DER KRANKE HEINE Heine-Studien Herausgegeben von ]oseph A. Kruse Heinrich-Heine-Institut der Landeshauptstadt Düsseldorf Henner Montanus DER KRANKE HEINE J. Verlag B. Metzler Stuttgart . Weimar Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Montanus, Henner: Der kranke Heine / Henner Montanus. - Stuttgart; Weimar: Metzler, 1995 (Heine-Studien) Zugl: Düsseldorf, Univ., Diss., 1991 u.d.T.: Montanus, Henner: Die Krankheiten Heinrich Heines ISBN 978-3-476-01282-1 ISBN 978-3-476-01282-1 ISBN 978-3-476-03580-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-476-03580-6 Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © 1995 Springer-Verlag GmbH Deutschland Ursprünglich erschienen bei J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und earl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart 1995 ~ EIN VERLAG DER. SPEKTRUM FACHVERLAGE GMBH Meinen Eltern Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 2 2. Heinrich Heines hereditäre Belastung 5 3. Biographie und Anamnese des erkrankten Heinrich Heine 12 4. Biographische und literarische Zeittafel 232 5. Chronologie der Krankheiten Heinrich Heines 243 6. Heines Aufenthalte in Seebädern und Kurorten 258 7. Chronologie der Ärzte Heinrich Heines und ihre Therapie 259 8. Tabellarische und graphische Übersicht über Häufigkeit und Schweregrad der Symptome der Krankheiten Heinrich Heines 262 9. Die Porträts von Heinrich Heine und ihre diagnostische Relevanz 268 10. Die Handschrift von Heinrich Heine und die diagnostische Relevanz ihrer Analyse 293 11. Heinrich Heines Erotik und Sexualität 303 12. Die Therapie Heinrich Heines und ihre zeitgenössischen Grundlagen 330 13. Die Ärzte Heinrich Heines und ihre Therapie 347 14. Zeitgenössische Diagnosen und nach Heines Tod gegebene Darstellungen aus medizinischer Sicht zu den Krankheiten Heinrich Heines 361 15. Die Krankheiten Heinrich Heines aus der Sicht medizinischer Laien 408 16. Übersicht über die besprochenen Veröffentlichungen zu Heines Krankheiten 429 17. Zusammenfassende Beurteilung der Literatur ZU den Krankheiten Heinrich Heines 432 18. Darstellung der diagnostizierten Erkrankungen, epikritische Überlegungen und differentialdiagnostische Diskussion der Krankheiten Heinrich Heines 437 18.1 Syphilis 437 18.2 Embolisehe Encephalomyelitis/Encephaloradiculomyelitis 457 18.3 Tuberkulose und tuberkulöse basale Meningitis/Meningo- enzephalitis 460 18.4 Encephalomyelitis disseminata 463 18.5 Amyotrophische Lateralsklerose 474 18.6 Landry-Paralyse 478 18.7 Syringomyelie 481 18.8 Akute intermittierende Porphyrie 483 18.9 Periarteriitis nodosa 487 19. Zusammenfassung: Diagnose der Erkrankung Heinrich Heines 490 20. Quellenverzeichnis 495 VIII Inhaltsverzeichnis 21. Literaturverzeichnis 518 22. Verzeichnis der Abbildungen 529 23. Namensverzeichnis 533 24. Danksagung 548 Rückschau Ich habe gerochen alle Gerüche In dieser holden Erdenküche; Was man genießen kann in der Welt, Das hab ich genossen wie je ein Held! Hab Kaffee getrunken, hab Kuchen gegessen, Hab manche schöne Puppe besessen; Trug seidne Westen, den feinsten Frack, Mir klingelten auch Dukaten im Sack. Wie Geliert ritt ich auf hohem Roß; Ich hatte ein Haus, ich hatte ein Schloß. Ich lag auf der grünen Wiese des Glücks, Die Sonne grüßte goldigsten Blicks; Ein Lorbeerkranz umschloß die Stirn, Er duftete Träume mir ins Gehirn, Träume von Rosen und ewigem Mai - Es war mir so selig zu Sinne dabei, So dämmersüchtig, so sterbefaul- Mir flogen gebratne Tauben ins Maul, Und Englein kamen, und aus den Taschen Sie zogen hervor Champagnerflaschen - Das waren Visionen, Seifenblasen - Sie platzten - Jetzt lieg ich auf feuchtem Rasen, Die Glieder sind mir rheumatisch gelähmt, Und meine Seele ist tief beschämt. Ach, jede Lust, ach jeden Genuß Hab ich erkauft durch herben Verdruß; Ich ward getränkt mit Bitternissen Und grausam von den Wanzen gebissen; Ich ward bedrängt von schwarzen Sorgen, Ich mußte lügen, ich mußte borgen Bei reichen Buben und alten Vetteln - Ich glaube sogar, ich mußte betteln. Jetzt bin ich müd' vom Rennen und Laufen, Jetzt will ich mich im Grabe verschnaufen. Lebt wohl! Dort oben, ihr christlichen Brüder, Ja, das versteht sich, dort sehn wir uns wieder. Heinrich Heine 1. Einleitung Mit dieser ,Rückschau< (96) beschreibt Heine sein Schicksal, seine persönliche Problematik von Wollen und Sein, die Ambivalenz von Leben und Werk eines hochgeschätzten Dichters, einer umstrittenen Gestalt der Literatur und Geistesge schichte. Längst muß Heinrich Heine nicht mehr um Achtung vor dem Menschen und Anerkennung für den Dichter Heine ,betteln<. Er gilt als einer der berühmtesten Persönlichkeiten in der Weltliteratur. Sein literarisches Vermächtnis zeichnet ihn aus als einen der bedeutendsten Dichter, dessen Werk besonders in heutiger Zeit von großer Aktualität und überzeugender Aussagekraft ist. Exemplarisch für die Entwicklung der Bedeutung und Aktualität Heinrich Hei nes mag der prägende Einfluß dieses Dichters auf seine Heimatstadt Düsseldorf stehen, in der man ihm Anfang dieses Jahrhunderts noch das mittlerweile erschaf fene Denkmal verweigerte. Hier befindet sich aber auch das »Heinrich-Heine-In stitut« unter der Leitung von Professor Dr. Kruse, das als ein bedeutendes Zen trum der Heine-Forschung und umfangreicher Hort von Heine-Quellen die litera turgeschichtliche Würdigung des Werkes Heinrich Heines und die Erforschung seiner Biographie bestimmt. In der jetzt »Heinrich-Heine-Universität« benannten Hochschule Düsseldorfs entsteht unter der Redaktion von Professor Dr. Windfuhr eine neue Heine-Ausgabe. So sah sich Professor Dr. 5chadewaldt als Leiter des In stitutes für Geschichte der Medizin an der aus der ehemaligen medizinischen Aka demie hervorgegangenen Heinrich-Heine-Universität veranlaßt, eine bestehende Lücke in den Erkenntnissen der Heine-Forschung mit der hier dankbar aufgegrif fenen Anregung zu einer Pathographie Heines zu schließen. Besonderes Interesse und Bewunderung verdient das persönliche Schicksal Hei nes, das in unvergleichlicher Weise von psychischen und somatischen Injurien, von Krankheit, Leiden und Tod geprägt war. Die Krankheit wurde von Heinrich Heine nicht nur geduldig ertragen, sondern als Grundbedingung für sein Leben und sein Werk in letzter Konsequenz angenommen, so daß sich hier die besondere künstle rische Individualität und der herausragende Wert des literarischen Werkes begrün den und einander bedingen. Diese Pathographie soll nicht nur vorhandene Lücken in der allgemeinen Biogra phie Heines schließen und seine Erkrankung diagnostizieren. Die Untersuchung der Krankheit Heines zeigt vielmehr ihren prägenden Einfluß auf die physische und psy chische Konstitution des Dichters, die von bedeutender Bestimmung für sein Werk gewesen ist. Die Kenntnis der Pathographie eröffnet damit unabhängig von der letzt lich gestellten Diagnose einen neuen Zugang zum Verständnis von Person und Werk. Ferner werden an dem berühmten Beispiel Heinrich Heine wesentliche Kapitel der Medizingeschichte veranschaulicht durch die Darstellung der Krankheiten