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Der Kreislaufkollaps PDF

303 Pages·1961·12.839 MB·German
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GERSMEYER . KREISLAUFKOLLAPS DER KREISLAUFKOLLAPS VON ERNST F. GERSMEYER DR. MED. PRIVATDOZENT FOR INNERE MEDIZIN AN DER UNIVERSIT1i.T MAINZ MIT EINEM GELEITWORT VON PROF. DR. MED. R. DUESBERG MIT 25 ABBILDUNGEN S P R IN G E R -V E R LA G BERLIN· GOTTINGEN . HEIDELBERG 1961 ISBN-13: 978-3-642-86146-8 e-ISBN-13: 978-3-642-86145-1 DOI: 10.1007/978-3-642-86145-1 Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten Ohne ausdruckliche Genehmigung des Verlages Lgt es auch mcht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, MIkrokopie) zu vervielfaltigen © by Springer-Verlag OHG / Berlin • Göttingen· Heidelberg 1961 Soft cover reprint of the hardcover 1st editIon 1961 DIe Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Waren bezeichnungen usw. in dlCsem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinn der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden durften Geleitwort Die Lehre von den Erkrankungen des Herzens liegt systematisch geordnet vor und befriedigt fur den klinischen Anwendungsbereich in der Darlegung von Kau salitat und Folgerung das Bedurfnis nach Erkenntnis. Uber Physiologie und Patho· logie des GefaBapparates ist unser Wissen wesentlich unvollstiindiger; dies mag insbesondere darauf beruhen, daB die vasale Motorik sowohl lokalen als auch ubergeordneten nervosen Impulsen untersteht, die in ihrem Range zentralwarts abgestuft sind, so daB ein kompliziertes Zusammenspiel der einzelnen GefaBrohren und -strecken resultiert. Nicht zuletzt hat dic Auffindung neuroplegisch wirk samer Substanzen deutlich vor Augen gefUhrt, an wie vielen chemisch different empfindlichen Stellen die GefaBtatigkeit beeinfluBt werden kann; ihre reaktive Modulationsfahigkeit ist in ihrer Variationsbreite kaum ubersehbar. So bewirkt z. B. auch die groBe Zahl an pressorisch und depressorisch wirksamen Substanzen jcweils spezifisch abgrenzbare Funktionsanderungen. Ebenso wie eine intakte autonome Steuerung stellt auch ein geordneter Elektrolytbestand im extracellu laren Raum wie in den Zellen eine grundsatzliche V oraussetzung fUr die physio logische Anspreehbarkeit der motorischen GefaBwandzellen dar. Diese AusfUhrungen erweisen, daB die nur deskriptive Behandlung des Themas bereits grundliche Kenntnisse voraussetzt und einen breiten Raum erfordert, da jedem der zahlreichen, in ihrer Ursaehe so heterogenen Hypotonie-Zustande eine eigene Dynamik zugehort. Die Darstellung konnte sieh in der Aufzahlung der differierenden Symptomatik verlieren, wurden nicht ubergeordnete und struk turell vergleichbare Funktionsablaufe eine analytische Abtrennung und syste matische Einteilung ermoglichen. Naehdem eigene Studien wahrend des Krieges uber Wundschock, Entblutungs zustiinde und febrile GefiiBinsuffizienz zu einer neuartigen Gruppierung der vaso motorischen Dysregulationen gefuhrt hatten und in einer Abhandlung niedergelegt worden waren, wurde bei Errichtung und Ausbau der Medizinischen Universitiits Poliklinik Mainz besonderer Wert auf die Ausstattung des kardiologischen Labo ratoriums gelegt, um sowohl klinisch als auch im Tierversueh die Kollapsunter suchungen fortzusetzen. Der Autor des vorliegenden Buches hat sich seit seiner Studienzeit mit dem Thema der peripheren Kreislaufinsuffizienz befaBt und ist durch eigene experimentelle Beitriige, insbesondere uber die Blutbewegung im Niederdrucksystem, hervorgetreten. Die groBen pharmazeutischen Errungen schaften der Naehkriegszeit wurden einer eingehenden kritischen Untersuchung unterzogen, weiterhin die in dem kaum libersehbaren internationalen Schrifttum niedergelegten Fortschritte gesichtet und in die gewahlte Klassifizierung einge ordnet. Der besondere Wert der vorgelegten Monographie besteht darin, daB nieht nur die kardio-vasculiire Struktur der jeweiligen peripheren Insuffizienz eingehend VI Ueleitwort dargestellt, sondern daB dariiber hinaus die pathophysiologische Gesamtsituation des Organismus in ihrer Bezogenheit zur Zirkulationstatigkeit analysiert wird. Durch die allseitige Betrachtungsweise wird die Schrift aus der durch das Thema festgelegten Begrenzung hinausgehoben und vermittelt Einblicke in die Fiille biologischer Korrelationen; sie zeichnet sich durch Prazision der Gliederung sowie Vollstandigkeit in der Behandlung des Stoffes aus. Ais Grundlage fUr die Diffe rentialdiagnose und -therapie der vascularen Dysfunktion diirfte das Buch ebenso wie in der inneren Medizin auch in der Chirurgie und Anaesthesiologie dankbar aufgenommen werden. Mainz, den 14. November 1960 R. DUESBERG lnhaltsverzeichnis I. Spannnngskollaps (Zentralisation) 6 1. Spannungskollaps bei Oligamie 6 a) durch BIutverlust. . . . . 6 Klinisches Bild 6 - arterielles System 7 - venbses System 9 - Capillar system und arteriovenbse Anastomosen 12 - vegetative Steuerung 13- kieiner Kreisiauf 14 - Anastomosen der Lungrnstrombahn 18 - Or- gane im Spannungskollaps bei Oligamie 19 - Herz 19 - Lungen 19- Blut 20 - Zentralnervensystem (Gehirn) 23 - peripheres Nervensystem (animalisches Nervensystem) 24 - autonomes Nervensystem 24 - Niere 27 - Leber 28 - Nebenniere 30 - Magen-Darm-Kanal 32 - Muskulatur 32 - Haut 33 - Stoffwechsel (Sauerstoff) 34 - Zellstoff wechsel 35 - Kohlenhydrate 35 - Protein 36 - Fette 36 - Fliissig kCltsraume 36 - Elektrolyte 38 - Natrium 38 - Kalium 38 - Bi carbonat 38 - Therapie 39 - Medikamente 43 - Narkose 45 - Sauer- stoff 45 - ACTH und Nebennierenrindenhormone 46 - physikalische Therapie 46 - Zusatzschadigungen 46 b) Kollaps durch groJ3e Thrombosen. . . . . . . . . . . . . . . .. 47 c) durch Plasmaverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 48 Verbrennungen 48 - Therapie 50 - Extremitatenunterbindung 51 - Erfrierung 51 d) durch Plasma- und Blutveriuste . . . . . . . . . . . . . . . .. 52 Posttraumatischer Kollaps (Crush-Syndrom) 52 - Ileus 54 - Peri tonitis 54 - anaphylaktischer Schock 55 e) durch renale und extrarenale Wasser-SaIzverluste 57 Exsiccosen 57 - oligamischer Kollaps bei Hitze 59 f) durch endokrine Oligamie . . . . . . . . . . . 60 Endokrine Hypovolamie 60 - chronische Nebenniereninsuffizienz 60- Simmonds-Sheehan-Syndrom (Hypopituitarismus) 63 - Kachexie und Inanition 63 2. Spannungskollaps bei Isovolamie . . . . . . . . . . . . . . . . .. 64 a) Funktionelle U rsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 64 Orthostatischer Kollaps 66 - zusatzliche Faktoren des orthostatischen Spannungskollaps 73 - Valsalva-Biirger-Versuch 74 - Therapie 76 - Beschleunigungskollaps 78 - Kalte 79 - "supine hypotensive syn drome" 79 - Dumping-Syndrom 80 b) Funktionelle und organische Ursachen. . . . . . . . . . . . . .. 81 pulmonal bedingter Spannungskollaps 81 - Myokardinfarkt 82 finale Zentralisation ante exitum 86 - Carotissinussyndrom 86 - cardiales Carotissinussyndrom 87 - Kollaps bei Lungenembolie 87 c) Barbituratkollaps ................... 92 d) Kollaps bei Infekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 e) Kollaps bei Ruckenmarkanaesthesie und Grenzstrangresektion 107 f) Intoxikationen . . . . . . . . . . . . . . . . 111 II. Entspannungskollaps . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Physiologische und pathophysiologische Voraussetzungen 112 1. Einfache Ohnmacht (vagovasale Synkope) . . . . . 116 a) Klinisches Bild. . . . . . . . . . . . . . . . 117 b) Partialkreislaufe und Einzelorgane bei der Ohnmacht 123 c) Ursache und Sinn der Ohnmacht 130 d) Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 VIII Inhaltsverzeichnis 2. Acetylcholinkollaps als Modell . . . . . . . . . . 139 Andere Auslosungsmechanismen des Entspannungskollaps 141 3. Carotissinussyndrom, vasale Form . 141 4. Goltzscher Versuch 142 5. Kinetosen 143 6. Morbus Meniere. . 144 7. Luftdruckkrankheit und Kollaps 145 Organische und funktionelle Ursachen 146 8. Wundschock . . . . . . . . . 146 9. Him- und Ruckenmarkschadigung . 148 10. Entspannungskollaps bei artifizieller Pleurareizung 151 11. Entspannungskollaps bei Myokardinfarkt . 151 12. Bezold-Jarisch-Reflex ............ . 153 13. Lungenembolie und Entspannungskollaps 154 14. Entspannungskollaps bei Allergie und Anaphylaxie 155 15. Entspannungskollaps und Vergiftungen 157 16. Kombinationsformen ....... . 158 III. Paralytischer oder febriler Kollaps bei Isovolamie . 159 1. Kreislauf unter Einwirkung von Hitze . . 160 2. Kollapszustande bei Hyperthermie 164 3. Kreislauf bei infektiosen Fieberzustanden . 167 4. Kollaps bei Morbus Basedow 173 5. Arteriovenose Fisteln 179 6. Kollaps bei Beri-Beri 180 7. Intoxikationcn und paralytischer Kollaps . 181 IV. Neuroplegischer Kollaps. . . . . . . . 182 Sonderformen des paralytischen Kollaps . 182 1. Lumbalanaesthesie. . . . . . . . . 183 2. Kollaps bei organischen Nervenleiden 183 3. Kollaps bei endokrinen Krankheiten . 192 4. Neuroplegischer Kollaps durch Ganglienblocker, Neuroplegica, Antihyper- tensiva, Sympathicolytica, Sympathicusblocker. . 194 5. Kollaps bei Curare. . . . . . . . . . . . . . . 208 6. Mischformen (Paralytischer Kollaps mit Oligamie) . 209 SchluBwort . . . . . 210 Literaturverzeichnis 212 Verzeichnis der Pharmaka . 259 N amenverzeichnis 262 Sachverzeichnis . 290 Einleitung Der lebende Organismus bedarf eines standigen Austauschprozesses zur Auf rechterhaltung seines Stoffwechsels. Sowohl in seiner Gesamtheit als auch in seinen Einzelzellen bietet er nicht statische Bedingungen, sondern die dynamischen Ver haltnisse eines offenen Systems, und dieses "FlieBgleichgewicht" [106, 107] ist neben der Fahigkeit des Wachstums, der Vermehrung und der Reagibilitiit eine primare Qualitiit des Begriffes Leben. Wahrend in den unteren Stufen des Daseins neben den chemischen Prozessen vorwiegend einfache physikalische Vorgiinge fiir den An- und Abtransport der erforderlichen Substanzen verantwortlich zu machen sind, ist del' vielzellige Organismus del' Metazoen im Lauf der Entwicklungs geschichte auf zunehmend kompliziertere Versorgungs-und Transporteinrichtungen angewiesen, unter denen - verflochten mit den Atmungsorganen und dem Lymph system - der Blutkreislauf an erster Stelle steht. Wenn auch eine geordnete Protoplasmastromung zur Mischung des Zellinhaltes fUr Vielzeller gleichfalls an genommen wird [112], so geniigt diese nach Uberschreiten einer gcwissen Korper masse nicht mehr. Ein Blutkreislauf, bestehend aus Rbhrensystem und Pumpwerk, muB die Aufgaben des Nahrungstransportes von del' Aufnahme- zur Verbrauchs stelle odeI' zu Depots, die Bewegung von Stoffwechselprodukten fUr Verarbeitung oder Ausscheidung, die Weiterleitung der Atemgase zur respirierenden Oberflache und zuriick, die Beforderung der Hormone und Schutzstoffe und schlieBlich beim homoiothermen Lebewesen den Warmetransport libernehmen [112]. Als unaus weichliche Folge dieser Entwicklung ist gleichzeitig die zunehmende Storanfiillig keit des Kreislaufes gegenilber auBeren und inneren Schadlichkeiten in Kauf zu nehmen. Ein Versagen del' Versorgung durch Insuffizienz des Motors, der Leit bahnen odeI' der Fiillung filhrt konsequenterweise zu Storungen der normalen Funktionen des Organismus, die im ungiinstigsten Fall todlich enden konnen. Der Vergleich mit dem Zusammenbruch der Transportsysteme eines hochzivili sierten Staatswesens mit allen eingreifenden Folgen flir dessen Lebensfahigkeit drangt sich hier auf. Dem Arzt, der in Kenntnis diesel' allgemeinen biologischen Tatsachen am Un fallort oder am Krankenbett einen Menschen im Zustand schweren Kreislauf versagens verantwortlich zu betreuen hat, ist die schwierige Aufgabe gestellt, bei einer Vielfalt von klinischen Symptomen und daran gemessen oft relativ wenigen objektiv meBbaren pathophysiologischen Daten aus der bunten Fiille der in Be tracht kommenden Ursa chen die richtige zu erkennen, um moglichst rechtzeitig eine kausale Therapie einzuleiten. Die oft widerspruchsvolle Mannigfaltigkeit der klinischen Symptomatik, del' dabei vorliegenden Krankheitsprozesse und del' unterschiedlichen Vorgeschichten mag dazu beigetragen haben, daB flir das nicht primar kardial bedingte Versagen des Zirkulationssystems keine einheitliche Nomenklatur existiert. MiBverstandnissen in der arztlich-praktischen wie in der wissenschaftlichen Tatigkeit wird dadurch Vorschub geleistet. Diese Situation der Kollaps- und Schockforschung charakterisiert CANNON 1923 [232] "every writer on shock has his own idea as to its nature; I have not broken the tradition", und Gersmeyer, KreislaufkoUaps 1 2 Einleitung bis heute scheint hier Imine grundsatzliche Anderung eingetreten zu sein. Ein kurzer Ruckblick auf die Geschichte dieses Gebietes der Kreislaufforschung moge die Wegmarken der Kollapsforschung aufzeigen [120, 232, 243, 286, 302, 347, 632, 1537]. - Wenn auch vermutlich den Arzten der Antike und des Mittelalters der klinische Zustand des peripheren Kreislaufversagens bekannt gewesen ist (die "Exhamie" solI schon HIPPOKRATES gelaufig gewesen sein) [232], so durfte doch erst etwa in der Mitte des 18. Jahrhunderts die Abgrenzung von Scheintod und verwandten Zustanden moglich und nach dem Krimkrieg klinisches Allgemeingut geworden sein [1537]. Der Begriff Schock solI auf LEDRAN und LATTA (1743; 1795) zuruckgehen [891, 894J. Die erste Monographie uber Schock erschien 1867 [1013]. Ahnlichkeit mit der Symptomatik der Cholera wird bereits 1832 betont [1055]; seither wurde auch der toxische Faktor beim Kollaps beachtet. Neue Impulse gab die Entdeckung der Herzhemmung durch den Vagus im Jahr 1845 [1537] und der Vasomotorennerven 1850 sowie der vasomotorischen Zentren in der Medulla 1870 [1537]. Die Untersuchungsergebnisse von GOLTZ uber den Klopfversuch [586, 587, 588] fanden klinisch ihre Anwendung z. B. in der klassischen Beschreibung FrscHERs (1870) [450, 632] yom Krankheitsfall eines jungen Mannes, der ohne Blutverlust nach Abdominaltrauma im Kollaps starb. Hier wurde in Dberein stimmung mit den Vorstellungen von GOLTZ [586-588] und DASTRE u. MORAT [301] eine Verblutung in die SplanchnicusgefiiBe mit Leerschlagen dcs Herzens als Ursache des letalen Ausgangs angeschuldigt. ROMBERG u. PASSLER [1171] ge bii.hrt das Verdienst, die klare Trennung des peripheren Kreislaufversagens von der Herzinsuffizienz vollzogcn zu haben. GROENINGEN [632] lehnte in seinem Buch uber den Shock 1885 die vagale Hemmung als prinzipielle Grundlage des Kreis laufversagens abo Um 1900 beginnt nach WIGGERS [1537] die eigentliche experimentelle Ara der Kollapsforschung. LEWIS sowie COTTON u. LEWIS [276, 906, 907] konnten in ihren Atropinversuchen demonstrieren, daB der Blutdrucksturz bei del' Ohnmacht nach Aufhebung del' Reflexbradykardie fortbestand und somit vasaler Genese sein muBte. Nachdem del' Beweis crbracht worden war, daB cine Erschopfung del' vasomotorischen Zentren oder del' Peripherie nicht cler Grundmechanismus war [232, 302], entwickelte Y. HENDERSON [704-709] seine Vorstellung yom Abfall des venosen Ruckflusses als Kardinalfaktor beim Schock, wobei anfangs der Akapnie, spateI' der GefaBatonie entscheidender EinfluB zugesprochen wurde. Wahrend des erst en Weltkrieges setzte sich die Erkenntnis durch, daB der kardiale Faktor, zunachst wenigstens, bei den Kollapszustanden von geringerer Bedeutung ist. Fii.r die vermutete Arteriolendilatation und periphere Speicherung, zum Teil in den BauchgefaBen, wurden u. a. nervose [257] und humorale Faktoren [523], so das Histamin [293, 294, 295] angeschuldigt. Daneben wurden zentrale Fett embolien [632, 1537], toxische Faktoren [1084, 1112, 1114], ubermaBige Ad renalinwirkung [410] und Acidose [234, 235] als Ursache diskutiert. Zwar begann gegen Ende des ersten Weltkrieges die Anschauung an Boden zu gewinnen, daB Verlust [529, 530, 814] und nicht Versacken des Blutes infolge von Atonie die uber wiegende Grundlage des posttraumatischen Kollaps ist [74, 75, 814, 1165]; doch diskutiert CANNON (1923) [232] daneben weiterhin eine Blutverschiebung in die Capillargebiete als bedeutsamen pathogenetischen Teilvorgang. SWINGLE [1402] betont die Analogien zwischen dcm Kreislaufeffekt einer Adrenalektomie und dem Kollaps. Zu Beginn des zweiten Weltkrieges warennach WIGGERS [1537] nul' wenig systematische Tierversuche zu Fragen des Schocks und des Kollaps angestellt worden, Standardmethoden fehlten, die Kriterien del' Untersuchungen stimmten nicht uberein, und die Kenntnisse pathophysiologischer Kreislauf- und Stoff wechselgroBen im menschlichen Kollaps waren gering [514]. Einleitung 3 Ebenso wie im ersten Weltkrieg [232-236, 814, 1546] setzte wahrend des zweiten Weltkrieges eine neue Periode intensiver Kollapsforschung ein. Nunmehr begann die Erkenntnis Allgemeingut zu werden, daB in den weitaus meisten Fallen frischer, groBerer innerer und auBerer Verletzung der Blutverlust die entscheidende Rolle fiir das Zustandekommen des Kollaps spielt [251, 252, 281, 396, 603, 681, 1006-1008,1046,1089,1386,1544]. Die bereits wahrend des ersten Weltkrieges begonnenen Versuche mit Volumenersatzmitteln erfuhren, gestiitzt auf die in der Zwischenzeit gewonnenen serologischen und hamatologischen Wissensdaten, mit der Herstellung von Blutplasma- und Serumkonserven eine weitgehende Voll endung [243, 280, 302, 347, 490, 603, 885, 886, 1007, 1290, 1537]. Auf der anderen Seite wurden in der Klinik und im Laboratorium mit neuen Methoden grund legende Untersuchungen iiber die Hamodynamik bei Kollapszustanden angestellt [120,347,362,445,446,487,488,489,678, 784, 878,1045,1077,1159,1160,1161, 1288, 1544]. Gleichzeitige klinische und tierexperimentelle Erforschung der Ha matologie und der Serumproteine bei Kollapsformen fUhrte zur Abrundung der neuen Erkenntnisse [280, 305, 347, 354-356, 885, 886, 1007]. Neben dem Studium der drei Fliissigkeitsraume waren die Untersucher um die Erfassung der chemisch physiologischen Veranderungen im traumatischen Kollaps sowie besonders um den Ausbau tierexperimenteller reproduzierbarer Verfahren fiir Schockerzeugung und experimentelle Therapie bemiiht [8a, 8b, 120,302, 445,446, 488, 1043, 1542, 1543, 1544, 1548, 1585]. 1m letzten Jahrzehnt wurde, vorwiegend von anglo-amerikanischen Autoren, die Erforschung der Kollaps- und Schockzustande intensiv fortgesetzt [483, 1294]. Hier seien die umfangreichen Monographien von BLALOCK [120], WIGGERS [1537] und DAVIS [302] erwithnt*. Andere Experimentatoren haben die Kenntnis der Wirkung von Bakterientoxinen [440-446, 484-486, 855-858], korpereigenen Substanzen [246-248, 1322, 1323, 1598-1606] und von nervos-reflektorischen Einfliissen auf die periphere Zirkulation entscheidend bereichert [56, 383, 401 bis 403, 1007,1315-1319, 1547]. Wahrend viele experimentelle Studien bis vor wenigen Jahren sich vorwiegend mit den hamodynamischen GroBen des groBen Kreislaufs beschaftigten, sind dem diagnostischen Fortschritt durch Katheterisie rung des Herzens und der PulmonalgefaBe [279,467,1407] zum Teil bereits die Ergebnisse der Kollapsforschung gefolgt [277-279, 416, 598, 1015]. Die sprung artige Entwicklung der verschiedenartigen N arkoseverfahren, die standige Be reicherung des Arzneischatzes urn auBerst kreislaufwirksame Substanzen (z. B. Neuroplegica, Ganglienblocker) und die mit der modernen Flugtechnik ver kniipften Probleme von Kreislaufregulation und -versagen [18, 332, 333, 335, 1187,1393] haben in den letzten Jahren die Kollapsforschung vor eine Fiille neuer Fragen gestellt, zu deren Untersuchung gleichzeitig neben anderen modernen Methoden die Verfahren mit radioaktiven Substanzen getreten sind [518, 572, 625, 728, 1048-1050, 1123, 1124, 1505]. Die Diskussion der Begriffe Kollaps und Schock ist durch die sehr unterschied lichen Definitionen und das Fehlen einer allgemein anerkannten Nomenklatur anfangs nahezu ein philologisches Problem. Wahrend im englischen und im fran zosischen Sprachraum shock resp. choc und collapse oder circulatory collapse wahlweise, jedoch bei Bevorzugung des Ausdrucks Schock als Oberbegriff, wenn auch sehr unterschiedlich definiert, fUr die Zustande des peripheren Kreislauf versagens gebraucht werden [243, 302, 832, 1537], hat sich im deutschen Sprach- * 1m Handbuch der Inneren Medizin ist inzwischen von BUCHBORN (193a) eine ausfuhr liche, deutschsprachige Darstellung von "Schock und Kollaps" veroffentlicht worden. Da ihr Erscheinen zeitlich mit den Druckarbeiten zu der hier vorgelegten Abhandlung zusammentraf, konnte sie nicht im verdienten Umfang gewiirdigt werden. 1*

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