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Der Kapp-Putsch als Wende: Über Rahmenbedingungen der Weimarer Republik seit dem Frühjahr 1920 PDF

46 Pages·1989·0.872 MB·German
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Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften Geisteswissenschaften Vorträge . G 298 Herausgegeben von der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften HEINZ HÜR TEN Der Kapp-Putsch als Wende Über Rahmenbedingungen der Weimarer Republik seit dem Frühjahr 1920 Westdeutscher Verlag 329. Sitzung am 19. April 1988 in Düsseldorf CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Hürten, Heinz: Der Kapp-Putsch als Wende: über Rahmenbedingungen der Weimarer Republik seit dem Frühjahr 1920IHeinz Hürten. [Hrsg. von d. Rhein.-Westfäl. Akad. d. Wiss.]. Opladen: Westdt. Verl., 1989 (Vorträge / Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften: Geisteswissen schaften; G 298) ISBN 978-3-322-98747-1 ISBN 978-3-322-98746-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-98746-4 NE: Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften (Düsseldorf): Vorträge / Geisteswissenschaften Der Westdeutsche Verlag ist ein Unternehmen der Verlagsgruppe Bertelsmann International. © 1989 by Westdeutscher Verlag GmbH Opladen Herstellung: Westdeutscher Verlag ISSN 0172-2093 ISBN 978-3-322-98747-1 Die Geschichte der Weimarer Republik ist in ihren Anfängen wie in ihrem schließlichen Ende maßgeblich von dem Anteil bestimmt, der der bewaffneten Macht an den Entscheidungen zufiel, die diese Geschichte bestimmten. Wenn auch im Felde geschlagen und in eine rechtlich wie gesellschaftlich tiefgreifend veränderte Position versetzt, wuchs die Armee gegenläufig zu den scheinbar sieg reichen Tendenzen auf Republikanisierung und Parlamentarisierung in eine Stel lung, von der aus zeitweilig die kühne Zielsetzung des Reichswehrministers Groe ner erreichbar schien, daß "im politischen Geschehen Deutschlands [ ...] kein Bau stein mehr bewegt werden" dürfe, "ohne daß das Wort der Reichswehr ausschlag gebend in die Waagschale geworfen" werde.! Wenn die Realität eines modernen Verfassungsstaates sich erst in der Analyse des Machtgefüges erschließt, in das die politisch wirkenden Gewalten eingebunden sind und in dem sie miteinander kon kurrieren, wird durch einen solchen Machtanspruch deutlich, daß die Verfassung der Weimarer Republik für wichtige Phasen und Bereiche unzureichend erhellt bleibt, wenn nicht zugleich die innenpolitische Rolle des Militärs erfaßt wird. Darum liegt es nahe, eine Krise im Verfassungsleben der Republik wie den Kapp Lüttwitz-Putsch vom März 1920, in den die Reichswehr so tief verstrickt war, auf ihre Bedeutung für die politischen, rechtlichen und machtmäßigen Rahmenbedin gungen der Weimarer Republik zu befragen. Dies erfordert zunächst eine Be schreibung der Stellung, welche die Reichswehr im Verfassungsleben der jungen Republik einnahm. I. Der Ort der Reichswehr"im Herrschaftssystem der Weimarer Republik war weit weniger durch den Willen des Gesetzgebers bezeichnet als durch vorgegebene Tatsachen: den Friedensvertrag mit seinen weitgehenden Bestimmungen über Umfang, Rekrutierung und Bewaffnung der Armee, die weit davon entfernt, ledig- 1 Nach Rudolf Fischer, Schleicher, Mythos und Wirklichkeit. Hamburg 1932, S. 38, zitiert bei Thilo Vogelsang, Reichswehr, Staat und NSDAP. Beiträge zur deutschen Geschichte 1930-1932. Stutt gart 1962. S. 95. 6 Heinz Hürten lich sicherheitspolitische Fakten zu setzen, auch Eigenart und Aufgabenstellung der Truppe gestalteten. Die Reichswehr wurde als kleine Berufsarmee zu einem politisch und sozial weitgehend homogenen Gebilde, und angesichts der von ihr lebhaft empfundenen Unfähigkeit, ihren potentiellen Aufgaben im Rahmen eines traditionellen Kriegsbildes zu genügen, war sie fast zwangsläufig darauf verwiesen, die zur Verbesserung ihrer militärischen Effizienz erforderlichen Voraussetzun gen durch politische Mittel zu erstreben. "Wehrhaftmachung" - was damit auch im einzelnen verstanden werden mochte -war das von ihr je nach Lage und Oppor tunität mit wechselndem Nachdruck betonte, aber durch alle Wirrnisse unbeirrt verfolgte Fernzie1.2 Aber noch ehe der Versailler Vertrag Gestalt angenommen hatte, war bereits die zentrale innenpolitische Aufgabenstellung der Armee fixiert worden, in der sie für die Regierung unverzichtbar geworden war: Garant der legalen Ordnung zu sein gegen alle Bestrebungen, die nach dem Zusammenbruch der Monarchie schritt weise den revolutionären Kräften abgerungene Konsolidierung der staatlichen Verhältnisse zu beeinträchtigen oder gar im Sinne einer weiteren revolutionären Umgestaltung wieder aufzuheben. Die historische Leistung, nach dem Zusammen bruch des Kaiserreiches die Ordnungsfunktion des Staates wenigstens im Ansatz aufrecht zu halten und die Möglichkeit zu einer von der Breite des Volkes akzep tierten Neugestaltung durch Heranziehung nichtsozialistischer Kräfte und durch den Entscheidungsvorbehalt für die Nationalversammlung offen zu lassen, beruht maßgeblich auf der Kooperation der Volksbeauftragten mit den aus dem Kaiser reich stammenden Institutionen des preußischen Kriegsministeriums und der Obersten Heeresleitung, nicht eigentlich auf dem Willen breiter Massen zu Demo kratisierung, als deren Organ man in den letzten Jahren die im November 1918 sich rasant ausbreitenden Arbeiter- und Soldaten-Räte zu sehen sich angewöhnt hat.3 Es war der preußische Kriegsminister gewesen, der mit seiner Weigerung, aus dem Amt zu scheiden, die für die Regierung der Volksbeauftragten typische und 2 "Mit der Frage der Wehrhaftmachung steht und fällt die Einstellung der Reichswehr zu jeder Regie rung." Zusammenfassung der vom Truppenamt vorgetragenen Beurteilung der inneren Lage vom 7. Dezember 1923, in: Heinz Hürten (Bearb.), Das Krisenjahr 1923. Militär und Innenpolitik 1922- 1924 (Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. 2. Reihe Bd. 4). Düsseldorf 1980. Nr. 133, Zitat S. 195. Zur Frage der "Wehrhaftmachung" vgl. auch ebd. S. XVIIIf. und S. XXVIIf. Zum weiteren Zusammenhang vgl. auch Michael Geyer, Aufrüstung oder Sicher heit. Die Reichswehr in der Krise der Machtpolitik 1924-1936. Wiesbaden 1980, der freilich auf die früheren Jahre der Reichswehr nur kursorisch eingeht. 3 Repräsentativ für die Bewertung der Arbeiter-und Soldatenräte als ungenutzt gebliebenes Potential demokratischer Neugestaltung Erich Matthias in: Die Regierung der Volksbeauftragten, bearb. von Susanne Miller unter Mitwirkung von Heinrich Potthoff (Quellen zur Geschichte des Parlamen tarismus und der politischen Parteien. 1. Reihe Bd. 6). Düsseldorf 1969. S. CXXVI-CXXVIII. Kri tisch dazu: Heinz Hürten, Die Novemberrevolution -Fragen an die Forschung, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 30 (1979) S.164-168. Die seinerzeit von Matthias u.a. vertretene Hoch- Der Kapp-Putsch als Wende 7 ihre politische Basis verbreiternde Institution des "bürgerlichen Fachministers" in der neuen revolutionären Regierung entstehen ließ; derselbe Kriegsminister Gene ral Scheüch war es, der am Abend des 10. November nach dem Fehlschlag des Ver suchs, das neue Regime der Volksbeauftragten durch die Zustimmung der im Zirkus Busch versammelten Berliner Arbeiter-und Soldaten-Räte zu stabilisieren, den Führern der beiden sozialdemokratischen Parteien mit seinem Versprechen militärischen Schutzes den machtpolitischen Rückhalt gab, der sie das gescheitert erscheinende Unternehmen einer gemeinsamen Regierung in einem zweiten Anlauf wagen ließ.4 Zu eben dieser Zeit, da die Parteiführer im Reichskanzler palais über eine gemeinsame Regierung verhandelten, hat der politische Kopf der Obersten Heeresleitung, der Erste Generalquartiermeister Generalleutnant Groener, das Telefongespräch mit Friedrich Ebert geführt, das gemeinhin als Aus gangspunkt für das "Bündnis" zwischen alter, durch die Institution des Kaiser tums begründeter und neuer, aus der Revolution herrührender Gewalt gilt. Mochte die durch dieses Gespräch gesicherte Loyalität der Kommandobehörde des Feldheeres und die gemeinsame Entschlossenheit zur Niederwerfung aller radi kalen Umsturzversuche am Abend des 10. November den Beteiligten als das Wich tigste und Vordringlichste erscheinen, so reichten die Konsequenzen dieser Über einstimmung weiter, als es ihnen im Augenblick des Handelns bewußt sein konnte. Ebert hatte am Vortage aus den Händen seines Vorgängers, des Prinzen Max von Baden, - rechtswidrig, aber wirksam - das Amt des Reichskanzlers entgegen genommen. Die Umgestaltung seiner Regierung zum Rat der Volksbeauftragten durch die Bildung einer Koalition mit den Unabhängigen Sozialdemokraten hatte weder sachlich noch formal eine Ausweitung der Aufgaben und Kompetenzen bewirkt, die dem Reichskanzler nach alter Verfassung zustanden. In bemer kenswerter Weise blieb für die Arbeit des Rates der Volksbeauftragten das Modell des bisherigen Reichskanzleramtes maßgeblich, wie es nicht nur aus seiner von Philipp Scheidemann scherzhaft v~rwendeten Bezeichnung als "sechsköpfiger Reichskanzler"5 hervorgeht. Wenn die Volksbeauftragten auch das Recht zur schätzung der Räte erscheint angesichts der neu erschlossenen Quellen über die Freien Gewerk schaften noch problematischer. Hier war die Sorge unverkennbar, durch Etablierung der Räte der eigenen politischen Einflußmöglichkeiten beraubt zu werden. Nicht von ungefähr kam es in den Leitungsgremien der Gewerkschaften alsbald zum Ruf nach rascher Einberufung der National versammlung, mit deren Zusammentritt der Repräsentationsanpruch der Räte erlöschen mußte. Vgl. Klaus Schönhoven (Bearb.), Die Gewerkschaften in Weltkrieg und Revolution 1914-1919 (Quellen zur Geschichte der deutschen Gewerkschaftsbewegung im 20. Jahrhundert, Bd.l). Köln 1985. S. 535, S. 577, S. 586 f. 4 Vgl. hierzu Heinz Hürten und Ernst-Heinrich Schmidt, Die Entstehung des Kabinetts der Volks beauftragten. Eine quellenkritische Untersuchung, in: Historisches Jahrbuch 99 (1979) S. 255-267. S Philipp Scheidemann, Der Zusammenbruch. Berlin 1921. S. 211, zitiert bei Matthias S. XLV, der diese Charakterisierung hinsichtlich "der Gliederung und des Funktionierens des Apparats der Reichsregierung" für "durchaus zulässig" hält. 8 Heinz Hünen Legislative in der Folgezeit für sich durchsetzen konnten, fand ihre Macht insbe sondere dort Schranken, wo ihnen der Anspruch bestehender und funktionieren der Institutionen entgegentrat. Ein Anrecht auf politische Autorität der Volks beauftragten gegenüber der Obersten Heeresleitung war aus dem Modell der alten Verfassung nicht abzuleiten; es hätte revolutionär beansprucht und faktisch durch gesetzt werden müssen. Denn auch nach den Verfassungsänderungen vom 28. Ok tober 1918 waren die normalen Akte der Kommandogewalt außerhalb der in der Gegenzeichnungspflicht ausgedrückten Kontrolle und Verantwortlichkeit des Reichskanzlers geblieben, die Oberste Heeresleitung nicht wie das Militärkabinett dem preußischen Kriegsminister unterstellt worden.6 Die Oberste Heeresleitung war die Behörde, durch die der Kaiser die ihm allein und persönlich zustehende Funktion des Bundesfeldherrn für das Deutsche Reich ausgeübt hatte. Er konnte sie ebensowenig einem anderen übertragen, wie dies der Reichskanzler mit seinem Amt tun konnte. Aber eben dies hatte Wilhelm 11. - rechtswidrig, aber wirksam - getan, als er vor seinem Gang ins Exil dem General stabschef des Feldheeres, dem Generalfeldmarschall von Hindenburg, den Befehl gegeben hatte, das Heer in die Heimat zurückzuführen. Es bedarf keiner Erörte rung, daß es damals überhaupt keine andere Möglichkeit gegeben hätte, die Trup pen innerhalb der knapp bemessenen Fristen des Waffenstillstandes aus den besetzten Gebieten herauszubringen und vor der sonst drohenden Gefangenschaft zu bewahren. Politisch bedeutungsvoll war aber, daß auf diese Weise die Kompe tenz des Reiches gegenüber den Bundesstaaten hinsichtlich des Militärs durch die revolutionäre Umwälzung hindurch gewahrt blieb. Die Revolution hatte sich aller Einheitsstaatsideologie der Sozialdemokratie zum Trotz in allen deutschen Bundesstaaten je für sich ereignet und anstelle der gestürzten Fürsten, deren Bund nach bisheriger Verfassung das Reich konstituierte, Machtzentren geschaffen, die wenig bereit waren, sich gesteigerten Führungsansprüchen des Reiches zu beugen. So zog der Rat der Volksbeauftragten sich bald von der sozialdemokratisch geführten Regierung Hessens den Vorwurf zu, das gestürzte Regime an diktatoria- 6 Gerhard W. Rakenius, Wilhelm Groener als Erster Generalquartiermeister. Die Politik der Obersten Heeresleitung 1918/19. Boppard 1977. S. 23 kommt in seiner Analyse der parlamentarischen Bera tungen über die einschlägigen Bestimmungen der Oktoberverfassung zu dem Ergebnis, daß dadurch "die Stellung der Obersten Heeresleitung, soweit diese die Kommandogewalt des Kaisers ausübte, nicht nur kaum beschränkt, sondern durch die Interpretation der Mehrheitspaneien im Reichstag als von der politischen Reichsleitung in militärischen Fragen unabhängig anerkannt wurde". Die Unterstellung des Militärkabinetts unter den preußischen Kriegsminister und damit die parlamen tarische Kontrolle erfolgte durch Allerhöchste Kabinettsorder vom 28. Oktober 1918. Armee-Ver ordnungs blatt 1918. S. 619. Ein entsprechender Akt für die Oberste Heeresleitung ist nie ergangen und wäre, wie die erwähnte Analyse von Rakenius zeigt, auch nach der Verfassungslage nicht mög lich gewesen. Der Kapp-Putsch als Wende 9 len Gelüsten womöglich noch zu übertreffen.7 Der Regierung Ebert-Hase war in dieser Lage kaum etwas anderes möglich, als sich in aller Form auf die alte Reichsverfassung als Norm für die Aufgabenstellung von Reich und Bundesstaa ten zu berufen.8 Die zentrifugalen Tendenzen der durch die Revolution in ihrem Machtbewußtsein eher noch gesteigerten Länder fanden einen besonders gravie renden Ausdruck in dem Anspruch der größeren Bundesstaaten, in allen militäri schen Angelegenheiten ein höheres Maß eigenverantwortlicher Gestaltungsfrei heit zu besitzen, wenn nicht gar autonom zu sein. Ihre für die Angelegenheiten der Armee zuständigen Ministerien (in Baden, wo es bis dahin kein solches gegeben hatte, wurde ein "Ministerium für die militärischen Angelegenheiten" neu geschaf fen9) zeigten erhebliche Aktivitäten; in Bayern und Württemberg legten die Trup pen die Reichskokarde ab und trugen nur noch die ihres Heimatlandes.!O Die Oberste Heeresleitung, deren Funktionsnotwendigkeit kaum angezweifelt wer den konnte, war jedoch von den einzelnen Bundesstaaten her nicht zu ersetzen. Auf diese Weise wurde sie zur einzigen Kommandobehörde, deren Autorität im ganzen Reich, und zwar auch über die Zeit der Rückführung des Feldheeres hin aus, faktisch anerkannt wurde und deren Befehle, wie der preußische Kriegsmini ster am 15. März 1919 feststellte, "auch in Bayern tatsächlich gewisse Anerken nung"!! fanden. Es war die Oberste Heeresleitung, durch die das Reich noch eine Einwirkungsmöglichkeit auf die mobilen Truppen der verschiedenen Bundes staaten besaß. Unentbehrlichkeit und Unabhängigkeit der Obersten Heeresleitung hätten alle Versuche, ohne oder gar gegen sie eine neuartige Militärpolitik einzuleiten, zunichte gemacht, wären sie überhaupt ernsthaft unternommen worden.!2 Pro bleme für die Republik, die aus der Zusammenarbeit mit der Obersten Heeres- 7 Protest der hessischen Regierung gegen die Ausschaltung der Einzelstaaten. Druck: Gerhard A. Rit ter und Susanne Miller (Hg.), Die deutsche Revolution 1918-1919. Dokumente. Frankfurt/M. und Hamburg 1968. S. 325. 8 Schreiben des Rates der Volksbeauftragten an die Regierungen der Bundesstaaten vom 17. November 1918. Druck: Heinz Hürten, Heeresverfassung und Länderrecht. Württemberg in den Auseinander setzungen der Weimarer Nationalversammlung um die Bildung einer einheitlichen Reichswehr, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen 23 (111978) S. 177f. Anm. 7. 9 Die Kämpfe in Südwestdeutschland 1919-1923 (Darstellungen aus den Nachkriegskämpfen deut scher Truppen und Freikorps. Im Auftrage des Oberkommandos des Heeres bearb. und hg. von der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres. Bd. 5). Berlin 1939. S. 75f. 10 Belege bei Hürten, Heeresverfassung S. 178 Anm. 13. 11 Hagen Schulze (Bearb.), Das Kabinett Scheidemann (Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik). Boppard 1971. S. 53. 12 Die gegenteilige Auffassung von Ulrich Kluge, Soldatenräte und Revolution. Studien zur Militär politik 1918/19. Gättingen 1975, die er in seiner Darstellung, Die deutsche Revolution 1918/19. Staat, Politik und Gesellschaft zwischen Weltkrieg und Kapp-Putsch (edition suhrkamp 1262). Frankfurt/M. '1985 bemerkenswerterweise nicht wiederholt, läßt sich m. E. an den Quellen nicht hinreichend erhärten. 10 Heinz Hürten leitung oder dem preußischen Kriegsministerium möglicherweise entstehen könnten, sind Ebert und seinen Freunden weniger deutlich gewesen als die aktuellen Bedrohungen, denen ihre Politik durch die radikale Linke ausgesetzt war. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit der aus der Revolution entstandenen Regierung der Volksbeauftragten mit dem alten Militär, dessen Repräsentanten ihre Anhänglichkeit an die Monarchie nicht verleugneten, erfüllte durchaus die Erwartungen beider Teile. Die Volksbeauftragten gewannen einen Partner, der die von ihnen vertretene Politik, wo nötig, mit Gewalt durchsetzte und der neuen Regierung eine unbezweifelbare Autorität gab. Die Offiziere, die gegen manche Kritik und Anfeindungen aus eigenen Reihen der Regierung ihren Dienst liehen, erreichten hingegen die fast bruchlose Kontinuität der Armee aus dem Kaiserreich in die Republik, so reduziert das Personal auch sein mochte, das diesen Übergang repräsentierte. Die Tieferblickenden unter denen, die in den Dienst der Republik traten, wußten, daß es darin um eine politische Entscheidung ging und nicht allein um die Fortführung der bisherigen individuellen Existenzweise. Ein Offizier der Obersten Heeresleitung bezeichnete in diesen Wochen mit ausdrücklicher Zustim mung Groeners den Rang der angestrebten Perseveranz des kaiserlichen Militärs in der Republik: "Jede Beschimpfung muß ertragen werden, wenn dadurch unsere Mitarbeit am Staate und unser Einfluß gesichert bleiben."13 Diese Absicht schien zu guten Teilen verwirklicht, als die unter dem Schutz des Militärs in Weimar tagende Nationalversammlung die Aussagen der neuen Verfassung über die Reichs wehr formulierte. Die Voraussetzung für diese Allianz von Militär und Volksbeauftragten lag frei lich nicht allein in der dadurch ermöglichten Erreichung unterschiedlicher Ziele. Vielmehr gab es einen Bereich politischer Gemeinsamkeiten, der diese Interessen koalition erst ermöglichte, weil er die Partner einander wechselseitig akzeptabel machte. Eine erste Gemeinsamkeit lag im Patriotismus, den das Militär fraglos für sich in Anspruch nahm, der aber auch Persönlichkeiten wie Ebert und Noske nicht abgestritten werden konnte, eine weitere im Willen, die staatliche Ord nungsfunktion zu garantieren, die Dinge nicht zum Schlimmsten treiben zu lassen, zu "Bolschewismus", zu "russischen Zuständen", was immer man sich darunter vorstellen mochte. Eine der Bedingungen der Möglichkeit dieser Zusammenarbeit lag darin, daß das Heer sich dem Sturz der Monarchie und dem Friedensverlangen der Massen praktisch nicht widersetzt und der Umsturz nur im Ausnahmefall zu blutigen Zusammenstößen zwischen Soldaten und Demonstranten geführt hatte. 13 Als Zitat aus einem Schreiben des Obersten v. Schleicher vom 30. Dezember 1926 an Generaloberst Heye in dessen ungedruckten Lebenserinnerungen (Bundesarchiv-Militärarchiv N 18/4) S. 628 f. Heye überliefert ebd. auch die drastische Fassung dieser Sentenz: "Ich bleibe, und wenn ich Dreck fressen muß."

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