LEHRBUCH DER PHYSIOLOGIE IN ZUSAMMENHXNGENDEN EINZELDARSTELLUNGEN UNTER MITARBEIT EINER REIHE VON FACHMXNNERN HERAUSGEGEBEN VON WILHELM TRENDELENBURG+ UND ERICH SCHUTZ KONRAD LANG DER INTERMEDIXRE STOFFWECHSEL SPRINGER-VERLAG BERI,IN· GOTTINGEN. HEIDELBERG 1952 DER INTERMEDIARE STOFFWECHSEL VON Dr.Dr. KONRAD LANG 0.0. PROFESSOR DER PHYSIOLOGISCHEN CHEMIE, DlREKTOR DES PHYSIOLOG.·CHEM. INSTITUTS DER UNIVERSITAT MAINZ MIT 29 ABBILDUNGEN S P R I N G E R -VE R LA G BERLIN· GOTTINGEN . HEIDELBERG 1952 ISBN 978-3-642-92576-4 ISBN 978-3-642-92575-7 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-92575-7 ALLE RECHTE, INSBESONDERE DAS DER üBERSETZUNG IN FREMDE SPRACHEN, VORBEHALTEN COPYRIGHT 1952 BY SPRINGER·VERLAG ORG. IN BERLIN, GÖTTIN GEN AND HEIDELBERG SOFTCOVER REPRINT OF THE HARDCOVER 1ST EDITION 1952 Vorwort. Es ist ein Wagnis, gegenwartig ein Lehrb uch des intermediaren Stoffwechsels zu verfassen, da das Gebiet auBerordentlich stark im FluB ist und tagtaglich neue wesentliche Befunde mitgeteilt werden. Die Moglichkeit, mit Isotopen zu arbeiten, die Verfeinerung der analytischen Methoden, die Lokalisierbarkeit der Stoffwechselprozesse an den morphologischen Elementen der Zelle haben der Stoffwechselforschung machtige Impulse gegeben. Wenn ich mich trotz aller Schwierigkeiten dazu entschlossen habe, ein Lehrbuch uber den intermediaren Stoffwechsel zu schreiben, so bewegt mich in erster Linie hierzu der Umstand, daB es im deutschen Sprachgebiet keine neuere Monographie uber den inter mediaren Stoffwechsel gibt, was sich nicht nur storend im Unterricht auswirkt, sondern auch vielen Bearbeitern medizinischer und biologischer Fragen das Arbeiten auBerordentlich erschwert. Zur Abfassung des vorliegenden Buches wurde ich auBerdem noch dadurch ermutigt, daB sich trotz der standig anwach senden Zahl der einzelnen Befunde doch deutlich groBere Linien abzuzeichnen beginnen, die es erlauben, die Einzeltatsachen in ubergeordnete Zusammenhange einzugliedern. Nicht das unwichtigste Ergebnis der Stoffwechselforschung ist die Fest stellung, daB die Grundprinzipien des Stoffwechsels bei allen Lebewesen dieselben sind. Wenn U nterschiede in Einzelprozessen des intermediaren Stoffwechsels zwischen verschiedenen Lebewesen auftreten, so ergeben sie sich als Folge einer Differenzierung und Spezialisierung der Zelleistung, Ausbildung besonderer Or gane und dergleichen. Das vorliegende Buch solI in erster Linie den Stoffwechsel des Menschen bzw. der hoheren Tiere schildern. Die Verhaltnisse bei niedereren Organismen sind nur dann berucksichtigt, wenn sie als einfache Modelle das kompliziertere Geschehen im hoheren Organismus beleuchten. Weiterhin ist in diesem Buch auch die Bedeutung der einzelnen Stoffwechselprozesse fur den Betrieb des Organismus behandelt. Ich habe mich bemliht, sowohl der Bio chemie als auch der Physiologie des Stoffwechsels gerecht zu werden. Ich habe groBen Wert darauf gelegt, mich bei der Schilderung des Stoff wechsels allgemeiner Redewendungen zu enthalten und die Darstellung durch MaB und Zahl zu fundieren. Daher hoffe ich, daB das Buch nicht nur als Lehr buch gewertet wird, sondern auch als Nachschlagewerk von Nutzen ist. Denn in ihm sind weit in der Literatur verstreute Zahlenangaben zusammengefaBt und verwertet. Wo Vollstandigkeit aus Grunden der Umfangsbeschrankung nicht moglich war, ist auf die entsprechende Literatur verwiesen. Ich habe mich uber haupt bemuht, aIle Angaben nach Moglichkeit durch reichliche Literaturangaben zu belegen, so daB es dem Interessierten leicht ist, sich tiefer in aBe Fragen ein zuarbeiten. Bezuglich der alteren Literatur wird auf gute Zusammenfassungen verwiesen. Die neuere Literatur ist in groBem Umfange berucksichtigt. Meinem Mitarbeiter Priv.-Doz. Dr. G. SIEBERT danke ich fur seine Hilfe bei der Uberarbeitung des Manuskriptes. Weiterhin gilt mein Dank dem Verlag, der allen meinen Wunschen bezuglich Ausstattung in cler groBzugigsten Weise entgegengekommen ist. Die Literatur ist bis zum 1. 6. 1952 berucksichtigt. Mainz, Juni 1952 K. LANG. Inhaltsverzeichnis. Seite I. Allgemeines iiber den intermediaren Stoffwechsel und die Methoden seiner Er- forschung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I Chemische Genetik als Methode zur Erforschung des intermediaren Stoffwechsels 7 II. Antimetabolite . . . . . . 8 1. Antivitamine. . . . . . . . . . . . . . . 12 2. Aminosaureantagonisten. . . . . . . . . . 18 3. Pyrimidinantagonisten und Purinantagonisten 21 III. Biologische Oxydation . . . . . . . . . 22 1. Allgemeines iiber energetische Fragen . 22 2. Redoxsysteme und das Redoxpotential 24 3. Die Dehydrasen. . . . . . . 26 a) Einfache Anaerodehydrasen 27 b) Pyridinproteide . . . . . 28 c) Die gelben Fermente . . . 33 4. Das W ARBURG-KEILIN-System 37 a) Cytochrome ...... . 37 b) Cytochromoxydase . . .. . 39 5. Die biologische Oxydation der Nahrstoffe 41 6. Die energiereichen Phosphatverbindungen und die Transphosphorylierung 43 7. Carboxylierungen und Decarboxylierungen . 50 8. Hilfsfermente der biologischen Oxydation 53 a) Hydroperoxydasen ......... . 53 b) Die Kupler enthaltenden Oxydasen .. . 56 c) Kohlensaureanhydratase . . . . . . . . 58 9. Die Reaktion von PASTEUR und die Regulation des Gewebsstoffwechsels . 58 IV. Kohlenhydrate . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 1. Der Kohlenhydratstoffwechsel und seine Regulation. 63 2. Biochemische Wirkungen des Insulins 72 3. Die Gluconeogenese . . . . . . . . 76 a) Die Zuckerbildung aus Fett . . . 76 b) Dia Zuckerbildung aus EiweiB . . 77 4. Spaltung und Aufbau von Glykogen . 78 5. Die .. Glykolyse . . . . . . . . . . 81 a) Ubersicht .......... . 81 b) Die einzelnen Reaktionen . . . . 83 c) Bildung und Umsatz der Milchsaure 92 d) Die alkoholische Garung. . . . . . . .. . 93 6. Die Brenztraubensaure als Knotenpunkt des Kohlenhydratstoffwechsels 95 7. Die Endoxydation im Kohlenhydratstoffwechsel . . 99 a) Die C.-Dicarbonsauretheorie von SZENT-GYORGYI. 99 b) Der Citronensaurecyclus. . . . . . . . . . . . 100 (X) Bildung der Citronensaure . . . . . . . . . 106 fJ) Abbau der Citronensaure . . . . . . . . .. ... 112 8. Bildung von Glykogen aus Milchsaure und Brenztraubensaure . 118 9. Stoffwechsel anderer Zucker und Stoffwechsel von Zuckerderivaten 119 a) Sorbit ..... 119 b) Gluconsaure. . 120 c) Glucuronsaure 121 d) Fructose 123 e) Galaktose. . 125 f) Ribose ... 126 g) Die Pentosurie . 128 h) Acetoin ... 129 i) Methylglyoxal . 130 k) Inosit ..... 131 1) Glucosamin und Chondrosamin. 132 Inhaltsverzeichnis. VII Seite V. Alkohole und Aldehyde 132 VI. Basen ....... . 136 1. Monoamine. . . . . 136 2. Adrenalin und Noradrenalin 138 3. Aminoathanol und Cholin 142 4. Die Transmethylierung 149 5. Kreatin und Kreatinin 152 6. Diamine ...... . 155 VII. Eiweill und Aminosauren. . 156 1. Der EiweiBstoffwechsel . 156 2. Der Mechanismus der EiweiBsynthese. 170 3. Glutathion . . . . . . . . . . . . 178 4. Allgemeines iiber den Aminosaurestoffwechsel 180 5. Die Bildung der Aminosauren . . . . . . . 188 a) Herkunft des Kohlenstoffskelets. . . . . 188 b) Herkunft der Aminogruppe und die Transaminierung 191 6. Allgemeine Reaktionen der Aminosauren . . . . . . . 196 a) Oxydative Desaminierung ........... . 196 b) Decarboxylierung ............... . 196 c) Dehydropeptidasen und Dehydrierungen von Aminosauren . 198 d) Acetylierung von Aminosauren 200 7) Die einzelnen Aminosauren . 200 a) Glykokoll . . . . 200 b) Alanin ...... . 203 c) IX·Aminobuttersaure . 203 d) Valin ...... . 204 e) Leucin und Isoleucin . 205 f) Serin und Threonin 206 g) Cystin .... 207 h) Methionin .. 217 i) Asparaginsaure 221 k) Glutaminsaure 221 I) Lysin .... 224 m) Arginin . 226 n) Tyrosin und Phenylalanin 227 0) Tryptophan. . . . . 235 Nicotinsaure . . . . 2H p) Histidin . . . . . . 243 q) Prolin und Oxyprolin 245 8. D·Aminosauren . . . 247 9. ,B·Aminosauren .... 250 10. Die Harnstoffbildung 251 VIII. Fette und Lipoide . . . . 255 I. Der Fettstoffwechsel . 255 2. Die fJ·Oxydation der Fettsauren .. .......... 260 3. Der Abbau von Fettsauren mit einer ungeraden C·Atomzahl. 264 4. Die w·Oxydation der Fettsauren und die Dicarbonsauren . . . . . . .. 265 5. Der Abbau von Fettsauren mit einem verzweigten Kohlenstoffatomskelet. 269 6. Dehydrierung der Fettsauren in 9,1O·Stellung . . . . . 273 7. Die Biosynthese von Fettsauren ..... '. . . . . . 274 8. Der Abbau der Fettsauren durch Mitochondrien . . . . 277 9. Die Stellung der Acetessigsaure im Fettsaurestoffwechsel 278 10. Die mehrfach ungesattigten Fettsauren . . . . . . . . 285 II. Die Transacetylierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 12. Die Endoxydation im Fettstoffwechsel und der Abbau der Essigsaure . 290 13. Ameisensaure . . . 290 14. Phosphatide. . . . 291 15. Sterine und Steroide 295 a) Cholesterin . . 295 b) Gallensauren . 301 c) Corticosteroide 303 d) Progesteron. 307 e) Androgene 307 f) Ostrogene 310 VIII Inhaltsverzeichnis. Seite IX. Pyrrolfarbstoffe . . . . . . . . . . 312 1. Biosynthese von Pyrrolfarbstoffen. 312 2. Der Eisenstoffwechsel . . . . .'. 319 3. Der Abbau des Hiimoglobins . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 4. Die Bedeutung der Erythrocyten fiir den Hiimoglobinstoffwechsel . 330 X. Nucleotide, Nucleoside, Purine, Pyrimidine, Pteridine 332 1. Nucleotide . 332 2. Nucleoside . 339 3. Purine ... 341 4. Pyrimidine . 349 5. Pteridine. . 352 XI. Grundsiitzliches iiber den Stoffwechsel aromatischer Substanzen . 354 1. Aromatisierung hydrierter Ringsysteme . . . . 354 2. Biooxydation aromatischer Substanzen . . . . 355 XII. Lokalisation der Stoffwechselprozesse in den Zellen 360 1. Der Zellkern . . . 362 2. Die Mitochondrien 364 3. Die Mikrosomen 367 4. Das Cytoplasma. 367 Literatur .... 371 Namenverzeichnis. 392 Sachverzeichnis. . 414 I. Allgemeines iiher den intermediiiren Stoffwechsel und die Methoden seiner Erforschung. U nter dem intermediaren Stoffwechsel versteht man aIle Stoffwechselvorgange, welche sich in den Zellen und Geweben des Organismus abspielen: Er umfaBt also die Umsetzungen der korpereigenen Substanzen und die Veranderungen, welche die aufgenommenen Nahrstoffe nach ihrer Resorption aus dem Magen Darmkanal erleiden. In einem hoheren Organismus sind die Stoffwechselprozesse aller Organe und Zellen in einer sinnvollen Art und Weise aufeinander abgestimmt, um einen reibungslosen Ablauf aller Lebensvorgange des Gesamtorganismus zu gewahrleisten. Der Stoffwechsel unterliegt daher einer Regulation. Die beiden wichtigsten Regulationssysteme sind N ervensystem und hormonales System. Die Hauptleistungen des intermediaren Stoffwechsels sind: Gewinnung von Energie durch den Abbau energiereicher Substanzen, Neubildung von Korpersubstanz, Bildung von Stoffen mit spezifischer Wirkung (Fermente, Hormone, Immun korper und anderweitige "Hilfsstoffe" fiir eine Korperfunktion), Aufbau von Stapelstoffen (Glykogen, Depotfett), Entgiftung etwa entstehender differenter Stoffwechselprodukte oder von auBen in den Korper eingefiihrter giftiger Sub stanzen. Zur Aufklarung der sich im intermediaren Stoffwechsel abspielenden Vor gange kann man verschiedene Arbeitsmethoden heranziehen. Zur Entscheidung der Frage, ob der Organismus eine gegebene Substanz aufbauen (bzw. in geniigen der Menge aufbauen) kann, pflegt man den Wachstumstest anzuwenden. Man verfiittert jungen, wachsenden Tieren eine Nahrung, die aIle notwendigen Stoffe auBer der betreffenden Substanz enthalt, und beobachtet, ob die fehlende Zufuhr zu Ausfallserscheinungen und Wachstumsstillstand fiihrt. Man kann als Test objekt auch erwachsene Tiere verwenden. Bei ihnen bedingt das Fehlen eines wesentlichen Nahrungsfaktors, also einer Substanz, die der Korper nicht zu synthetisieren vermag, Gewichtsabnahmen und negative EiweiBbilanzen. tJber das Schicksal einer Substanz im Organismus erhalt man nicht in allen Fallen durch Verfiitterung oder parenterale Einverleibung eine befriedigende Auskunft. Die Nahrstoffe und ihre physiologischen Zwischenprodukte werden normalerweise praktisch quantitativ bis zu den Stoffwechselendprodukten Wasser und Kohlendioxyd abgebaut. Es gibt jedoch Stoffwechselkrankheiten, bei denen Zwischenprodukte des Abbaus ausgeschieden werden. Daher hat die Unter suchung von Stoffwechselkrankheiten (z. B. Diabetes mellitus, Alkaptonurie u. a. m.) die Stoffwechselforschung stark gefordert. Verfiitterung korperfremder Stoffe und Aufklarung ihrer Stoffwechselprodukte geben hiiufig wertvolle Hin weise auf das Verhalten physiologischer Substrate im Organismus. Es gibt aber auch physiologische Substanzen, welche vom Organismus nicht zu H 0 und CO 2 2 oxydiert werden, wie z. B. Steroi,de, Pyrrolfarbstoffe und andere cyclische Sub stanzen. In diesen Fallen ergibt die Untersuchung von Blut, anderen Korper fliissigkeiten und den Exkreten Unterlagen. Zum Studium der chemischen Leistungen eines Organs benutzte man friiher zumeist die kiinstliche Durchstromung, die funktionelle Ausschaltung durch Verlegung der GefaBversorgung oder die Exstirpation. In der neueren Zeit wird Lang, Der intermediiire Stoffwechsel. 1 2 Allgemeines fiber den intermediaren Stoffwechsel und die Methoden seiner Erforschung. das technisch einfachere Arbeiten mit iiberlebenden Organschnitten, Homo genaten oder Organextrakten vorgezogen. Die Umsetzung einer Substanz im Organismus besteht im allgemeinen aus einer langen Kette von Reaktionen. Ein wichtiges Hilfsmittel zur Aufklarung der Einzelreaktionen besteht in der Anwendung von Enzymgiften, welche die Reak tionskette an einer bestimmten Stelle unterbrechen, deren Lage sich dann leicht durch die sich anhaufenden Stoffwechselprodukte festlegen laBt. Ein weiteres wertvolles Hilfsmittel zur Aufklarung langerer Reaktionsketten besteht in der Abtrennung oder gar Isolierung einzelner Fermente. Mitunter gelingt es, durch bestimmte Zusatze Zwischenprodukte festzulegen, sie "abzufangen", so daB sie nicht weiter zu reagieren vermogen. Bekannte Beispiele sind Abfangen von Aldehyden oder Ketonen durch Zusatz von Carbonylreagentien. Bei nahezu allen Untersuchungen iiber den intermediaren Stoffwechsel ergibt sich die Schwierigkeit, daB der Organismus aus denselben Substanzen aufgebaut ist, deren Schicksal verfolgt werden solI. Es ist daher nicht ohne weiteres zu ent scheiden, ob ein isoliertes Produkt der zugefiihrten Substanz oder dem Bestand des Organismus entstammt. Man hat sich daher bemiiht, das zu untersuchende Molekiil irgendwie zu markieren, um es von allen anderen gleichartigen unter scheiden zu konnen. So markierte KNOOP bei seinen grundlegenden Arbeiten iiber den Abbau der Fettsauren diese durch Einbau des im Organismus schwer verbrennlichen Phenylrestes. Derartige Versuche erwiesen sich aber zumeist als recht mangelhaft, weil man durch solche Markierungen unphysiologische Sub stanzen erzeugt, die sich im Stoffwechsel haufig anders verhalten als der Stoff, dessen Stoffwechselverhalten aufgeklart werden solI. In der neueren Zeit gelang es, durch Verwendung von Isotopen einwandfreie Markierungen von Substanzen ohne Veranderungen der biochemischen Eigenschaften zu bewirken. Die Iso topentechnik hat die Erforschung des intermediaren Stoffwechsels in einem un geheuren AusmaBe gefordert. Die Markierung einer Substanz kann durch Einbau von stabilen oder radio aktiven Isotopen erfolgen. Von den stabilen Isotopen haben D, Cl3 und NI5 am meisten Verwendung gefunden. Die Bestimmung von D erfolgt durch Messung der Dichte des D0 enthaltenden Wassers, C'3 und NI5 werden durch das Massen 2 spektrometer ermittelt. C14, p32 und S35 sind die wichtigsten radioaktiven Iso topen zur Markierung physiologischer Substanzen. Ihre Analyse erfolgt durch Messung ihrer Strahlung im GEIGER-MuLLER-Zahlrohr. Fiir viele Zwecke hat es sich als erforderlich erwiesen, ein und dieselbe Substanz durch Einbau mehrerer Isotopen zu markieren. Die Verwendung von Isotopen zur Erforschung des intermediaren Stoff wechsels wurde mit Erfolg zur Klarung folgender Problemstellungen verwandt: 1. Anatomische Lokalisation von Stoffwechselprozessen, etwa Wege der Fett sauren bei ihrer Resorption aus dem Darm oder Umfang der Beteiligung der einzelnen Organe am Stoffwechsel irgendwelcher Substanzen. 2. Erforschung der Stoffwechselwege durch Fassung von Stoffwechselpro dukten oder durch Isolierung und Identifizierung von Zwischenprodukten bei der Biosynthese oder beim Abbau. Man laBt das markierte, nach Moglichkeit an bekannter Stelle markierte, Substrat auf ein Stoffwechselsystem (ganzer Korper, isolierte Organe, Organschnitte, Homogenate, isolierte Zellen, gereinigte Enzymsysteme usw.) einwirken, arbeitet dann die Ausscheidungen, Gewebe oder Ansatze nach den allgemeinen Prinzipien der chemischen Analyse auf und unter sucht die einzelnen Fraktionen bzw. isolierten Reinsubstanzen auf ihren Gehalt an Isotopen. Als besonders wertvoll hat sich die gleichzeitige Markierung mit mehreren Isotopen an bekannten Stellen (etwa mit C13, C'4 und N15) erwiesen. Allgemeines uber den intermediaren Stoffwechsel und die Methoden seiner Erforschung. 3 Das isolierte Reaktionsprodukt wird dann einem Abbau nach den Regeln der chemischen Konstitutionsermittlung unterworfen, urn die Stellung jedes der isotopen Elemente im Molekiil festzustellen. Diese Arbeitsrichtung verlangt eine vollkommene Beherrschung der klassischen organischen Chemie (Synthese und Konstitutionsermittlung) . 3. Bestimmung der Verweildauer bzw. Lebensdauer von Verbindungen im Organismus und die Feststellung, ob sie sich dort in einemdynamischen Gleich gewicht befinden oder den Umsetzungen entzogen sind. Man verfiittert oder injiziert eine markierte Substanz und verfolgt ihren Einbau (etwa Einbau einer Aminosaure in Proteine) oder ihren Abbau in Abhangigkeit von der Zeit. Als Halbwertszeit oder halbe Lebensdauer (tj2) bezeichnet man die Zeit fUr Synthese oder Abbau der Halfte einer Substanzmenge, als "turnover time" (T) die mittlere Lebensdauer eines Molekiils. Zwischen Halbwertszeit und turnover time be steht die folgende Beziehung: - t/2 T = -In 2- = tj2 '1,44. 1st die Gesamtmenge einer Substanz im Organismus bekannt, so laBt sich die in der Zeiteinheit umgesetzte (synthetisierte oder abgebaute) Substanzmenge ("turnover rate") nach der folgenden Formel errechnen: T=~ m M = gesamte Substanzmenge; m = die taglich umgesetzte Menge. 4. Bestimmung der GroBe des "Stoffwechsel-Pool". Unter Stoffwechsel-Pool versteht man das Gemisch einer Substanz, das aus den exogen zugefUhrten und den endogen entstandenen Molekiilen besteht, und aus dem der Organismus seine Stoffwechselbediirfnisse zu Zwecken der Synthese, des Umbaus oder Abbaus bestreitet. Man injiziert eine genau bekannte Menge der markierten Substanz mit bekanntem 1sotopengehalt und entnimmt nach einiger Zeit, wenn sich das Gleichgewicht mit dem Stoffwechsel-Pool eingestellt hat, Blut, isoliert daraus die zu untersuchende Substanz und bestimmt ihren 1sotopengehalt. Aus der festgestellten 1sotopenverdiinnung laBt sich dann die Gesamtmenge der be treffenden Substanz im Organismus berechnen: X=(6 1)Y 1 -- x = gesuchte Substanzmenge; y = injizierte Substanzmenge; Co = Isotopenkonzentration in der injizierten Substanz; C = Isotopenkonzentration in der isolierten Substanz. Der lebende Organismus erscheint uns normalerweise stabil und wenig verander lich zu sein. Dies riihrt aber nicht davon her, daB die Bausteine der lebenden Substanz inaktiv oder nicht in den Stoffwechsel einbezogen sind. Sie nehmen im Gegenteil rege an den Stoffwechselprozessen teil. Dies trifft auch fiir Gewebe wie Knochen und Zahne zu, die auf den ersten Blick als besonders stoffwechsel inaktiv erscheinen. Der Organismus erscheint uns nur deswegen so konstant in seiner Struktur zu sein, weil normalerweise Aufbauprozesse und Abbauprozesse genau gegenseitig aufeinander abgestimmt und ausbalanciert sind. Die Korper bausteine befinden sich in einem dynamischen Gleichgewicht. Der groBte Teil des Organismus besteht aus Substanzen, die ein groBes und kompliziertes Molekiil besitzen (Proteine, Polynucleotide, Lipoide, Polysaccharide). Niedermolekulare Stoffe steuern nur wenig zum Stoffbestand des Organismus 1*