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Der entzauberte Glaube. Eine Kritik am theistischen Weltbild aus naturwissenschaftlicher, philosophischer und theologischer Sicht PDF

371 Pages·2016·2.7 MB·German
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Peter Kamleiter Der entzauberte Glaube Peter Kamleiter Der entzauberte Glaube Eine Kritik am theistischen Weltbild aus naturwissenschaftlicher, philosophischer und theologischer Sicht Tectum Verlag Peter Kamleiter Der entzauberte Glaube. Eine Kritik am theistischen Weltbild aus naturwissenschaftlicher, philosophischer und theologischer Sicht (cid:148) Tectum Verlag Marburg, 2016 ISBN: 978-3-8288-6355-2 (Dieser Titel ist zugleich als gedrucktes Buch unter der ISBN 978-3-8288-3654-9 im Tectum Verlag erschienen.) Umschlagabbildung: Fotolia.com (cid:148) Romolo Tavani Umschlaggestaltung: Norman Rinkenberger (cid:126) Tectum Verlag Alle Rechte vorbehalten Besuchen Sie uns im Internet www.tectum-verlag.de Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Der entzauberte Glaube 5 INHALT Vorwort ..................................................................................... 7 TEIL I Vom Mythos zum Logos oder Vom Kampf progressiv- aufklärerischer und repressiv-metaphysischer Kräfte.............. 15 Einleitung ............................................................................... 15 1. Die griechische Antike .......................................................... 17 2. Das Mittelalter ..................................................................... 28 3. Die Neuzeit ......................................................................... 40 4. Das 17. Jahrhundert ............................................................. 47 4.1 Der Rationalismus ...................................................... 47 4.2 Der Empirismus ......................................................... 53 5. Das Zeitalter der Aufklärung .................................................. 57 6. Das 19. Jahrhundert ............................................................. 74 7. Die Philosophie des 20. Jahrhunderts ...................................... 86 TEIL II Theistischer Transzendenzglaube versus Evolutionärer Naturalismus oder Von der Unvereinbarkeit des theistischen Weltbildes mit dem modernen naturwissenschaftlichen Kenntnisstand .......................................................................... 95 Einleitung ............................................................................... 95 1. Kosmologie ....................................................................... 101 1.1 Der Urknall. Schnittstelle zwischen wissenschaftlicher Erklärung und religiöser Deutung ................................ 101 1.2 Die Quantenphysik ................................................... 109 1.3 Die Relativitätstheorie ............................................... 125 1.4 Weltanschauliche Konsequenzen aus den kosmologischen Erkenntnissen für den Theismus .......... 131 2. Die Evolutionsbiologie ......................................................... 153 2.1 Die atmosphärischen Voraussetzungen für die Entstehung des Lebens ................................... 157 2.2 Die Entstehung und Evolution des Lebens .................... 161 2.3 Die weltanschaulichen Konsequenzen aus der Evolutionsbiologie für den Theismus und die Anwendung des evolutiven Prinzips auf religiöse Systeme ............... 185 6 Peter Kamleiter 3. Das Leib-Seele-Problem ...................................................... 200 3.1 Das Leib-Seele-Problem im historischen Kontext ........... 200 3.2 Das Leib-Seele-Problem aus neurologischer Sicht ......... 207 3.3 Philosophische Lösungsansätze zum Leib-Seele-Problem ............................................ 218 3.4 Weltanschauliche Konsequenzen aus der naturphilosophischen Betrachtungsweise des Leib-Seele-Problems ........................................... 225 4. Schlussbetrachtung ............................................................ 248 TEIL III Die Infragestellung des (christlichen) Theismus durch die Theologie selbst oder Die intellektuelle Selbstauflösung des Theismus durch eine selbstkritisch gewordene Theologie ..... 261 Einleitung ............................................................................. 261 1. Philosophische Kritik am Theismus ....................................... 265 1.1 Das Theodizee-Problem ............................................. 265 1.2 Ludwig Feuerbach oder der historisch bedeutsame Umschwung von der Glaubensgewissheit zur großen Ungewissheit ................................................. 274 1.3 Reaktion und Apologetik bedeutender Theologen des 20. Jahrhunderts auf die Entzauberung des Glaubens durch Aufklärung und Vernunft ................................... 288 2. Die theologisch begründete Kritik am Theismus ...................... 302 2.1 Die kritisch gewordene Theologie und ihre Selbstaufhebung .......................................... 302 2.2 Das Alte Testament und sein entzauberter Gott ............ 318 2.3 Die Glaubwürdigkeit der Kirchen ................................. 326 2.4 Göttlicher Anspruch und historische Wahrheit ............... 333 2.5 Die Probe aufs Exempel oder die historisch-moralische Selbstwiderlegung des christlichen Theismus ................ 340 2.5.1 Glaubenskriege ........................................................ 343 2.5.2 Ketzerei .................................................................. 346 2.5.3 Simonie, Nepotismus, Ablass und andere geheiligte Tricks ...................................... 352 3. Zusammenfassende Schlussbetrachtung ............................... 358 Literaturverzeichnis ............................................................... 365 Der entzauberte Glaube 7 VORWORT Mit dem vorliegenden Werk sollen Glaubwürdigkeit und Geltungsan- sprüche des theistischen Welt- und Gottesbildes – paradigmatisch in seiner christlichen Variante – unter Berücksichtigung natur- und geis- teswissenschaftlicher Aspekte hinterfragt werden. Dabei steht die Kom- patibilität jener für sich monopolistisch alleinseligmachende Wahrheiten reklamierenden Glaubensideologie mit den Erkenntnissen aus den mo- dernen Natur- und Geisteswissenschaften auf dem Spiel. Es geht hier also um nichts weniger als die grundsätzliche Glaubwürdigkeit und Plausibilität des auf Offenbarungsschriften sich berufenden (christli- chen) Theismus, also um dessen Gottes- und Weltbild und den damit verbundenen mehr oder weniger latenten Anspruch aller theistischen Offenbarungsreligionen, nämlich, die einzig wahre und göttlich legiti- mierte Sicht der Dinge zu besitzen. Eine Hybris, die in der Geschichte der monotheistischen Religionen zu unzähligen Kriegen und bestiali- schen Genoziden mit millionenfachen Opfern geführt hat. Dabei ist es nicht unsere Absicht, die Möglichkeit der Existenz eines allgemein ge- haltenen göttlichen Prinzips philosophisch zu widerlegen, was aus prin- zipiellen Gründen ohnehin nicht möglich sein dürfte und von unserer agnostischen Grundposition aus auch gar nicht intendiert ist. Der The- ismus jedoch geht von ganz konkreten, nach seinem Selbstverständnis göttlich offenbarten und dogmatisierten Glaubenswahrheiten aus, ohne die er in der Tat auch seine Identität verlieren würde. Eine wissenschaft- lich und plausibel begründete Infragestellung oder gar Widerlegung zentraler Glaubensaussagen würde die theistischen Religionen deshalb existentiell treffen, zumindest wenn sie den Anspruch der Rationalität aufrechterhalten und sich nicht komplett außer oder über jegliche Ratio- nalität hinweg in die Welt des Unerforschlichen oder Irrationalen flüch- ten wollen, in der quasi a priori jegliche Logik und Empirie außer Kraft gesetzt ist. Da es das Hauptanliegen dieses Buches ist, das (christlich) theisti- sche Welt- und Gottesbild sowie die damit verbundenen Geltungsan- 8 Peter Kamleiter sprüche und den daraus abgeleiteten moralischen Führungsanspruch der Kirchen kritisch zu hinterfragen, erscheint es sinnvoll, vorab kurz zu erläutern, was unter dem von uns infrage gestellten „Theismus“ zu ver- stehen ist. Unter Theismus (ein in der Aufklärung geprägter Begriff, von griechisch theos = Gott) ist eine spezifische Gottesvorstellung der mono- theistischen Weltreligionen zu verstehen, die von einem außerweltli- chen, persönlichen, selbstbewussten und selbsttätigen, Gebete erhören- den allmächtigen, allwissenden und allliebenden Schöpfer und Lenker der Welt ausgeht.1 In der Vorstellungswelt der theistischen Offenba- rungsreligionen ist der Mensch (wie auch die gesamte damals erfassbare Welt) nicht auf natürlich erklärbare Weise entstanden, sondern er stellt im biblischen Sinne das von einem personalen Gott geschaffene Ebenbild dar, das geschaffen wurde, um Gott zu danken, zu ehren und zu huldi- gen. So wie man sich die Erde als den Mittelpunkt der Welt vorstellte, so soll auch der ebenfalls nicht evolutiv, sondern im kreationistischen Sinne erschaffene Mensch Ziel und Mittelpunkt von Gottes Schöpfung sein. So zumindest sahen es die Autoren der jüdischen, christlichen und islami- schen Offenbarungsreligion mit ihrem archaischen und anthropozentri- schen Weltbild. In der Bundesrepublik leben etwa 40 % Theisten, 18 % Deisten2, 18 % Synkretisten (indifferente Menschen, was die Entschei- dung zwischen einem „höheren Wesen“ und einem personalen Gott an- geht) und 23 % Atheisten. Allerdings gibt es auch innerhalb der Konfes- sionen große Anteile an Nichttheisten. So sollen in der Katholischen Kir- che nur 54 %, in der Evangelischen Kirche gar nur 43 % der Mitglieder als Theisten zu bezeichnen sein.3 1 Hoffmeister, Johannes: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Hamburg, 1955, S. 607. 2 Wie die Theisten, so glauben auch die Deisten an einen Schöpfer der Welt. Aller- dings mit dem Unterschied, dass nach deistischer Auffassung dieser die Welt sich selbst überlässt und nicht mehr in die Entwicklung eingreift. Auch nicht durch die Entsendung eines Erlösers, was folglich mit der Ablehnung einer übernatürlichen Offenbarung verbunden ist. 3 Zängle, Michael: Anmerkungen zum Wandel des religiösen Bewusstseins in Deutschland zwischen 2002 und 2012. In: Aufklärung und Kritik. Zeitschrift für freies Denken und humanistische Philosophie, 2/2014, S. 78f. Was den christlichen Theismus in der Bundesrepublik angeht, so ist bei der For- schungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (fowid) zu lesen: „In einem Vergleich zweier Umfragen, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Jahr 1986 und 2012 durchgeführt hat, lässt sich der Rückgang der Religiosität deutlich ablesen. Dieser Vergleich macht mehr als die sinkenden Zahlen der Kirchenbesu- cher deutlich, dass die Religiosität selbst bei bekennenden Christen schwindet. Der Glaube an wesentliche Elemente der christlichen Lehre ist auch dort nicht mehr grundlegend verankert. Im Jahr 1986 sagten noch 56 Prozent der befragten West- deutschen, dass sie an Jesus Christus als Gottes Sohn glauben. Diese Anzahl sank Der entzauberte Glaube 9 Die hier aus kritischer philosophischer Sicht vollzogene Entzauberung des (christlichen) Theismus wird von drei Seiten her vollzogen: erstens von naturwissenschaftlicher, zweitens von philosophischer und drittens von kritisch-historisch agierender theologischer Seite. Durch das Zu- sammentragen hierfür relevanter Erkenntnisse aus der modernen Kos- mologie, Evolutionsbiologie und Leib-Seele-Forschung über philosophi- sche Reflexionen bis hin zur Kritischen Theologie ergeben sich aus Sicht des Erkenntnisstandes des 21. Jahrhunderts keineswegs nur polemische, sondern ernsthafte Einwände gegen den Theismus im Allgemeinen und gegen den christlichen Theismus im Besonderen. Der erste Teil des Buches („Vom Mythos zum Logos“) stellt den di- achronen Teil dar, in dem das Spannungsverhältnis zwischen Mythos und Logos von den Vorsokratikern bis in die Gegenwart thematisiert wird. Dieser philosophiegeschichtliche Teil schildert die kulturelle Ent- wicklung der abendländischen Erkenntnis- und Wissenschaftsgeschichte unter dem Gesichtspunkt der Auseinandersetzung religiös motivierter reaktionärer wie restriktiver Kräfte mit den progressiven Strömungen innerhalb der Gesellschaften, zum Beispiel den Intellektuellen und Wis- senschaftlern. Dabei wird ersichtlich, dass aufgrund sowohl der Explika- tionskraft der Wissenschaften als auch der auftretenden Widersprüche mit ihnen der Anspruch der Religionen, sakrosankt und unangreifbar über jeglicher wissenschaftlichen Kritik zu schweben, nicht berechtigt ist. Kulturgeschichtlich lässt sich nicht leugnen, dass auch Kulturen und die zu ihnen gehörenden und sie prägenden Religionen dem natürlichen evolutiven Prozess des Entstehens und Vergehens unterliegen. Teil II („Theistischer Transzendenzglaube versus Evolutionärer Na- turalismus?“) thematisiert einige der wichtigsten Spannungsfelder zwi- schen dem Theismus und der modernen naturwissenschaftlichen Sicht- weise. Die drei dargelegten Hauptbereiche sind die Kosmologie (Quan- tenphysik, Relativitätstheorie und die kosmologischen Modelle), die Evolutionsbiologie (die natürlich erklärbaren Voraussetzungen für die 2012 auf unter 50 Prozent. Der Glaube an die Erschaffung der Welt durch Gott, ist in der gleichen Zeit von 47 auf 35 Prozent zurückgegangen, an die Auferstehung der Toten glauben nur noch 30 Prozent. An die Dreifaltigkeit, ein Grundelement der christlichen Lehre, glaubten vor einem Vierteljahrhundert 39 Prozent, heute sind es noch 32 Prozent. Selbst unter den Katholiken bekennen sich nur noch weni- ger als 50 Prozent zu diesem Glaubenssatz.“ (fowid.de: „Woran glauben die Deut- schen? Westdeutschland. Vergleich 1986 und 2012.“). Gab es noch in den 1950er Jahren fast ausschließlich nur Katholiken und Protestanten in der Bundesrepublik, so ergibt sich heute ein Bild, dem zufolge es jeweils knapp 30 % Katholiken und Mitglieder der Evangelischen Landeskirchen gibt. Die Anzahl der Konfessionslosen liegt zwischen 33 % und 37 %. Der Anteil der Muslime liegt zwischen 2,4 % und 5,5 %. Alle anderen Religionsgemeinschaften stellen zusammen weniger als 1 % der bundesdeutschen Gesamtbevölkerung dar, davon etwa 270.000 Buddhisten und 200.000 Juden (Wikipedia: Religionen in Deutschland).

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Während schon vor fast 50 Jahren Menschen zum Mond geflogen sind, sind im 21. Jahrhundert noch mehr als zwei Milliarden Menschen Anhänger eines christlichen Gottes- und Menschenbildes, das in seinen Ursprüngen bis weit in die Antike zurückreicht. Wie plausibel kann aber das christliche Weltbild
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