Description:Als Journalist ist Moritz Rinke jemand, der das Genre Reportage routiniert pflegt. Rinke kann ein einsames Schwarzwalddorf bereisen, nüchtern die Menschen dort beschreiben und, wie er nicht mit denen reden kann. Hinterher wissen wir, wie es ist, im Schwarzwald. Als Dramatiker ist Rinke jemand, der postmodernen Boulevard aus dem ff beherrscht, der Tür-auf-Tür-zu-Szenen schreibt, der seine Figuren einen Tick überzeichnet - und hinterher haben wir viel gelacht, ohne uns allzu stark unter Niveau zu unterhalten. Als Romancier ist Rinke dagegen jemand, der auf dem Grat zwischen Überzeichnung und Denunziation seiner Protagonisten manchmal den rechten Pfad verfehlt. Sein Romandebüt "Der Mann, der durch das Jahrhundert fiel" geht so: Da ist eine Berliner Kulturbetriebsnase, die ins heimatliche Künstlerdorf Worpswede reist, es geht um eine Haushaltsauflösung, gleichzeitig geht es aber auch um Faschismus, um 1968, ums Kunsthype-Berlin. Klug komponiert, ein wenig geschwätzig vielleicht, aber das gibt es ja alles: Es gibt dieses kunstsatte Worpswede, im niedersächsischen Moor, tatsächlich ist Rinke, der mittlerweile in Berlin lebt, selbst dort aufgewachsen, weswegen man nicht umhin kommt, "Der Mann ..." autobiografisch zu lesen. Aber haben wir irgendetwas gelernt, am Ende, als der gezeichnete Mikrokosmos in einer großartig apokalyptischen Sequenz langsam im Moor versinkt? So richtig?