Tretsch/Zersch, Der Kraftfahrzeug-Kasko-Schaden Dr. Wolf-Dietrich Tretsch Ernst Zersch Der Kraftfahrzeug -Kasko-Schaden GABlER CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Tretsch, Wolf-Dietrich: Der Kraftfahrzeug-Kasko-Schaden / Wolf-Dietrich Tretsch; Ernst Zersch. - Wiesbaden: Gabler, 1989 ISBN 978-3-409-18506-6 ISBN 978-3-322-91709-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-91709-6 NE: Zersch, Ernst: Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen der Verlagsgruppe Bertelsmann © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden 1989 Softcover reprint of the hardcover I st edition 1989 Lektorat: Hans-Ulrich Bauer Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Satzstudio RESchulz, Dreieich-Buchschlag ISBN 978-3-409-18506-6 Vorwort Die Fahrzeugversicherung hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. So unterhalten inzwischen rund 95 % al/er Kraftfahrzeughalter eine Teilkaskoversiche rung. Aber auch die Vol/kaskoversicherung wird immer verbreiteter, da mehr und mehr Fahrzeugefinanziert oder geleast werden. Die Kapitalgeber sichern auf diesem Wege ihre Vermögenswerte, indem sie von ihren Kunden den Abschluß einer entsprechenden Versi cherung verlangen. Gerade die Entwicklung neuer Rechtsinstitute hat zu heftigen Diskussionen über Formu lierung und Auslegung der Versicherungsbedingungen geführt. Es sei erneut auf das Leasinggeschäft hingewiesen, das noch vor rund 20 Jahren dem Privatkunden kaum zu gänglich war. Inzwischen existiert eine Vielfalt unterschiedlichster Vertragsbedingungen, die sowohl eine permanente Fortentwicklung der Rechtsprechung erfordern und bewirken als auch dazu beitragen, daß der Markt für den privaten und regelmäßig nicht sachkundi gen Kunden unübersichtlich bleibt. Dies beeinflußt natürlich auch die Schadenbearbei tung in der Fahrzeugversicherung. Die vorliegende Darstel/ung will deshalb jenes Grundwissen zur Kaskoversicherung (oder wieesformell richtig heißt: Fahrzeugversicherung) vermitteln, dasfürden Praktiker, mag er nun als Sachverständiger im Kraftfahrzeugwesen, in einem Versicherungsunternehmen als Schadenregulierer, Außendienst-oder Vertragsbearbeiter oder im Bereich der Finan zierung von Kraftfahrzeugen tätig sein, von erheblicher Bedeutung ist. Besonders hervor zuheben sind die zahlreichen Hin weise für die Bearbeitung des Einzelfalls, die eine praxis orientierte Auseinandersetzung mit der Materie ermöglichen. Selbstverständlich müssen im Rahmen eines Grundrisses Schwerpunkte gesetzt werden. Die wesentlichen Punkte sind jedoch umfassend - mit Stand vom Sommer 1988 - erör tert. An dieser Stelle sei jenen gedankt, die den Verfassern in schreibtechnischer Weise und bei der Beurteilung so manchen kraftfahrzeugtechnischen Problems - besonders aus dem Hause der DEVK - zur Seite standen. Köln, im Dezember 1988 Wolf-Dietrich Tretsch/Ernst Zersch Inhalt 1. Die Kaskoversichemng ..... . .... ... ............... . .............. . 11 1.1 Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.2 Vertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 1.3 Vertragspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.4 Risikobegrenzung ................................................ 18 2. Beginn der Versicherung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.1 Vorläufige Deckung.. ..... . ....... ... . ........ .... ... ... ......... 23 2.2 Materieller Beginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2.3 Modifizierte Annahme des Vertrages. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2.4 Ende des Vertrages .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2.5 Wirkung der ersten Prämie/Folgeprämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.6 Wirkung der Bedingungsänderungen ... . . ..... ... ... . ... ............ 36 3. Umfang der Kaskoversicherung .................................... 40 4. Teilkaskoversicherung ............................................ 46 4.1 Selbstbehalte in der Teilkaskoversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 4.2 Entwendungsschäden ............................................. 48 4.3 Wildschäden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 4.4 Schäden durch Naturgewalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 4.5 Brand-, Schmor-und Explosionsschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 4.6 Glasbruch, Reifenschäden ......................................... 59 5. Vollkaskoversicherung ............................................ 63 5.1 Kollisionsschäden 64 5.2 Sachbeschädigung 65 6. Ruheversicherung 66 7. Grenzen der Leistung / Ausschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 7.1 Versagung der Leistung ........................................... 70 7.2 Obliegenheiten. .. ... ... ... . ... ... . .. . . ... .......... ... ... .. . ... .. 71 7.3 Gesetzliche Obliegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 7.4 Vorvertragliche Anzeigepflicht ..................................... 76 7.5 Obliegenheitsverletzung vor dem Versicherungsfall... . . ... .. ... . ... ... 77 7.6 Vertragliche Obliegenheiten nach dem Versicherungsfall..... ... . .... .. 79 7.7 Zusammenfassung zu den Obliegenheiten (Abschnitte 7.2 bis 7.6) . . . . . . . . 83 7.8 Vorsatz, grobe Fahrlässigkeit. . ... ... ... . ... . ..... . ... ... ... .... ... 84 7.9 Betriebsschäden .................................................. 88 7.10 Mietwagenkosten und andere ...................................... 90 8. Anspruchsberechtigte ............................................. 92 8.1 Zessionare (Abtretungsempfänger) . .. .. . . ... ... .. .. . . ... . .. . .... . . . . 92 8.2 Sicherungsschein ................................................. 93 9. Rettungskosten .................................................. 96 10. Umfang der Leistungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 11. Reparaturkosten ................................................. 99 12. Totalschaden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 105 12.1 Zeitwert / Wiederbeschaffungswert ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 12.2 Wiederbeschaffungswert .......................................... 109 12.3 Zulassungskosten, sonstige Kosten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 114 13. Abzüge "neu für alt" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 115 14. Mehrwertsteuer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 117 15. Restwerte ....................................................... 118 16. Ersatz der Zubehörteile ........................................... 120 17. Eigentumsübertragung bei Entwendung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 124 18. Transport- und Abschleppkosten ................................... 127 19. Reisekosten ..................................................... 130 20. Leasingfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 131 21. Fälligkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 137 22. Verjährung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 139 23. Feststellung der Höhe der Entschädigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 142 24. Vorschüsse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 143 25. Streitigkeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 144 25.1 Grund des Anspruches ............................................ 144 25.2 Streit über die Höhe des Anspruches, insbesondere über die Höhe des Wiederbeschaffungswertes .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 145 26. Regresse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 27. Rückforderung zuviel gezahlter Beträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 159 28. Einfluß der Regulierung auf den Schadenfreiheitsrabatt . . . . . . . . . . . . . . .. 161 29. Freigabe der Kaskoversicherung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Literaturhinweise ...................................................... 165 Abkürzungsverzeichnis ................................................. 167 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 171 Anhang A 1 Wichtige Bestimmungen des VVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 179 A 2 Auszug aus den AKB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 193 A 3 Teileliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 203 A 4 Teilungsabkommen ............................................... 208 1. Die Kaskoversicherung (Fahrzeugversicherung) Im Bereich der Kraftfahrtversicherungen nennt man die zugehörige Kaskoversicherung 001 insbesondere Fahrzeugversicherung. Die Begriffe werden im folgenden synonym verwen- det. Die Fahrzeugversicherung ist eine Aktienversicherung und dient als Sachversicherung der Sicherung des Vermögens (Aktivvermögen) des Versicherungsnehmers, das durch sie vor Schäden geschützt werden soll. Die Versicherung bewirkt, daß der Versicherungsnehmer die Gefahr des Untergangs oder der Beschädigung der versicherten Sachen nicht allein zu tragen hat. Er sichert so sein Eigentums-oder Besitzerinteresse ab. Dafür muß er sich am statistisch ermittelten, finanziellen Gesamtrisiko für gleichartige Sachen (Aufwand für die Beseitigung von Schäden bestimmter Kraftfahrzeuge in einer begrenzten Region) anteilig beteiligen. Der Versicherungsnehmer erhält also nicht unentgeltlich seinen Schaden er setzt. Prinzip der Versicherung ist, die Gemeinschaft gleichartig Gefährdeter mit Rechtsan- 002 spruch auf wechselseitige Bedarfsdeckung auszustatten (vgl. Sieg, Allgemeines Versiehe rungsvertragsreeht, 2. Auflage, Wiesbaden 1988, S. 21). Das Risiko wird kalkuliert im Rahmen der Bedingungen und nach Zuschlag von Verwaltungs-usw. -kosten auf die Mit glieder/Versicherungsnehmer verteilt. Der Versicherungsnehmer hat durch die Versiche- rung den Vorteil, daß ihn ein Schaden nicht voll trifft, sondern er nur seinen Anteil am sta tistischen Gesamtaufwand zahlen muß. Er wird also am Gesamtaufwand durch die Prämie für bestimmte Gefahren in einem vertraglich festgelegten Rahmen beteiligt. Die Kalkula- tion des Beitrages kann auch für einen bestimmten Personenkreis (z. B. B-Tarif für Be schäftigte der öffentlichen Hand) gesondert erfolgen, womit das Gesamtrisiko auf ver schiedene Teilgebiete aufgeteilt wird. 1.1 Rechtsquellen Rechtsquellen der Kaskoversicherung sind: 003 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Versicherungsvertragsgesetz (VV G), Gesetz über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG), - Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB); das sind zwar private Geschäftsbedingungen, die aber ähnlich wie ein Gesetz behandelt und in der Revision vom Bundesgerichtshof (BGH) geprüft werden, - Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG). Die Versicherungsunternehmen bedürfen zur Aufnahme der Geschäfte der Zulassung 004 durch das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BA V) und unterstehen in ih- rer Tätigkeit der Aufsicht durch diese Behörde. Der Geschäftsplan der Versicherungsunternehmen muß vom BAV genehmigt werden. Die Versicherer geben im Rahmen dieses Verfahrens Erklärungen über ihr Vorgehen ab (ge- 11 schäftsplanmäßige Erklärungen). Diese begründen Rechte Dritter, die verlangen können, daß sich die Versicherungsunternehmen entsprechend ihrer Erklärung verhalten. 005 Grundlage der Einzelversicherung ist der privatrechtliche Vertrag. Partner des Versicherungsvertrages sind: Versicherungsunternehmen, - Versicherungsnehmer (natürliche und juristische Personen, auch Personen Mehrheiten, z. B. offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften, nicht rechtsfähige Vereine). Beim Massengeschäft sind die Vertragsinhalte standardisiert in Allgemeinen Versiche rungsbedingungen; im Kraftfahrt-Geschäft sind dies die AKB, die nicht abdingbar sind (Amtsgenehmigung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger). Sie sind so auszulegen, wie ein "verständiger Dritter" dies täte. Der spezifische juristisch-technische Gehalt der Be griffe ist nicht entscheidend (BHG 27.04.88, r + s 88, 215). Der Empfängerhorizont ist also - in den Grenzen der Regeln von Treu und Glauben - der Maßstab für die Interpre tation der Bedingungen. 1.2 Vertrag 006 Die Kraftfahrtversicherung wird nur auf 1 Jahr geschlossen. Längere Bindungen, wie bei anderen Sparten, sind hier nicht zugelassen. Dokumentiert ein Versicherungsunterneh men aus internen (Abrechnungs-)Gründen die Versicherung für einen längeren Zeitraum (z. B. bei Abrechnung der Prämie für ein Kalenderjahr, ausgewiesener Versicherungszei traum z. B. vom 01.03.1987 bis 31.12.1988, also für ein Jahr und 10 Monate), hat sich das Versicherungsunternehmen gemäß Tarifbestimmung 3 Abs. 1 verpflichtet, den Vertrag nach Kündigung durch den Versicherungsnehmer nach 12 Monaten, also zum 29.02.1988, freizugeben. Der Vertrag über die Fahrzeugversicherung ist ein privatrechtlicher, der zwischen zwei oder mehreren Rechtssubjekten (dem/den Versicherungsnehmer und Versicherungsun ternehmen) geschlossen wird. Bei Personengesellschaften sind alle Gesellschafter Mitver sicherungsnehmer (0L G Düsseldorf 16.08.88 - 4 U 227/87). Voraussetzung ist eine voll ständige Einigung über alle interessierenden Fragen (Annahme eines vollständig ausgefüll ten Antrages auf Abschluß eines Versicherungsvertrages über die Fahrzeugversicherung durch das Versicherungsunternehmen) . Das bedeutet nicht, daß der Versicherungsnehmer den gesamten Antrag inklusive Beitragshöhe ausgefüllt haben muß. Wenn im Antrag bei spielsweise die Beitragshöhe offen blieb, kann davon ausgegangen werden, daß die Ver tragspartner das Tarifwerk des Versicherungsunternehmens vereinbaren wollten, bei dem der Antrag auf Abschluß eines Vertrages einging. Auch geringe Rechenfehler bei den Prä mienangaben im Antrag führen nicht zum Dissens (nicht deckungsgleiche Erklärungen der Parteien und als Folge keine/oder nur eine scheinbare Einigung der Beteiligten über den Vertragsabschluß - vgl. § 5 VVG: Hinweis auf Abweichungen vom Antrag im Versiche rungsschein; Schweigen des Versicherungsnehmer gilt als Billigung des dokumentierten Vertrages). 12 Die Fahrzeugversicherung ist nicht der Regelung des § 5 Abs. 2 PflVG unterworfen, wo ein 007 14tägiges Schweigen des Versicherungsunternehmens ausreicht, die Vertragsannahme zu fingieren (anzunehmen) und ein Kontrahierungszwang (Verpflichtung des Versicherungs unternehmens zum Abschluß der ihm angetragenen Verträge) besteht. Eine solche Rege- lung gilt nur in der Kraftfahrthaftpflichtversicherung. Der Fahrzeugversicherungs Antrag darf also - auch ohne Angabe von Gründen, selbst nach einem Schaden, der sich nach Eingang des Antragsformulars beim Versicherungsunternehmen ereignete - abge- lehnt werden, ohne daß der Antragsteller irgendwelche Ansprüche aus dem angestrebten Vertrag erwirbt. Diese hätte er nur dann, wenn das Versicherungsunternehmen die Bear beitung des Antrages über Gebühr verzögert oder sonst (z. B. durch Rückfragen, die aus der Sicht Dritter vom Bestehen des Vertrages ausgehen) den Anschein erweckt hätte, als habe es stillschweigend den Antrag akzeptiert (OLG Hamm 23.01.87, r + s 87, 241) oder ihn durch sein Verhalten davon abgehalten hat, sich um anderweitigen Versicherungs- schutz zu bemühen (das OLG Karlsruhe 04.06.87, r + s 88,5, lehnt das Verschulden des Versicherers ab, wenn der Agent mehrere Terminabsprachen innerhalb eines Zeitraumes von 4 Tagen nicht einhält). Das gilt auch, wenn der Antrag - eventuell auf dem Postweg - verlorengegangen war (OLG Hamm 09.02.88, r + s 88, 95). Vertretung Die Erklärungen der Beteiligten können von diesen selbst oder ihren Vertretern abgegeben 008 werden. Wenn es auch üblich ist, daß Policen regelmäßig gedruckte Namen von Vor standsmitgliedern der Versicherungsunternehmen als Unterschrift aufweisen, werden die Vorgänge bei den Unternehmen von Bevollmächtigten entschieden. Oft unterzeichnen Handlungs-(Unterschrifts-)Bevollmächtigte oder Prokuristen. Versicherungsvertreter (Agenten) bedürfen zum Abschluß eines Vertrages einer besonderen Vollmacht (vgI. §§ 43 ff. VVG). Sie kann auf einzelne Verträge oder Vertragstypen (z. B. Blockpolicen für Moped-Versicherungen) oder auf bestimmte Zusagen (z. B. Erteilung vorläufiger Deckung - etwa durch entsprechende Gestaltung des Antragsformulars, Überlassung von Deckungskarten u. ä. m.) begrenzt werden. Eine Anscheinsvollmacht zu Lasten des Versicherungsunternehmens kann sich auch aus 009 der Duldung des Versicherungsunternehmens hinsichtlich der Tätigkeit eines Vermittlers ergeben, der seine Befugnisse oft falsch einschätzt hat. Die Literatur nennt hier auch voll mundige, großspurige Titulaturen für Agenten, die vom Versicherungs unternehmen er- teilt werden (Prölss/Martin, VVG, 24. Auflage 1988, § 45 Anm. 1). Ebenso erweckt die Überlassung von Blanko-Policen und die Duldung von Abschlüssen den Anschein einer Vollmacht für den Agenten. Zur Wirksamkeit der Zusage eines Agenten in Schadensachen bedarf es einer entsprechenden Vollmacht. Die Gesetzliche der §§ 43, 45 VVG reicht nicht hin (OLG Saarbrücken 15.04.87, r + s 88,96). Decken sich die Angaben auf dem Versicherungsantrag nicht mit der Wirklichkeit (z. B. 010 Verschweigen von Fahrzeugdaten, Angaben falscher Fahrzeugstärken) und weiß der Ver mittler, der nicht Abschlußagent ist, dies, ist das Unternehmen nicht gebunden. Eine Bin- dung wäre nur gegeben, wenn der Agent Abschlußvollmacht hatte (§ 44 VVG). Um von ei- nem derartigen abgeschlossenen Vertrag herunterkommen zu können, muß entweder ein 13