl ziemlich schwer machen.« Sie lachte. »Angeblich hat Gisbourne sich diesen Namen selbst ausgedacht, um deinen Bruder zu verspotten. Aber das Volk hat ihn aufgegriffen und seine Bedeutung umgekehrt.« Kevin lächelte flüchtig. Robin Hood ... das gefiel ihm, und er war auch ziemlich sicher, daß es seinem Bruder gefiel. Der Junge zweifelte auch nicht daran, daß Robin dem Sheriff von Nottingham tatsächlich das Leben schwer machte — vorsichtig ausgedrückt. Von Nottinghams Standpunkt aus betrachtet war es sicher ein gewaltiger Fehler gewesen, sich die Feindschaft Robin von Locksleys zuzuziehen und ihn durch geschickte Winkelzüge um sein Erbe und seinen Titel zu bringen und für vogelfrei zu erklären. Mittlerweile war Robin von Locksley nicht mehr nur ein Adeliger, der sich mehr oder weniger offen gegen den Sheriff von Nottingham und Prinz John stellte, sondern ein Kämpfer, der die Rebellen von Sherwood Forest anführte und den Menschen mehr Mut gab, als Gisbourne ihnen durch alle Unterdrückung und Schikanen nehmen konnte. 4 Kevin seufzte leise, als er an seinen Bruder und die anderen dachte, die im heimatlichen England zurück­ geblieben waren: Little John, Bruder Tuck und Will Scarlett — und vor allem Arnulf, sein treuer Freund und Beschützer, der ihm Zeit seines Lebens zur Seite gestanden hatte. Wie gerne wäre er jetzt bei ihnen gewesen, um sie bei ihrem Kampf gegen John und Gisbourne zu unterstützen! Aber sie waren weit fort, fast am anderen Ende der Welt, und statt in den Wäldern von Nottingham gegen den Tyrannen zu kämpfen, schleppte er sich Seite an Seite mit Susan durch die ödeste Landschaft, die man sich nur vorstellen konnte, und der schlimmste Feind, mit dem sie seit ihrem Aufbruch aus England kon­ frontiert worden waren, war die Langeweile. Wahrlich — er hatte sich ihr Abenteuer anders vorgestellt. Kevin seufzte erneut, fing einen schrägen Blick von Susan auf und rief sich in Gedanken zur Ordnung. Ihre Mission war wichtig; sogar wichtiger als das, was sein Bruder und die anderen in Sherwood Forest taten. Schließlich nutzte es wenig, wenn sie für den Thron eines Königs kämpften, der vielleicht nicht mehr zurückkam. Und wenn es ihnen nicht gelang, König Richard vor dem 5 Mordkomplott zu warnen, von dem er in Nottingham Kenntnis erlangt hatte, dann war alles umsonst, was sein Bruder und die anderen taten. Bevor sie das Schiff verlassen und zum ersten Mal dieses Land betreten hatten, hatte sich Kevin nicht einmal vorstellen können, daß es einen Platz auf der Welt gab, wo es so heiß war. Alles hier war heiß: der Boden, die Luft, selbst der Sand, den ihnen der Wind in die Gesichter blies. Kevin konnte sich kaum noch erinnern, wann er das letzte Mal Luft geholt hatte, ohne daß Sand zwischen seinen Zähnen knirschte, oder die Augen geöffnet, ohne daß ihm staubfeiner Sand unter die Lider geriet, der ununterbrochen scheuerte und brannte. Kevin griff unwillkürlich nach dem Wasserschlauch, der an einem Seil über seiner linken Schulter hing, aber er gestattete sich nicht, dem Drang nachzugeben und zu trinken. Es reichte, wenn einer von ihnen verschwenderisch mit dem Wasser umging. Dabei hatten sie eigentlich genug — wie ihm der Kapitän der Tireme versichert hatte, mehr als genug, um ihr Ziel zweimal zu erreichen —, aber man konnte nicht vorsichtig genug sein. Obwohl Kevin an Bord des Schiffes viel und ausgiebig 6 getrunken hatte, hatte er ununterbrochen Durst, und seine Schritte hatten ebenso wie die Susans bereits viel von ihrem anfänglichen Schwung eingebüßt. Er seufzte zum dritten Mal, während sein Blick über das eintönige Auf und Ab der gelbbraunen Sanddünen glitt, die die Welt bis zum Horizont zu bedecken schienen, nur hier und da gesprenkelt mit einem Flecken von blassem Grün oder Braun; einem dürren Busch, einem Büschel ärmliches Grases, das vergebens gegen das Verdorren kämpfte. Das also war das Heilige Land, dachte er. Das Land, um dessen Eroberung so viele Kriege geführt worden waren und dessen Boden so mit dem Blut der Kreuzfahrer getränkt war, daß die Wüste eigentlich dunkelrot sein müßte. Er fragte sich, was am Besitz dieses Landes eigentlich so erstrebenswert war. Susan und ihn hatte es zumindest mehr als abweisend empfangen. Susan griff schon wieder nach dem Wasserschlauch, und diesmal schwieg Kevin nicht mehr. »Trink nicht so viel«, sagte er. Susan runzelte leicht verärgert die Stirn, aber sie verschloß den Schlauch wieder, ohne getrunken zu haben. »Warum?« fragte sie. »Es kann nicht mehr weit sein. Nach der Karte...« 7 »... hätten wir längst am Ziel sein müssen«, unterbrach sie Kevin. »Ich bin nicht sicher, ob sie wirklich stimmt. Das Wadi zum Beispiel war nicht darauf verzeichnet.« »Wadi?« »Die Quelle«, antwortete Kevin. »Eine Wasserstelle mitten in der Wüste nennt man ein Wadi.« Er war hörbar stolz auf dieses Wissen, zumal es normalerweise umgekehrt war: Meistens war er es, der Fragen stellte, und Susan, die antwortete. Seit sie England verlassen hatten, hatten Susan und er sich sehr viel besser kennengelernt, und aus seiner Sympathie für das dunkelhaarige Mädchen war sehr viel mehr geworden, aber es gab doch ein, zwei Dinge, die Kevin nicht an ihr gefielen. Daß sie zum Beispiel fast alles besser wußte als er. »Wadi, so.« Susan wiederholte das Wort auf eine Art, als müsse sie seinen Klang prüfen, um sich davon zu überzeugen, daß Kevin es sich nicht etwa selbst ausgedacht hatte, um sie zu beeindrucken. Dann zuckte sie mit den Schultern und sagte: »Und? Dann ist es eben nicht eingezeichnet.« »Du verstehst nicht«, sagte er. »Wir sind hier nicht in England. In einem Land wie diesem ist eine Quelle etwas 8 ungeheurer Wichtiges. Nichts, was man auf einer Karte so einfach vergißt.« »Ich verstehe«, sagte Susan. »Du meinst, die Karte ist falsch.« Irrte er sich, oder hörte er einen leicht spöttischen Unterton in ihrer Stimme? »Ich meine nur, daß sie vielleicht nicht ganz genau ist«, sagte er. »Wir hätten Arsouf längst erreichen müssen.« »Vielleicht haben wir uns ja geirrt«, schlug Susan vor, und nun klang ihre Stimme eindeutig spöttisch. Sie hatten sich nicht verirrt. Zur Rechten, nicht einmal sehr weit entfernt, lag das Meer. Sie hatten auf den Rat des Kapitäns gehört und marschierten nicht direkt am Strand entlang, obwohl das Gehen dort sicherlich viel leichter gewesen wäre als hier, aber sie konnten das Meer hören, und der Wind trug manchmal das Rauschen der Brandung heran. Unter diesen Umständen wäre es ziemlich schwer gewesen, sich zu verirren. Und trotzdem... er hatte immer mehr das Gefühl, daß hier irgend etwas nicht stimmte... Wie aus Trotz trank Susan nun doch wieder einen Schluck Wasser, und Kevin protestierte nicht, sondern griff im Gegenteil nach seinem eigenen Schlauch und stillte auch seinen Durst. Das Wasser war warm und schal 9

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