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Der erste Schultag: Pädagogische Berufskulturen im deutsch-amerikanischen Vergleich PDF

280 Pages·2009·1.041 MB·German
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Sandra Rademacher Der erste Schultag VS RESEARCH Sandra Rademacher Der erste Schultag Pädagogische Berufskulturen im deutsch-amerikanischen Vergleich VS RESEARCH Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. Dissertation Universität Potsdam, 2008 1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Dorothee Koch / Britta Göhrisch-Radmacher VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes istohneZustimmungdes Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbeson- dere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Ein- speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-16855-5 Inhalt Einleitung......................................................................................................9 Fragestellung der Untersuchung....................................................................9 Theoretische Einbettung..............................................................................10 Untersuchungsanlage und methodisches Vorgehen....................................15 Die Befunde................................................................................................17 Deutung der Befunde – Rückbezug auf die professionalisierungstheoretische Ausgangsfrage.......................................20 Aufbau der Arbeit........................................................................................23 1 Eine Ikonologie des Schulanfangs.............................................................25 1.1 Ethnographische Studien zur Symbolsprache des Schulanfangs in Deutschland................................................................26 Die Rahmung des ersten Schultages................................................26 Der Ort der Einschulungsfeier – die Turnhalle................................27 Das aufgeführte Programm – Einschulungslieder............................31 Aufgeführte Stücke bei der Einschulungsfeier.................................38 Die Schulleiteransprache zum ersten Schultag.................................42 Die erste Schulstunde.......................................................................49 Die Schultüte als Trostsymbol.........................................................56 1.2 Ethnographische Studien zur Symbolsprache des Schulanfangs in den USA.....................................................................59 Der Schulbeginn – Erster Tag des Kindergarten oder der 1st grade?59 Der Schulbus....................................................................................60 Nationale Symbole in der Schulklasse – Die Flagge und die „Pledge of Allegiance“.....................................................................65 „The more we get together“ – Vergemeinschaftung und schulischer Leistungsethos...............................................................67 Die Schule als totale Institution – Der Lautsprecher und die „lunch number“................................................................................71 5 Der geregelte Schulalltag.................................................................78 „What do we do in 1st grade“...........................................................85 „Happiness is learning“ – 180 days of school..................................89 1.3 Der Schulanfang im Kulturvergleich – eine erste Annäherung..........................................................................90 Zusammenfassende Deutung............................................................99 2 Gemeinsamkeit und Differenz – Die Institution Schule und das pädagogische Handeln.............................................................................103 2.1 Die Universalisierung der Institution Schule......................................104 Theorien des Weltsystems und evolutionistische Theorien als Erklärung für die weltweite Verbreitung der Schule......................106 Die globale Institutionalisierung von Bildung im Lichte des neo-institutionalistischen Erklärungsansatzes................................111 2.2 Die Struktur der Institution Schule und ihre Bedeutung......................115 2.3 Strukturelle Gleichheit und Differenzen im pädagogischen Handeln..............................................................................................133 3 Begrüßungsansprachen am ersten Schultag – Zwei Fallinterpretationen........................................................................139 3.1 Der Fall Deutschland: Das Unbehagen an der Institution Schule.................................................................................................139 Erster Begrüßungsversuch: Unsicherheiten, Widerstände und Fehlleistungen................................................................................140 Das Unbehagen an der Begrüßung.................................................146 Flucht aus der Rolle.......................................................................150 Misslingende Begrüßung – der dritte Anlauf.................................154 Die Begrüßungshandlung: ein Zwischenfazit................................157 Die Ambivalenz zwischen Trost und Bedrohung...........................160 Prätention von Bedeutsamkeit: der Schulbeginn zwischen Dramatisierung und Bagatellisierung.............................................166 Die Ambivalenz des Schulanfangs – zwischen Verschärfung und Rücknahme..............................................................................178 6 3.2 Der Fall USA: Vergemeinschaftung und bürokratische Rationalität.........................................................................................185 Vom Mythos des Wir.....................................................................187 Die Sakralität des Rituals und die Profanität bürokratisch- zweckrationalen Handelns..............................................................191 Affirmativität und bürokratische Rationalität des pädagogischen Handelns................................................................202 Schulisches Handeln als Mission...................................................212 Zwischenresümee...........................................................................215 Offizielle Begrüßung im Klassenraum...........................................217 Schulleiteransprache im Klassenraum............................................225 4 Abschließende Betrachtungen: Schule – Gesellschaft – Berufskultur.235 4.1 Zur pädagogischen Berufskultur in Deutschland................................237 4.2 Zur pädagogischen Berufskultur in den USA......................................245 4.3 Pädagogische Berufskulturen im Spiegel von Nationalkulturen – Versuch einer kulturvergleichenden Deutung....................................253 5 Literatur....................................................................................................275 7 Einleitung Fragestellung der Untersuchung In dieser Arbeit werden pädagogische Berufskulturen in Deutschland und den USA vergleichend in den Blick genommen. Im Zentrum des Vergleichs steht da- bei der erste Schultag. Am Beispiel der Eröffnung der schulischen Praxis geht es um die Rekonstruktion der in der Gestaltung und Durchführung des ersten Schul- tages zum Ausdruck kommenden berufskulturellen Differenzen pädagogischen Handelns. Das theoretische Interesse an diesem Vergleich ist begründet in den Diskus- sionen um die Professionalisierung pädagogischen Handelns und hier vor allem auf das Phänomen der Widersprüchlichkeit pädagogischen Handelns gerichtet. Die vergleichende Analyse zielt auf die Frage nach den Bedingungen dieser Wi- dersprüchlichkeit. Die empirische Diagnose von berufskulturellen Differenzen dient der Klärung der Frage, ob es sich bei den Widersprüchen, Inkonsistenzen und Verwerfungen der pädagogischen Praxis um pädagogisch-handlungsimma- nente oder um berufskulturelle und insofern kulturspezifische Erscheinungen handelt. Der grundlegende Befund dieser Arbeit, dass widersprüchliche Verstri- ckungen systematisch im deutschen Datenmaterial rekonstruiert werden können, während sie im amerikanischen in typischer Weise ausbleiben, stellt die Theorie der Professionalisierung pädagogischen Handelns vor neue Herausforderungen. Die Idee zu diesem Vergleich entstand aus der Beobachtung, dass die feier- liche Eröffnung der schulischen Praxis in Deutschland ihrem selbst gesteckten Anspruch kaum gerecht wird. Eine Einschulungsfeier stellt keine wohlgeformte, würdevolle und feierliche Praxis dar, sondern ein durch Verwerfungen, Miss- achtungen und Selbstdistanzierungen gekennzeichnetes Handlungsarrangement. Die Schulanfänger werden nicht feierlich in die Institution Schule eingeführt, sondern von Lehrern und Schulleitern in einer auffälligen Ambivalenz adressiert (vgl. Rademacher 2002, 2006). Regelmäßig versichern Schulleiter die Herausge- hobenheit und Wichtigkeit der Schulanfänger und „vergessen“ gleichzeitig diese überhaupt zu adressieren und zu begrüßen. Ebenso regelmäßig warnen Schullei- ter die Erstklässler vor der Schule als dem beginnenden „Ernst des Lebens“, um sie dann wieder mit den Versicherungen der Kontinuität kindlichen Daseins, von Spiel und Spaß als Teil der schulischen Praxis zu trösten. In der ambivalenten 9 Begrüßung der Schulanfänger, die durch das Muster einer misslingenden Begrü- ßung einerseits, durch das Muster einer ambivalenten Adressierung im Span- nungsfeld von Trost und Bedrohung andererseits gekennzeichnet ist, zeigen sich durchgängig Versuche der Rechtfertigung und Legitimierung des Schulischen von Seiten der Lehrer und Schulleiter. Diese widersprüchlichen Verwerfungen und das darin zum Ausdruck kom- mende Rechtfertigungsproblem stehen nicht nur in einem offensichtlichen Miss- verhältnis zur feierlichen Rahmung des ersten Schultages, sondern diese Inkon- sistenzen sind in sich ein bemerkenswerter und irritierender Befund, in dem vor allem die Konflikthaftigkeit des Ereignisses Schulanfang zum Ausdruck kommt. Diese Konflikthaftigkeit, die die Schulanfangssituation in Deutschland kenn- zeichnet, ist erklärungsbedürftig. Theoretische Einbettung Auf der Suche nach Erklärungen für die empirisch vorfindlichen widersprüchli- chen Verwerfungen in der Situation der Eröffnung der schulischen Praxis bietet die handlungslogische Professionalisierungstheorie wichtige theoretische An- knüpfungspunkte1. Widersprüchlichkeit gilt im professionalisierungstheoreti- schen Modell als ein nicht hintergehbares Konstitutivum professionalisierten pä- dagogischen Handelns. Aus dieser Annahme einer Nicht-Hintergehbarkeit päda- gogischer Widersprüche, die theoretisch aus handlungslogisch-immanenten, strukturellen Anforderungen professionellen Handelns hergeleitet wird (Parsons 1951, 1939 und Marshall 1963; für pädagogisches Handeln Oevermann 1996, 2004, 2007), wobei die Widersprüchlichkeit der Handlungsanforderungen selbst wieder aus gesellschaftlich vorgängigen Modernisierungsantinomien abgeleitet werden kann (Helsper 1996, 2004, 2007), lässt sich für die hier vorliegende Ar- beit die Frage formulieren, ob jene Schwierigkeiten und Verwerfungen, die am ersten Schultag in Deutschland systematisch anzutreffen sind, Ausdruck jener in sich widersprüchlichen Handlungsanforderungen sind oder ob die beobachtbaren Verwerfungen und Inkonsistenzen aus anderen als den handlungslogisch-imma- nenten Anforderungen pädagogischen Handelns hervorgehen. Auf diese Frage ist 1 Die hier vorliegende Arbeit stellt selbst keinen genuin professionalisierungstheoretischen Beitrag dar. Da jedoch die Widersprüchlichkeit pädagogischen Handelns den empirischen Ausgangs- punkt der kulturvergleichenden Untersuchung erster Schultage bildet, bietet es sich an, die Be- funde – vor allem den Befund des Ausbleibens jener Widersprüchlichkeit im amerikanischen Datenmaterial – auf die professionalisierungstheoretische Diskussion rückzubeziehen. Da das aber nicht das Hauptanliegen dieser Arbeit ist, soll lediglich eine grobe Verortung der hier vorge- legten Befunde innerhalb dieser Diskussion vorgenommen werden. Deshalb wird an dieser Stelle auch darauf verzichtet, die professionalisierungstheoretische Debatte detaillierter vorzustellen. 10 der Vergleich erster Schultage in Deutschland und in den USA gerichtet. Handelt es sich bei den beobachteten widersprüchlichen Verwerfungen um Ausformun- gen jener nicht hintergehbaren Widersprüche, dann müssten im amerikanischen Datenmaterial vergleichbare Verwerfungen, unter Umständen in einer kulturspe- zifischen Umformung, beobachtbar sein. Finden sich im amerikanischen Mate- rial dieselben Widersprüche und Verwerfungen nicht, dann müssten andere als die professionalisierungstheoretischen Erklärungen gefunden werden. Gleichzei- tig müsste dann aber auch die professionalisierungstheoretische Annahme hand- lungslogisch-immanenter und nicht-hintergehbarer Widersprüche überdacht werden. Insofern verspricht der Vergleich erster Schultage nicht nur ein besseres Verständnis der in der Situation der Schuleröffnung anzutreffenden wider- sprüchlichen Verwerfungen, sondern er könnte zugleich dazu beitragen, das Ver- ständnis grundlegender Problemdimensionen pädagogischen Handelns zu berei- chern. Ein Vergleich der Schuleröffnungssituation unter der Perspektive der Re- konstruktion pädagogischer Berufskulturen ist in mehreren Hinsichten voraus- setzungsreich. Zunächst muss begründet werden, dass erste Schultage in Deutschland und den USA grundsätzlich vergleichbar sind (1). Dann gilt es plausibel zu machen, dass ein Vergleich erster Schultage tatsächlich unter der Perspektive eines Vergleichs pädagogischer Berufskulturen vorgenommen wer- den kann (2). Da das beobachtete pädagogische Handeln jeweils in einem schuli- schen Handlungsrahmen stattfindet, muss begründet werden, warum mögliche beobachtbare Differenzen nicht als institutionelle, sondern als berufskulturelle Differenzen gedeutet werden. Zudem gilt es, den Vorzug des gewählten Zugangs über die schulische Eröffnungspraxis gegenüber anderen Zugängen, beispiels- weise der alltäglichen unterrichtlichen Praxis, zu begründen (3). (1) Von einer generellen Vergleichbarkeit erster Schultage in Deutschland mit ersten Schultagen in den USA wird in dieser Arbeit unter Berufung auf das Phänomen der Universalisierung und weltweiten Verbreitung der modernen In- stitution Schule ausgegangen. Die Annahme einer global verbreiteten und nach universalen Prinzipien verfassten Institution Schule stützt sich empirisch auf Be- funde der vergleichenden Bildungsforschung, insbesondere auf die Forschungen einer Gruppe von Stanforder Wissenschaftlern um John W. Meyer, die die Glo- balisierung und Universalisierung eines bestimmten, modernen Typs Bildungs- system belegen (Meyer, Ramirez 2005). Die Befunde verschiedener Forschungs- projekte der Stanford School (Meyer, Kamens, Benavot 1992; Meyer, Ramirez, Soysal 1992; Meyer, Nagel, Snyder 1993) sprechen dafür, dass sich eine Univer- salisierung und weltweite Verbreitung der modernen Institution Schule sowohl auf der formalen als auch auf der inhaltlichen Ebene vollzieht, so dass man in Anlehnung an Meyer davon ausgehen kann, dass überall auf der Welt in ähnlich 11

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