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Der Ito-Kalkul PDF

246 Pages·2005·1.193 MB·German
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Deck DerItô-Kalkül Thomas Deck Der Itô-Kalkül Einführung und Anwendungen 123 Dr.habil.ThomasDeck FakultätfürMathematikundInformatik UniversitätMannheim SeminargebäudeA5 68131Mannheim,Deutschland e-mail:[email protected] BibliografischeInformationderDeutschenBibliothek DieDeutscheBibliothekverzeichnetdiesePublikationinderDeutschenNationalbibliografie; detailliertebibliografischeDatensindimInternetüberhttp://dnb.ddb.deabrufbar. Mathematics Subject Classification (2000): 60-01, 60H05, 60H10, 60G35, 60G44, 91B28 ISBN-10 3-540-25392-0 SpringerBerlinHeidelbergNewYork ISBN-13 978-3-540-25392-1 SpringerBerlinHeidelbergNewYork DiesesWerkisturheberrechtlichgeschützt.DiedadurchbegründetenRechte,insbesonderedieder Übersetzung,desNachdrucks,desVortrags,derEntnahmevonAbbildungenundTabellen,derFunk- sendung,derMikroverfilmungoderderVervielfältigungaufanderenWegenundderSpeicherungin Datenverarbeitungsanlagen,bleiben,auchbeinurauszugsweiserVerwertung,vorbehalten.EineVer- vielfältigungdiesesWerkesodervonTeilendiesesWerkesistauchimEinzelfallnurindenGrenzen dergesetzlichenBestimmungendesUrheberrechtsgesetzesderBundesrepublikDeutschlandvom 9.September1965inderjeweilsgeltendenFassungzulässig.Sieistgrundsätzlichvergütungspflichtig. ZuwiderhandlungenunterliegendenStrafbestimmungendesUrheberrechtsgesetzes. SpringeristeinUnternehmenvonSpringerScience+BusinessMedia springer.de ©Springer-VerlagBerlinHeidelberg2006 PrintedinGermany DieWiedergabevonGebrauchsnamen,Handelsnamen,Warenbezeichnungenusw.indiesemWerk berechtigtauchohnebesondereKennzeichnungnichtzuderAnnahme,daßsolcheNamenimSinne derWarenzeichen-undMarkenschutz-Gesetzgebungalsfreizubetrachtenwärenunddahervon jedermannbenutztwerdendürften. Umschlaggestaltung:design&productionGmbH,Heidelberg Herstellung:LE-TEXJelonek,Schmidt&VöcklerGbR,Leipzig Satz:DigitaleDruckvorlagedesAutors GedrucktaufsäurefreiemPapier 44/3142YL-543210 Vorwort Der Itoˆ-Kalku¨l ist ein Differentialkalku¨l fu¨r (gewisse) stochastische Prozesse. Er bildet zusammen mit Martingalen den mathematischen Kern der soge- nanntenstochastischenAnalysis.IndieserDisziplinsindWahrscheinlichkeits- theorie und Analysis eng verzahnt, und sie besitzt viele Anwendungen in den Naturwissenschaften, in Technik und O¨konomie. Ihre Anwendungsge- biete expandieren st¨andig, sodass neben Stochastikern auch zunehmend ma- thematisch arbeitende ,,Nicht-Stochastiker“ (Mathematiker wie Anwender) diesesWerkzeugeinsetzen.EingewissesProblembestehtdarin,dassstochas- tische Analysis essenziell auf Maß- und Wahrscheinlichkeitstheorie aufbaut, und dass diese Grundlage vielen Nicht-Stochastikern nur wenig vertraut ist. Ein mathematisch nachvollziehbarer Aufbau wird dadurch erschwert. Den- noch ist ein solcher Aufbau Voraussetzung fu¨r einen sicheren Umgang mit der stochastischen Analysis: Gerade in dieser Disziplin fu¨hren heuristische Argumente leicht zu falschen Schlu¨ssen, und so manches korrekte Resultat ist intuitiv nur schwer nachvollziehbar. Daher kann auf eine mathematisch saubere Fundierung kaum verzichtet werden. Moderne Lehrbu¨cher u¨ber (allgemeine) stochastische Integrale w¨ahlen ausnahmsloseinenZugangu¨berSemimartingale,wasletztlichdurcheinsehr allgemeines stochastisches Integral belohnt wird. Dieser Weg besitzt jedoch zwei Nachteile: Erstens ist er aufgrund der beno¨tigten Vorbereitungen (u¨ber Semimartingale) fu¨r Anwender fast nicht gehbar, und auch fu¨r Mathemati- ker ist er lang und steinig (auch wenn gelegentlich anderes behauptet wird). Zweitens basiert der gr¨oßte Teil aller Anwendungen auf dem Itoˆ-Integral der Brownschen Bewegung, und dieses l¨asst sich schon mit viel weniger Voraus- setzungen weitgehend vollsta¨ndig darstellen. Der vorliegende Text umgeht diese beiden Nachteile. Er besteht aus zwei etwa gleich großen Hauptteilen (entsprechendzweizweistu¨ndigenVorlesungen)undwirddurchAnwendungs- kapitel erg¨anzt. Im ersten Teil, Kapitel 2, 4 und 5, wird mit ,,minimalen“ mathematischen Voraussetzungen der Itˆo-Kalku¨l entwickelt. Mit minima- len Voraussetzungen ist Folgendes gemeint: Erstens ist dafu¨r bereits eine VI Vorwort Einfu¨hrung in die Wahrscheinlichkeitstheorie ausreichend, vorausgesetzt es werdendabeidieGrundbegriffederMaß-undIntegrationstheoriemitbehan- delt. (Kapitel 1 gibt einen vollsta¨ndigen U¨berblick der beno¨tigten Voraus- setzungen.) Zweitens wird der Itˆo-Kalku¨l v¨ollig ohne Martingale entwickelt, sodass deutlich weniger stochastisches Instrumentarium als u¨blich beno¨tigt wird.UnddrittenswerdenErga¨nzungenu¨berMaß-undWahrscheinlichkeits- theorienurnachBedarfentwickelt,dortwosieerstmalsbeno¨tigtwerden.All diesgestatteteinenschnellerenZugang zumItˆo-Kalku¨lalsdieauf Martinga- len basierenden Darstellungen. Um die Eigenschaften des Itoˆ-Integrals zu¨gig zu entwickeln wurde vieles weggelassen, was dafu¨r nicht zweckdienlich ist (z.B. Stratonovich-Integrale). Der erste Teil des Buches schließt ab mit dem ItˆoschenDifferentialkalku¨l.Eristfu¨rvieleseineausreichendeGrundlage,z.B. fu¨r wesentliche Aspekte stochastischer Differentialgleichungen. Letztere wer- den in den Anwendungskapiteln 3 und 6 dargestellt. Der zweite Hauptteil des Buches, Kapitel 7 bis 10, behandelt den Zusam- menhang zwischen Itˆo-Integralen und stetigen Martingalen. Nur das absolut Notwendigewirdu¨berMartingalebewiesen;dieTheoriestetigerSemimartin- gale wird (bis auf Anmerkungen) ausgeklammert. Dies ist zwar bedauerlich, aber Tatsache ist, dass an weiterfu¨hrender Literatur zu diesem Themenkreis (im Gegensatz zu einfu¨hrenden Texten) kein Mangel besteht. Außerdem ge- stattetdieBeschr¨ankungaufMartingaleinvielenFa¨lleneinevereinfachteBe- weisfu¨hrung, ohne dass darunter die Essenz der Resultate wesentlich leidet. Dies gilt z.B. fu¨r die L´evysche Martingalcharakterisierung der Brownschen Bewegung, welche im vorliegenden Text eine noch zentralere Rolle spielt als sonst. Itˆo-Integrale lassen sich nicht nur auf Martingale anwenden (z.B. in Form des Integraldarstellungssatzes fu¨r Martingale), sondern umgekehrt lie- fern auch Martingalargumente weitergehende Aussagen u¨ber Itˆo-Integrale. Martingale sind damit nicht nur wegen ihrer Anwendungsrelevanz von Inter- esse (wie in Kapitel 11 – Optionspreise – dargestellt), sondern sie sind auch fu¨r den Beweis von tiefer liegenden Eigenschaften des Itˆo-Integrals geradezu unentbehrlich. DievorliegendeEinfu¨hrungist,basierendaufKapitel1,weitgehendselbst- konsistent. Sie wendet sich an Studierende der Mathematik und an mathe- matisch orientierte Anwender, die an einem direkten Zugang zum Itoˆ-Kalku¨l interessiert sind, ohne dabei auf vollsta¨ndige Beweise verzichten zu wollen. Obwohl auf Ausfu¨hrlichkeit Wert gelegt wird sind ein paar Beweise doch et- was schwieriger, vor allem im zweiten Teil des Textes. Beim ersten Lesen ko¨nnen diese zuru¨ckgestellt werden; dies gilt auch fu¨r Sa¨tze mit ∗, welche im Haupttext nicht weiter beno¨tigt werden. Vereinzelt sind U¨bungsaufgaben in den Text gestreut, die nummerierten Aufgaben werden im Anhang gelo¨st. Dem Anfang jedes Kapitels ist eine kurze Orientierung vorangestellt. Mannheim, im Mai 2005 Thomas Deck Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V 1 Mathematische Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1 Voraussetzungen u¨ber Maß- und Integrationstheorie . . . . . . . . 1 1.2 Voraussetzungen u¨ber Wahrscheinlichkeitstheorie . . . . . . . . . . 10 2 Prozesse und Wiener-Integrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.1 Stochastische Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.2 Brownsche Bewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2.3 Vorbereitung: Konvergenz im p-ten Mittel . . . . . . . . . . . . . . . 26 2.4 Konstruktion des Wiener-Integrals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2.5 Wiener-Integrale als stetige Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 3 Anwendung: Lineare stochastische Differentialgleichungen . 41 3.1 Motivation: Die Langevin-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3.2 Lineare Systeme mit additivem Rauschen . . . . . . . . . . . . . . . 43 3.3 Stationa¨re L¨osungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 3.4 Physikalische Brownsche Bewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 4 Itˆo-Integrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 4.1 Das Itˆo-Integral fu¨r Treppenprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 4.2 Das Itˆo-Integral fu¨r L2-Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 4.3 Vorbereitung: Stochastische Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . 70 4.4 Approximationen pfadweiser Lp-Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . 74 4.5 Das Itˆo-Integral fu¨r pfadweise L2-Prozesse . . . . . . . . . . . . . . 78 5 Der Itˆosche Differentialkalku¨l . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 5.1 Itˆo-Integrale als stetige Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 5.2 Die Kettenregel fu¨r Itˆo-Prozesse (Itˆo-Formel) . . . . . . . . . . . . 88 5.3 Produktregel und quadratische Variation . . . . . . . . . . . . . . . 96 5.4 H¨ohere Momente von Itˆo-Integralen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 VIII Inhaltsverzeichnis 6 Anwendung: Stochastische Differentialgleichungen . . . . . . . 103 6.1 Motivation, Definition und Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 6.2 Lineare Gleichungen mit multiplikativem Rauschen . . . . . . . . 106 6.3 Existenz und Eindeutigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 6.4 Qualitative Eigenschaften der Lo¨sungen . . . . . . . . . . . . . . . . 114 7 Martingale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 7.1 Vorbereitung: Bedingte Erwartungswerte . . . . . . . . . . . . . . . 119 7.2 Maximalungleichungen fu¨r Submartingale . . . . . . . . . . . . . . . 128 7.3 Stopp- und Optionszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 7.4 Gestoppte Prozesse und Optional Sampling . . . . . . . . . . . . . . 140 8 Darstellung Brownscher Martingale durch Itoˆ-Integrale . . . 149 8.1 Das Itˆo-Integral als L2-Martingal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 8.2 Exponentielle Supermartingale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 8.3 Vorbereitung: Charakteristische Funktionen . . . . . . . . . . . . . 154 8.4 Lp-Funktionale stochastischer Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 8.5 Itˆo’s Integraldarstellungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 9 Itˆo-Integrale als zeittransformierte Brownsche Bewegungen 171 9.1 L´evy’s Charakterisierungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 9.2 Rechtsstetigkeit Brownscher Filtrationen . . . . . . . . . . . . . . . 179 9.3 Itˆo-Integrale mit Stoppzeiten als Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . 181 9.4 Gestoppte Brownsche Bewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 9.5 Zeittransformierte Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 10 Exponentielle Martingale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 10.1 Die Novikov-Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 10.2 Der Satz von Girsanov . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 11 Anwendung: Stetige Optionspreistheorie . . . . . . . . . . . . . . . 207 11.1 Selbstfinanzierende Handelsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 11.2 Wertpapierkurse und Vermo¨gensprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . 210 11.3 Markt-Vollsta¨ndigkeit und Arbitrage-Freiheit . . . . . . . . . . . . 215 11.4 Optionsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 11.5 Das Black-Scholes-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 L¨osungen der nummerierten Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 H¨aufige Bezeichnungen und Abku¨rzungen . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 1 Mathematische Voraussetzungen In diesem Kapitel werden die ben¨otigten Voraussetzungen u¨ber Maße, Inte- grale und Wahrscheinlichkeiten zusammengestellt. Es dient zur allgemeinen Orientierung, zur Festlegung von Notationen, und als Referenz fu¨r sp¨atere Kapitel. Sa¨tze werden hier keine bewiesen. Ihre Relevanz fu¨r das Folgende wird aber diskutiert und an einige Konstruktionen, auf die spa¨ter Bezug ge- nommen wird, wird erinnert. Diese Zusammenstellung eignet sich sicherlich nicht als Einfu¨hrung in die mathematischen Grundlagen; hierzu findet man etwain[BN]inkurzerundvollsta¨ndigerFormallesBen¨otigte.Ausfu¨hrlichere Standardwerke u¨ber Maß- und Integrationstheorie sind [Ba1,El]; fu¨r Wahr- schenlichkeitstheorie sei auf [Ba2] verwiesen. Am Ende dieses Kapitels wird kurz auf sonstige mathematische Voraussetzungen eingegangen. 1.1 Voraussetzungen u¨ber Maß- und Integrationstheorie InderMaßtheoriegehteszun¨achstdarumein“Maß“µ(A)fu¨rmo¨glichstviele Teilmengen A einer Grundmenge Ω festzulegen. Ein Grundproblem ist, dass µ(A) i.A. nicht fu¨r alle A⊂Ω definierbar ist, wenn µ gewisse Mindestbedin- gungen erfu¨llen soll (etwa die Translationsinvarianz von µ fu¨r Ω = (cid:0)3). Es hat sich aber gezeigt, dass es einen Typ von Mengensystemen F u¨ber Ω gibt (d.h.eineMengeF vonTeilmengenA⊂Ω),fu¨rwelchendieFestlegungeines Maßbegriffs mit hinreichend allgemeinen Grundeigenschaften mo¨glich ist: Definition. Eine σ-Algebra F u¨ber einer (nichtleeren) Menge Ω ist ein Sy- stem von Teilmengen A⊂Ω mit folgenden Eigenschaften: (S1) Ω∈F. (S2) A∈F ⇒Ac ∈F (Ac bezeichnet das Komplement von A). (S3) An ∈F fu¨r alle n∈(cid:1)⇒∪n∈(cid:0)An ∈F. Ist H ein Teilsystem von F, also H ⊂ F, welches ebenfalls eine σ-Algebra u¨ber Ω ist heißt Unter-σ-Algebra von F. 2 1 Mathematische Voraussetzungen Bemerkungen. 1. Das Paar (Ω,F) stellt die Grundlage zur Definition von MaßendarundwirdalsMessraumoderauchalsmessbarerRaumbezeichnet. 2.Aus(S1)und(S2)folgt∅∈F.DasMengensystem{Ω,∅}istdiekleinsteσ- Algebrau¨berΩ,dasSystemallerTeilmengenvonΩ(diePotenzmengeP(Ω)) istdiegr¨oßteσ-Algebrau¨berΩ.3.Aus(S2)und(S3)folgt,dassmitA ∈F n auch ∩n∈(cid:0)An ∈F gilt. Abz¨ahlbare Mengenoperationen fu¨hren also nicht aus einer σ-Algebra heraus. Dies ist fu¨r Grenzwerteigenschaften wichtig. DerUmgangmitσ-Algebrenistmeistensnichtbesondersschwierig.Diessoll anhand einiger Grundbegriffe nun kurz diskutiert werden: 1. IsteinbeliebigesMengensystemAu¨berΩgegeben,sogibteseinekleinste σ-Algebra, genannt die von A erzeugte σ-Algebra σ(A), welche A entha¨lt. Per Definition heißt dies, dass jede weitere σ-Algebra F welche A entha¨lt auch σ(A) entha¨lt. σ(A) besteht aus genau denjenigen A ⊂ Ω welche in jeder σ-Algebra F ⊃A enthalten sind. 2. Istumgekehrteine σ-Algebra F u¨ber Ωgegeben,so nenntman einTeilsy- stem E ⊂F einen Erzeuger von F, wenn σ(E)=F gilt. 3. Die Mengen einer σ-Algebra sind (bis auf wenige Ausnahmen) fast nie explizit bekannt. Diese “technische Schwierigkeit“ ist aber beherrschbar, denn meist genu¨gt es Eigenschaften nur fu¨r einen Erzeuger E von F nach- zuweisen. E ist im Gegensatz zu σ(E) h¨aufig explizit bekannt. 4. Ist F eine σ-Algebra u¨ber Ω, so definiert F ∩Ω0 :={A∩Ω0|A∈F} eine σ-Algebra u¨ber Ω0 ⊂Ω, die sogenannte Spur-σ-Algebra. Definition. Es seien (Ω,F) und (Ω(cid:3),F(cid:3)) zwei Messr¨aume. Eine Abbildung T : Ω → Ω(cid:3) heißt F −F(cid:3)-messbar (oder kurz: T : (Ω,F) → (Ω(cid:3),F(cid:3)) heißt messbar), wenn fu¨r das Urbild jeder Menge A(cid:3) ∈F(cid:3) gilt: T−1(A(cid:3)):={ω ∈Ω|T(ω)∈A(cid:3)}∈F. EineAbbildungT istbereitsdannmessbar,wennfu¨reinenbeliebigenErzeu- gerE(cid:3) ⊂F(cid:3) dieInklusionT−1(E(cid:3))⊂F gilt.DieRegel(T1◦T2)−1 =T2−1◦T1−1 zeigt, dass Kompositionen messbarer Abbildungen messbar sind. Besonders wichtig sind messbare, reelle Funktionen f : Ω → (cid:0). Auf (cid:0) w¨ahlt man standardma¨ßig die Borelsche σ-Algebra B((cid:0)). Diese wird erzeugt durch alle Intervalle [a,b)⊂(cid:0). Es ist nicht schwierig zu zeigen, dass B((cid:0)) auch durch dasSystemalleroffenenMengenin(cid:0)erzeugtwird.Istklarwelcheσ-Algebra F auf Ω vorliegt, so nennt man eine F −B((cid:0))-messbare Funktion f einfach messbar. Es gelten folgende Stabilit¨atseigenschaften: – Ist α ∈ (cid:0) und sind f und g messbare Funktionen, so sind auch f +αg, f ·g, f ∧g :=min{f,g} und f ∨g :=max{f,g} messbar. – Istf :Ω→(cid:0)eine(punktweise)konvergenteFolgemessbarerFunktionen n so ist die punktweise definierte Grenzfunktion messbar. 1.1 Voraussetzungen u¨ber Maß- und Integrationstheorie 3 Fu¨r Maß-Integrale werden sogenannte numerische Funktionen f ben¨otigt, d.h.F−B((cid:0))-messbareAbbildungenf :Ω→(cid:0):=(cid:0)∪{−∞,∞}.Dabeiwird die σ-Algebra B((cid:0)) erzeugt durch B((cid:0)) und durch die Mengen {−∞} und {∞}.PerSpurbildungsinddamitauchalleσ-AlgebrenvonTeilmengenI ⊂(cid:0) festgelegt,etwaB([0,∞]):=B((cid:0))∩[0,∞].Nachdiesenmengentheoretischen Vorbereitungen kommen wir nun zum Begriff des Maßes: Definition. Sei (Ω,F) ein Messraum. Eine Abbildung µ : F → [0,∞] heißt Maß auf F, wenn folgende beiden Eigenschaften erfu¨llt sind: (M1) µ(∅)=0. (M2) µ ist σ-additiv, d.h. fu¨r disjunkte Mengen A1,A2,... in F gilt: (cid:1) (cid:2)∞ (cid:3) (cid:4)∞ µ A = µ(A ). (1.1) n n n=1 n=1 µ heißt endliches Maß falls µ(Ω) < ∞, bzw. Wahrscheinlichkeitsmaß (kurz W-Maß), wenn µ(Ω) = 1. Ein N ∈ F mit µ(N) = 0 heißt (µ-) Nullmenge, (Ω,F,µ) heißt Maßraum. Ist klar welche σ-Algebra F auf Ω gegeben ist, so spricht man auch kurz von einem Maß auf Ω. Beispiel. Sei (Ω,F) ein Messraum und ω0 ∈Ω. Dann definiert, (cid:5) 1 falls ω0 ∈A ε (A):= ω0 0 falls ω0 (cid:13)∈A, ein W-Maß εω0 auf F, das Einpunkt- bzw. Dirac-Maß in ω0. Bemerkungen. 1. Dieses Beispiel zeigt, dass auf jeder σ-Algebra Maße exi- stieren.TrotzihrestrivialenCharaktersspielenDirac-Maßeε inderWahr- ω0 scheinlichkeitstheorie(kurzW-Theorie)einewichtigeRolle.2.Aus(M1)und (M2) folgt leicht, dass fu¨r Bn ∈ F mit Bn ⊂ Bn+1 und B := ∪n∈(cid:0)Bn – kurz: B ↑B – die Konvergenz µ(B )→µ(B) gilt. [Ist µ ein endliches Maß, n n Bn ⊃Bn+1 undB :=∩n∈(cid:0)Bn –kurzBn ↓B –sogiltdiesebenfalls.]Weiter ist µ σ-subadditiv, d.h. fu¨r eine beliebige Folge A1,A2,... in F ist in (1.1) “ = ” durch “ ≤ ” zu ersetzen. Insbesondere sind abz¨ahlbare Vereinigungen von Nullmengen wieder Nullmengen, und µ isoton, d.h. fu¨r A,B ∈F gilt: A⊂B ⇒ µ(A)≤µ(B). 3. Allgemein nennt man eine Funktion µ von einem Mengensystem R nach [0,∞] σ-additiv , wenn sie folgende Eigenschaft hat: Ist (An)n∈(cid:0) eine Folge disjunkter Mengen in R fu¨r die auch ∪n∈(cid:0)An ∈R ist, so gilt (1.1). 4. Jedes Maß µ auf F l¨asst sich durch eine messbare Abbildung T :(Ω,F)→(Ω(cid:3),F(cid:3)) nach F(cid:3) ,,verpflanzen“, indem man das Bildmaß T∗µ (auch induziertes Maß genannt) auf F(cid:3) durch T∗µ(A(cid:3)) := µ(T−1(A(cid:3))) definiert. Man schreibt auch T∗µ = µ ◦ T−1, wobei man die Zuordnung A(cid:3) (cid:17)→ T−1(A(cid:3)) als Abbildung T−1 :P(Ω(cid:3))→P(Ω) zwischen Potenzmengen auffasst.

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