DER GLOBUS IM RÖMISCH-GERMANISCHEN ZENTRALMUSEUM MAINZ: DER BISHER EINZIGE KOMPLETTE HIMMELSGLOBUS AUS DEM GRIECHISCH-RÖMISCHEN ALTERTUM / THE GLOBE IN THE "RÖMISCH-GERMANISCHES ZENTRALMUSEUM MAINZ" THE ONLY COMPLETE CELESTIAL GLOBE FOUND TO-DATE FROM CLASSICAL GRECO-ROMAN ANTIQUITY Author(s): Ernst Künzl Source: Der Globusfreund, Nr. 45/46 (FEBRUAR 1998 (für 1997/98)), pp. 7-153 Published by: International Coronelli Society for the Study of Globes Stable URL: http://www.jstor.org/stable/41628587 Accessed: 10-08-2016 07:40 UTC Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at http://about.jstor.org/terms JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. International Coronelli Society for the Study of Globes is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Der Globusfreund This content downloaded from 134.93.178.66 on Wed, 10 Aug 2016 07:40:01 UTC All use subject to http://about.jstor.org/terms DER GLOBUS IM RÖMISCH-GERMANISCHEN ZENTRALMUSEUM MAINZ: DER BISHER EINZIGE KOMPLETTE HIMMELSGLOBUS AUS DEM GRIECHISCH-RÖMISCHEN ALTERTUM Ernst Künzl* Taf. 1-15 Inhalt: Herkunft und Fundumstände - Technik, Stil und Datierung - Ein Obelisk als Gnomon einer Sonnenuhr - Zodiacus und Sternzeichen beider Hemisphären - Ikonographie der Sternzeichen -Astronomie - Die Milchstraße - Himmelsgloben und Planisphären - Bibliographie Herkunft und Fundumstände (Abb. 1, Taf. 1 und 2) Der Himmelsglobus des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz (=RGZM; Inv. 0.41339)1 besteht aus einer Kupferlegierung (Messing). Die Legierung aus 80,96% Kupfer und 17,81% Zink, dazu geringe Anteile von Zinn, Silber, Arsen und Antimon (Blei und Nickel lagen unterhalb der Nach- weisgrenze), bestätigt das Werk auch vom Material her (zur stilistischen Datie- rung s.u.) als ein Werk aus dem antiken Römerreich.2 Er ist aus zwei Halbkugeln zusammengesetzt, welche sich genau auf der Äquatorlinie treffen. Der Durchmesser am Äquator ist 110 mm, das Ge- wicht 464 g. Der Globus ist hohl, die Wandstärke beträgt zwischen 0,5 mm und 1,3 mm, am Äquator zwischen 1,3 mm und 3 mm. Unten im Bereich des Südpols ist ein kreisrundes Loch von 39 mm Durchmesser, während das Loch am Nordpol viereckig ist und 8x8 mm mißt. Der Becher war gegossen und dann bearbeitet worden.3 Die Reste grauer Substanz an den Kanten der Halbkugeln sind vermutlich Reste von Weichlot, mit dem die beiden Halbkugeln zusammengefügt worden waren. * Direktor Dr. Ernst KÜNZL, Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Forschungsinstitut für Vor- und Frühgeschichte, Ernst-Ludwig-Platz 2, D-551 16 Mainz. 1 Kurz angezeigt von KUNZL 1996; ALLMAYER-BECK 1997, 12 - Der Globus ist in Saal 7, Vitrine "Zeitmessung" der Römischen Abteilung des RGZM ausgestellt: Kurfürstliches Schloß Mainz, D-551 16 Mainz, 1. Stock; Eingang durch den Schloßhof. 2 Die Metallanalyse verdanke ich S. GREIFF, RGZM. 3 Die technischen Beobachtungen verdanke ich M. FECHT, RGZM, und Chr. HEINKEN, RGZM. This content downloaded from 134.93.178.66 on Wed, 10 Aug 2016 07:40:01 UTC All use subject to http://about.jstor.org/terms 8 Abb. 1 Himmelsglobus. Messing. 0 110 mm. Mainz, RGZM Inv. 0.41339. Umzeichnungen J. RIBBECK, RGZM. This content downloaded from 134.93.178.66 on Wed, 10 Aug 2016 07:40:01 UTC All use subject to http://about.jstor.org/terms 9 Die Darstellungen des Himmelsglobus sind nicht graviert, sondern ziseliert. Das Ziselieren wird in spanloser, materialverdrängender Technik mit Punzen und Ziselierhammer ausgeführt, während die Gravur spanabhebend mit Sticheln arbeitet. In den ziselierten Linien, Kreisen, Halbkreisen und Punz- punkten haften an zahlreichen Stellen Substanzen, die sich aufgrund mikro- skopischer Vergleichsuntersuchungen in Korrosionsprodukte und in Reste von Einlagen einteilen lassen. Bei den Substanzen dieser zweiten Art handelt es sich vermutlich um Reste von Emaileinlagen. Die Emailfarbe läßt sich nur raten. Ein dunkles Blau ist auf dem Goldgrund der Kupferlegierung am wahrscheinlichsten. Die in den Werkstätten des RGZM hergestellte Rekonstruktion (Taf. 3) gibt in etwa eine Vorstellung von der Farbwirkung des goldglänzenden Messingglobus mit sei- nen dunkelblauen Linien und Bildern.4 Über die Herkunft konnte der Vorbesitzer kaum etwas berichten (der Globus soll aus Westkleinasien stammen), über die Fundumstände schon gar nichts. Freilich ist der Fund bemerkenswert gut erhalten. Wenn es auch nicht unmöglich ist, daß der Globus aus einer Siedlung (z. B. einer römischen Villa) stammt, so kommen so gut konservierte Objekte doch in der Regel aus Gräbern, aus Horten oder auch aus Gewässern. Doch sind Gegenstände aus Kupferlegierung (Bronze, Messing), wenn sie aus Flüssen kommen, meist noch sehr viel besser erhalten, denn wenn sie in Kiesschichten konserviert waren, sind ihre Oberflächen sehr oft noch glänzend. Aus einem Fluß dürfte der Globus deshalb kaum stammen, da die Oberfläche gleichmäßig patiniert ist. Ein Hortfund nach Art der römerzeitlichen Hortfunde der Nord- provinzen des 1. bis 4. Jahrhunderts ist in dem Moment unwahrscheinlich, wenn man die Angabe "Westanatolien" ernst nimmt: Hortfunde waren im Osten des Römerreiches mehr als selten. So bleibt die Vermutung, daß man es mit dem Rest eines Grabinventars zu tun hat. Reiche Grabfunde aus Mein- asien, und besonders aus Westkleinasien, sind in der römischen Kaiserzeit so häufig, daß man diese Vermutung für wahrscheinlich halten wird. Natürlich ist es äußerst bedauerlich, daß man wie immer bei solchen Objekten aus privater Hand den originalen Zusammenhang nicht mehr wird rekonstruieren können. 4 Allen Beteiligten (M. FECHT, St FELTEN, U. FROHBERG, Chr. HEINKEN und J. RIB- BECK) danke ich sehr herzlich. Ich hatte den Eindruck, daß meine Freude, eine einzigartige Antiquität analysieren zu können, von allen geteilt wurde. This content downloaded from 134.93.178.66 on Wed, 10 Aug 2016 07:40:01 UTC All use subject to http://about.jstor.org/terms 10 0' . 5 ° . oí ^ К ^ P й S О Й fK 5 g S> 4 5 S s J О О »< . <S> â g| § £ sSì ^ -I °° . > § s *§ Cl "§> ^ "S -S р fN -ci -С) This content downloaded from 134.93.178.66 on Wed, 10 Aug 2016 07:40:01 UTC All use subject to http://about.jstor.org/terms 11 Technik, Stil und Datierung (zu den Sternbildnummern vgl. Abb. 2 und Tabelle 1) Charakteristisch für den Globus sind klare Konturlinien, Kreise für Sterne, kleine Linien für das Fell (z. B. Ursa maior Nr. 29), gepunktete Schup- pen (z. В. Hydra Nr. 42, Draco Nr. 22) und eine Innenzeichnung in Form von Punkten (z. B. Fell des Bootes Nr. 16). - Die einzelnen Kreise der beiden run- den Sternbilder der südlichen Hemisphäre Nr. 47 und 48 sind durch Innen- punkte verstärkt. Parallel zur Anfertigung einer galvanoplastischen Rekonstruktion ließ ich die Linien des Originals temporär durch eine weiße Farbe ausfüllen, um die Zeichnimg besser erkennen zu können. Dieser auf Taf. 1 und 2 gezeigte Ein- druck ist inzwischen wieder rückgängig gemacht worden, die weiße Farbe wurde wieder entfernt. Die Datierung des Globus werde ich in einer ausführlichen Arbeit in den Publikationsorganen des RGZM begründen. Er gehört in die Jahre 150-220 n. Chr. Das Datum ergibt sich durch ausführliche stilistische Vergleiche mit römischen Arbeiten, welche einen Liniendekor in Gravur oder Ziselierung tragen (wobei sich im allgemeinen Sprachgebrauch für alle diese Dekorationen die Bezeichnung Gravur festgesetzt hat). Diese Dekorart haben die Römer von den Griechen übernommen, wo der Liniendekor auf Edelmetallgefäßen oder Metallspiegeln das beherrschende Element war. In der römischen Kaiserzeit des 1. bis 4. Jahrhunderts n. Chr. spielte der Liniendekor in der Metallkunst weiterhin eine wichtige Rolle, die nicht auf Gefäße und Geräte beschränkt war. Auch Waffen (besonders Helme und Schilde) waren oft in dieser Weise ver- ziert. Die Werkstatt des Mainzer Globus dürfte wie der Fundort in den Ost- provinzen des Römerreiches (Griechenland, Kleinasien, Syrien oder Ägypten) zu lokalisieren sein. Ein Obelisk als Gnomon einer Sonnenuhr Himmelsgloben wurden gerne auf Untersätze nach Dreifüßvorbild ge- stellt, zur reinen Aufstellung wie auch drehbar zum Gebrauch.5 Die Zurichtung des Globus RGZM ist freilich so geschaffen, daß man ihn sich gut als Spinadekoration eines Gnomon vorstellen kann. Das runde Loch unten mit seinen 39 mm Durchmesser und das 8 x 8 mm messende quadratische Loch 5 ARNAUD 1984, 65-72 Fig. 3-10. This content downloaded from 134.93.178.66 on Wed, 10 Aug 2016 07:40:01 UTC All use subject to http://about.jstor.org/terms 12 oben (Abb. 1) sorgen dafür, daß eine metallene Spina den Globus gut festhalten kann. Man muß ihn dafür auch gar nicht anlöten, wie wir es am RGZM mit einer solchen transportablen Spina (Taf. 3) erreicht haben. Mit dieser Auf- stellung erweist sich der Globus RGZM als Parallele zu zwei großen Bronze- globen in Rom. Der Obelisk des Kaisers Nero im Circus auf dem vatikanischen Hügel ist deijenige, der jetzt auf dem Petersplatz in Rom steht.6 Seine Globus- bekrönung ist eine Kugel von 80,5 cm Durchmesser aus Kupferlegierung (Taf. 4).7 Der Obelisk, welcher der großen Sonnenuhr des Augustus8 auf dem römischen Marsfelde westlich der Ara Pacis als Gnomon diente (Abb. 3), steht heute mit neuer Bekrönung vor dem Parlament auf dem Montecitorio in Rom. Er trug im Altertum auf seiner Spina einen Bronzeglobus, mit dem er noch im 18. Jahrhundert abgebildet wurde.9 Dieser Globus ist mit einem Bronzeglobus von 74,15 cm Durchmesser im Conservatorenpalast identifiziert worden.10 Mit dem Kugelaufsatz erscheint der Gnomon auf dem Apotheoserelief des Anto- ninus Pius und der Faustina (Taf. 5/6), einer einzigartigen antiken Darstellung eines großen Obelisken als Sonnenuhrzeiger; das Relief entstand bald nach dem Tode des Kaisers im Jahr 161 n. Chr.11 Deutlich ist auf dem Relief ebenso wie an den beiden Bronzegloben im Conservatorenpalast (Taf. 4) zu sehen, daß das Pyramidion mit der Spina auf der Obeliskenspitze immer in derselben Art konstruiert ist. 6 NASH 1957, 234 Taf. 49,1; NASH 1962, 161-162; BUCHNER 1976, 327. 329 Abb. 2; BATTA 1986, 23-50 Abb. 15; ALFÖLDY 1990, 55-58 Taf. 1. 7 Rom, Conservatorenpalast Inv. 1065. HELBIG 1966, Nr. 1581 (6) (E. SIMON); BUCHNER 1976, 327 Taf. 110,1; ALFÖLDY 1990, Taf. 11,1 links. 8 Zum Solarium Augusti: BUCHNER 1976; BUCHNER 1980; BUCHNER 1982; BUCHNER 1988; SCHÜTZ 1990; BARTON 1995, 44-46. 9 NASH 1962, 134-136, mit der älteren Lit; BUCHNER 1976, 327f. Abb. 1; BATTA 1986, 167 Abb. 76 und Frontispiz. 10 Rom, Conservatorenpalast. Inv. 1066. HELBIG 1966, Nr. 1581 (8) (E. SIMON), dort der 0 mit 76 cm angegeben; BUCHNER 1976, 327 Taf. 110,2. 330 (mit Durchmesserberechnung auf 74,15cm); ALFÖLDY 1990, Taf. 11 rechts. 11 Rom, Vatikan, ehem. Giardino della Pigna Inv. 5515. HELBIG 1963, Nr. 480 (E. SIMON); GUNDEL u. BÖKER 1972, Sp. 614 Nr. 3 (Aion); KLEINER u. KLEINER 1978-1980; Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae (LMC) I s. V. Aion (Zürich usw. 1981) 403f. Nr. 19 (M. LE GLAY); KOEPPEL 1989, 60f. Nr. 13,1 Abb. 23; GUNDEL 1992, 77 Abb. 40a-c. 203 Nr. 3; STEIN- BY 1993, 298-300. - Im heutigen Zustand ist der kleine Globus nach Auskunft von P. LIVERANI (Rom) ergänzt, wobei noch festzustellen sein wird, wieweit antike Spuren darunter die Ergänzung zwingend machten. This content downloaded from 134.93.178.66 on Wed, 10 Aug 2016 07:40:01 UTC All use subject to http://about.jstor.org/terms 13 Abb. 3 Rom, Marsfeld. Die große Sonnenuhr des Augustus (Solarium Augusti) zwischen dem Augustusmausoleum und der Ara Paci s. Nach BUCHNER 1976, 353 Abb. 13/14. Eine metallene Spina zeigt auch ein auf einem (niedrigen?) runden Pfeiler stehender Globus mit Meridianen und Parallelkreisen eines Fresco aus Boscoreale, Napoli/I (Taf. 7). 12 Die Darstellung ist deshalb so wichtig, weil die Wandmalereien dieser römischen Villa vom südlichen Vesuvabhang aus den Jahren 50-40 v. Chr. stammen, und uns deshalb Hinweise auf die Verhältnisse in der späten Republik unter hellenistischem Einfluß geben. Das ungewöhn- liche Zitat des Globus auf Spina ist nicht isoliert zu sehen, sondern muß mit den übrigen Malereien der Villa zusammen verstanden werden, wo sich vor allem im Raum H ("Halle der Aphrodite") ein großformatiger Wandschmuck entfaltete; dieser ist leider teils verloren, teils unter die Museen von Neapel und New York aufgeteilt. Die Zitate von Göttern (Dionysos und Ariadne, Aphro- dite, drei Chariten) sowie von Makedonenwaffen (Schild), Personifikationen und wohl ptolemäischen Herrschern weisen darauf hin, daß der Besitzer der 12 New York, Metropolitan Museum Inv. 03.14.2. H. 61cm. Br. 39,7cm. F. BARNABEI, La villa pompeiana di P. Fannio Sini store scoperta presso Boscoreale (Roma 1901) 26f.; A. S AMBON, Les fresques de Boscoreale (Paris 1903) 10 Nr. 12 und Vignette; STEVENSON 1921, Bd. 1, 21 Abb. 10; H. G. BE YEN, Die pompejanische Wanddekoration vom zweiten bis zum vierten Stil. 1. Band (Den Haag 1938) 210f. Abb. 79b; LEHMANN 1953, 209f. Nr. 16 Taf. 38; DEKKER u. VAN DER KROGT 1993, 11 Abb. 1. - Das Wandmalereifragment stammt aus dem Peristyl der Villa, und zwar vom zweiten Intercolumnium links vom Eingang zum Peristyl. This content downloaded from 134.93.178.66 on Wed, 10 Aug 2016 07:40:01 UTC All use subject to http://about.jstor.org/terms 14 Villa an der hellenistischen Geschichte des Alexanderreiches und der Dia- dochen in Makedonien und im ptolemäischen Ägypten interessiert war.13 Das Globusgemälde im Peristyl der Boscorealevilla, das leider ein Fragment ist, und dessen Umgebung unbekannt bleiben wird, verstehe ich deshalb als direktes Zitat hellenistischer Astronomie und Geographie. Angesichts der ver- lorenen hellenistischen Originalgloben ist diese Darstellung auch ohne genaue Binnenzeichnung sehr aufschlußreich. Sie belegt, daß schon im späten Helle- nismus die Montage mit Hilfe einer Spina (vgl. Taf. 3 und Taf. 4) bekannt war. Das Fresko scheint mir außerdem am ehesten einen wissenschaftlichen Globus zu zeigen, der die Meridiane und Parallelkreise in Metall ein- gelegt trug, und auf den die Details fein ein- getragen waren, die man hier auf dem dekora- tiven Wandfresko nicht mitkopierte. Die Eklip- tik scheint zu fehlen, und einige im unrestau- rierten Zustand mehr erahnbare als sichtbare Linien haben sich nach der Restaurierung als Beschädigungen erwiesen. Vom Bestand her ist also die Frage Erdglobus/Himmelsglobus nicht zu entscheiden.14 Man kann deshalb eine ähnliche Montage fur den Globus RGZM postulieren, die Zurich- tung durch das runde Loch unten und das qua- dratische Loch oben (Abb. 1) läßt keine andere Theorie zu. Man hat dann zwei Möglichkeiten: Entweder nimmt man die Montage auf einem Sockel in privater Umgebung an, also eine Art Schreibtischsockelung, oder man denkt sich den Globus nach Art des stadtrömischen Vorbildes auf einem größeren Gnomon; dieser Lösung gebe ich den Vorzug, weil nicht auszuschließen ist, daß auch das Boscorealefresko einen Globus in der Öffentlichkeit abbildet. Abb. 4 Obelisk mit Globusbekrönung, bis 1542 vor der Kirche Ara Coeli auf dem Capitol in Rom. Vom Iseum auf dem Marsfeld in Rom. Zeichnung M. VAN HEEMSKERCK, 1532-1536. Nach NASH 1962, 140 Abb. 859. 13 Zum Bildprogramm der Villa zuletzt: M. PFROMMER, Göttliche Fürsten in Boscoreale. Der Festsaal in der Villa des P. Fannius Synistor. 12. Trierer Winckelmannsprogramm 1992, 3-92. 14 Für die Überprüfung des Originals danke ich J. MERTENS (Metropolitan Museum, NY С/ USA) sehr herzlich. This content downloaded from 134.93.178.66 on Wed, 10 Aug 2016 07:40:01 UTC All use subject to http://about.jstor.org/terms 15 Die zeichnerische Rekonstruktion der monumentalen römischen Anlage (Abb. 3)15 gibt uns eine Vorstellung davon, wie der Globus RGZM auf dem Gnomon einer entsprechend kleineren Sonnenuhr montiert war. - Einen Globus auf der Spina trägt auch ein dritter Obelisk in Rom, der bis 1542 auf dem Capitol stehende Obelisk (deshalb Capitolinus genannt; Abb. 4), der später in den Park der Villa Celimontana kam.16 Er gehört zur Ausstattung des Iseum auf dem Marsfelde, wo sich noch weitere Obelisken nachweisen lassen.17 Der Obelisk der Augustussonnenuhr hatte vielleicht eine Höhe von insgesamt 29,42 m, also etwa 100 Fuß (Abb. 3).18 Das Verhältnis der Ge- samthöhe zum 74,15 cm19 im Durchmesser großen Globus ist 39,7:1, der Globus ist also knapp ein Vierzigstel der Gesamthöhe.20 Beim 35,5 m hohen Obelisken aus dem Nerocircus auf dem Vatikan21 beträgt das Maß des 80,5 cm im Durchmesser grossen Globus (Taf. 4) ein Vierundvierzigstel der Ge- samthöhe. Für den Mainzer Globus nehme ich eine private Sonnenuhr in Form einer kleinen Ausgabe des Solarium Augusti an, wobei der Globus wiederum auf der Gnomonspina gesessen hat. Übertrüge man die Zahlen der römischen Obelisken direkt auf den Globus RGZM, so müßte er, wenn man die römischen Verhältnisse des Solarium Augusti wörtlich nimmt, bei einem Verhältnis etwa 40 x 11 cm auf einem 4,40 m hohen Obelisken gesessen haben. Es versteht sich, daß dies zwar nicht unmöglich, aber doch sehr unwahrscheinlich ist, da dann die Bilder des Globus praktisch nicht zu erkennen waren, selbst wenn man die Kontrastwirkung des dunkelblauen Emails zum goldglänzenden Messing in Betracht zieht. Zwar spielte die Sichtbarkeit von Reliefdekor an Tempeln und großen Monumenten nicht immer die entscheidende Rolle, doch dort handelte es sich um Votive an die Gottheit. Bei der Sonnenuhr mit dem Globus des RGZM befinden wir uns aber im prvaten Bereich. Ich denke deshalb an eine Gnomonhöhe von etwa knapp 2 m, was immer noch einen Meridian22 von beträchtlichem Format er- 15 BUCHNER 1976, 353 Abb. 13/14. 16 NASH 1957, 235 Taf. 48; NASH 1962, 139-141; BUCHNER 1976, 331 Anm. 40 Taf. 111,2; BATTA 1986, 189-201 Abb. 88. 89. 92. 93. 17 LEMBKE 1994, 202-213 Nr. 48-57. 18 BUCHNER 1976, 328 Abb. 1 Mitte. 19 Korrigiertes Durchmessermaß bei BUCHNER 1976, 330. 20 Wobei die Kritik von SCHÜTZ 1990 an BUCHNERs Berechnungen für unser Problem keine Rolle spielt. Selbst wenn nach Schütz 1990, 436-442 der Sockel ein paar Meter höher gewesen sein sollte, hat dies kaum Auswirkungen auf die Proportionen. Bei einer Gesamthöhe von ca. 32,5 m wäre ein Globus von 74,15 cm 0 etwa ein Dreiundvierzigstel des Ganzen. 21 BUCHNER 1976, 329 Abb. 2 links. 22 Zum Begriff des Meridian: SCHUTZ 1990, 433-436. This content downloaded from 134.93.178.66 on Wed, 10 Aug 2016 07:40:01 UTC All use subject to http://about.jstor.org/terms
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